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Endlich zu fünft

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
358 Seiten
Deutsch
Insel Verlag GmbHerschienen am08.02.2016Deutsche Erstausgabe
Eine Familie wie aus dem Bilderbuch. Wäre da nicht ... Vater Launo ist Dirigent und Komponist. Mutter Katrina perfektioniert als Innenarchitektin die Häuser der Reichen. Auch ihre Familie könnte perfekt sein, wenn die 22-jährige Tochter nicht auf dem Selbstfindungstrip wäre und ungeniert ihre Sexualität ausprobieren müsste, inklusive Bondage und anderer Spielchen. Wenn sich der 18-jährige Sohn nicht in den Kopf gesetzt hätte, seinen pummeligen Körper durch Bodybuilding und gefährliche Substanzen zu trimmen. Zum Glück gibt es da noch die 4-jährige Pelagia, Nesthäkchen und Sonnenschein der Familie, die aber weder Vater noch Mutter ähnlich sieht. Was ist damals passiert bei dem Tauchlehrgang am Roten Meer? Und was will dieser Tauchlehrer, der an Launos fünfzigstem Geburtstag plötzlich zwischen den Gästen steht? Bald weiß die halbe Stadt, dass auch bei den Silolas nicht alles perfekt ist, und die Silolas begreifen, dass Glück und Harmonie nicht von Perfektion abhängt ...


Miina Supinen, geboren 1976, lebt in Helsinki. Die studierte Journalistin schreibt u. a. Kolumnen für die finnische Trendzeitschrift Image. 2014 erschien ihr Roman Drei ist keiner zu viel (st 4551).
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEine Familie wie aus dem Bilderbuch. Wäre da nicht ... Vater Launo ist Dirigent und Komponist. Mutter Katrina perfektioniert als Innenarchitektin die Häuser der Reichen. Auch ihre Familie könnte perfekt sein, wenn die 22-jährige Tochter nicht auf dem Selbstfindungstrip wäre und ungeniert ihre Sexualität ausprobieren müsste, inklusive Bondage und anderer Spielchen. Wenn sich der 18-jährige Sohn nicht in den Kopf gesetzt hätte, seinen pummeligen Körper durch Bodybuilding und gefährliche Substanzen zu trimmen. Zum Glück gibt es da noch die 4-jährige Pelagia, Nesthäkchen und Sonnenschein der Familie, die aber weder Vater noch Mutter ähnlich sieht. Was ist damals passiert bei dem Tauchlehrgang am Roten Meer? Und was will dieser Tauchlehrer, der an Launos fünfzigstem Geburtstag plötzlich zwischen den Gästen steht? Bald weiß die halbe Stadt, dass auch bei den Silolas nicht alles perfekt ist, und die Silolas begreifen, dass Glück und Harmonie nicht von Perfektion abhängt ...


Miina Supinen, geboren 1976, lebt in Helsinki. Die studierte Journalistin schreibt u. a. Kolumnen für die finnische Trendzeitschrift Image. 2014 erschien ihr Roman Drei ist keiner zu viel (st 4551).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783458743064
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum08.02.2016
AuflageDeutsche Erstausgabe
Seiten358 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1701157
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe





5 DARF MAN DAS TIGERKOSTÜM HABEN?




Pelagia war ein süßer Fratz, aber manchmal anstrengend. Man könnte vermuten, es hätte sie aus der Bahn geworfen, ihre Mutter betrunken zu sehen. Aber was immer auch der Grund gewesen sein mag, am nächsten Tag benahm sie sich auf eine für ihr Alter typische Art daneben. Sie pinkelte auf den Fußboden.

Zu Hause pinkelte Pelagia nie auf den Fußboden. Obwohl sie noch so klein war, besaß sie ein Gespür dafür, dass ihr Zuhause angenehm stilvoll mit guten Materialien eingerichtet war. Der Kindergarten stellte hingegen ein diffuses Niemandsland dar, wo Vandalismus nicht belastete. Darum pinkelte sie dort, sooft sie konnte, in die Hose. Dann mussten die Kindergärtnerinnen für Pelagia trockene Kleider aus dem Vorrat für alle holen. Beim ersten Mal schien sich alles zum Guten zu wenden: Pelagia bekam einen wehenden Rock, der ihr gefiel, und sie rannte los und spielte den sorglosen Schmetterling. Aber beim zweiten Mal waren keine Mädchenkleider mehr da, und man versuchte, Pelagia eine braune Hose anzuziehen. Davon bekam sie einen Schreianfall und, nachdem man sie gezwungen hatte, die Hose anzuziehen, einen Schmollanfall, der überhaupt nicht mehr aufhören wollte. Beim dritten Mal waren die Kindergärtnerinnen bereits wütend und mussten Pelagia das Tigerkostüm aus dem Theaterfundus geben. Darin wurde sie geradezu wild, sie brüllte und rannte auf allen vieren durch die Räume.

