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Bildung

Alles, was man wissen muß
TaschenbuchKartoniert, Paperback
704 Seiten
Deutsch
Goldmannerschienen am02.02.2002
Unser Wissen ist im Umbruch, unser Bildungssystem in der Krise, der Ruf nach einem Kanon wird immer lauter. Dieses Handbuch bietet umfassende Neuorientierung hinsichtlich der Kernbestände unserer Kultur. Im ersten Teil "Wissen" präsentiert Dietrich Schwanitz "alles, was man wissen muß", um das "Bürgerrecht" im Land der Bildung zu erwerben. Im zweiten Teil "Können" geleitet Schwanitz den Leser unter anderem durch das "Haus der Sprache", die Welt des Buches und der Schrift und bietet inspirierende Länderkunde. Eine Zeittafel, informative Kürzestfassungen von "Büchern, die die Welt verändert haben", Tipps zum Weiterlesen und ein ausführliches Namenregister erhöhen den Gebrauchswert dieses Kompendiums.mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextUnser Wissen ist im Umbruch, unser Bildungssystem in der Krise, der Ruf nach einem Kanon wird immer lauter. Dieses Handbuch bietet umfassende Neuorientierung hinsichtlich der Kernbestände unserer Kultur. Im ersten Teil "Wissen" präsentiert Dietrich Schwanitz "alles, was man wissen muß", um das "Bürgerrecht" im Land der Bildung zu erwerben. Im zweiten Teil "Können" geleitet Schwanitz den Leser unter anderem durch das "Haus der Sprache", die Welt des Buches und der Schrift und bietet inspirierende Länderkunde. Eine Zeittafel, informative Kürzestfassungen von "Büchern, die die Welt verändert haben", Tipps zum Weiterlesen und ein ausführliches Namenregister erhöhen den Gebrauchswert dieses Kompendiums.
Details
ISBN/GTIN978-3-442-15147-9
ProduktartTaschenbuch
EinbandartKartoniert, Paperback
Verlag
Erscheinungsjahr2002
Erscheinungsdatum02.02.2002
Seiten704 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht502 g
Illustrationen12 SW-Abb.
Artikel-Nr.10511736
Rubriken

Inhalt/Kritik

Leseprobe
WissenEinleitung über den Zustand der Schulen und des Bildungssystems, die man ohne weiteres überspringen kannAls Robinson Crusoe sich nach dem Schiffbruch an Land gerettet und sich einigermaßen erholt hatte, besann er sich auf die Fähigkeiten eines guten Bürgers: Er verschaffte sich einen Überblick über das Wrack; er machte Inventur; er bilanzierte seine Möglichkeiten; und er analysierte seine Situation.Wir sind, was die Bildung betrifft, in der Lage Robinsons. Wir haben Schiffbruch erlitten. Das ist schlimm, aber es ist keine Katastrophe, solange man seine Moral behält, nicht in Panik gerät, lernfähig ist und zäh genug, alles wieder neu aufzubauen. Machen wir also Inventur. Sichten wir das Wissen und trennen wir das Wesentliche vom Unwesentlichen. Überprüfen wir unsere Maßstäbe. Korrigieren wir unsere Fehler. Und gewinnen wir dabei unsere Urteilsfähigkeit zurück. Wie ist die Lage, wenn wir sie nicht beschönigen?Die drei monströsen Schwestern: die GorgonenBildung ist zu einem Schattenreich geworden. In ihm sind die Vorstellungen davon verdampft, was man eigentlich lernen soll. Eine ernsthafte, fachlich solide Überlegung über Bildungsziele findet nirgendwo statt. Statt dessen herrschen die beiden Schwestern ? die große Verunsicherung und die große Unübersichtlichkeit. Immer neue Modelle werden durchgespielt. Die Schule ist zum Prinzip des Tauschhandels zurückgekehrt. Deutsch kann durch Sport ausgeglichen werden und Mathematik durch Religion. Punkte in Leistungskursen zählen doppelt soviel wie die in gewöhnlichen Kursen. Das hat die Schule zu einem Markt gemacht, auf dem Zensuren gehandelt werden und die Schüler mit den Lehrern um Prozentpunkte feilschen. Daß alles mit allem kombinierbar, alles austauschbar und alles kompensierbar ist, hat die dritte der Gorgonenschwestern