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Wenn Haie leuchten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Hanser Berlinerschienen am19.04.20211. Auflage
Aktuellste Forschung und ein Gespür für das Kuriose: Die Meeresbiologin Julia Schnetzer über Meeresmücken, giftige Kugelfische, Delfinnasen und andere faszinierende Meeresbewohner
Das Meer ist unser erstaunlichstes und rätselhaftestes Ökosystem. Es waren mehr Menschen auf dem Mond als am Grund des Ozeans. Zu Unrecht, findet Meeresbiologin und Science-Slammerin Julia Schnetzer. Denn in der Unsterblichkeit von Quallen, der Sprache der Delfine und dem Lebensrhythmus von Unterwassermücken verbergen sich nicht nur neueste Erkenntnisse über unsere Umwelt, sondern auch über uns Menschen.
Der Kauf dieses Buchs unterstützt die Organisation MovingSushi, die Korallenriffe vor der Westküste des afrikanischen Kontinents erforscht und versucht, mithilfe der Fluoreszenz der Tiere Haibeifang in der Fischerei zu minimieren.

Julia Schnetzer, 1985 in München geboren, erforscht seit Jahren die Mikro- und Makroorganismen des Meeres. Sie studierte Biologie in Köln, an der University of California in Merced sowie am Smithsonian Tropical Research Institute in Panama und promovierte in Mariner Mikrobiologie am Max Planck Institut in Bremen. Von 2017 bis 2020 war sie wissenschaftliche Koordinatorin der internationalen Wanderausstellung Ocean Plastics Lab, die sich mit der Meeresverschmutzung durch Plastik beschäftigt.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR18,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextAktuellste Forschung und ein Gespür für das Kuriose: Die Meeresbiologin Julia Schnetzer über Meeresmücken, giftige Kugelfische, Delfinnasen und andere faszinierende Meeresbewohner
Das Meer ist unser erstaunlichstes und rätselhaftestes Ökosystem. Es waren mehr Menschen auf dem Mond als am Grund des Ozeans. Zu Unrecht, findet Meeresbiologin und Science-Slammerin Julia Schnetzer. Denn in der Unsterblichkeit von Quallen, der Sprache der Delfine und dem Lebensrhythmus von Unterwassermücken verbergen sich nicht nur neueste Erkenntnisse über unsere Umwelt, sondern auch über uns Menschen.
Der Kauf dieses Buchs unterstützt die Organisation MovingSushi, die Korallenriffe vor der Westküste des afrikanischen Kontinents erforscht und versucht, mithilfe der Fluoreszenz der Tiere Haibeifang in der Fischerei zu minimieren.

Julia Schnetzer, 1985 in München geboren, erforscht seit Jahren die Mikro- und Makroorganismen des Meeres. Sie studierte Biologie in Köln, an der University of California in Merced sowie am Smithsonian Tropical Research Institute in Panama und promovierte in Mariner Mikrobiologie am Max Planck Institut in Bremen. Von 2017 bis 2020 war sie wissenschaftliche Koordinatorin der internationalen Wanderausstellung Ocean Plastics Lab, die sich mit der Meeresverschmutzung durch Plastik beschäftigt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783446270251
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum19.04.2021
Auflage1. Auflage
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5422783
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



 

 

Aqua Incognita: Ein Meer voller Rätsel

 

Meeresbiologie ist definitiv das sexy Fach unter den Naturwissenschaften. Vielleicht sogar unter all den Wissenschaften. Wenn man MeeresbiologInnen googelt, sieht man Bilder von TaucherInnen unter Wasser, Menschen mit Neoprenanzug und Tauchermaske am Strand oder auf einem Boot. Bunte Bilder von Korallen, Schildkröten und Haien. Vereinzelt findet man auch mal ein Bild von jemandem im Labor, aber da darf das Aquarium im Hintergrund natürlich nicht fehlen. Traumberuf MeeresbiologIn. Sind die Bilder echt? Ja. Sieht die Arbeit immer so aus? Eher weniger.

Natürlich gibt es die Glücklichen, die sich tagtäglich in die Wunderwelt des Ozeans schmeißen können. Für viele MeeresbiologInnen sieht der Alltag allerdings anders aus. Meist besteht die hauptsächliche Arbeit aus Labor und Schreibtisch. Einmal im Jahr gibt es vielleicht eine Ausfahrt mit dem Schiff oder eine Expedition an die Küste, um Proben und Daten zu sammeln. Wenn man Glück hat, geht es dabei zu paradiesischen Stränden oder in die wilde Arktis. Manche verbringen gar mehrere Monate auf einem Schiff im ewigen Eis. Dort ist aber nicht Urlaub angesagt, sondern anpacken, und ein Tag kann schnell mal 20 Arbeitsstunden haben. Wenn man sich nach vier Stunden Schlaf wieder in einen immer noch nassen Neoprenanzug zwängt, sehnt man sich manchmal doch nach der gemütlichen Couch zu Hause. Ein andermal findet man sich im bitterkalten Februar im Watt wieder und wühlt mit halb erfrorenen Fingern im Schlamm herum. In aller Frühe Köder vorzubereiten und dafür Makrelen mit den Händen zu zermatschen, ist nicht unbedingt was für jeden Magen. Seekrankheit ist natürlich der Endgegner, dem sich alle MeereswissenschaftlerInnen im Leben stellen müssen, und wer denkt, er sei hart im Nehmen, der sollte mal versuchen, auf einem schaukelnden Schiff stundenlang durch ein Mikroskop zu gucken. Aber das ganze Leid ist schnell wieder vergessen, wenn eine Gruppe Wale die Fluke zum Gruß aus dem Wasser streckt und ihre Blaswolken im Morgenlicht glitzern.

