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Schwarz und Weiß

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Hoffmann und Campe Verlagerschienen am05.10.2017
»Wer die Bücher von Irene Dische liest, weiß, dass er es mit der Speerspitze der zeitgenössischen Prosa zu tun hat.« The New York Times Manche Geheimnisse sind so groß, dass wir sie nicht nur vor der Welt, sondern auch vor uns selbst verstecken müssen. Es beginnt als Liebesgeschichte. Im New York der frühen 70er Jahre werden Lili und Duke ein Paar: Sie, die Tochter einer weißen Intellektuellen-Familie, mit allen Möglichkeiten aufgewachsen, die sich jedoch für die Arbeit als Krankenschwester entschieden hat und er, der schwarze junge Mann aus dem Süden. Sie leben eine Liebe, die verheerende Zerstörung in Kauf nimmt und doch alles zu verzeihen scheint. Während Duke zu einem gefeierten Weinexperten avanciert, wird die verträumte Lili als Model entdeckt. Ihr gemeinsames Leben entwickelt sich schnell zu einem rasanten Auf und Ab, voller Möglichkeiten, Verführungen, Rückschläge. Ihre Liebe scheint jedoch unzerbrechlich. Erkennt Duke jede noch so kleine Facette eines besonderen Weines, so entgehen ihm meist die Hintergedanken und Manipulationen der Menschen. Ganz anders Lili, die wie gemacht scheint für das Spiel mit der Oberfläche, das die Mode- und Werbewelt beherrscht. Beide verlassen sich aufeinander, doch hinter Lilis Schönheit, ihrem Charme, ihrer Klugheit und Raffinesse, verbirgt sich nicht zuletzt eine mörderische Wut, die alles und jeden zu verschlingen droht. Mit Schwarz und Weiß durchschreitet Irene Dische die letzten drei Jahrzehnte des letzten Jahrtausends, um nichts weniger als unsere Gegenwart auszuleuchten. Was als großartiger, scharfsinniger wie auch scharfzüngiger New York-Roman beginnt, entwickelt sich nach und nach zu einer brillanten Auseinandersetzung mit Projektionen und Heilsversprechen, mit individuellen Träumen und sozialen Realitäten. Ein Roman, der große Fragen stellt, ohne sich der Illusion auf Antworten hinzugeben. »Eine Abrechnung mit dem Amerikanischen Traum und, nebenbei bemerkt, tolle Unterhaltung.« Die Zeit

Irene Dische wurde in New York geboren. Heute lebt sie in Berlin und Rhinebeck. Bei Hoffmann und Campe erschienen unter anderem der Romanerfolg Großmama packt aus (2005), der Erzählungsband Lieben (2006), die Neuausgabe ihres gefeierten Debüts Fromme Lügen (2007) und zuletzt der Roman Schwarz und Weiß (2017).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext»Wer die Bücher von Irene Dische liest, weiß, dass er es mit der Speerspitze der zeitgenössischen Prosa zu tun hat.« The New York Times Manche Geheimnisse sind so groß, dass wir sie nicht nur vor der Welt, sondern auch vor uns selbst verstecken müssen. Es beginnt als Liebesgeschichte. Im New York der frühen 70er Jahre werden Lili und Duke ein Paar: Sie, die Tochter einer weißen Intellektuellen-Familie, mit allen Möglichkeiten aufgewachsen, die sich jedoch für die Arbeit als Krankenschwester entschieden hat und er, der schwarze junge Mann aus dem Süden. Sie leben eine Liebe, die verheerende Zerstörung in Kauf nimmt und doch alles zu verzeihen scheint. Während Duke zu einem gefeierten Weinexperten avanciert, wird die verträumte Lili als Model entdeckt. Ihr gemeinsames Leben entwickelt sich schnell zu einem rasanten Auf und Ab, voller Möglichkeiten, Verführungen, Rückschläge. Ihre Liebe scheint jedoch unzerbrechlich. Erkennt Duke jede noch so kleine Facette eines besonderen Weines, so entgehen ihm meist die Hintergedanken und Manipulationen der Menschen. Ganz anders Lili, die wie gemacht scheint für das Spiel mit der Oberfläche, das die Mode- und Werbewelt beherrscht. Beide verlassen sich aufeinander, doch hinter Lilis Schönheit, ihrem Charme, ihrer Klugheit und Raffinesse, verbirgt sich nicht zuletzt eine mörderische Wut, die alles und jeden zu verschlingen droht. Mit Schwarz und Weiß durchschreitet Irene Dische die letzten drei Jahrzehnte des letzten Jahrtausends, um nichts weniger als unsere Gegenwart auszuleuchten. Was als großartiger, scharfsinniger wie auch scharfzüngiger New York-Roman beginnt, entwickelt sich nach und nach zu einer brillanten Auseinandersetzung mit Projektionen und Heilsversprechen, mit individuellen Träumen und sozialen Realitäten. Ein Roman, der große Fragen stellt, ohne sich der Illusion auf Antworten hinzugeben. »Eine Abrechnung mit dem Amerikanischen Traum und, nebenbei bemerkt, tolle Unterhaltung.« Die Zeit