inthronisiert: die große Beliebigkeit. Ihre Herrschaft hat die Idee vom unaustauschbaren, mit der Sache verbundenen Bildungswert eines Faches verdunsten lassen. Das Grundprinzip jeder Ordnung von Wissensbeständen wurde fallengelassen: die Unterscheidung von Wesentlichem und Austauschbarem, von Zentralem und Randständigem, Pflicht und Kür, Kernfächern und Wahlfächern.Mythos und Kosmologie lehren uns: Wenn die Entwicklung einen Tiefpunkt erreicht hat, ist es Zeit für eine Umkehr; die längste Nacht ist zugleich auch die Sonnenwende; nach dem Abstieg in die Hölle erfolgt die Auferstehung. Deshalb ist es an der Zeit, die Herrschaft der drei Schwestern zu beenden ? der großen Verunsicherung, der großen Unübersichtlichkeit und der großen Beliebigkeit. Zu den mythologischen Gorgonen gehört die Medusa, deren Blick tötet; hält man ihr den Spiegel vor, tötet sie sich selbst. Fangen wir damit an.SchulenDie Schulen leiden in Deutschland an einem quälenden Widerspruch: Die Schüler sollen überall das gleiche lernen, damit die Abschlüsse ? vor allem das Abitur ? wenigstens ungefähr das gleiche Niveau haben. Aber jedes Bundesland macht seine eigene Schulpolitik, und wie die aussieht, hängt von der Partei ab, von der es regiert wird. Weil aber in einer Leistungsgesellschaft die Karrieren der Menschen vom Bildungssystem abhängen, ist das Schulwesen zwischen den Parteien besonders umkämpft.Deshalb gibt es die beiden Lager der SPD-Länder und der CDU-Länder. Ein Herzensanliegen der SPD ist die Gesamtschule. Sie wurde auf Kosten der Gymnasien besonders gefördert. Man wollte mit der Gesamtschule die Klassengegensätze abbauen und die Chancen für alle erhöhen, durch Bildung gesellschaftlich aufsteigen und ein reiches und erfülltes Leben führen zu können. Außerdem hoffte man, daß die Gesamtschule das fördern würde, was man »kommunikative Kompetenz« nannte und womit man wechselseitiges Verständnis füreinander meinte.Die CDU dagegen setzte weiterhin auf das dreigliedrige Schulsystem mit Gymnasien, Realschulen und Hauptschulen. Inzwischen kann man sagen, daß von den Ergebnissen her die CDU diesen Streit gewonnen hat: Die Gesamtschule hat nicht gehalten, was man sich von ihr versprach. Alle Leistungsvergleiche beweisen: Gesamtschüler sind schlechter als Schüler der Gymnasien und sogar als Realschüler vergleichbarer Stufen. Und auch die Hoffnung, daß die Unterlegenheit im Intellektuellen durch eine Überlegenheit in sozialer Kompetenz ausgeglichen wird, hat sich nachweislich nicht erfüllt. Die Untersuchungen sind hier nicht kontrovers, sondern belegen eindeutig: Gesamtschulen weisen eine höhere Gewalt- und Kriminalitätsrate auf als andere Schulen, der Drogenkonsum ist höher und die Rücksichtslosigkeit größer, dafür aber sind die Leistungen in Deutsch und Mathematik geringer. Und im allgemeinen ist das Abitur in Ländern, die lange von der SPD regiert wurden, leichter zu haben als in solchen Bundesländern, in der die CDU ein Dauerabonnement auf die Regierung hatte. Entsprechend wird von einem Abiturienten in Hamburg, Nordrhein-Westfalen oder Hessen weniger verlangt als von einem Abiturienten aus Bayern oder Baden-Württemberg. Trotzdem gilt das Abitur überall als Zugangsberechtigung zum Studium, unabhängig davon, wo es gemacht wurde. Das ist ungerecht in doppeltem Sinne: Der bayerische Abiturient muß mehr leisten, um denselben Notendurchschnitt zu bekommen als sein Hamburger Mitschüler; der Hamburger kann also leichter die Hürde der Zulassungsbeschränkung eines Numerus-clausus-Faches überwinden. Andererseits hat der Hamburger Hochbegabte keine Möglichkeit, so viel zu lernen wie sein bayerischer Altersgenosse, weil er nicht so gefordert wird. Bei den inflationierten (entwerteten) Zensuren hat er auch keine Chance, sich