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Zen leben - Christ sein

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Herder Verlag GmbHerschienen am18.02.20191. Auflage
Was verleiht uns Halt in Zeiten, die aus den Fugen geraten scheinen? Auf welchem Weg gelangen wir heraus aus einem in Lethargie erstarrten Christentum? Karlheinz Bartel versucht eine Brücke zu schlagen zwischen Zen-Buddhismus und Christentum, um so einen Weg zu einer zeitgemäßen Spiritualität zu finden. Dabei bleibt er nicht in der Theorie stehen, sondern schlägt sehr konkrete Wege hin zu einem neuen Christentum vor.

Karlheinz Bartel, Dr. theol., geb. 1951, promovierte an der Universität Tübingen und war 23 Jahre Pfarrer der Stadtkirche in Bad Cannstatt. Weitere Veröffentlichungen zum Thema Meditation und Meditationstechniken.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR13,99

Produkt

KlappentextWas verleiht uns Halt in Zeiten, die aus den Fugen geraten scheinen? Auf welchem Weg gelangen wir heraus aus einem in Lethargie erstarrten Christentum? Karlheinz Bartel versucht eine Brücke zu schlagen zwischen Zen-Buddhismus und Christentum, um so einen Weg zu einer zeitgemäßen Spiritualität zu finden. Dabei bleibt er nicht in der Theorie stehen, sondern schlägt sehr konkrete Wege hin zu einem neuen Christentum vor.

Karlheinz Bartel, Dr. theol., geb. 1951, promovierte an der Universität Tübingen und war 23 Jahre Pfarrer der Stadtkirche in Bad Cannstatt. Weitere Veröffentlichungen zum Thema Meditation und Meditationstechniken.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783451815249
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum18.02.2019
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse919 Kbytes
Artikel-Nr.4066969
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Einleitung
1. Der Verfall von Kirche, Christentum und Glaube

Die Kirchenbänke in beiden großen Kirchen werden leerer und leerer. In den letzten zwanzig Jahren ist das Interesse an der Kirche in Deutschland kontinuierlich gesunken. Entkirchlichung schreitet in einem Maße voran, wie es für Menschen, denen an Kirche gelegen ist, nicht erschreckender sein kann. Mitglieder der evangelischen Kirche in Deutschland 2003: 25,8 Millionen, 2015: 22,3 Millionen.

Ich hätte es kaum geglaubt, hätte ich es im Sommer 2018 in zwei norddeutschen Großstädten, in zwei protestantisch-­lutherischen Hauptkirchen, nicht selbst erlebt: Freitagabend, 21 Uhr. In der Andacht bei Kerzenschein, Spiel eines Saxophonisten, 16 ältere Damen sind anwesend in der mindestens 600 Besucher fassenden Kirche. An einem Bistrotisch, während des Spiels, drei - ich vermute dem Stadtpfarrer bekannte - Besucherinnen bei einem Alsterwasser, schäkernd im Gespräch über mutmaßlich Alltägliches. Ist das von Kirche übrig geblieben? In der anderen Hauptkirche, am anderen Ort: Alles ausgeräumt, keine Bänke, keine Orgel, über dem nackten Altarstein ein Gekreuzigter in üblem Zustand, auf dem Fußboden zwischen den weiß überkalkten Backstein­wänden eine in Kreuzform gelegte Ausstellung eines afrikanischen Künstlers mit Texten, die den Kolonialismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts anprangern.

Alles recht und gut, aber ist das alles, was von eintausendsiebenhundert Jahren Christentum und Kirche übrig geblieben ist?

Freunde fragten mich, was ich als Pfarrer und christlicher Theologe dazu zu sagen habe. Was ich dazu sage, steht im vorliegenden Buch, es ist der ausschlaggebende Grund dafür, dass ich dieses Buch schreibe.

Der Vertrauensverlust in Bezug auf die Religion, besonders in Bezug auf deren institutionelle Vertreter, ist allenthalben spürbar. Aufmerksame Menschen empfinden, dass das Abendland mit seinem System Christentum am Ende ist.

Ist das Christentum wirklich tot? Ist Gott endgültig gestorben? Bin ich, der immer noch überzeugte Christ, zum Anhänger einer Loser-Religion geworden?

