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Die Dorflehrerin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am22.12.20211. Auflage
Eine beherzte junge Frau. Der Zauber von Wissen und Bildung Tannau im Berchtesgadener Land. Als Antonie Weber, bei den Englischen Fräulein in München zur Lehrerin ausgebildet, 1911 im Bergdorf Tannau ihre erste Stelle antritt, rollt ihr eine Lawine von Misstrauen und Vorurteilen entgegen. Aber Antonie ist aus hartem Holz geschnitzt. Als Waise aufgewachsen, war ihr eigener Weg zu Bildung und Beruf hart erkämpft. Lehrerin zu sein ist ihre wahre Berufung, verfügt sie doch über die Gabe, ihre Schüler für das Lernen zu begeistern und ihnen den Wert von Bildung nahezubringen. So findet sie in ihren kleinen Schützlingen schnell Verbündete. Als sie sich in den Revierförster Sebastian verliebt, steht sie vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens: Folgt sie ihrer Berufung oder ihrem Herzen?

Bettina Seidl wuchs auf einem Bauernhof in den Berchtesgadener Bergen auf. Nach ihrem Studium der Kunstgeschichte in Regensburg ist sie heute in der Erwachsenenbildung tätig. Mit ihrer Familie lebt sie im Chiemgau. Doch am liebsten ist sie in den Bergen rund um den Königssee unterwegs, wo sie auch die Inspiration zu ihren Geschichten findet.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,95
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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99
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Produkt

KlappentextEine beherzte junge Frau. Der Zauber von Wissen und Bildung Tannau im Berchtesgadener Land. Als Antonie Weber, bei den Englischen Fräulein in München zur Lehrerin ausgebildet, 1911 im Bergdorf Tannau ihre erste Stelle antritt, rollt ihr eine Lawine von Misstrauen und Vorurteilen entgegen. Aber Antonie ist aus hartem Holz geschnitzt. Als Waise aufgewachsen, war ihr eigener Weg zu Bildung und Beruf hart erkämpft. Lehrerin zu sein ist ihre wahre Berufung, verfügt sie doch über die Gabe, ihre Schüler für das Lernen zu begeistern und ihnen den Wert von Bildung nahezubringen. So findet sie in ihren kleinen Schützlingen schnell Verbündete. Als sie sich in den Revierförster Sebastian verliebt, steht sie vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens: Folgt sie ihrer Berufung oder ihrem Herzen?

Bettina Seidl wuchs auf einem Bauernhof in den Berchtesgadener Bergen auf. Nach ihrem Studium der Kunstgeschichte in Regensburg ist sie heute in der Erwachsenenbildung tätig. Mit ihrer Familie lebt sie im Chiemgau. Doch am liebsten ist sie in den Bergen rund um den Königssee unterwegs, wo sie auch die Inspiration zu ihren Geschichten findet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423439084
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum22.12.2021
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
SpracheDeutsch
Dateigrösse1532 Kbytes
Artikel-Nr.5702551
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Die neue Lehrerin von Tannau

Der Weg nahm kein Ende. Antonie stellte den Koffer ab, richtete sich auf, drückte das Kreuz durch und atmete tief ein. Die Mittagssonne brachte die Bergwiese, durch die sich die Straße bergauf schlängelte, zum Duften. Sie erkannte Hahnenfuß mit seinen vielen kleinen gelben Blüten, ein Weißer Germer richtete seine Samenstände auf, und selbst Margeriten, die in der Höhenlage viel später blühten als im Tal, reckten ihre strahlend weißen Blüten der Sonne entgegen. Antonie strich mit der Hand über das hoch gewachsene Gras. Die Halmspitzen kitzelten. Wieder sog sie den Duft tief ein, den die Hitze den Wiesenblumen entlockte.

Der Rand der Wiese war bewaldet, und irgendwo im kühlen Grund der Bäume musste auch der Bach sich seinen Weg bahnen, sein Rauschen war deutlich zu hören. Der Gebirgsbach hatte sie den ganzen Weg hinaufbegleitet. Wie ein junger Hund war er neben der Straße hergelaufen, plötzlich hatte er einen Haken geschlagen und war davongeeilt, um nach der nächsten Kurve wieder munter an ihrer Seite zu gurgeln.

Der Wald zog sich die felsigen Hänge hinauf. Vereinzelte Kiefern krallten sich an Felsvorsprünge - woher sie nur ihre Nahrung nahmen, um an diesen exponierten Stellen zu wachsen. Antonie bewunderte die Hartnäckigkeit, mit denen die Kiefern den Widerständen trotzten und tapfer in die Höhe wuchsen. Das wenige an Erde dort oben reichte ihnen, und ihre Wurzeln hatten sich in die Felsritzen vorgearbeitet, um den Schnee und die Winterstürme zu überstehen. Was für zähe Bäume, dachte Antonie. Wie gelang es ihnen nur, dort, wo nichts ist, zu wachsen? Sie nahm sich die Kiefern als Vorbild. Wenn die es dort schafften, dann würde sie ihre neue Aufgabe in Tannau auch bewältigen.