auszuzeichnen, und sitzt so zusammen mit einem Haufen mittelmäßiger Schüler im gleichen Boot. Bleibt ihm nur zu hoffen, daß seine Begabung und der Zufall ihn nach Amerika führen, wo er dann bleiben wird. Unter dem Eindruck dieser deprimierenden Ergebnisse haben die Vertreter der Kultusbürokratie auf ein Mittel zurückgegriffen, das sich bewährt hat und in verzweifelten Lagen immer wieder benutzt wurde. Dafür gibt es viele historische Beispiele: Bekanntgeworden etwa sind die Dörfer des russischen Fürsten Potemkin, der seiner Zarin mit transportablen Fassaden eine Fata Morgana blühender Bauernsiedlungen vorgaukelte, oder die gefälschten Statistiken des real existierenden Sozialismus oder des Kaisers neue Kleider. Mit anderen Worten: Das Zaubermittel bestand in der Aufrechterhaltung von Fiktionen, der Leugnung der Realität und dem Ignorieren des Offensichtlichen. Die Kultusminister sind in diesem Falle soweit gegangen, wissenschaftliche Untersuchungen zum Leistungsvergleich der Schulen geheimzuhalten. Deshalb gibt es das Paradox: Fast nirgendwo wird so viel gelogen wie in der Bildungs- und Schulpolitik. Dabei liegt der Haken des ganzen Konzepts in einem einfachen Fehler, den jedes Kind genauso benennen könnte wie die Blöße des Kaisers: Man verwechselt die Chancengleichheit am Anfang des schulischen Leistungswettbewerbs mit der gewünschten Gleichheit der Ergebnisse am Ende. Man konnte es einfach nicht ertragen, daß nach der Öffnung des Bildungssystems für alle ? unabhängig von der sozialen Herkunft ? es ausgerechnet die Schulen waren, die wieder neue Unterschiede schufen: Diese waren nicht mehr Unterschiede der Herkunft, sondern Unterschiede nach Maßgabe von Begabungen, Lernwillen, Einsatzfreude, Interesse und Ehrgeiz. Was tat man? Man höhlte die fundamentale Sozialtechnik aus, auf der aller Unterricht beruht: die Bewertung von Lernfortschritten durch Zensuren, anhand derer ein Schüler sich selbst einschätzen, vergleichen und motivieren kann.Zensuren sind keine absoluten, sondern Vergleichsmaßstäbe; wie Geld machen sie Unvergleichbares vergleichbar. Für jeden sehr guten Schüler gibt es einen mittelmäßigen oder schlechten, der sich von ihm unterscheidet. Ohne schlechte sind gute Schüler nicht zu haben. Das aber wurde geleugnet. Die Zensuren wurden inflationiert. Das war wie bei der Inflation des Geldes: Jeder hat zwar jetzt die Brieftasche voller Tausender, aber dafür konnte er sich nichts kaufen. Jeder Schüler, der nicht direkt schwachsinnig war, bekam jetzt eine passable oder sogar eine hohe Punktzahl; aber sie war nichts mehr wert und hatte ihre Aussagekraft verloren. Was in der Sprache die Phrasen, wurden in den Schulen die Zensuren: sie bedeuteten nichts mehr.Damit brachen an den Schulen die Normen zusammen. Für Jugendliche, die von Haus aus sehr normativ denken, war das ein Anlaß, ihre Schule geringzuachten; sie konnten sich mit so einer Institution nicht identifizieren. Die Verachtung ergriff auch die Lehrer, die einem schrecklichen Schicksal ausgesetzt wurden.LehrerLehrer haben es sowieso schon schwer. Zunächst einmal werden sie von anderen sozialen Gruppen unterschwellig verachtet. Das liegt daran, daß sie nie das Bildungssystem verlassen haben, um sich im Leben außerhalb zu bewähren. Nach der Schulzeit wechseln sie zum Studium an die Universität und gehen von da aus zurück an die Schule, um Beamte zu werden. So etwas kann als Lebensangst und Untüchtigkeit interpretiert werden. Außerdem erinnert sich jeder Mensch besonders deutlich an diejenigen Lehrer aus seiner eigenen Schulzeit, die dort eine klägliche Figur abgegeben haben. Das erhöht die Verachtung. Dazu kommt, daß Lehrer tatsächlich eine bestimmte Berufskrankheit haben: Sie schlagen sich Tag für Tag mit Jugendlichen und Kindern