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Grandhotel Odessa. Die Stadt im Himmel

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
576 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am23.12.20201. Auflage
Die glanzvolle Saga über ein Grandhotel am Schwarzen Meer und eine groß angelegte Familiengeschichte von der Bestsellerautorin Charlotte Roth. Eine Liebesgeschichte aus einer Welt, die für immer verschwunden ist. Odessa im Jahre 1910. Mit einem großen Ball soll im Grandhotel der 21.Geburtstag von Oda, der Tochter des Hotelgründers, gefeiert werden. Es soll ein Fest werden, von dem man in der Stadt, nein, im ganzen Land, noch lange sprechen wird. Oda aber erwartet voll Ungeduld vor allem zwei Gäste: Belle, die Berliner Patentochter ihres Vaters, und Karel Albus, gefeierter Ballett-Tänzer an Odessas neuem, prunkvollem Opernhaus. Schon immer war Oda eifersüchtig auf Belle, da sie befürchtete, ihr Vater könne diese mehr lieben als die eigene Tochter. Trotzdem vertraut sie ihr auf dem Ball ihr großes Geheimnis an: Sie ist bis über beide Ohren in Karel verliebt und hat vor, mit ihm, den ihr Vater als nicht standesgemäß für sie erachtet, noch am selben Abend durchzubrennen. Doch Karel taucht nicht am verabredeten Treffpunkt auf, und Odas Leben nimmt eine unerwartete Wendung ... Dramatische Liebesgeschichte und glanzvolle Familien- und Hotelgeschichte - in ihrem neuen Roman verwebt Charlotte Roth beides auf unnachahmliche Weise miteinander und beschwört Glanz und Elend einer versunkenen Welt und den Glamour eines Grandhotels.

Charlotte Roth, Jahrgang 1965, ist gebürtige Berlinerin, Literaturwissenschaftlerin und seit zehn Jahren freiberuflich als Autorin tätig. Charlotte Roth hat Globetrotter-Blut und zieht mit Mann und Kindern durch Europa. Sie lebt heute in London, liebt aber ihre Geburtsstadt Berlin über alles. Ihr Debüt, 'Als wir unsterblich waren', war ein Bestseller, dem seitdem zahlreiche weitere Romane über Frauenschicksale vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte folgten.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextDie glanzvolle Saga über ein Grandhotel am Schwarzen Meer und eine groß angelegte Familiengeschichte von der Bestsellerautorin Charlotte Roth. Eine Liebesgeschichte aus einer Welt, die für immer verschwunden ist. Odessa im Jahre 1910. Mit einem großen Ball soll im Grandhotel der 21.Geburtstag von Oda, der Tochter des Hotelgründers, gefeiert werden. Es soll ein Fest werden, von dem man in der Stadt, nein, im ganzen Land, noch lange sprechen wird. Oda aber erwartet voll Ungeduld vor allem zwei Gäste: Belle, die Berliner Patentochter ihres Vaters, und Karel Albus, gefeierter Ballett-Tänzer an Odessas neuem, prunkvollem Opernhaus. Schon immer war Oda eifersüchtig auf Belle, da sie befürchtete, ihr Vater könne diese mehr lieben als die eigene Tochter. Trotzdem vertraut sie ihr auf dem Ball ihr großes Geheimnis an: Sie ist bis über beide Ohren in Karel verliebt und hat vor, mit ihm, den ihr Vater als nicht standesgemäß für sie erachtet, noch am selben Abend durchzubrennen. Doch Karel taucht nicht am verabredeten Treffpunkt auf, und Odas Leben nimmt eine unerwartete Wendung ... Dramatische Liebesgeschichte und glanzvolle Familien- und Hotelgeschichte - in ihrem neuen Roman verwebt Charlotte Roth beides auf unnachahmliche Weise miteinander und beschwört Glanz und Elend einer versunkenen Welt und den Glamour eines Grandhotels.