 

Das Bergdorf mit diesem Namen war das Ziel ihrer Reise, die heute früh am Morgen begonnen hatte, als sie am Münchner Hauptbahnhof in den Zug gestiegen war. Der brachte sie in die südöstlichste Spitze Bayerns. Dort angekommen, hatte sie einen Kutscher nach dem Weg gefragt. Der hatte stumm in eine Richtung gezeigt und sie und ihr Gepäck mitleidig angeschaut, als hätte er Zweifel, dass sie es bis nach Tannau schaffen würde. Gerade eben beschlichen sie die gleichen Zweifel. Mit jedem Schritt die steinige Straße hinauf war ihr der Koffer immer schwerer vorgekommen. Dabei wog der Koffer alleine mehr als ihre wenigen Habseligkeiten, die er transportierte. Ein zweites Kattunkleid, eine Bluse und ein dunkler Rock für den Kirchgang, eine Strickjacke und Wäsche. Mehr besaß sie, Antonie Weber, nicht. Es brauchte nicht viel zum Leben, das hatte die Natur ihr gerade gezeigt. Wenn man einen festen Halt hatte, konnte man überall wachsen.

In dem Rucksack auf ihrem Rücken hatte sie die Bücher verstaut, ihre Haarbürste und die Haarnadeln, mit denen sie ihr dickes Haar bändigte. Gerade hatte sich eine Strähne gelöst, und mit einer geübten Bewegung bog sie die Nadel mit den Zähnen auf, um sie wieder festzustecken. Sie hätte sich besser zwei Zöpfe geflochten. Doch mit ihren fünfundzwanzig Jahren sähe sie dann mehr wie ein Schulmädchen aus. Nein, sie wollte einen guten ersten Eindruck machen.

Allzu weit konnte das Dorf nicht mehr entfernt liegen. Auf der Landkarte waren es nur ein paar Zentimeter gewesen, doch Antonie hatte nicht bedacht, dass der Weg beständig bergauf gehen würde. Mit ihrem Gepäck und bei der schwülen Hitze war es eine regelrechte Herausforderung. Sicher, sie hatte schon Bergwanderungen unternommen. Mit ihren Kommilitoninnen vom Lehrerinnenseminar war sie etliche Male mit der Bahn von München ins Oberland gefahren, um in den Bergen zu wandern. Da hatte sie nur eine Wasserflasche und eine Brotzeit im Rucksack gehabt und nicht ihre Bücher, die mit der Zeit immer schwerer wogen. Beim Gedanken an die Wasserflasche merkte Antonie, wie durstig sie war. Sobald der Bach wieder näher kam, wollte sie daraus trinken. Fürs Erste nahm sie all ihre Kräfte zusammen, blickte ein letztes Mal auf die Kiefern in den Felshängen und ergriff, innerlich gestärkt, ihr Gepäck.

Als sie die Weide hinter sich gelassen hatte, führte der Weg durch ein Waldstück. Hier war es kühler, das grüne Blätterdach schirmte die Sonne ab, und auch der Bach hatte sich wieder eingefunden. Erneut setzte Antonie ihren Koffer ab, diesmal nahm sie auch den Rucksack von den Schultern und stieg zum Bachbett hinab. Vorsorglich raffte sie ihren Rock und den Unterrock, der mit einem schmalen Spitzensaum besetzt war, und stellte sich auf einen Stein, der flach und fest aussah. Sie ging in die Hocke, beugte sich nach vorne und schöpfte mit ihrer rechten Hand das kühle Nass. Wie gut das tat. Als sie ihren Durst gestillt hatte, tauchte sie erneut die Hand ins Wasser, um ihre Stirn, Wangen und Nacken zu kühlen.

»Wer stellt denn seinen Koffer mitten auf den Weg, damit jeder rechtschaffene Bürger darüber fallen muss?«

Antonie erschrak heftig. Sie verlor das Gleichgewicht und wäre sicher ins Wasser gestürzt, wenn nicht eine feste Hand sie gepackt und festgehalten hätte. Wütend drehte sie sich um. »Wie können Sie mich so erschrecken?«, fuhr sie den Mann an, der direkt hinter ihr stand. »Man spricht niemanden hinterrücks an, vor allem dann nicht, wenn derjenige auf einem wackligen Stein in einem reißenden Bach steht.« Zugegeben, das mit dem reißenden Bach war übertrieben. Sie sah, wie der Mann errötete, und sogleich taten ihr ihre heftigen Worte leid.

»Verzeihen Sie vielmals, ich war nur über den Koffer überrascht. Auf unseren Wegen in den Bergen stehen nur äußerst selten Koffer herum.« Jetzt lächelte er Antonie freundlich an. Sein Lächeln kam aus den Augen, und die vielen Fältchen zeigten, dass er wohl oft lächelte. Sein braun gebranntes Gesicht erzählte von den vielen Stunden, die er draußen in der Natur verbrachte. Er war seiner Kleidung nach kein Bauer, und erst, als er ihr zurück auf die Straße geholfen hatte und im respektablen Abstand vor ihr stand, erkannte sie die Jägerkluft, die er trug.

