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Die schönsten Wintermärchen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
235 Seiten
Deutsch
Insel Verlag GmbHerschienen am10.09.2018Originalausgabe
Winterzeit ist Märchenzeit. Die hier versammelten Märchen erzählen, wie der Winter entstand und mit welcher List die Tiere Eis und Schnee trotzten. Von einem Jungen, der einen goldenen Schlüssel im Schnee findet und dem sich Wunderbares offenbart, und von einem kleinen Vogel, der nicht in den Süden zieht, sondern in Eis und Kälte zurückbleibt, um einem Freund zu helfen. Und sie entführen uns in einen geheimnisvollen Garten, in dem immer Winter herrscht, sowie ins Reich der bösen Eiskönigin, die von einem tapferen kleinen Mädchen besiegt wird.

Wintermärchen aus aller Welt sowie Geschichten von H.C. Andersen, Ödön von Horvath, Anton Tschechow, Fredrick Vahle, Oscar Wilde, Robert Walser u.v.a.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextWinterzeit ist Märchenzeit. Die hier versammelten Märchen erzählen, wie der Winter entstand und mit welcher List die Tiere Eis und Schnee trotzten. Von einem Jungen, der einen goldenen Schlüssel im Schnee findet und dem sich Wunderbares offenbart, und von einem kleinen Vogel, der nicht in den Süden zieht, sondern in Eis und Kälte zurückbleibt, um einem Freund zu helfen. Und sie entführen uns in einen geheimnisvollen Garten, in dem immer Winter herrscht, sowie ins Reich der bösen Eiskönigin, die von einem tapferen kleinen Mädchen besiegt wird.

Wintermärchen aus aller Welt sowie Geschichten von H.C. Andersen, Ödön von Horvath, Anton Tschechow, Fredrick Vahle, Oscar Wilde, Robert Walser u.v.a.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783458760160
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum10.09.2018
AuflageOriginalausgabe
Reihen-Nr.4668
Seiten235 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.3410871
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




Hans Christian Andersen
Der Schneemann


»Es knackt förmlich in mir, so herrlich kalt ist es!«, sagte der Schneemann. »Der Wind kann einem wirklich Leben eintreiben! Und wie der Glühende da oben glotzt!« Damit meinte er die Sonne; sie war gerade im Begriff unterzugehen. »Sie soll mich nicht zum Blinzeln bringen, ich werde meine Krumen schon festhalten!«

Er hatte nämlich statt der Augen zwei große, dreieckige Dachsteinbrocken; der Mund bestand aus einem Stück von einem alten Rechen, folglich hatte er auch Zähne.

Er war geboren unter den Jubelrufen der Knaben, war begrüßt von dem Schellengeläute und dem Peitschenknall der Schlitten.

Die Sonne ging unter, der Vollmond ging auf, rund und groß, klar und schön in der blauen Luft.

»Da ist sie schon wieder von einer andern Seite!«, sagte der Schneemann. Er glaubte, es sei die Sonne, die sich wieder blicken ließ. »Ich habe ihr das Glotzen abgewöhnt! Nun kann sie da hängen und leuchten, so dass ich mich selbst sehen kann. Wenn ich nur wüsste, wie man es anfängt, dass man sich von der Stelle bewegt! Ich würde mich so gern bewegen! Wenn ich das könnte, würde ich jetzt da unten auf dem Eise gleiten, wie ich es die Knaben habe tun sehen; aber ich verstehe mich nicht aufs Laufen.«

»Weg! Weg!«, kläffte der alte Kettenhund; er war ein wenig heiser, das hatte er sich geholt, als er noch Stubenhund war und unterm Ofen lag. »Die Sonne wird dich das Laufen schon lehren! Das habe ich im vergangenen Jahr an deinem Vorgänger und an dessen Vorgänger gesehen; weg! weg! weg sind sie alle!«

»Ich verstehe dich nicht, Kamerad!«, sagte der Schneemann, »die da oben soll mich laufen lehren?« Er meinte den Mond; »ja, sie selbst lief freilich vorhin, als ich sie fest ansah; jetzt schleicht sie von einer andern Seite herbei!«

»Du weißt gar nichts!«, sagte der Kettenhund, »du bist aber auch eben erst zusammengekleckst! Der, den du jetzt siehst, heißt der Mond; die, die vorhin wegging, war die Sonne, sie kommt morgen wieder, sie wird dich schon lehren, in den Wallgraben hinabzulaufen. Wir kriegen bald anderes Wetter, das kann ich an meinem linken Hinterbein merken, darin reißt es. Das Wetter schlägt um.«

»Ich verstehe ihn nicht!«, sagte der Schneemann, »aber ich habe ein Gefühl, als wenn er mir etwas Unangenehmes sagt. Die, die glotzte und sich dann davonmachte und die er die Sonne nennt, ist auch nicht meine Freundin, das hab ich im Gefühl.«

»Weg! Weg!«, kläffte der Kettenhund, ging dreimal um sich selbst herum und legte sich dann in seine Hütte, um zu schlafen.

Das Wetter schlug wirklich um. Ein dichter, nasskalter Nebel legte sich gegen Morgen über die ganze Gegend; als es dämmerte, kam ein eisiger Wind auf, der Frost packte einen ordentlich, aber welch ein Anblick war es, als die Sonne aufging!

