Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die schönsten deutschen Märchen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
528 Seiten
Deutsch
Insel Verlag GmbHerschienen am09.07.20181. Auflage
Die schönsten deutschsprachigen Volksmärchen vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert stellt dieser Band vor. Den Auftakt bildet das »Lied vom Einochs« aus dem 11. Jahrhundert, das erste schriftlich fixierte Märchen. Es folgen Zauber- und Tiermärchen, Schwank - und Novellenmärchen aus den unterschiedlichsten Regionen, die die Gattung in ihrer ganzen poetischen Vielfalt zeigen. Den Abschluss bildet Wilhelm Buschs »Bauer Pihwitt«.

Einige der hier versammelten Märchen sind uns in Varianten der Brüder Grimm vertraut, die meisten aber sind weniger bekannte, regional geprägte Märchen, die bisher nur an entlegenen Stellen publiziert wurden. Das Buch ist eine Einladung an den Leser, deutsche Märchen neu zu entdecken.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextDie schönsten deutschsprachigen Volksmärchen vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert stellt dieser Band vor. Den Auftakt bildet das »Lied vom Einochs« aus dem 11. Jahrhundert, das erste schriftlich fixierte Märchen. Es folgen Zauber- und Tiermärchen, Schwank - und Novellenmärchen aus den unterschiedlichsten Regionen, die die Gattung in ihrer ganzen poetischen Vielfalt zeigen. Den Abschluss bildet Wilhelm Buschs »Bauer Pihwitt«.

Einige der hier versammelten Märchen sind uns in Varianten der Brüder Grimm vertraut, die meisten aber sind weniger bekannte, regional geprägte Märchen, die bisher nur an entlegenen Stellen publiziert wurden. Das Buch ist eine Einladung an den Leser, deutsche Märchen neu zu entdecken.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783458758389
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum09.07.2018
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.4654
Seiten528 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2508655
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Einochs


Am Tisch großer Herren geht die Märe vom Bauer Einochs. Als Bauer war er von Bauern geboren, die Natur erzeugte ihn bloß, aber sein Schicksal machte ihn berühmt. Wiederholt kaufte der arme Mann ein Gespann von Rindern, um sein Land zu pflügen, wie die Bauern tun, aber ach, niemals legte er mehr als einem das Joch auf, nie blieb ihm ein Paar. Vergebens suchte der Arme dem Schicksal zu trotzen, immer ging ihm ein Ochse ein. Und wie er immer so mit einem pflügt, während den andern der Schindanger deckt, wird der Arme noch dazu von den Nachbarn verspottet: sie nennen ihn Einochs. Aber das Schicksal raubt ihm auch den letzten Ochsen, und schon gilt auch dieser Name nicht mehr. Nachdem nun der Rinderstall leer ist, will er wenigstens das Fell verkaufen. Er streift also die Hülle des Leichnams ab und läßt diesen zum Fraß den Raben. Er lädt die Last auf den Rücken des Maultiers und eilt damit zum nächsten Grenzort, wo sich die Leute zum Wochenmarkt einstellen. Sobald er den Platz betreten hat, bietet er das Leder zu einem Preise feil, der ihm dem schönen Kleid entsprechend dünkt. Die Marktleute und die Schuster besehen mit Sachverständnis die Haut und ermessen auf Fuß und Zoll ihre Größe. Aber der geforderte Preis scheint allen zu hoch, und schließlich muß Einochs froh sein, das schmutzige Leibgewand des Ochsen um acht Groschen loszuschlagen. Als der Markt beendet ist, besteigt er sein Reittier, das sich inzwischen satt gefuttert hat, und wendet die Schritte heimwärts. So trabte er durch einen kleinen Wald, als ihm ein körperliches Bedürfnisüberkam. Er riß ein wenig Gras aus, um sich abzuwischen, aber statt des Grases fand er das, was geizige Leute lieben: Einen Schatz von drei Scheffel Silbermünzen hob er auf und steckte ihn ins leere Futtersäckchen, das nun wieder mächtig anschwoll.â