Mit der Entkirchlichung einher geht ein massiver Glaubensverlust. In der Tat: Man kann heute nicht mehr so glauben, wie man früher glaubte, zum Teil glauben musste, weil man religiös zum Für-wahr-Halten von Lehrsätzen erzogen wurde. »Und - so ist mein Gedanke, o Erhabener - keinem wird Erlösung zuteil durch Lehre«1, sagt Hermann Hesse in »Siddharta«. Ein so kluger und vernünftiger, auch der Religion gegenüber so aufgeschlossener Politiker wie Helmut Schmidt distanzierte sich mehr und mehr vom Christentum und vom Glauben an Gott, wie er ihm in Konfirmandenzeiten abverlangt wurde. Helmut Schmidt steht für viele, die mit dem Glauben, wie man ihnen denselben traditionell vermittelt, heute nichts mehr anzufangen wissen.

Der Verlust hat viele äußere Ursachen, ganz besonders aber zwei tiefer liegende, theologische Gründe, wie ich meine. Der eine ist, dass an Vorstellungen von Gott geglaubt wird, statt an den wirklichen Gott. Der andere ist das falsche Verständnis des Religionsstifters Jesus.

Obwohl man, durch die »Moderne Theologie« gelehrt, heute aufgrund des größeren geschichtlichen Abstandes genauer als Paulus und die frühe Kirche wissen kann, dass zwischen dem »historischen Jesus« und der Konstruktion des »verkündeten Christus« unbedingt unterschieden werden muss, wird diese Unterscheidung in den Kirchen leider immer noch nicht, jedenfalls nicht sorgfältig genug, getroffen und entsprechend nicht vermittelt. Mit anderen Worten: Statt einen »Jesus« weiterzugeben, der ansprechend lehrte und beispielhaft vorlebte, wie man das macht, das alltäg­liche Leben »vor Gott« zu führen, jubelte man ihn - in blindem Glauben - bald schon zu einem »Gott« hoch. So blieb das damals kultisch erstarrte Judentum in der Form jüdischer Orthodoxie als Mainstream im Grunde bis heute unreformiert bestehen. Und so entstand ein Christentum, das durch eine geschickte Verbindung mit der griechischen Philosophie kulturell zwar Erstaunliches hervorgebracht hat, mit seiner Dogmen- und Schulstubenmentalität allerdings »verdunsten« muss. Statt zur Verlebendigung des Glaubens war es erneut zu kultischer Erstarrung und zu einem Traditionalismus bzw. Fundamentalismus gekommen, den zum Leben aufzubrechen, Jesus angetreten war, den zum Leben zu bringen unsere dauernde Aufgabe ist.

Man wird sagen müssen, dass sich traditionelle ­Religion und Metaphysik, mindestens seit der Aufklärung, im beschriebenen Sinkflug befinden. Diesen Zustand zeigte kaum einer deutlicher auf als der kritische Geist und Prophet der Moderne Friedrich Nietzsche. Er schrieb vor etwas über einhundert Jahren:

»Das Christentum zerbricht an sich selber, weil es nämlich von seinem Beginn an sich vom unmittelbaren Leben abgekehrt hat und eben darin vom Grunde her nihilistisch geworden ist.«2

Die dem Christentum zwangsläufig innewohnende Konsequenz zum Zusammenbruch sehend, konnte der begabte Pfarrerssohn geduldig darauf warten, dass das Christentum durch den Zusammenbruch hindurch zu seinem Wesent­lichen zurückfinden wird:

»Doch wiederum: Der Zusammenbruch des Christentums kommt aus ihm selber, aus dem in ihm gezüchteten Instinkt der Wahrhaftigkeit heraus. Daher ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo die Ehrfurcht gebietende Katastrophe einer zweitausendjährigen Zucht zur Wahrheit sich als Lüge im Glauben an Gott verbietet.«3

Dass es mit der Wende nicht so schnell ging, wie er es zu Lebzeiten wohl noch erwartet hatte, musste Friedrich Nietzsche dann allerdings auch merken. Wie anders hätte er den Laternenanzünder in der »Fröhlichen Wissenschaft« die Laterne auf dem Marktplatz hinschmeißen lassen, dass sie »in Stücke sprang«, weil die Herumstehenden noch nicht gemerkt hatten, dass der »Gott der Tradition« tot sei und die Kirchen allenfalls noch die »Grüfte und Grabmäler Gottes« verwalteten. Als Grüfte- und Grabmalverwalter wäre ich mir letzten Sommer vorgekommen, hätte ich nicht längst einen Weg gefunden gehabt, den Glauben neu und tiefer zu verstehen.

