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Sibirisch Rot

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am27.08.20141. Auflage
September 1939: Inspektor Pekkala bekommt von Stalin einen neuen, höchst unliebsamen Auftrag. Wieder soll er einen Mord aufklären. Doch es ist kein gewöhnliches Verbrechen. Der Mord hat sich in dem gefürchteten sibirischen Straflager Borodok ereignet - wo Pekkala selbst zehn lange Jahre eingesperrt war und Zwangsarbeit verrichten musste. Nun soll er, als Häftling getarnt, dorthin zurück. Ein persönlicher Alptraum, doch ihm bleibt keine Wahl.

Sam Eastland ist das Pseudonym des amerikanischen Schriftstellers Paul Watkins, geboren 1964, der sich auch mit literarischen Werken einen Namen gemacht hat. Seinen ersten Roman veröffentlichte er im Alter von sechzehn Jahren. Mit seiner Familie lebt er in Hightstown, New Jersey.
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Produkt

KlappentextSeptember 1939: Inspektor Pekkala bekommt von Stalin einen neuen, höchst unliebsamen Auftrag. Wieder soll er einen Mord aufklären. Doch es ist kein gewöhnliches Verbrechen. Der Mord hat sich in dem gefürchteten sibirischen Straflager Borodok ereignet - wo Pekkala selbst zehn lange Jahre eingesperrt war und Zwangsarbeit verrichten musste. Nun soll er, als Häftling getarnt, dorthin zurück. Ein persönlicher Alptraum, doch ihm bleibt keine Wahl.

Sam Eastland ist das Pseudonym des amerikanischen Schriftstellers Paul Watkins, geboren 1964, der sich auch mit literarischen Werken einen Namen gemacht hat. Seinen ersten Roman veröffentlichte er im Alter von sechzehn Jahren. Mit seiner Familie lebt er in Hightstown, New Jersey.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426422731
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum27.08.2014
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.3
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse978 Kbytes
Artikel-Nr.1381443
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kirow schloss die Hand um das Abzeichen. »Ich werde bis zu Ihrer Rückkehr darauf aufpassen, Inspektor.«

»Der Webley ist in meiner Schreibtischschublade«, sagte Pekkala. »Obwohl ich weiß, dass Ihnen Ihre Tokarew lieber ist.«

»Sonst kann ich nichts für Sie tun, Inspektor?«

»Doch, vielleicht«, erwiderte er, »aber das werde ich erst wissen, wenn ich in Borodok bin.«

»Wie bleibe ich mit Ihnen in Kontakt?«

»Durch Telegramme über den Lagerkommandanten, Major Klenowkin. Er wird dafür sorgen, dass mich jede Nachricht erreicht.«

Die beiden Männer gaben sich die Hand.

»Dann sehen wir uns wieder auf der anderen Seite«, entrichtete Kirow den traditionellen Abschiedsgruß.

»Das werden wir, Major Kirow, das werden wir.«

Als Pekkala über den Betriebshof in Richtung der Gefangenen ging, wurde er vom Lokomotivführer entdeckt, einem Mann namens Filipp Demidow.

Demidow war der Bruder von Anna Demidowa, einer Hofdame der Zarin Alexandra, die im Juli 1918 zusammen mit der Zarenfamilien von Tscheka-Angehörigen ermordet worden war.

Einige Jahre vor ihrem Tod hatte Anna Demidowa ihrem Bruder eine Anstellung als Chauffeur des Zaren beschaffen können, eine Arbeit, die er bis März 1917 innehatte, als das Personal in Zarskoje Selo entlassen wurde. Unmittelbar darauf fand Demidow eine Stelle bei der staatlichen Eisenbahn, wo er seitdem arbeitete.

Als Chauffeur hatte Demidow Pekkala oft auf dessen Weg zu und von den Treffen mit dem Zaren gesehen, einmal hatte er ihn sogar im Hispano-Suiza Alfonso XIII. nach Petrograd gefahren. Zufällig hatte er einmal neben Pek­kala in der Gastwirtschaft gesessen, in der der Inspektor meistens seine Mahlzeiten einnahm, einem einfachen Lokal, wo die Gäste an langen Holztischen aus Steingutschalen aßen.

Demidow mit seinem guten Gedächtnis für Gesichter hatte bei diesen Gelegenheiten den Inspektor eingehend betrachtet. Als er das Smaragdauge jetzt unter den gewöhn­lichen Verbrechern erkannte, ignorierte er jedes Risiko, stieg von seiner Lokomotive und kam schnellen Schritts auf Pekkala zu.