Eilends reitet er heim, knüpft den Sack auf und ruft - der Tor - dem Knaben zu, er solle beim Schulzen das Scheffelmaß entleihen. Der Knabe bittet um das Maß, der Schulze fragt, was er damit wolle, und der Knabe in seiner Unschuld plaudert das silberne Geheimnis aus. Da reicht ihm der Schulze das Scheffelmaß. Der arme Einochs wäre ja , denkt er und staunt, alsdann reich geworden! Er folgt dem Knaben, späht in die rauchige Hütte und sieht die silberne Masse blinken. Bei diesem Anblick schlägt er die Hände zusammen. »Der Schatz dieses Armen ist Diebstahl, nicht Gewinn! Die Schatzkammern der Kaiser und Päpste bergen nicht solche Schätze wie diese Hütte!« Zornig antwortet der Bauer dem argwöhnischen Schulzen: »Mitnichten ist dies nächtliche Beute, sondern der Gewinn der Haut. Hinter den Grenzen dieses Landes liegt ein berühmter Handelsplatz, wo für Ochsenfelle die Fülle des Silbers lacht. Nirgends zahlt man solche Preise. Wenn du dir ein Beispiel an mir Armem nehmen willst, so handle danach!« Am Kreuzweg kamen alsbald die drei Dorfoberen zusammen: der Meier, der Schulze und der Pfarrer. Erregt legt der Schulze den andern die Mär von dem neuen Handel, vom Erlös der einen Haut, auseinander; er seufzt vor Freude und spricht salbungsvoll:

»Ich sage euch ein Wunder und enthülle euch Ungeheures, ich gebe euch guten Rat, der euch reich machen wird, wenn ihr ihn geheimhaltet. Wollt ihr glücklich sein, so tut wie ich, Gefährten, leicht gangbar ist der Weg, den ich euch weise. Ob dieses größten aller Händel soll jede Armut von unseren Schwellen weichen. Und woher stammt das Glück, das uns vom Himmel fällt? Aus den Fellen der Ochsen und den Häuten der Kühe! Seht unsern armen Einochs! Er zählt sein Geld nicht mehr, sondern mißt es nach Scheffeln. Und dieses Geld ward ihm, als er vor kurzem eine Ochsenhaut verkaufte. Lernen wir von diesem Armen, dann brauchen wir nicht mehr im Regen zu ackern. Aber dies bleibe unter uns dreien verborgen, die Münzer würden zu prägen aufhören, wenn sie davon erführen. Nun wißt ihr den Sachverhalt, jetzt überlegt: Was sollen wir tun?« Schmunzelnd antwortete darauf der Pfarrer, den der Handel mehr freute, als er zeigen mochte: »In der Hoffnung auf so viel Reichtum wird meine liebe Ehefrau schon ein Häutlein hergeben.« Als dritter sprudelte der Meier, der nie an sich halten konnte, seine Ansicht hervor: »Bei meinem Meierstab schwöre ich, daß morgen kein Ochs mehr in meinem Stalle brüllt!«

Sie reichen sich die Hände zum geheimen Bunde und schwören einander, ihre Rinder zu schlachten und zu enthäuten. Der Dummheit folgt die Verrücktheit. Noch in der nämlichen Nacht machen sie ihren Rindern den Garaus. Das Fleisch hängen sie an den Balken, die Häute aber laden sie auf die Karren, und fort geht's, ehe der erste Hahn kräht.