Natürlich verlangten die anderen Kinder nun auch Tigerkostüme und quengelten: »Warum darf Pelagia eins haben?«

Die Kindergärtnerin rümpfte die Nase und sagte kalt: »Weil Pelagia in die Hose gepinkelt hat.«

Die Kinder hüpften um die Kindergärtnerin herum. »Darf man ein Tigerkostüm haben, wenn man in die Hose pisst?«

Die Kindergärtnerin rümpfte noch mehr die Nase - ernsthafte Gefahr bestand freilich nicht, denn in die Hose zu pinkeln galt im Kodex der Kinder als so peinlich, dass eine Masseneinnässung nicht zu befürchten war - und sagte: »Wenn man seine Kleider nass macht, bekommt man irgendwelche Ersatzkleider.«

»Irgendwelche? Darf man dann das Tigerkostüm haben?«

»Das kommt darauf an.«

»Worauf?«

»Es kommt eben darauf an.«

Diese Unbestimmtheit frustrierte die Kinder bis zur Raserei.

»WORAUF? Sag, worauf es ankommt! WORAUF?!«, schrien sie, bis sie schließlich unzufrieden resignierten.

Niemand wollte mit Pelagia spielen, aber Pelagia war das egal, sie hatte als Tiger auch alleine ihren Spaß.

 

Silmu ging seine Schwester abholen, im guten Trainingsanzug und in forschem Tempo. Ihm taten die Muskeln weh vom Fitnessstudio, aber beim Gehen wurden sie locker, und er hatte bereits das Gefühl, besser auszusehen. Der Mund bildete einen sympathischen, lächelnden Bogen auf seinem Gesicht, als er das Tor zum Kindergartengelände aufmachte.

»Was willst du hier?«, fragte ein Kragen-Krawatten-Vater, der so selten seinen genetischen Output abholen kam, dass er ein bisschen zu viel Eifer an den Tag legte. Dazu schien aufmunternd die Sonne, und er befand sich in vitaler Herdenführerlaune.

»Meine kleine Schwester abholen«, sagte Silmu.

»Lass hier bloß keine Drogenspritzen rumliegen, du.«

»Was?«

»Im Sandkasten von der Kita Pfötchen sind welche gefunden worden. Aber hier kommen mir die nicht hin«, sagte der Vater in einem Ton, mit dem man eine Heeresabteilung kommandierte oder Praktikanten in die Knie zwang. Seine Gattin stand daneben und lebte sich in die wunderbare Rolle der Frau des Höhlenmenschen hinein. Ihr Blick schoss ängstlich und bewundernd, aber irgendwie tapfer zwischen ihrem Mann und Silmu hin und her. Die Welt war hart, es war eine Welt brutaler Männer und Raubtiere, wo auch kleine Frauen bedroht waren. Doch wenn es eng wurde: Ihr Mann war stark.

»Was?«, fragte Silmu. »Was reden Sie da?«

»Bist du total high?«

»Nein.«

»Du sollst zusehen, dass du keine Horse-Spritze im Sandkasten liegen lässt.«

Nun begann es Silmu zu dämmern. Er wünschte, seine Mutter oder Astra wären hier, um dem Mann Kontra zu geben. Ihm fiel nie etwas ein.

»Ich lasse keine Horse-Spritze liegen. Aber ich hab eine Pony-Spritze dabei«, sagte er schließlich kleinlaut und schämte sich sofort.

Nun versammelten sich weitere Eltern mit ihren Kinderwagen. »Was ist hier los?«, fragte eine der Mütter.

»Der Typ hier ist heroinsüchtig«, sagte der Mann und hoffte erkennbar auf offene Gewalt.

»Der hat Drogenspritzen hierhergeschleppt«, flüsterte die Frau des Höhlenmenschen.

Die Elternschar wurde unruhig. Jeder machte einen Schritt nach vorn oder zurück, je nach Temperament. Der eine ballte die Fäuste, eine andere drückte ihr Kind an sich. Die Knöchel an den Händen um die Kinderwagengriffe wurden weiß. Plötzlich tauchte über allen ein großer, gutaussehender Kopf auf.

»Das kann kein Heroinsüchtiger sein«, sagte der gutaussehende Kopf. »Heroinsüchtige sind dünn.«

Silmu merkte, dass es Aivo aus dem Fitnessstudio war, der das gesagt hatte. Aivo trug sportliche Kleidung, saubere Turnschuhe und unter dem Arm ein Kind in Matschhosen. Er wirkte sehr entspannt und dynamisch und sah animalisch gut aus, als gehörte er einer edleren Rasse an als die Mickerlinge, die sich an ihren Kinderwagen festhielten, oder als Silmu, der nichts anderes war, als ein bleicher, aufgedunsener Wurm. Im Nu löste sich die Menge auf: Mit einem ausländischen Muskelprotz, der eine Narbe im Gesicht hatte, zu reden war schlimmer als jede Drogenspritze.