Nicht weniger deutlich hatte Kierkegaard formuliert, dass eine Christenheit, die »in ihrer Kunstauffassung den erhabenen Menschen Jesus ästhetisierend als ehrwürdige, historische Figur« verherrliche, »der ihr inhärenten Verpflichtung nicht gerecht werde, Nachfolger und nicht Bewunderer des Herrn«4 zu gewinnen.
2. Die Notwendigkeit grundlegender Neugestaltung

In Zeiten wie den heutigen, die manche als mit Blick auf neueste Entwicklungen als »postfaktisch« beschreiben, Zeiten, die durch die Digitalisierung aller Lebensbereiche immer noch nobler, schneller und damit zwangsläufig oberfläch­licher werden, Zeiten, in denen das Christentum erodiert, die Kirche verkommt, der Glaube, wo er sich nicht ins fundamentalistische Schneckenhaus verkriecht, versiegt und, ganz schlimm: Wir dabei sind, die Grundlagen des Lebens zu zerstören, gibt es für diejenigen, für die der Glaube ebenso bedeutungsvoll ist wie das Leben, keine wichtigere Aufgabe, keinen besseren Weg aus der Gefahr als einen »Reset«. Sich die Erneuerung des Christentums vorzunehmen, d.h. den Glauben und das Leben neu und zeitgemäß zu denken, verständlich zu formulieren, aktiv zu praktizieren und attraktiv zu kommunizieren, ist die Aufgabe.

Mit der Forderung nach einer heute anstehenden, gründlichen, neuen »Reformation des Christentums« bin ich weder der Erste noch der Einzige. Viele Kolleginnen und Kollegen, die sich in täglicher und wöchentlicher Berufsarbeit der Interpretation biblischer Texte stellen, teilen mein Anliegen. Theologisch sind mit dem Anliegen in letzter Zeit u.a. hervorgetreten: Klaus-Peter Jörns5, Friedrich Wilhelm Graf6 und Hubertus Halbfas.7 Klaus-Peter Jörns, indem er acht »Notwendige Abschiede« von überlieferten Glaubensvorstellungen formuliert; darunter von der Vorstellung der Absolutheit des Christentums und der Lehre vom Sühnopfer Jesu. Friedrich Wilhelm Graf, indem er »Sieben Untugenden der Kirche heute« anprangert; darunter ihre Sprachlosigkeit, Bildungsferne und ihren Moralismus, neben dem oftmals selbstherrlichen Auftreten ihrer Repräsentanten und generell ihrer Zukunftsverweigerung. Hubertus Halbfas, indem er die Wahrheit Jesu von der Wahrheit der Glaubenslehre deutlich unterscheidet und zur »Neuerfindung des Christentums« aufruft. Vor diesen, die beispielhaft für den notwendigen Wandel in Theologie, Kirche und Gesellschaft stehen, hatte kein Geringerer als der renommierte Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker das Anliegen einer anstehenden »neuen Theologie« formuliert. Georg Picht erinnert in seiner Laudatio anlässlich des an von Weizsäcker verliehenen Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1963 daran, dass von Weizsäcker bedauert habe: »So vollzieht Weizsäcker den Überschritt zur Theologie und stellt zugleich fest, dass es die Theologie, nach der er fragt, bis zur gegenwärtigen Stunde nicht gibt.«8

Dasselbe konstatiert der nicht weniger renommierte Soziologe Niklas Luhmann, wenn er in seiner Religionssoziologie als einem zentralen Teil der modernen Gesellschaftstheorie, einen gewissen Kees W. Bolle aufnehmend, schreibt: »Man könnte der Vermutung folgen, daß die moderne Gesellschaft ihre Religion, daß sie eine für sie passende Religion noch nicht gefunden habe und folglich experimentiere - teils mit gepflegten Absonderlichkeiten, teils mit...

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