»Demidow!«, entfuhr es Pekkala, als er den ehemaligen Chauffeur erkannte.

»Inspektor!«, erwiderte der Lokomotivführer. »Sie müssen sofort mitkommen.«

Pekkala hatte keine Ahnung, was Demidow damit zu erreichen hoffte, aber es war schon zu spät, die letzten Gefangenen waren bereits in die Waggons gestiegen. Er konnte sich nicht mehr unter sie mischen, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und seine Tarnung zu gefährden. Also folgte Pekkala Demidow in den Schatten.

»Die Gefangenen in diesem Zug fahren ihrem Tod entgegen.« Demidows heiseres Flüstern schnitt durch die kalte Luft. »Ich kann nicht zulassen, dass mit Ihnen das Gleiche geschieht.«

»Ich kann Ihnen jetzt nicht erklären, warum«, antwortete Pekkala, »aber ich muss unter allen Umständen in diesen Zug.«

Durch Demidow ging ein Ruck, als ihm sein Fehler bewusst wurde. »Mein Gott, was habe ich getan?«

»Nichts, was man nicht wiedergutmachen kann.«

»Inspektor, was immer dazu nötig ist«, sagte Demidow, »betrachten Sie es als erledigt.«

Die Sonne war bereits untergegangen, als sich ETAP-1889 endlich in Bewegung setzte.

Pekkala stand mit Demidow im Führerstand, während das große Zyklopenauge der Lokomotive sich seinen Weg durch die Dunkelheit fräste.

Der Zug bestand aus mehr als fünfzig Waggons. Nach dem von der französischen Armee übernommenen Bauplan konnte jeder Waggon vierzig Männer oder acht Pferde aufnehmen. Die französischen Waggons hatten im Weltkrieg manchmal bis zu sechzig Männer transportiert, in den Waggons von ETAP-1889 aber waren achtzig zusammengepfercht, was bedeutete, dass jeder die zehntägige Fahrt nach Sibirien im Stehen zurücklegen musste.

»Wo ist der nächste Halt?« Pekkala musste schreien, um sich im Dröhnen der Lokomotive verständlich zu machen.

»Nach etwa zehn Kilometern kommt bei Schatura ein Stellwerk, da ist aber eigentlich kein Aufenthalt vorgesehen.«

»Gibt es eine Möglichkeit, trotzdem anzuhalten?«

Demidow dachte einen Augenblick nach. »Ich könnte melden, dass die Bremsen überhitzt sind. Das würde eine Sichtüberprüfung der Räder erforderlich machen, was an die zwanzig Minuten dauert.«

»Gut«, sagte Pekkala. »Mehr brauche ich nicht.«

* * *

Der Leiter des Betriebshofs V-4 Edvard Kasinec war über die Ankunft eines besonderen Gefangenen für den Konvoi ETAP-1889 in Kenntnis gesetzt worden. Der Konvoi würde Swerdlowsk, Petropawlowsk und Omsk passieren, sein Ziel war das Krasnagoljana-Tal in Sibirien.

Manchmal betrachtete Kasinec durch die frostbeschlagenen Scheiben seines Büros die Häftlinge, die mit dem Bajonett in die Waggons getrieben wurden und die nichts am Leib trugen als die fadenscheinigen Baumwollsachen, die in der Butyrka und der Lubjanka ausgegeben wurden. Kasinec versuchte manchmal jene herauszufinden, von denen er meinte, sie könnten das ihnen bevorstehende Martyrium überleben. Einige wenige würden sogar eines Tages nach Hause zurückkehren. Mit diesem kleinen Spiel vertrieb er sich hin und wieder die Zeit. Bei Gefangenentransporten zu so weit entfernten Zielen wie dem Krasnagol­jana-Tal unterließ er das aber. Diese Männer waren für Lager bestimmt, deren Namen nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert wurden. Von ihnen würde keiner zurückkommen.

Es hatte ihn betrübt, als er erfuhr, dass der Sondergefan­gene kein anderer als Inspektor Pekkala vom Büro für besondere Operationen war. Kasinec konnte sich noch an die Zeiten erinnern, als Pekkala als Privatermittler des Zaren gedient hatte. Die Vorstellung, der berühmte Inspektor würde wie ein gemeiner Verbrecher in einen eiskalten Viehwaggon gepfercht, war für Kasinec nur schwer zu ertragen.

