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Schliemann und das Gold von Troja

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Kiepenheuer & Witsch GmbHerschienen am19.08.20211. Auflage, Ungekürzte Ausgabe
Heute wie zu Lebzeiten umstritten: Schliemann und seine Funde in Troja. Kaufmannsgehilfe, Goldsucher, Schiffsbrüchiger, Kriegsgewinner, Raubgräber und »Entdecker von Troja« auf den Spuren Homers - Heinrich Schliemanns unglaubliches Leben und sein schwieriges Erbe. Bis heute ist er ein Faszinosum und bis heute ist sein Erbe hochumstritten. Ob Heinrich Schliemann wirklich Troja fand oder ob die Ruinen, in denen er mit brachialen Methoden nach Schätzen grub, etwas ganz anderes waren - bis heute streitet man darüber. Seine wichtigsten Funde, der »Schatz des Priamos« und der »Schatz des Agamemnon« sind erstaunlich. Aber mit Priamos oder Agamemnon haben sie nichts zu tun. Bis heute sorgt sein Gold aus Troja für Streit bis hin zu staatspolitischen Verwicklungen - denn zuerst schaffte Schliemann die goldenen Preziosen illegal außer Landes - dann verschwanden sie am Ende des Zweiten Weltkriegs aus Berlin. Erst 1994 machte eine russische Museumsdirektorin bekannt, dass sowjetische Soldaten sie nach Moskau mitgenommen hatten. Selbst bei Archäologen ist Schliemann so umstritten wie verhasst, und auch wenn die Hälfte von ihnen ohne jugendliche Schliemann-Lektüre etwas ganz anderes geworden wäre - dass er die Funde ganzer Kulturperioden als Schutt entsorgte, bleibt ein Sakrileg. Schliemanns ganzes Leben liest sich wie eine sagenhafte Tellerwäschergeschichte: Aus dem Krämergehilfen in Fürstenberg an der Havel wurde im kalifornischen Goldrausch der Gründer einer Bank, in Russland wurde Schliemann mit Schießpulver-Spekulationen während des Krimkriegs zum Millionär - dann zog er als Reiseautor und Schatzgräber auf den Spuren Homers durch die Welt. Fest steht: Kaum ein Deutscher hat die Fantasie der Menschen so beflügelt wie Heinrich Schliemann. Weshalb von ihm zu lesen spannend wie ein Krimi ist.

Frank Vorpahl ist promovierter Historiker, Autor und Kurator. Bei ZDF-Aspekte ist er Redakteur. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich intensiv mit Georg Forster und James Cooks Südseeexpeditionen. 2007 initiierte er die illustrierte Neuausgabe von Georg Forsters Reise um die Welt in der ANDEREN BIBLIOTHEK. 2018 veröffentlichte er Der Welterkunder. Auf der Suche nach Georg Forster. Im Zuge seiner Recherchen war er oft in der Südsee und kuratierte Ozeanien-Ausstellungen in Deutschland und Tonga.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextHeute wie zu Lebzeiten umstritten: Schliemann und seine Funde in Troja. Kaufmannsgehilfe, Goldsucher, Schiffsbrüchiger, Kriegsgewinner, Raubgräber und »Entdecker von Troja« auf den Spuren Homers - Heinrich Schliemanns unglaubliches Leben und sein schwieriges Erbe. Bis heute ist er ein Faszinosum und bis heute ist sein Erbe hochumstritten. Ob Heinrich Schliemann wirklich Troja fand oder ob die Ruinen, in denen er mit brachialen Methoden nach Schätzen grub, etwas ganz anderes waren - bis heute streitet man darüber. Seine wichtigsten Funde, der »Schatz des Priamos« und der »Schatz des Agamemnon« sind erstaunlich. Aber mit Priamos oder Agamemnon haben sie nichts zu tun. Bis heute sorgt sein Gold aus Troja für Streit bis hin zu staatspolitischen Verwicklungen - denn zuerst schaffte Schliemann die goldenen Preziosen illegal außer Landes - dann verschwanden sie am Ende des Zweiten Weltkriegs aus Berlin. Erst 1994 machte eine russische Museumsdirektorin bekannt, dass sowjetische Soldaten sie nach Moskau mitgenommen hatten. Selbst bei Archäologen ist Schliemann so umstritten wie verhasst, und auch wenn die Hälfte von ihnen ohne jugendliche Schliemann-Lektüre etwas ganz anderes geworden wäre - dass er die Funde ganzer Kulturperioden als Schutt entsorgte, bleibt ein Sakrileg. Schliemanns ganzes Leben liest sich wie eine sagenhafte Tellerwäschergeschichte: Aus dem Krämergehilfen in Fürstenberg an der Havel wurde im kalifornischen Goldrausch der Gründer einer Bank, in Russland wurde Schliemann mit Schießpulver-Spekulationen während des Krimkriegs zum Millionär - dann zog er als Reiseautor und Schatzgräber auf den Spuren Homers durch die Welt. Fest steht: Kaum ein Deutscher hat die Fantasie der Menschen so beflügelt wie Heinrich Schliemann. Weshalb von ihm zu lesen spannend wie ein Krimi ist.