Sie ziehen im Marktflecken ein und stellen ihre armseligen Gefährte anspruchsvoll in die Wagenreihen, voll eitler Träume. In schweigender Hoheit wandeln sie auf und ab und warten auf die Käufer. Die Menge schiebt sich vorüber, aber keiner fragt nach ihrer Ware. Nach geraumer Zeit schreit der Meier mit rauher Stimme: »Wer will diese Felle kaufen?« Dreckiges Schusterpack mit sieben Groschen in der Tasche will gemeinsam die Häute erstehen. »Was sollen wir für deine Felle geben?« - »Drei Pfund!« erwidert der Meier. »Du bist besoffen!« schreit der Schuster. »Mitnichten, um keinen Heller gehe ich vom verlangten Preise ab!« - »Das ist wohl Scherz«, meint Meister Sauborst. Aber der Meier in seiner Narrheit besteht auf drei Pfund. Die Marktbesucher bleiben stehen und lauschen und lassen ihre Geschäfte im Stich. Schließlich herrscht der Pfarrer ergrimmt den Meier an: »Dummkopf, du verstehst nicht, mit den Leuten umzugehen! - Hier, Schuster, diese Haut wird ja wohl ihre drei Pfund wert sein, nun knüpfe deinen Beutel auf, den festen Preis weißt du.« Der Schuster entgegnet: »Dümmere Verkäufer gibt es nicht auf der Welt! Wo mögen diese Kerle nur herstammen? Was soll man sagen, wenn gleich drei Narren auf einmal ihre Ochsenhäute für große Reichtümer halten? Mit zehn Groschen wären sie reichlich bezahlt. Jetzt schert euch zum Teufel!« Die Schmähreden fliegen noch eine Zeitlang hin und wider, das Schusterblut gerät in Wallung, und der Handel endet schließlich damit, daß die drei Gevattern dem Richter vorgeführt, verklagt und bestraft werden. Die Felle verbleiben als Pfand bis zur Bezahlung der Geldbuße. - Als dem Recht Genüge getan ist, kehren sie mit leeren Karrren und Beuteln heim. Leicht an Habe, aber vom Kummer schwer bedrückt, schwören sie dem Einochs den Tod. Niemals hat man unter dem Himmelszelt etwas Derartiges gehört, was sich jetzt Einochs erdachte, um die Narren zu besänftigen: seine Gattin muß sich tot stellen, und er malt sie mit Schweinsblut rot. Da liegt sie auf dem Boden, als sei sie wirklich tot, umgebracht von der Hand des Gatten. Und wie abscheulich sieht sie aus, so mit Blut beschmiert! Einem jeden graust, der sie sieht. So auch die drei Gevattern: statt ihre Absicht auszuführen, fangen sie an, um die schmählich hingeschlachtete Frau zu jammern. »Unseliger, wie konntest du das tun? Du niederträchtiger Ränkeschmied hast uns eine schöne Suppe eingebrockt, und wir haben deinen Tod beschlossen, aber dieser Mord macht dich für den Henker reif.« Der Einochs fühlt sich nun sicher und spielt seinen Streich weiter. »Freilich ließ ich mich zu einem Frevel hinreißen, aber wenn ihr euren Zorn bändigen und mit mir Frieden machen wollt, so sollt ihr die, welche jetzt tot daliegt, alsbald wieder lebendig sehen.«

»So sei es«, rufen die Toren alle drei, »unsre Feindschaft sei begraben!« Als Einochs seine Gegner besänftigt sieht, eilt er zur Truhe und entnimmt ihr eine Weidenpfeife. Vor ihren Augen umwandelt er zweimal feierlich die Leiche, bläst auf dem Rohr und heißt die Tote auferstehen. Beim dritten Umgang rafft sich die Ruhende wie von einer geheimnisvollen Kraft bewegt empor, als sie ihren Namen nennen hört. Vom Blut entstellt, steht sie da, und Einochs sagt: »Wasch dich zunächst!« Und siehe, mit gereinigtem Antlitz erschien sie viel schöner, als sie sonst zu sein pflegte. Die drei Gevattern begaffen staunend den Liebreiz der auferstandenen Frau und flüstern einander zu: »Nie sahen wir eine schönere Frau als die, welche eben vom Tode erstand. Vor ihrem Tod war sie ein Scheusal, als ein Engelsbild kehrt sie vom Tod zurück. Und welch ein Zauberrohr, das neue Jugend schafft! Auch unsere Gattinnen sind seit langer Zeit alt' und häßlich. Verhilft uns die Gnade Gottes zu dieser Pfeife, so wollen wir geschwind unsere runzligen Weiber umbringen. Den Einochs aber wollen wir...

mehr