Irene Dische wurde in New York geboren. Heute lebt sie in Berlin und Rhinebeck. Bei Hoffmann und Campe erschienen unter anderem der Romanerfolg Großmama packt aus (2005), der Erzählungsband Lieben (2006), die Neuausgabe ihres gefeierten Debüts Fromme Lügen (2007) und zuletzt der Roman Schwarz und Weiß (2017).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783455813432
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum05.10.2017
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1907895
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
CoverTitelseiteIm Land der Freien [...]Ich bin's. Jo.NORDENSÜDENÜber die Autorin und die ÜbersetzerinImpressummehr
Leseprobe

NORDEN



DER REKRUT

Die Siebziger



Der Eintritt


Duke Butlers Leben als New Yorker begann im Juni 1972, an einem jener Tage, an denen die Bewohner der Stadt ihr die sadistischen Winterspielchen verziehen. Man stelle sich die Wirkung auf einen Neuankömmling vor, der die Schrecken nicht kennt - seidiger Sonnenschein, der Himmel so blau wie das Kleid der Madonna, eine verführerische und dennoch kühle Straße, ein Baum, der geduldig darauf wartet, Schatten zu spenden, das verheißungsvolle Läuten des Eisverkäufers. Selbst jemand, der die Wahrheit über New York kennt, gerät wegen eines solchen Augenblicks der Juniseligkeit ins Schwärmen.

Es war Sonntag. Die Geschäfte hatten geschlossen, Computer kosteten zwanzigtausend Dollar plus Steuern (da sie mehrere Kubikmeter groß waren, gab es sie aber sowieso nur in Laboren), die Leute benutzten Telefone mit Wählscheiben und fassten sich kurz, um die Kosten niedrig zu halten, sie trafen sich zum Rauchen und zum Trinken oder um auf irgendeiner Droge das Gaga-Land zu erkunden. Manche priesen die »Werte« im Unterschied zu den »Wertgegenständen« (Erstere waren unbeständig), der Widerstand gegen das politische Establishment hatte an Elan verloren, die sexuelle Revolution hatte ihre Kinder noch nicht gefressen. Patriotismus, die Religion des Abschaums, war in Manhattan noch immer verpönt.

Duke Butler, in einer prächtigen Armeeuniform in Olivgrün, ganze einundzwanzig Jahre alt, mit dunkelbrauner Haut, die ihn als »Schwarzen« kenntlich machte, stieg am Port Authority Terminal mit einem kleinen Gummikoffer aus dem Flughafenbus.

In seiner Hand war ein Zettel mit einem Namen und einer Telefonnummer, zwei Silben und sieben Ziffern, eine Inschrift auf dem Grabstein seiner Zukunft. Die Größe des Moments war ihm nicht klar, als er vor einem Münzfernsprecher stehenblieb. Ein Polizist starrte ihn an. Duke Butler, der unwillkürlich bemerkte, dass auch der Polizist dunkelhäutig war, überlegte, ob er irgendwas falsch gemacht hatte. Da er sich keiner Schuld bewusst war, bewahrte er die Ruhe. Er nahm die Brille ab, um die hingekritzelten Zahlen zu entziffern, steckte ein Zehncentstück in den Schlitz und wählte. Er sprach leise, mit Südstaatenakzent:

»Lili? Ich bin s, Duke.«

Lili konnte ihre Freude nicht verbergen, als sie Dukes Stimme hörte. Er solle in ein Taxi springen und zu ihrer Wohnung auf der Upper West Side fahren - die Kosten zu erwähnen, kam ihr nicht in den Sinn. Sie sagte nicht »zur Wohnung meiner Eltern«, sondern »zu meiner Wohnung« - sie war ein Einzelkind.