Frank Vorpahl ist promovierter Historiker, Autor und Kurator. Bei ZDF-Aspekte ist er Redakteur. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich intensiv mit Georg Forster und James Cooks Südseeexpeditionen. 2007 initiierte er die illustrierte Neuausgabe von Georg Forsters Reise um die Welt in der ANDEREN BIBLIOTHEK. 2018 veröffentlichte er Der Welterkunder. Auf der Suche nach Georg Forster. Im Zuge seiner Recherchen war er oft in der Südsee und kuratierte Ozeanien-Ausstellungen in Deutschland und Tonga.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783462303810
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum19.08.2021
Auflage1. Auflage, Ungekürzte Ausgabe
SpracheDeutsch
Dateigrösse22940 Kbytes
Artikel-Nr.5733372
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis Kapitel 2 Nach Hellas

Durch arabische Wüsten zu Odysseus und Homers Heroen

»Ich hatte immer sehnlichst gewünscht, Griechisch lernen zu können; vor dem Krimkriege aber war es mir nicht ratsam erschienen, mich auf dieses Studium einzulassen, denn ich mußte fürchten, daß der mächtige Zauber der herrlichen Sprache mich zu sehr in Anspruch nehmen und meinen kaufmännischen Interessen entfremden möchte. Während des Krieges aber war ich mit Geschäften dermaßen überbürdet, daß ich nicht einmal dazu kommen konnte, eine Zeitung, geschweige denn ein Buch zu lesen. Als aber im Januar 1856 die ersten Friedensnachrichten in Petersburg eintrafen, vermochte ich meinen Wunsch nicht länger zu unterdrücken und begab mich unverzüglich mit größtem Eifer an das neue Studium; mein erster Lehrer war Herr Nikolaos Pappadakes, der zweite Herr Theokletos Vimpos, beide aus Athen, wo der letztere heute Erzbischof ist. Wieder befolgte ich getreulich meine alte Methode, und um mir in kurzer Zeit den Wortschatz anzueignen, was mir noch schwieriger vorkam als bei der russischen Sprache, verschaffte ich mir eine neugriechische Übersetzung von Paul et Virginie und las dieselbe durch, wobei ich dann aufmerksam jedes Wort mit dem gleichbedeutenden des französischen Originals verglich. Nach einmaligem Durchlesen hatte ich wenigstens die Hälfte der in dem Buche vorkommenden Wörter inne, und nach einer Wiederholung dieses Verfahrens hatte ich sie beinahe alle gelernt, ohne dabei auch nur eine Minute mit Nachschlagen in einem Wörterbuche verloren zu haben. So gelang es mir, in der kurzen Zeit von sechs Wochen die Schwierigkeiten des Neugriechischen zu bemeistern; danach aber nahm ich das Studium der alten Sprache vor, von der ich in drei Monaten eine genügende Kenntnis erlangte, um einige der alten Schriftsteller und besonders den Homer verstehen zu können, den ich mit größter Begeisterung immer und immer wieder las.