Die Action kommt in diesem Beruf auch nicht zu kurz: Hechtsprünge auf Haie, die größer sind als man selbst, Schwanzflossenhiebe, die einen Sterne sehen lassen, beim Probennehmen in Feuerkorallen fassen und durch beängstigende Wellen schwimmen, um Equipment zu retten, sind nur ein paar der Abenteuer, die man erlebt. Von Seeigelstacheln fange ich lieber erst gar nicht an zu erzählen. Alles für die Daten! Hat man die gesammelt, folgt meist wochenlanges Eintippen in den Computer, das Brüten über statistischen Auswertungen oder Experimente im Labor, die einfach nicht so funktionieren, wie sie sollten. Und dann kommt der Horror: Man muss das Ganze irgendwie in einem wissenschaftlichen Artikel zusammenfassen. Rückenschmerzen dank Schreibtischarbeit ist auch bei WissenschaftlerInnen eine weitverbreitete Diagnose.

Das Leben von MeeresbiologInnen ist also nicht nur Sommer, Sonne, Strand, es kann ein harter Job sein. Aber ich glaube, so wie ich macht auch jeder andere, der diesen Beruf gewählt hat, jede dieser, teilweise absurden, Tätigkeiten mit Leidenschaft, Spaß und Hingabe. Und es lohnt sich, nicht nur für die Wissenschaft, sondern für uns alle, denn ohne die Hingabe dieser Menschen hätten wir keinen Schimmer davon, wie wichtig und unabdingbar unsere Ozeane auch für unser Leben auf dem Land sind. Die Oberfläche unseres blauen Planeten, der ja paradoxerweise »Erde« genannt wird, besteht zu mehr als 70 Prozent aus Wasser, und der überwiegende Teil dieses Wassers befindet sich in den Ozeanen. Diese verteilen sich nicht nur auf fast zwei Drittel der Erdoberfläche, sondern sind auch noch, mit im Durchschnitt 4000 Metern, extrem tief. Damit machen sie 99 Prozent des Lebensraums unserer Erde aus und bilden ihr größtes Ökosystem. Und das besteht wiederum aus vielen verschiedenen Lebensräumen. Tiefsee, offene See, Meeresboden, Küsten, flaches Wasser, klares Wasser, warmes Wasser, kaltes Wasser - jede dieser Eigenheiten des Ozeans bildet ein für sich stehendes Ökosystem, auf das sich verschiedenartigste Lebewesen wie Bakterien, Viren, Algen, Pflanzen, Fische, Vögel, Reptilien oder Säugetiere angepasst haben. All diese einzelnen Ökosysteme sind durch Strömungen miteinander verbunden. Schon die alten Griechen wussten das. Die Bezeichnung »Ozean« stammt vom altgriechischen Wort ¯okeanós und bedeutet so viel wie »der das Land umschließende Weltstrom«. Auch wir sind mit dem Meer verbunden, selbst wenn wir uns Hunderte Kilometer weit von ihm entfernt aufhalten. Das Meer, oder besser gesagt die Algen und Bakterien, die in ihm leben, sind die Hauptquelle des für uns lebensnotwendigen Sauerstoffs. Indem das Meer Wärme vom Äquator zu den Polen transportiert, reguliert es unser Wetter und Klima. Ohne den Golfstrom würden wir uns hier in Europa salopp gesagt den Arsch abfrieren. Das Meer ist der wichtigste und größte Kohlenstoffdioxidspeicher auf unserem Planeten. Auch wirtschaftlich gesehen, ist es enorm wichtig, denn es fungiert als Handelsstraße, versorgt Millionen von Menschen mit Nahrung und schafft Millionen von Jobs in vielen verschiedenen Branchen. Es gibt Schätzungen, die besagen, dass der Ozean für drei Milliarden Menschen die Lebensgrundlage bildet. Trotzdem behandeln wir ihn manchmal etwas stiefmütterlich. Denn obwohl wir es mittlerweile geschafft haben, bis zum Mars zu fliegen, wissen wir nicht mal genau, wie der Meeresgrund vor unserer eigenen Haustür aussieht. Aber wie soll man denn eigentlich wissen, wie viel man weiß, wenn man gar nicht weiß, was man alles nicht weiß?