Der Polizist wandte sich ab und studierte weiter die allgemeine Szenerie; einige Jahrzehnte später würden seine Kollegen mit Handschellen zurück sein.

Im Plastikportemonnaie aus Armeebeständen, das in Duke Butlers Uniformtasche steckte, befanden sich nur drei Dollar. Ein Taxi zog er also nicht in Betracht. Er marschierte fünfzig Blocks gen Norden und erschrak über die Rebellen, die bei Rot über die Straße rannten. Er selbst wartete an jeder Ecke und fühlte sich als Herr seines Schicksals, weil ihn seine eigenen Beine trugen. Er hatte Vertrauen in seine Füße, die den permanenten Vorwärtsdrang bestimmten, während sein Oberkörper in der eng sitzenden Jacke, der nackte, aufgerichtete Adamsapfel und die scharf geschnittene Nase stetig in die ihnen befohlene Richtung wiesen. Seine Füße in den glänzenden grauen Halbschuhen waren der Kopf der Operation.

100 Riverside Drive lag in einer Seitenstraße, am Fuß eines Hügels, an der Stadtgrenze - er sah die filigranen Bäume des Nordens auf der gegenüberliegenden Straßenseite und dahinter den breiten Rücken eines Stromes, auf dem das Sonnenlicht funkelte und Boote tanzten, und in der Ferne das ruhige, ländliche New Jersey. Das Gebäude an der Straßenecke wurde von einem uniformierten Mann bewacht. Er hatte einen Dienstgrad, den der Neuankömmling nicht kannte. Der Concierge wiederum traute weder der Uniform des Besuchers noch seiner Rasse. Er bestand darauf, die Erlaubnis der Stones einzuholen, bevor er - »Wie war der Name?« - einen »Gefreiten Butler« nach oben ließ. Duke hörte Lilis Stimme - »ja!« - durch die Gegensprechanlage. Er betrat die Lobby. Auf dem Marmorboden hallten seine Schritte, und kurz fragte er sich, ob er aus Versehen in einer Bank gelandet war.

Lili öffnete die Tür. Vlado und Bucky, ihre Eltern, waren gerade von einer Europareise zurückgekehrt. Als der Summer ertönte, baten sie die Tochter des Hauses, die leidigen Freunde zu verscheuchen. Vlado musste sich erholen. Ihm blieb nur noch eine Stunde bis zu seinem Ersatztermin bei seinem Analytiker. Lili war in dem Glauben aufgewachsen, dass die Leute nach Europa reisten, so wie sie die U-Bahn nahmen, und das Gejammer darüber langweilte sie, aber jetzt war die Müdigkeit ihrer Eltern ein Himmelsgeschenk. Sie versprach, alle Besucher abzuwimmeln, und verschwieg, dass dieser Gast in Wahrheit ihrer war.

Leider stand Bucky doch auf, als sie die seltsam leise Stimme hörte, und fand ihr einziges Kind allein mit einem großen schwarzen Mann in Uniform in der Diele vor. Ein flüchtiger Blick genügte, um die Gefahr zu erkennen, bei einem zweiten stellte sich die Umarmung jedoch als einvernehmlich heraus. Der genügende Abstand zwischen beiden Körpern belegte die freundschaftliche Natur des Körperkontakts. Bucky ging zurück und riss ihren Mann aus dem Schlaf. Dann drängten sie sich gemeinsam ins Bild.

Lili überließ ihren Gast den Eltern. Sie starrte durch ihre Brillengläser wie durch ein Mikroskop, das die winzigsten Details vergrößerte, wie die Älteren die Hand des jungen Soldaten schüttelten: nicht so, wie sie den Keime tragenden Handteller eines weißen Fremden angefasst hätten, einfach so nämlich, sondern mit zaghafter Vorsicht, wie es einer von zweihundert Jahren amerikanischer Geschichte, Sklaverei und später dann mit Rache befleckten Faust zustand. Duke nahm nur sein eigenes Unbehagen wahr und erwiderte ihre verkrampften Bemühungen mit Südstaaten-Höflichkeit, die einem durch Gespräche mit den merkwürdigsten Leuten helfen kann.