Alle Bäume und Büsche standen im Reifschmuck da; es sah aus wie ein ganzer Wald aus weißen Krallen, alle Zweige waren gleichsam mit schimmernd weißen Blüten übersät. Die unendlich vielen und feinen Verzweigungen, die man im Sommer vor allen den Blättern gar nicht sehen kann, kamen nun sämtlich zum Vorschein; es war ein so glänzend weißes Spitzengewebe, dass jeder Zweig förmlich einen weißen Glanz ausströmte. Die Hängebirken bewegten sich im Winde, es war Leben darin wie zur Sommerzeit; es war eine unvergleichliche Pracht! Und als dann die Sonne schien, nein, wie funkelte dann das Ganze, als sei es mit Diamantstaub überzuckert, und auf dem Schneeteppich, der über die Erde ausgebreitet war, glitzerten die großen Diamanten, oder man konnte sich auch vorstellen, dass da unzählige, winzig kleine Lichter brannten, die noch weißer waren als der weiße Schnee.

»Das ist wunderbar schön!«, sagte ein junges Mädchen, das mit einem jungen Mann in den Garten hinaustrat. Sie blieben dicht neben dem Schneemann stehen und betrachteten von hier aus die glitzernden Bäume. »Einen schönern Anblick kann man selbst im Sommer nicht haben!«, sagte sie und ihre Augen strahlten.

»Und so einen Burschen wie den da hat man im Sommer überhaupt nicht!«, sagte der junge Mann und zeigte auf den Schneemann. »Der ist ganz famos!«

Das junge Mädchen lachte, nickte dem Schneemann zu und tanzte dann mit ihrem Freund über den Schnee hin, der unter ihnen knirschte, als gingen sie auf Stärkemehl.

»Wer waren die beiden?«, fragte der Schneemann den Kettenhund; »du bist hier länger auf dem Hof als ich, kennst du sie?«

»Freilich kenne ich sie!«, sagte der Kettenhund. »Sie hat mich gestreichelt, und er hat mir einen Knochen geschenkt; die beiße ich nicht!«

»Aber was stellen sie hier vor?«, fragte der Schneemann.

»Liebesleu-eu-eu-eute!«, sagte der Kettenhund. »Sie werden in eine Hütte ziehen und zusammen an einem Knochen nagen! Weg! Weg!«

»Haben die beiden ebenso viel zu bedeuten wie du und ich?«, fragte der Schneemann.

»Sie gehören ja zur Herrschaft!«, sagte der Kettenhund; »man weiß ja freilich nur sehr wenig, wenn man gestern erst geboren ist, das merke ich an dir! Ich habe Alter und Kenntnisse, ich kenne alle hier auf dem Hof, und ich habe eine Zeit gekannt, wo ich hier nicht in Kälte und an der Kette stand. Weg! Weg!«

»Die Kälte ist herrlich!«, sagte der Schneemann. »Erzähle, erzähle! Aber du musst nicht mit der Kette rasseln, denn dann knackt es in mir!«

»Weg! Weg!«, kläffte der Kettenhund. »Ein junger Hund bin ich gewesen, klein und niedlich, sagten sie; damals lag ich auf einem Plüschstuhl, drinnen im Hause, lag auf dem Schoß der obersten Herrschaft, ward auf die Schnauze geküsst, und die Pfoten wurden mir mit einem gestickten Taschentuch abgewischt. Ich hieß Liebling , Wollewollebeinchen , aber dann wurde ich ihnen zu groß, sie verschenkten mich an die Haushälterin; ich kam in die Kelleretage! Du kannst von dort, wo du stehst, da hineinsehen; du kannst in die Kammer hineinsehen, wo ich Herrschaft gewesen bin; denn das war ich bei der Haushälterin. Es war zwar ein geringerer Ort als oben, aber es war hier gemütlicher; ich wurde nicht von den Kindern herumgeschleppt und gezerrt wie oben. Ich hatte ebenso gutes Futter wie früher und noch viel mehr! Ich hatte mein eignes Kissen, und dann war da ein Ofen, und das ist um diese Zeit das Schönste auf der Welt! Ich kroch ganz unter den Ofen, und dann war ich verschwunden. Ach, von dem Ofen träume ich noch oft! Weg! Weg!«

»Sieht denn ein Ofen so schön aus?«, fragte der Schneemann; »hat er Ähnlichkeit mit mir?«

»Er ist gerade das Gegenteil von dir! Kohlschwarz ist er, er hat einen langen Hals und eine Messingtrommel. Er frisst Brennholz, dass ihm das Feuer aus dem Mund heraussteht. Man muss sich an seiner Seite halten, dicht neben ihm, ganz unter ihm, das ist eine unendliche Annehmlichkeit! Durch das Fenster musst du ihn sehen können, von dort aus, wo du stehst!«

Und der Schneemann lugte in das Kellerfenster hinein und gewahrte wirklich einen schwarzen, blank polierten Gegenstand mit einer Messingtrommel; das Feuer leuchtete unten daraus hervor. Dem Schneemann wurde ganz wunderlich zumute, er hatte ein Gefühl, über das er sich selbst nicht recht klar war; es kam etwas über ihn, was er nicht kannte, das aber alle Menschen kennen, wenn sie keine Schneemänner sind.

»Und warum hast du sie verlassen?«, fragte der Schneemann. Er hatte eine Empfindung, dass der Ofen ein weibliches Wesen sein müsse. »Wie konntest du nur einen solchen Ort verlassen!«

»Das musste ich wohl!«, sagte der Kettenhund, »sie warfen mich hinaus und legten mich hier an die Kette. Ich hatte den jüngsten Junker ins Bein gebissen, weil er mir den Knochen wegstieß, an dem ich nagte; und Knochen um Knochen, dachte ich. Aber das nahmen sie übel, und seit der Zeit habe ich an der Kette gelegen und habe meine klare Stimme verloren, höre nur, wie heiser ich bin: Weg! Weg! Das war das Ende vom Liede!«
...

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