Aivo und Silmu standen sich gegenüber. Aivo rückte das Kind unter seinem Arm zurecht. Silmu schnäuzte sich die Nase, um auch etwas zu tun.

»Hallo«, sagte Aivo. »Kennen wir uns?«

»Aus dem Fitnessstudio«, murmelte Silmu. Er spürte, wie seine Wangen glühten. »Ich muss jetzt meine Schwester suchen.«

»Okay«, sagte Aivo. »Wir sehen uns im Studio. Bis dann.«

Er setzte sich das Kind auf die Schultern und ging durchs Tor davon. Silmu suchte drinnen nach Pelagia. Er fand sie im Spielzimmer. Sie hatte auch in ihr Tigerkostüm gepinkelt, aber das Personal hatte beschlossen, so zu tun, als merkte es nichts, um nicht noch einmal die Kleider wechseln zu müssen.

»Hallo«, sagte Silmu. »Gehen wir.«

»Nein! Ich bin noch nicht mit dem Puzzle fertig.«

»Du kannst morgen weitermachen.«

Pelagia fing an zu schreien, und die Kindergartenleiterin kam angerannt. Silmu hätte es schön gefunden, Pelagia genauso schwungvoll auf die Schultern zu nehmen, wie Aivo es mit seinem Kind getan hatte, das hätte seiner kleinen Schwester bestimmt gefallen, und das Geschrei hätte aufgehört, aber Silmu wusste, dass er das nicht schaffte.

»Hallo«, sagte die Kindergartenleiterin. »Pelagia hat das Kostüm an, weil ihr in ihren eigenen Kleidern ein kleines Missgeschick passiert ist.«

»Aha.« Silmu merkte es erst jetzt. Stimmt, die Ohren und alles. Er sah sich nun auch die Kindergartentante genauer an. Sie trug ebenfalls eine Art Kostüm. Ihr Kleid war weit und so kurz, dass einem fast der Po entgegenschien. Die Strumpfhosen waren dick und grellrot. Hatte sie sich aus pädagogischen Gründen wie ein kleines Mädchen aus alten Zeiten verkleidet, wie eine Bewohnerin der Krachmacherstraße?

Die Kindergartenleiterin sah sich nun auch Silmu genauer an.

»Wer bist du eigentlich?«

»Pelagias Bruder«, sagte Silmu und nahm Pelagias Hand. »Gehen wir. Du Clown.« Pelagia kreischte und sträubte sich. Die Kindergartenleiterin spitzte die Lippen und verzog sie gegen den Uhrzeigersinn.

»Würdest du bitte für einen kleinen Moment in mein Büro kommen?«, bat sie.

»Wozu?«, wollte Silmu wissen. Allmählich ging ihm der Kindergarten auf die Nerven. Es roch nach Plastik und Chlor und Kindern. Dunkle Erinnerungen an seine eigene Kindergartenzeit stiegen auf. Er war in verschiedenen gewesen, aber alle rochen gleich, und die Erinnerungen waren nicht besonders angenehm.

»Pelagia kann inzwischen das Puzzle machen«, sagte die Tante. »Es ist nur eine Kleinigkeit.«

Silmu folgte der Kindergartentante über den mit Mumins dekorierten Flur. An den Türen stand: Füchse, Bären, Hasen, Frösche. Silmu fragte sich, ob die Frösche die Ausschussgruppe waren, die hässlichen Kinder mit dem schlechten Benehmen. Hoffentlich gehörte Pelagia nicht dazu.

»Bitte sehr«, sagte die Kindergartentante, öffnete die Tür zu einem Raum, wies Silmu einen Stuhl an und verschwand im Nebenraum. »Einen ganz kleinen Moment nur.«

Silmu saß mit hängenden Schultern auf dem Stuhl und wartete. Jenseits der Wand wurde gesprochen.

»Da ist ein völlig unbekannter Mann aufgetaucht, um Pelagia abzuholen. Er behauptet, der Bruder zu sein«, sagte eine Stimme, »und anscheinend hat es draußen im Hof irgendein Problem gegeben. So ein furchtbarer Kerl mit einem schiefen Blick, und Pelagia hat in keiner Weise gezeigt, dass sie ihn kennt. Sie hat ganz klar vor Entsetzen geschrien. Behauptet, er wäre ihr Bruder, dabei ist er eindeutig erwachsen, so ein junger Erwachsener mit jugendlicher Kleidung.«

»Hast du es bei den Eltern überprüft?«, fragte eine zweite Stimme.

»Ich hab's versucht, aber die melden sich nicht am Handy. Ich kann die Verantwortung nicht übernehmen, ehrlich gesagt. Es muss nicht unbedingt so einer sein, aber ich will nicht in den Schlagzeilen stehen, wenn es heißt, dass man eine Vierjährige im Kindergarten einem Pädophilen ausgeliefert...


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