Man hört oft den Satz, dass wir nur ungefähr fünf Prozent des Meeres erforscht haben. Diese Zahl bezieht sich eigentlich auf den Meeresboden, wird aber oft auf die gesamte Meeresforschung angewendet. Es ist zwar so, dass schon annährend der gesamte Meeresboden vermessen wurde - das nennt man übrigens Bathymetrie -, allerdings nur in einer Auflösung von ungefähr fünf Kilometern. Das kann man sich vorstellen wie bei alten Computerspielen mit detailarmer Grafik. Denn Strukturen, die kleiner sind als ein Pixel, konnten damals nicht dargestellt werden. Deswegen hatte Pac-Man nur einen schwarzen Punkt als Auge, mehr Detail ging nicht. Bei Satellitenmessungen haben die »Pixel« eben eine Seitenlänge von fünf Kilometern. Alle Strukturen, die kleiner sind, können nicht gemessen werden. Dadurch werden bei diesen Messungen nur große Unterwasserberge, -schluchten und -täler sichtbar, alles andere bleibt verborgen. Im Vergleich dazu: Der komplette Mars ist mit einer Auflösung von sechs Metern vermessen, aber eben nur ungefähr fünf Prozent des Meeresbodens ist in solch einer hohen Auflösung kartiert. Die Gründe dafür sind zum einen, dass einfach mehr Geld in Weltraumforschung gesteckt wurde als in Meeresforschung. Zum anderen ist die Vermessung des Meeresbodens schwieriger, weil das Wasser im Weg ist. Mit Satelliten können wir zwar die Wasseroberfläche, ihre Temperatur und anhand ihrer Farben sogar den Algengehalt bestimmen, viel weiter können wir aber leider nicht gucken, da elektromagnetische Strahlung wie Licht nicht tief in Wasser eindringen kann. Für die grobe Vermessung des Meeresbodens mithilfe von Satelliten werden per Radar die Höhenunterschiede der Wasseroberfläche gemessen. Bergketten, die unter Wasser liegen, haben eine höhere Erdmassendichte und damit eine gesteigerte Erdanziehungskraft. Dadurch sammelt sich über den Bergketten das Wasser, und der Meeresspiegel steigt. Über Unterwassertälern senkt er sich. Von diesen Dellen in der Wasseroberfläche kann also auf die Oberflächenstruktur des Meeresbodens geschlossen werden. Wer jetzt etwas verwundert ist: Der Meeresspiegel ist nicht überall gleich hoch, und das Meer ist übersät mit kleinen Dellen, die man nicht bemerkt, wenn man mit einem Boot darüberfährt.

Um eine hochauflösende Vermessung des Meeresbodens zu erhalten, wird mit einem sogenannten Fächerecholot gearbeitet. Er sendet fächerförmig Schallwellen von einem Schiff aus, die der Meeresboden reflektiert, und anhand der Rückkehrzeit dieser Echos kann die Wassertiefe bestimmt werden. Damit erreicht man Auflösungen von ungefähr 50 Metern. Autonome Tauchroboter, die näher am Boden arbeiten, haben sogar Auflösungen im Zentimeterbereich. Solche Tauchdrohnen wurden 2014 bei der Suche nach der verschollenen Boeing 777 des Malaysia-Airlines-Flug MH370 im Indischen Ozean eingesetzt. Die Suche blieb zwar erfolglos, stattdessen wurden unbekannte erloschene Tiefseevulkane, Bergrücken und Unterwassergräben entdeckt. Die Tragödie des Flugzeugabsturzes zeigte der Öffentlichkeit auch die Lücken der Meeresforschung auf.

Eine hochauflösende Karte des Meeresbodens ist nämlich durchaus wichtig, um unseren Planeten, seine Geschichte als auch seine Zukunft zu verstehen und vorhersehen zu können. Die Formen des Meeresbodens erzählen uns von Bewegungen in der Plattentektonik und verraten, wo Vulkanismus, Hydrothermalquellen und anderen Lebensräume der Tiefsee versteckt sind. Das sind alles wichtige Informationen, wenn es darum geht, Erdbeben- und Tsunamigefahren zu bestimmen, Rohstoffvorkommen abzuschätzen und Schutzzonen zu errichten. Auch helfen sie, die generellen Eigenschaften des Ozeans besser zu verstehen, wie Strömungsverläufe, Ozeanzirkulation, Wetterphänomene, Sedimenttransport und Klimawandel. Daher hat sich das Projekt Seabed 2030 zum Ziel gesetzt, bis 2030 die komplette Oberflächenstruktur des Meeresbodens zu vermessen. Da es mehrere Hundert Jahre dauern würde, mit einem Schiff den gesamten Meeresboden zu vermessen, nutzt das Projekt die Crowdsourcing-Strategie - je mehr mitmachen, desto schneller geht es. Momentan hat Seabed 2030 weltweit 133 PartnerInnen und Mitwirkende. Im...

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