herum; da bleibt es nicht aus, daß sie leicht infantil werden. Ein ständiger Umgang färbt immer auf den Kommunikationsstil der Gegenseite ab: Das ist ein soziales Gesetz. Lehrer können sich deshalb leicht über Nebensächlichkeiten aufregen und aus einer Mücke einen Elefanten machen.Aber diese Verachtung ist ungerecht gegenüber einem Job, den selbst ein gewiefter Manager oder ein nervenstarker Unternehmer kaum einen Morgen lang durchstehen würde, ohne an Flucht zu denken: Nämlich eine Horde lernunwilliger, ungezogener, an Fernsehunterhaltung gewöhnter Bestien für die Erhabenheit des deutschen Idealismus zu interessieren, während diese nichts anderes im Sinne haben als Attacken auf die Würde des Lehrers zu organisieren. Von diesem täglichen Kampf gegen die schiere Unverschämtheit, die sadistische Bösartigkeit und die seelische Rohheit macht sich außerhalb der Schule niemand eine Vorstellung. Und das Abgefeimteste ist: Der Lehrer muß sich die Ungezogenheit und Ruppigkeit seiner Schüler auch noch selber zurechnen lassen: Er ist selbst daran schuld; er hat seine Klasse nicht im Griff, sein Unterricht törnt die Kids nicht an, im Gegenteil, sie fühlen sich angeödet. Man möchte mal sehen, wie man mit Goethes »Iphigenie« die Kids antörnen soll: Ein Mindestmaß an Zivilisiertheit der Kinder wird als selbstverständliche Mitgift des Elternhauses gar nicht mehr erwartet. Ihr Verhalten wird allein aus dem Unterricht erklärt, während sie in Wirklichkeit an Konzentrationsschwäche und Erziehungsdefiziten aus dem Elternhaus leiden.In dieser Situation haben die Kultusminister und die Schulbehörden, deren Vertreter wohl die Situation in den Schulen kaum aus eigener Anschauung kennen dürften, den Lehrern die meisten Sanktionsmitteln aus den Händen genommen, so daß jetzt absolute Waffenungleichheit besteht. Strafen wie Verweise, Abmahnungen, Benachrichtigungen der Eltern und ? bei schweren Vergehen ? Androhung des Ausschlusses oder Ausschluß aus der Schule sind so von Vorschriften, Anträgen, Abstimmungen und Schulkonferenzen umstellt, daß jeder Lehrer lieber darauf verzichtet: Er würde sich mit dem Aufwand selbst am meisten bestrafen. Da die Schüler das wissen, verhöhnen sie ihn mit dieser Möglichkeit.Weil die Lehrer also offiziell an ihren Problemen selbst schuld sind, werden sie auf den Pfad der Lüge gedrängt; sie verheimlichen ihre eigenen Schwierigkeiten. Einen öffentlichen Diskurs (Gedanken- und Meinungsaustausch), in dem sich ihre Probleme beschreiben ließen, gibt es nicht. Auf diese Weise werden Lehrer entsolidarisiert und konkurrieren untereinander mit verlogenem Imagemanagement. Sie fingieren ihren Erfolg und tun so, als hätten sie keine Probleme. In Wirklichkeit sind viele von ihnen tief demoralisiert. Um so mehr, wenn sie einmal linke Erziehungsideale geteilt haben. In ihren eigenen Augen haben sie doppelt versagt und müssen das leugnen, um psychisch zu überleben.Derweil sind die Schulen fast vollständig zur Beute der politischen Parteien geworden. Kaum ein Schuldirektorposten, der nicht mit Blick auf Parteizugehörigkeit besetzt würde. Die jeweils regierende Landespartei hält sich an der Schulpolitik schadlos, um im nächsten Wahlkampf etwas vorweisen zu können: eine neue Maßnahme, eine aufregende neue Konzeption, ein interessantes neues Etikett. So wird die Schule, die langfristige Planungssicherheit braucht, durch ständige Phantomerfindungen in Unruhe gehalten: Fächerübergreifender Unterricht, Projekte, neue Schulverfassungen, Mitbestimmungsmodelle, Elternbeteiligungen lösen einander ab und verbrauchen die dünne Luft der Hoffnung durch ihre eigene Windigkeit.Kurzum, die Schulen sind in einem so jämmerlichen Zustand, daß das Elend völlig unbekannt bleibt, weil sein Ausmaß unglaublich ist. Das