Charlotte Roth, Jahrgang 1965, ist gebürtige Berlinerin, Literaturwissenschaftlerin und seit zehn Jahren freiberuflich als Autorin tätig. Charlotte Roth hat Globetrotter-Blut und zieht mit Mann und Kindern durch Europa. Sie lebt heute in London, liebt aber ihre Geburtsstadt Berlin über alles. Ihr Debüt, 'Als wir unsterblich waren', war ein Bestseller, dem seitdem zahlreiche weitere Romane über Frauenschicksale vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte folgten.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426459553
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum23.12.2020
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten576 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2609 Kbytes
Artikel-Nr.5141290
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Wonach wir uns sehnen, ist immer Zeit.

»Wenn du einen Menschen vermisst«, sagte Lidija Petrowna Bezborodko zu Oda, »vermisst du in Wahrheit nicht den hochnäsigen Rotzlöffel, der dir längst nicht mehr ins Ohr flüstert, dass du seine liebste und süßeste Maminka bist, und erst recht nicht die Handvoll vermoderter Knochen, die etliche Werschock tief unter der Erde liegen. Du vermisst die Seligkeit, die du mit einem Menschen, den es nicht mehr gibt, erlebt hast, und das schlanke Zauberwesen im Spiegel, das du selbst einmal gewesen bist.«

Sie seufzte kehlig, lehnte sich in ihrem Sessel zurück und zog an der dünnen, schwarzen Zigarette. Der Sessel stammte aus Paris, war mit rot gemustertem Atlasbrokat bezogen und ein Einzelstück. Die meisten Einrichtungsgegenstände im Raum waren Einzelstücke. Odas Vater hatte sich bei der Ausstattung der Royal Suite nicht lumpen lassen, und Lidija Petrowna hatte sich mit erlesenstem Geschmack noch dieses und jenes dazu auserbeten, ohne das eine Frau ihres Standes keinesfalls ihr Leben fristen konnte. Ihre Zigaretten hingegen ließ sie sich von einem der Liftboys in Odessas Unterleib, der Moldawanka, besorgen und stopfte das Kraut zu zwanzig Kopeken, das Gauner, Gaukler, Krämer und Langfinger rauchten, in ihre Zigarettenspitze aus Elfenbein. Andere schmeckten ihr nicht. Sie wolle rauchen, keine Veilchendrops lutschen, hatte sie erklärt, als Oda sie danach fragte.

Ihrer Stimme war die Tabakleidenschaft bereits anzuhören. Sie klang wie ein düsteres Echo, das durch Odessas Katakomben hallte.

Frauen, die rauchten, waren Oda natürlich schon früher begegnet. In einem Hotel mit Gästen aus aller Welt sah man manches, das anderswo als Kuriosität galt. Nur waren die Frauen für gewöhnlich keine russischen Fürstinnen, und sie rauchten auch keinen Tabak, der wie ein Fabrikschornstein qualmte.

»Mais ma belle demoiselle, um so etwas zu begreifen, sind Sie ja noch viel zu jung«, wechselte die Fürstin aus dem Russischen ins Französische und vom Du zum Sie. »In Ihrem zarten Alter ...«

»In meinem zarten Alter sehnt man sich durchaus auch!«, fuhr Oda ihr beherzt in die Rede. Dass sie sich so etwas bei den Gästen herausnahm, hätte ihr Vater nicht gutgeheißen. Andererseits war jedoch auch ihrem Vater klar, dass Oda sich bei den Gästen würde durchsetzen müssen und dass sie das nicht auf seine, sondern nur auf ihre eigene Weise tun konnte. Oda liebte das Hotel, sie liebte es gewiss nicht weniger als er selbst, aber die Gäste waren für sie nichts als Mittel zum Zweck. Auch ein Zuckerfabrikant konnte schließlich seine Raffinerie lieben, ohne sich daheim, am privaten Teetisch, viel aus Zucker zu machen.

Mit Lidija Petrowna verhielt es sich allerdings anders. Zum Ersten war die Fürstin kein gewöhnlicher Gast, der bestenfalls einen Monat lang blieb, sondern gehörte sozusagen zum Image des Hotels. Zum Zweiten bekam wenig dem Ruf eines Hotels so gut wie eine Fürstin, die darin logierte, und zum Dritten fühlte sich Oda in Lidija Petrownas Gesellschaft merkwürdig wohl. Vertraut fühlte sie sich, nicht aus der Art geschlagen, nicht so, als müsse sie die meisten ihrer Gedanken für sich behalten, damit ihr Gegenüber nicht vor Entsetzen aufkreischte. Die Gedanken der Fürstin, die vor revolutionären Unruhen von ihrem Gut bei Sankt Petersburg geflohen war, um in Odessa Erholung zu finden, schienen mitunter nicht weniger skandalös als ihre eigenen.