Zigtausende waren auf dem Weg nach Osten hier durch­gekommen, und glücklicherweise waren sie für Kasinec nie mehr als eine Nummer gewesen. Hätte er ihre Namen gekannt, hätte er sich an sie erinnern können, und hätte er sich an sie erinnert, wäre er darüber wahrscheinlich wahnsinnig geworden. Den Namen Pekkala würde er allerdings nicht vergessen.

Kasinec hatte Befehl, zu warten, bis Pekkala zugestiegen war, um dann Poskrjobyschew im Kreml per Telegramm zu bestätigen, dass der Gefangene seinen Weg angetreten hatte.

Als Kasinec diese Anweisungen von Poskrjobyschew erhielt, hatte er eingewandt, er sei dem Smaragdauge nie zuvor begegnet. Nur wenige wussten, wie er aussah, da sein Bild nie veröffentlicht worden war.

»Woher soll ich wissen, dass er es ist?«, hatte er gefragt.

Knisternd war Poskrjobyschews Stimme über die Telefonleitung gekommen. »Seine Gefangenennummer lautet 4745.«

Kasinec holte Luft und wollte schon erklären, dass die Nummern auf der dünnen Kleidung oft so verwaschen waren, dass man sie kaum entziffern konnte, aber Stalins Sekretär hatte bereits aufgelegt. Gemäß seinen Befehlen hatte Kasinec daraufhin die Wachen angewiesen, nach dem Gefangenen 4745 Ausschau zu halten und dafür zu sorgen, dass er im sechsten Waggon zustieg.

Kasinec stand selbst auf dem Bahnsteig und ließ den Blick über die Häftlinge schweifen. Keiner von ihnen war Pekkala. Er hielt den Transport so lange zurück, bis das Stellwerk in Schatura anrief und sich nach dem Verbleib des Transports ETAP-1889 erkundigte.

Schließlich gab er den Befehl zur Abfahrt. Und mit stiller Befriedigung teilte er daraufhin Poskrjobyschew in einem Telegramm mit, dass der Gefangene 4745 nicht an Bord des Zuges sei.

Kasinec mutmaßte, dass dafür einige büßen würden, nicht zuletzt er selbst, aber er tröstete sich mit dem Wissen, dass es dem Inspektor erneut geglückt war, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen.

Vielleicht waren die Geschichten, die er über Pekkala gehört hatte, ja doch wahr - vielleicht war er kein Mensch, sondern eine Art Phantom, das von Grigori Rasputin, einem weiteren übernatürlichen Wesen im Dienst des Zaren, aus der Geisterwelt heraufbeschworen worden war.

* * *

Erneut flog die Doppeltür zu Stalins Büro auf, und ein vor Wut bebender Stalin erschien, in der Hand das hauchdünne Papier eines Telegramms. »Diese Meldung ist gerade vom V-4-Betriebshofleiter eingetroffen. Pekkala ist nicht im Zug!«

»Soll ich versuchen, ihn zu finden?« Poskrjobyschew erhob sich zackig.

»Nein! Ich werde mich selbst darum kümmern. Lassen Sie den Wagen vorfahren. Ich muss sofort los. Bringen Sie mir meinen Mantel!«

Poskrjobyschew schlug die Hacken zusammen. »Sofort, Genosse Stalin!«

Kasinec stand auf den Stufen des klapprigen Holz­gebäudes, das den hochtrabenden Namen Zentralverwaltung für Gefangenentransporte trug, und paffte an einer Zigarette, als eine Packard-Limousine US-amerikanischer Bauart vorfuhr. Der Schlamm auf der unbefestigten Moskauer Autobahn war in grauschwarzen Bögen über die Motorhaube gespritzt. Für den Betriebshofleiter bekam der Wagen dadurch das Aussehen eines riesigen Raubvogels, der aus den abendlichen Schatten niedergestoßen war, um ihn nun in Stücke zu reißen.

Seufzend atmete Kasinec Zigarettenrauch aus. Er kannte das alles zur Genüge - verzweifelte Menschen, die sich noch von Freunden oder Familienangehörigen verabschieden wollten, die, aus welchen Gründen auch immer, in einem der Gefangenentransporte gelandet waren. Kasinec konnte nichts für sie tun. Er hatte keine Aufzeichnungen über die Namen der Gefangenen. Wenn die...
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Sam Eastland ist das Pseudonym des amerikanischen Schriftstellers Paul Watkins, geboren 1964, der sich auch mit literarischen Werken einen Namen gemacht hat. Seinen ersten Roman veröffentlichte er im Alter von sechzehn Jahren. Mit seiner Familie lebt er in Hightstown, New Jersey.