Sie führten ihn gleich in die Küche, deren Wände voller Bücher waren. Nachdem sie ihm den neuen Swiss Mocha angeboten hatten, den er ablehnte, weil er Kaffee noch nie gemocht hatte, und nachdem sie den Kaffee weggeschüttet und ihm ein Bier angeboten hatten, das er ablehnte, und nachdem sie ihm Beuteltee in der Kaffeetasse vorgesetzt und ihm mit breitem Lächeln gezeigt hatten, dass sie ihn als ihresgleichen betrachteten, wurde er ihnen umgehend sympathisch. Zu ihrer Verwunderung war ihm weder bekannt noch interessierte es ihn sonderlich, dass Angela Davis kürzlich von einer zu Unrecht erhobenen Mordanklage freigesprochen worden war, doch sie nahmen es hin. Sie waren sich ohnehin unsicher, was seine Hautfarbe anging, und selbst »Amerikas gefährlichstes Mundwerk«, Bucky, war so rücksichtsvoll, keine Erkundigungen über seinen Hintergrund einzuholen.

Duke wiederum wusste nichts über Lilis Hintergrund. Als er sie kennengelernt hatte, zwei Jahre zuvor, hatte ihr Nachname ihm nichts gesagt. Er kannte die Nationalgarde und die Ehrengarde, von der Avantgarde aber hatte er noch nie gehört. Und er wusste es an diesem Juninachmittag auch nicht zu schätzen, dass die Stones ihn, ungeachtet ihrer herausragenden Stellung in der New Yorker Kunstszene, freundlich und warmherzig behandelten. Er reagierte darauf, als wäre es die natürlichste Sache der Welt. Er lächelte zu oft. Wie wenig wusste er von New York! Es kam ihm auch nicht in den Sinn, dass das berühmte Paar den gesellschaftlichen Unterschied zwischen ihnen fürchtete. Oder den Rassenunterschied. Vom Altersunterschied ganz zu schweigen.

 

Die Stones fanden die Bescheidenheit ihres Gastes irritierend. Als sie ihn baten, doch Platz zu nehmen, schaute der junge Mann sich um und entschied sich für einen wackligen Lehnstuhl, den jeder mied. Reparaturen bedürfen der Planung, und die verschwendete man nicht an unbelebte Objekte. Duke setzte sich furchtlos hin, allen stockte der Atem, aber der Stuhl hielt stand, ein wahres Wunder, denn Duke war kein winziger, knochenloser Gelehrter. Aus dieser günstigen Position sah er Lili an, während seine Hand die weich gepolsterte Lehne streichelte. Die Therapeuten, die ständig im Bewusstseinsäther der Stones herumschwebten, hätten gespöttelt, dass Duke in Wirklichkeit ihre Tochter streichelte. Es schien eindeutig, dass nichts am Besuch des seltsamen jungen Mannes normal war, dass er nicht einfach nur ein weiterer interessanter Gast war, der in 100 Riverside Drive einkehrte. Zum ersten Mal waren Bucky und Vlado von der Freundeswahl ihrer Tochter beeindruckt. Die Stones hofften, dass die beiden sich in Harvard kennengelernt hatten oder in Cambridge; es gab auch andere Bildungseinrichtungen, die in Betracht kamen.

Aber Bucky stellte andere Fragen: »Wann sind Sie eingezogen worden? Waren Sie in Vietnam?«

Er beantwortete die Frage, ohne zu ahnen, wie geradezu abwegig ihre Einstellung war: »Ich bin nicht eingezogen worden, ich habe mich freiwillig gemeldet. Mein Vater hat in Korea gekämpft. Er war Sergeant. Mein älterer Cousin Carl ist auch Offizier, bei der vierten Infanterie in Nam. Ich wollte immer Soldat werden und meinem Land dienen. Aber in der ersten Stunde der Grundausbildung wurde mir klar, dass ich dafür nicht geeignet bin.«

Er hielt inne. Niemand sagte etwas. In bescheidenem Ton fuhr er fort.

»Es gab kein Zurück. Ich wurde ausgebildet und mit...


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Irene Dische wurde in New York geboren. Heute lebt sie in Berlin und Rhinebeck. Bei Hoffmann und Campe erschienen unter anderem der Romanerfolg Großmama packt aus (2005), der Erzählungsband Lieben (2006), die Neuausgabe ihres gefeierten Debüts Fromme Lügen (2007) und zuletzt der Roman Schwarz und Weiß (2017).