Oda konnte natürlich nicht wissen, ob die Fürstin ihr gegenüber genauso empfand. Sie war ja keine Adlige, wie Belle ihr nicht oft genug ins Gedächtnis rufen konnte, sondern lediglich eine Hotelerbin, wenngleich Oda das eine nicht gegen das andere hätte tauschen wollen. Sie war außerdem erst zwanzig - genau seit heute war sie zwanzig -, während die verschrobenen Weisheiten, die die Fürstin von sich gab, zweifellos einem weit höheren Lebensalter entstammten.

Wie alt Lidija Petrowna tatsächlich war, ließ sich unmöglich schätzen. Sie trug ihr Haar, das Ähnlichkeit mit einem Mopp in undefinierbarer Farbe hatte, mit einem um die Stirn geschlungenen Seidentuch in die Höhe gebunden, schminkte ihr Gesicht, als wollte sie im Stadttheater als Bajazzo auftreten, und bewegte ihre Leibesfülle langsam und selten. Letzteres war allerdings nicht ihrem Alter, sondern ihrem Stand geschuldet. »Wenn du einem Haushalt wie dem meinen auf Gut Flenowo in Pargolovo vorgestanden hast, vermeidest du Bewegung, wo du nur kannst«, hatte sie Oda erklärt. »Die Dienstboten könnten andernfalls auf den Gedanken kommen, man dürfe dir zumuten, etwas selbst zu tun.«

Oda betrachtete sie. Älter als ihr Vater, der noch immer zu den schönsten Männern von Odessa zählte, erschien sie mit ihrem zerknitterten Gesicht und den dick ummalten Augen auf jeden Fall. Andererseits wirkte sie deutlich jünger und vitaler als Odas zimperliche, krumm dahinschleichende Mutter, die dabei nur ein Jahr älter als der Vater war.

Mit dem Alter also war das so eine Sache. Wer wie aussah, wie dachte und fühlte, ließ sich so einfach nicht daran festmachen. Ihr Protest war berechtigt, fand Oda. Lidija Petrowna mochte im Vergleich mit ihr selbst steinalt sein, doch das bedeutete nicht, dass die Fürstin von Sehnsucht mehr verstand als sie.

Niemand verstand von Sehnsucht mehr als Oda Liebenthal.

Ich bin die Sehnsucht auf zwei Beinen, dachte sie. Auch wenn das niemand vermutet und Cesar Seibman behauptet, ich wäre kalt wie eine Hundeschnauze. Es weiß ja keiner, wie es hinter der kalten Schnauze im Hund vielleicht brodelt, und ich habe mich schon gesehnt, solange ich denken kann.

Nach Belle, von der ich schon glaubte, sie wäre ein Geschöpf ohne Makel, als ich sie nur aus Schwärmereien kannte.

Nach meinem Vater, der mir unerreichbar schien, selbst wenn er keinen Schritt weit von mir entfernt stand.

Zuletzt nach Karol und nach ihm so heftig wie nach niemandem und nichts zuvor.

Heute Nacht würde die Sehnsucht nach Karol sich erfüllen, und sobald Oda diesen Gedanken nur streifte, musste sie sich die Hand aufs Herz legen. Heute Nacht würde sie Karol so nahekommen, dass sie sich nicht mehr nach ihm zu sehnen brauchte. Und sie würde ihn bei sich behalten. Für immer. Er und sie würden eine Einheit sein, wie zusammengeschmiedet, so eng, dass keine Sehnsucht zwischen sie passte.

Gewiss aber würde sie nie vergessen, wie die Sehnsucht in ihr gewütet hatte, einerlei, wie viele Lebensjahre ihnen beiden miteinander geschenkt würden.