»Entschuldigen Sie« sagte der Jäger, »ich habe mich noch gar nicht vorgestellt.«

»Dazu hatten Sie ja keine Zeit, Sie mussten mich ja erschrecken.« Diese schnippische Bemerkung konnte Antonie sich nicht verkneifen. Schwester Coelestina hätte sie dafür sicher getadelt. »Egal, wie du fällst, du fällst nie auf den Mund«, pflegte ihre Lieblingsnonne im Internat stets zu ihr zu sagen.

»Das tut mir auch herzlich leid.« Der junge Mann verbeugte sich galant und lüpfte sogar seinen grünen Filzhut, an dessen Hutband eine prächtige Adlerfeder steckte. »Ich bin Sebastian Berger, der Revierförster.«

»Angenehm!« Antonie deutete einen Knicks an, so wie sie es in dem leer geräumten Speisesaal im Heim beim Anstandsunterricht gelernt hatten. Als würden die Waisen tatsächlich einmal bei Hofe verkehren. Die Schwestern der Englischen Fräulein hatten viel Wert auf Etikette gelegt. »Ihr seid ohne Eltern, aber nicht ohne Anstand«, war ein weiterer der vielen Sprüche von Schwester Coelestina. »Ich bin Antonie Weber, die neue Lehrerin von Tannau. Daher mein Gepäck.«

»Eine Lehrerin?« Sebastian Berger ließ offen, was er über eine Lehrerin dachte. »Springen Sie für den kranken Lehrer Meisl ein?«

»Genau so ist es.«

»Das ist gut, wenn die Kinder endlich wieder regelmäßig Unterricht haben!«

»Wie weit ist es noch bis Tannau?«

»Noch eine gute halbe Stunde. Das steilste Stück haben Sie schon hinter sich. Nach dem Wäldchen geht es recht eben dahin.«

»Danke, das schaffe ich leicht.« Antonie hob den Rucksack hoch und nahm ihn auf den Rücken. Als sie den Koffer am Griff packte, sagte der Förster: »Ich würde Ihnen ja tragen helfen, halten Sie mich bitte nicht für unhöflich. Doch ich muss schnell hinunter nach Berchtesgaden, zum Polizeirevier. Ich befürchte, ein Wilderer ist unterwegs und schießt das Wild des Prinzregenten. Da muss ich Meldung machen.«

»Haben Sie Dank für das freundliche Angebot. Ich komme gut alleine zurecht.«

Da blickte der Förster nach oben, zog die Nase kraus, als würde er eine Fährte aufnehmen, und sagte: »Beeilen Sie sich lieber. Ich glaube, dass wir bald ein Unwetter bekommen.«

»Was, bei diesem Sonnenschein?«, fragte Antonie erstaunt.

»Gerade wegen des Sonnenscheins. Dadurch ist viel Wasser in der Luft. Hoffentlich kommen Sie trocken ins Dorf.«

»Das werde ich«, meinte Antonie, als sie das besorgte Gesicht von Sebastian Berger sah. Sie nickte ihm zum Abschied zu und marschierte mit flotten Schritten voran.

Sie wusste, dass das Wetter in den Bergen schnell umschlagen konnte. Auf dem Schafkopf in Garmisch war ihre Wandergruppe einmal in ein Unwetter geraten, und sie waren hinterher froh gewesen, heil vom Berg gekommen zu sein. Nach ein paar Metern hielt sie dennoch inne und schaute zurück. Der Jäger war schon ein gutes Stück hinuntergelaufen, als er stehen blieb und sich ebenfalls umdrehte. Antonie hob die Hand, und er winkte ihr mit seinem Hut zu. Sie musste lachen.

 

Das Dorf war schon in Sichtweite, als sich der Himmel verdunkelte. Wie aus dem Nichts ballten sich plötzlich dunkle Wolken über dem Tal zusammen. Antonie wechselte den Koffer in die andere Hand und versuchte, ihre Schritte zu beschleunigen. Ein gewaltiger Donner zerriss die drückende Stille, die über dem Tal lag. Sie zuckte zusammen, zog den Kopf ein und schaute ängstlich nach oben. Am Himmel zwischen den Bergen, der gerade noch strahlend blau gewesen war, hingen tiefschwarze Wolken und saßen wie ein Deckel auf einem Topf über dem Dorf Tannau. Antonie hastete weiter, ein Blitz zuckte über den Bergen, und erste Tropfen fielen hernieder....
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Bettina Seidl wuchs auf einem Bauernhof in den Berchtesgadener Bergen auf. Nach ihrem Studium der Kunstgeschichte in Regensburg ist sie heute in der Erwachsenenbildung tätig. Mit ihrer Familie lebt sie im Chiemgau. Doch am liebsten ist sie in den Bergen rund um den Königssee unterwegs, wo sie auch die Inspiration zu ihren Geschichten findet.