heißt nicht, daß es nicht hie und da funktionierende Schulen, engagierte Direktoren und erfolgreiche Lehrer und halbwegs glückliche Schüler gäbe. Vielleicht gibt es sogar eine ganze Menge von ihnen. Aber solche Schulen sind nicht mehr die Regel und die anderen die Ausnahme; vielmehr gelten die Horrorschulen als ebenso normal wie die anderen. Das liegt daran, daß die Maßstäbe verlorengegangen sind. Man weiß nicht mehr, was mit welchem Ziel gelehrt werden soll. Weil der alte Bildungskanon verengt und überholt erscheint, hat man Normen überhaupt aufgegeben. Hier liegt der Fehler. Bei dieser Verunsicherung muß jeder Neubeginn ansetzen. Die neuen Maßstäbe sind an der Verwestlichung Deutschlands zu gewinnen, die seit dem Kriegsende politisch und seit 1968 kulturell erfolgt ist und seit 1989 politisch und kulturell für die Ex-DDR nachgeholt wird. Das ist für die einzelnen Bildungsbereiche gesondert zu erläutern.GeschichteDas Problem ist hier das große historische Trauma der Nazi-Zeit: Diese Epoche wirkt wie ein implodierter Stern, der sich in ein schwarzes Loch verwandelt hat und alles Licht in seiner Dunkelheit begräbt.Es ist, als ob es nichts anderes mehr gäbe. Die ganze Geschichte kreist um dieses Geschehen. Das aber verstellt den Blick dafür, daß es noch eine andere Geschichte gibt: die Geschichte Europas, aus deren Traditionen heraus die Zivilisation gerettet und die Tyrannei besiegt wurde. Dies ist eine große Erzählung: Aber eben dieser große Stoff wird in der Schule nicht gelehrt. Aber jede politische Kultur braucht eine Vorgeschichte, die sie stützt und die sie legitimiert. Ohne eine solche Vorgeschichte werden die Menschen ihre eigene Gesellschaft nicht verstehen. Und zur positiven Identifikation mit der eigenen Kultur gehört mehr als die ständige Vermeidung des Bösen. Die Fixierung auf unsere eigene Katastrophengeschichte reicht nicht aus. Sie allein macht neurotisch, isoliert uns von den anderen Nationen und verlängert den »deutschen Sonderweg«.Deshalb ist es nötig, die »große Erzählung« von der Geschichte unserer Gesellschaft neuzufassen und sie auch als »zusammenhängende Geschichte« wieder zu lehren. Dabei müssen wir den eigenen Irrweg verstehen lernen; wir müssen begreifen, worin der Unterschied zu den anderen bestand; und dann müssen wir uns von unseren eigenen Irrtümern lossagen und uns zu den Werten bekennen, die wir verraten haben. Das erst bedeutet, die eigene Identität aus der Geschichte zu begründen. Aber während die Gründungsmythen der anderen weit zurückreichen, befinden wir uns mitten in der Neugründung unserer Identität. Deshalb müssen wir unsere Katastrophengeschichte einordnen lernen. Das gehört in besonderer Weise zum Bildungswissen. Die große Erzählung unserer Geschichte ist das Gerüst, in das wir alle anderen Kenntnisse einfügen: Unser Bildungswissen ist historisch geordnet, nicht systematisch. Und diese Schematisierung der Geschichte erfolgt über die Chronologie. Man muß deshalb einen Überblick über das Zeitgerüst haben.mehr
Kritik
"Lernen Sie 'Bildung - alles, was man wissen muss' von Dietrich Schwanitz auswendig. Anschließend sind Sie so schlau, wie Sie aussehen." Mens Healthmehr

Autor

Dietrich Schwanitz, geboren 1940, stammt aus dem Ruhrgebiet und wuchs bei mennonitischen Bergbauern in der Schweiz auf. Er studierte Anglistik, Geschichte und Philosophie in Münster, London, Philadelphia und Freiburg. Von 1978 bis 1997 lehrte er als Professor für Englische Literatur an der Universität Hamburg. Mit seinen Romanen "Der Campus" (1995) und "Der Zirkel" (1998) erreichte der Chefkritiker deutscher Hochschulpolitik ein Millionenpublikum. Sein Wissenshandbuch "Bildung" (1999) entwickelte sich zum Top- und Longseller. Dietrich Schwanitz verstarb im Dezember 2004.