»In meinem Alter sehnt man sich durchaus auch«, wiederholte sie also, um ihrem Standpunkt Gewicht zu geben.

Die Fürstin legte die Zigarette samt Spitze auf dem Aschenbecher ab und griff nach einem Würfel grünlichen türkischen Honigs. Den ließ sie sich auch von den Liftboys mitbringen, denn der aus Seibmans Konditorei, der im Hotel serviert wurde, schmeckte ihrem Urteil zufolge nach Seife. »Das habe ich ja nicht bestritten«, sagte sie, ehe sie sich das klebrige Konfekt in den Mund schob. »Wir Alten sehnen uns nach einer Zeit, die es nicht mehr gibt, und ihr Jungen nach einer, die es niemals geben wird. Mais ma belle demoiselle, das wollten Sie ja nun so gar nicht von mir hören, habe ich recht?«

Warum Lidija Petrowna sie auf Russisch duzte, im Französischen aber zum förmlichen Sie wechselte, wusste Oda nicht, und sie hütete sich, zu fragen. Am Ende hatte es mit irgendeiner Eigenheit des Französischen zu tun, die ihr, die sich mit der Sprache der eleganten Welt schwertat, entgangen war, und sie stand als törichte Trine da. Für kalt und hundeschnäuzig mochte sie halten, wer wollte, doch sie hatte schier panische Angst davor, als ungebildet, dumm oder gar provinziell zu gelten.

»Nein, das wollte ich nicht von Ihnen hören«, bekannte sie grammatikalisch korrekt und wusste schon kaum noch, worum es eigentlich ging. Offiziell war sie in die Royal Suite hinaufgefahren, um fürsorglich nachzufragen, ob es dem vornehmsten Gast des Hotels für den bevorstehenden Ball an nichts fehle, ob eins der Zimmermädchen als Zofe geschickt werden solle oder etwas aufgebügelt werden müsse. Inoffiziell war sie hier, um Lidija Petrowna um einen Gefallen zu bitten, den außer ihr niemand für sie erledigen konnte.

Sie hatte Belle darum gebeten, hatte fest damit gerechnet, dass diese ihr eine so dringende Bitte nicht abschlagen würde. Das Gefühl, auf viel zu schwachen Beinen in den Himmel steigen zu müssen, vergaß man nicht, und die Verbindung, die aus den verschlungenen, schwitzigen Kinderhänden erwachsen war, hatte etwas ebenso Unzerstörbares wie Odas Entschluss, nie wieder Himmelblau zu tragen.

Natürlich hatte ihr Vater dieselbe Idee ein zweites Mal gehabt, hatte geplant, seine unansehnliche Tochter noch einmal in diese Farbe zu hüllen wie seinen zauberäugigen Liebling, aber diesmal hatte er die Rechnung ohne Oda gemacht. Nicht einmal für ihn, den sie vor Karols Ankunft in ihrem Leben am meisten geliebt hatte, würde sie sich einer solchen Blamage ein zweites Mal aussetzen. Schon gar nicht vor Karols Augen. Sobald die zwei haargenau gleichen Ballkleider aus himmelblauer Duchesse, die ihr Vater bestellt hatte, eingetroffen waren, hatte Oda sich ihres geschnappt und stillschweigend für Abhilfe gesorgt. Es reichte schon aus, dass sie den Ball zu ihrem Geburtstag teilen musste, weil die Eltern der armen Belle sich doch einen eigenen nicht leisten konnten und die arme Belle doch ohnehin auf so vieles zu verzichten hatte. Die arme Belle würde sich damit abfinden müssen, dass Oda an diesem Abend nicht in ihrem Schatten...
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Autor

Charlotte Roth, Jahrgang 1965, ist gebürtige Berlinerin, Literaturwissenschaftlerin und seit zehn Jahren freiberuflich als Autorin tätig. Charlotte Roth hat Globetrotter-Blut und zieht mit Mann und Kindern durch Europa. Sie lebt heute in London, liebt aber Berlin über alles.Ihr Debüt, "Als wir unsterblich waren", war ein Bestseller, dem seitdem zahlreiche weitere Romane über Frauenschicksale vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte folgten.

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt