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Schöner sterben auf Sylt

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Insel Verlag GmbHerschienen am17.06.2024Originalausgabe
Eine Thrillerkomödie mit viel Wortwitz und voller skurriler Überraschungen

Sommer, Sonne, Sylt - doch die Idylle trügt. Plötzlich prallen hier zwei Welten aufeinander: junge, zu allem entschlossene Klima-Aktivist*innen und die chillende Schickeria. Als die ersten Umweltsünder sterben, ist klar, dass die Gruppe »Letzte Tage« dafür verantwortlich gemacht werden soll. Nur zwei Menschen sehen das anders: Mia, die ältere Schwester einer jungen Hauptverdächtigen, und Fred, ein lässiger Lebenskünstler. Sie glaubt nicht an die Schuld ihrer kleinen Schwester, er hat sich in Mia verguckt und weicht ihr nicht von der Seite. Die Ermittlungen der beiden - zwischen Schampus in Kampen und Farbspritzaktionen in Westerland - werden heiß: nicht nur, weil der Bodycount steigt, sondern auch, weil es zwischen Mia und Fred heftig knistert ...


Tatjana Kruse ist leidenschaftliche Krimödien-Autorin. Sie lebt und arbeitet in Schwäbisch Hall, der Stadt zur Bausparkasse, und wurde fu?r ihre Krimis bereits mit dem Marlowe der Raymond-Chandler-Gesellschaft, dem Fancy Media- und mit dem Nordfälle-Preis ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextEine Thrillerkomödie mit viel Wortwitz und voller skurriler Überraschungen

Sommer, Sonne, Sylt - doch die Idylle trügt. Plötzlich prallen hier zwei Welten aufeinander: junge, zu allem entschlossene Klima-Aktivist*innen und die chillende Schickeria. Als die ersten Umweltsünder sterben, ist klar, dass die Gruppe »Letzte Tage« dafür verantwortlich gemacht werden soll. Nur zwei Menschen sehen das anders: Mia, die ältere Schwester einer jungen Hauptverdächtigen, und Fred, ein lässiger Lebenskünstler. Sie glaubt nicht an die Schuld ihrer kleinen Schwester, er hat sich in Mia verguckt und weicht ihr nicht von der Seite. Die Ermittlungen der beiden - zwischen Schampus in Kampen und Farbspritzaktionen in Westerland - werden heiß: nicht nur, weil der Bodycount steigt, sondern auch, weil es zwischen Mia und Fred heftig knistert ...


Tatjana Kruse ist leidenschaftliche Krimödien-Autorin. Sie lebt und arbeitet in Schwäbisch Hall, der Stadt zur Bausparkasse, und wurde fu?r ihre Krimis bereits mit dem Marlowe der Raymond-Chandler-Gesellschaft, dem Fancy Media- und mit dem Nordfälle-Preis ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783458779797
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum17.06.2024
AuflageOriginalausgabe
SpracheDeutsch
Dateigrösse2021 Kbytes
Artikel-Nr.12533232
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 2

Fred flutscht in die Fluten, Mia motzt gegen die Möwen an.


»Bicycle, bicycle, bicycle, domm domm domm domm domm domm domm domm«, sang Fred, fröhlich radelnd.

Den Text zum Queen-Song hatte er nicht memoriert, sehr wohl aber die Melodie. Wann immer er - meist gegen Mittag, manchmal später, nie früher - aus süßem Schlummer erwachte und in seinen maßgefertigten, blau-weiß gestreiften, viktorianischen Schwimmanzug für Herren schlüpfte, um an den Strand zu radeln und dort sein Morgenbad zu nehmen, diente ihm dieser Oldie-Hit als Tempo- und Stimmungsmacher.

Frederick Ragnar Mencksen der Fünfte, von allen nur Fred genannt - außer von seinem Vater, der Frederick zu ihm sagte, und man durfte noch froh sein, dass er das Ragnar weg ließ -, entstammte einer alten Hamburger Hanseatenfamilie. Seit seiner Urgroßmutter Daphne, jüngste Tochter eines US-Stahlmagnaten, deren erkleckliche Mitgift die Familie Mencksen Ende des vorvorigen Jahrhunderts aus einer äußerst prekären Lage rettete, wurden alle männlichen Erstgeborenen Frederick benamst. Nach Daphnes Vater Frederick Augustus Dunfermline. Eigentlich zutiefst unhanseatisch, diese chronologische Aufreihung der Stammhalter. Aber große Vermögen fordern nun mal große Opfer. Auch wenn jetzt schon klar war, dass Fred - sollte er jemals einen Jungen zeugen - diesen niemals Frederick nennen würde. Mit ihm war Schluss! Fünf fand er schon exzessiv - Familien mit Grips hörten bei »der Dritte« auf. Sie produzierten doch keine Päpste.

Prekär war es für Freds Familie seitdem nie mehr geworden. Im Gegenteil. Wenn Hanseaten über Geld reden würden, was sie nicht taten, würde manch einer angesichts des Reichtums der Mencksens mit den Ohren schlackern. Ihr Geschick in kommerziellen Dingen war legendär. Nur in eingeweihten Kreisen, versteht sich, nicht in der Öffentlichkeit. Auf der Liste der zehn wohlhabendsten Deutschen tauchte der Name Mencksen nicht auf. Absichtlich nicht.

Fred war seit hundert Jahren der Erste, dessen Interesse an allem Wirtschaftlichen gegen null ging. Kleiner gleich null, um genau zu sein. Eigentlich im dreistelligen Minusbereich. Und das, obwohl er seine Kindheit und Jugend - nach dem frühen Tod der Mutter - erst in einem süddeutschen Elite-Internat und später an einer elitären Finishing School in Gstaad verbracht und noch später, auf Wunsch des Vaters, an Elite-Universitäten im In- und Ausland Betriebswirtschaft und Finanzmanagement studiert hatte. Sogar mit Abschluss. Damit sah Fred allerdings seine Pflicht gegenüber der Familie als abgegolten. Zumal die Dynastie der Mencksens dank seines jüngeren Bruders Andreas nicht vor dem Ende stand: Dreas war gerade mal 25, hatte aber schon drei Firmen gegründet und einen Sohn gezeugt.

Ganz anders Fred. Ab dem Tag, als er sein Graduiertenkäppi der Uni Harvard zusammen mit Dutzenden anderer privilegierter Jungakademiker in die Luft warf, hatte Fred nur noch ein Ziel: sich treiben zu lassen. Er besaß keinen einzigen Funken Ehrgeiz. Am Leben zu sein reichte ihm schon. Wenn dazu noch eine Prise Exzentrik und Verrücktheit kam, umso besser.

Es half, dass er sich um Geld keine Sorgen machen musste. Dafür sorgte das Erbe seiner Mutter, über das er seit seinem 18. Lebensjahr verfügen konnte.

Und so kam es, dass er nun mit nicht ganz dreißig in einem maßgeschneiderten viktorianischen Badeanzug durch den Tag radeln konnte. Sorgenfrei und fröhlich.

»Moin!«, rief Fred dem Postboten zu und wackelte unter seiner Taucherbrille mit den Augenbrauen.

»Moin!«, rief der Postbote zurück. Und winkte. Alle mochten den stets gut gelaunten Fred.

Und alle hielten ihn für ein bisschen Banane.

Weil das nämlich nicht normal war, immer gute Laune zu haben. Und man auf Nordseeinseln für gewöhnlich nicht in lila Samtanzügen mit gelber Rüschenbluse herumlief wie die späten Beatles oder der frühe Austin Powers. Auch nicht in Ganzkörperbadebekleidung wie Kaiser Wilhelm anno dunnemals. Darum das einhellige Urteil der Einheimischen über Fred: sympathisch, aber schräg.

Dabei war die ungewöhnliche Art, sich zu kleiden, eine reine Schutzmaßnahme. Fred litt nämlich unter einem genetischen Defekt, wie er morgens zu scherzen pflegte, wenn er beim Rasieren vor dem Spiegel Selbstgespräche führte. Wo niemand außer ihm es hören könnte. Es hätte ihn nämlich niemand verstanden.

Was er als Nachteil erachtete, hätte die meisten anderen gern gehabt. Vollkommene Schönheit. Ein perfekt symmetrisches Gesicht, ein durchtrainierter Körper, lange, blonde Surferhaare, gletscherblaue Augen. Fred hatte es immer als Nachteil empfunden, so auszusehen. Weil die Leute gemeinhin große Schönheit zwar goutierten, aber insgeheim auch beneideten. Was sie übertrieben freundlich oder alternativ übertrieben unfreundlich zu machen pflegte.

Wenn er jedoch, so wie in diesem Moment, längst veraltete Badebekleidung trug, seine Augen hinter einer Taucherbrille versteckte und die Haare unter einer mit Pril-Blumen verzierten Damenbadekappe, dann war das Eis gebrochen. Die Leute mochten den Kopf über ihn schütteln, aber sie behandelten ihn wie ihren durchgeknallten Cousin Claas, nicht wie eine Laune der Natur.

»Wenn er sich mal ordentlich anziehen würde, wäre er ein hübscher Kerl«, pflegte die Bäckerin gern den Kundinnen zuzuraunen, wenn er sich am frühen Nachmittag seine Frühstücksbrötchen bei ihr abholte - oder Rundstücke, wie man hier zu sagen pflegte. Und dann nickten alle zustimmend.

Jetzt bog Fred in den schmalen Weg, der zur Buhne 16 führte.

Dem Wetter geschuldet, war so gut wie niemand unterwegs. Der Himmel wirkte wenig einladend. Mehr so bedrohlich. Nur eine Frau und ihr Dackel trotzten der Brise.

Fred radelte winkend vorbei.

Hund und Frauchen reagierten nicht. Beide hielten die Köpfe gesenkt. Der Feuchtigkeitsgehalt des Windes nahm zu. Wer nicht von der Insel stammte, würde es Regen nennen. Regen, der nicht wie andernorts von oben kam, sondern von vorn.

Fred störte das nicht. Auch nicht, dass die Regentropfen wie kleine Eisdolche in seine Haut stachen. Ganz offensichtlich kamen die Regenwolken, die sich hier ergossen, vom Polarmeer.

Egal. Fred war nicht hier, um in der Sonne zu chillaxen. Oder um an diesem Hotspot der Reichen und Schönen dem ausgelassenen Partyleben zu frönen, das Leute wie Gunter Sachs und Brigitte Bardot berühmt gemacht hatten.

Er war hier, weil Sylt für ihn eine einzige große Ladestation verkörperte, die seinen Akku immer zu hundert Prozent aufgeladen hielt.

Das kleine, reetgedeckte Hexenhäuschen, das seine Mutter ihm hinterlassen hatte - und für das ihm schon Unsummen geboten worden waren -, war sein Paradies. Seine Zuflucht vor einer Welt, die immer mehr aus dem Ruder zu laufen schien. Zuflucht - und ja, auch eskapistischer Unterschlupf. Er tat nichts lieber, als im Garten vor seinem Häuschen zu sitzen und zu lesen. Oder im Winter drinnen vor dem flackernden Kaminfeuer. Fred hielt sich für bescheiden und bodenständig. Das war sein einziger Fehler. Nicht wirklich einschätzen zu können, wie abgehoben und singulär sein Dasein ohne finanzielle Kümmernisse wirklich war.

»Junge, du musst deinen Beitrag dafür leisten, dass die Welt ein besserer Ort wird!«, mahnte ihn sein Vater bei den seltenen Kontaktaufnahmen.

Aber tief in seinem Inneren glaubte Fred nicht, dass er etwas bewegen, etwas bedeuten könnte. Was küchenpsychologisch gedeutet sicher daran lag, dass ihn sein Vater als frischgebackener Witwer schon als Knirps entsorgt und in ein Internat gesteckt hatte. Klar, das hätte auch anders ausgehen können. Fred kannte das von einigen ehemaligen Klassenkameraden, die schon jetzt - mit um die dreißig - dem Weltgeschehen ihre Fußspuren aufdrückten. Um allen zu beweisen, wie wichtig und bedeutend sie waren.

Fred zelebrierte viel lieber den Rückzug. Ihm genügte das als Lebenszweck.

What a tremendous opportunity it is, just to be alive, soll Katherine Hepburn einmal gesagt haben. Sie sprach damit Fred, der da noch gar nicht geboren war, aus der Seele.

Immerhin erachtete es Fred als echtes Geschenk, seinem Lebensmotto hier auf Sylt vollumfänglich huldigen zu können. Er...
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