Nun beschäftigte ich mich zwei Jahre lang ausschließlich mit der altgriechischen Literatur, und zwar las ich während dieser Zeit beinahe alle alten Classiker cursorisch durch, die Ilias und Odyssee aber mehrmals.«[105]

Ganz so stringent, wie Heinrich Schliemann die Leser seiner Selbstbiographie glauben machen will, ist seine Ausrichtung auf Griechenland und Homer nach dem Krimkrieg jedoch nicht. Vielmehr wird ihm, als er in der deutschen Gemeinde der russischen Hauptstadt stärker mit dem Präsidenten des Kaiserlich-Pädagogischen Instituts von Sankt Petersburg Friedrich Lorentz in Kontakt kommt, das Bildungsdefizit seiner Jugend bewusst. Lorentz´ gestochenes Latein, das Schliemann bei einem Festvortrag zum Jubiläum des Schulinstitutes hört, begeistert ihn so sehr, dass er die lange Rede auswendig lernt und es künftig mit den Lateinkenntnissen des Historikers aufnehmen will.[106] Lorentz wiederum hat als frisch emeritierter Professor die Zeit, an den wöchentlichen Petersburger Kaminabenden im Hause Schliemann teilzunehmen, und empfiehlt schließlich einen Kollegen als Privatlehrer. Und so nimmt der Lernbegierige im Sommer 1858 mit seinem »verehrten Freunde Professor Ludwig von Muralt in Petersburg die Studien der lateinischen Sprache wieder auf, die fast 25 Jahre lang geruht hatten«.[107]

Zugleich kann es sich Schliemann endlich auch leisten, auf ausgedehnte Bildungsreisen zu gehen. Sein Interesse ist dabei jedoch nicht auf Griechenland fokussiert, sondern viel breiter aufgefächert: »Im Jahre 1858 schien mir mein erworbenes Vermögen groß genug, und ich wünschte mich deshalb gänzlich vom Geschäft zurückzuziehen. Ich reiste zunächst nach Schweden, Dänemark, Deutschland, Italien und Ägypten, wo ich den Nil bis zu den zweiten Katarakten in Nubien hinauffuhr. Hierbei benutzte ich die günstige Gelegenheit, Arabisch zu lernen, und reiste dann durch die Wüste von Kairo nach Jerusalem. Darauf besuchte ich Petra, durchstreifte ganz Syrien und hatte so fortdauernd Gelegenheit, eine praktische Kenntnis des Arabischen zu erwerben; ein eingehendes Studium der Sprache nahm ich erst später in Petersburg vor. Nach der Rückkehr aus Syrien besuchte ich im Sommer 1859 Smyrna, die Cykladen und Athen und war eben im Begriff, nach der Insel Ithaka aufzubrechen, als ich vom Fieber befallen wurde.«[108]

Es ist ein umfangreiches Bildungsprogramm, das Schliemann bis zu seiner Erkrankung absolviert. Aber auch ein großes Abenteuer. Für die schwierige Durchquerung der Sinai-Halbinsel von Kairo nach Jerusalem mietet er zwölf Kamele an, die »mit Lebensmitteln, Hausgeräten, Zelten und Waffen beladen« werden, und tut sich mit zwei jungen Abenteurern aus Bologna zusammen, den Grafen Giulio und Carlo Bassi. Bei Askalon wird er »von zwei Beduinen zu Pferde angegriffen« und kann nur »durch die größere Schnelligkeit meines Hengstes unversehrt« entkommen, wie er seinen Schwestern vermutlich künstlerisch ein wenig ausgeschmückt berichtet.[109] Und weiter, er sähe in der Wüste »fortwährend die Täuschung der Fata Morgana, welche den ganzen Tag hindurch die herrlichsten Seen mit Wald umgibt und dann und wann auch das Meer präsentiert«, wie er schreibt, »doch kommt man an den Ort hin, so sieht man nur Flugsand, den der Wind in Massen emporhebt«.[110] Zumindest das Andauern der Luftspiegelung vom Morgen bis zum Abend scheint dem Reich der Schliemann´schen Fantasie anzugehören. Ansonsten beweist Schliemann in seinen schriftlichen Berichten Sinn für romantische Naturbeobachtungen: Im »ewigen Schnee« hoch auf dem Libanongebirge bewundert er »die über 4000 Jahre alten Zedern, von denen Salomon das Holz zum Tempelbau nahm«.[111] In Petra mit seinen Theatern, Palästen und Grabhöhlen genießt er die in Fels geschlagenen Kunstwerke »im herrlichsten Farbenspiel« der Sonne.[112] Im Toten Meer entdeckt er, »dass es ganz unmöglich ist unterzusinken«, während er im Jordan »badend und überschwimmend beinahe ertrunken wäre, denn mit wütendem Ungestüm tobt der Strom ins Tote Meer«.[113] In Damaskus hat er zwischen Aprikosen-, Mandel- und Feigenbäumen sein Zelt »in einem herrlichen öffentlichen Garten aufgeschlagen, durch welchen ein Fluss und mehrere Bäche laufen«.[114] Sein Tagebuch führt Schliemann wie immer in der örtlichen Landessprache. So erweitert er mit Sprachstudien und Notizen in Arabisch, gleich im Anschluss an seine Petersburger Griechisch- und Lateinstunden, noch einmal das Portefeuille seiner Fremdsprachenkenntnisse. »Jede Sprache bedeutet ein neues Leben«, formulierte er in einem Brief an seinen Bruder Ernst.[115] Doch noch weiß er selbst nicht genau, welches Leben er in Zukunft anstreben soll, welche Sprache künftig die wichtigste in seinem Leben sein wird. Fest steht nur: Er will seine Karriere als Kaufmann und Spekulant an den Nagel hängen und neu anfangen.

Doch noch einmal wird er von äußeren Zwängen zurückgehalten. Die Reise von Jerusalem, die er im Mai 1859 nach Damaskus antritt, erweist sich als zu anstrengend. Es ist keine der bequemen Schiffsreisen, wie er sie auf dem Nil bis Abu Simbel unternehmen konnte, sondern eine strapaziöse Tour zu Pferde durch das steinige Heilige Land, bei sengender Hitze nach Samaria, Nazareth, Kanaa, Tiberias, zum Berg Karmel und weiter über Tyrus, Sidon und Beirut nach Damaskus. Die Fieberanfälle, die ihn schon seit der Ankunft in Syrien Ende Mai durchschütteln, holen ihn dann auch auf dem Schiff, bei der Überfahrt nach Smyrna und erneut auf der Weiterreise nach Athen, ein. In der griechischen Hauptstadt schließlich fesseln ihn hohe Temperaturen und Schüttelfrost für eine ganze Woche ans Bett und er muss um sein Leben bangen. Ursprünglich hatte er vorgehabt, von Smyrna über Konstantinopel nach Odessa weiterzufahren, er wollte »Landeigentümer im südlichen Rußland ansehen und wenn passend kaufen«, wie er vor der Erkrankung notierte.[116] Irgendwann kamen ihm dann, will man seinen späteren Selbstdarstellungen glauben, Ithaka - die Insel des Odysseus - und Homer in den Sinn.[117] Doch ob nun Odessa oder Odysseus - beide rückten Mitte 1859 in weite Ferne. Und auch als er auf seiner Rückreise nach Russland über Konstantinopel, Budapest und Stettin mit dem Schiff bei der Ausfahrt aus dem Mittelmeer die Dardanellen passierte - jene Landenge, auf der er wenige Jahre später Troja verorten sollte -, schwieg sein sonst so beredtes Tagebuch. An Homer dachte er 1859 wohl nicht.

Stattdessen kehrte Schliemann Ende Juli nach Sankt Petersburg zurück, dank der »Luftveränderung« hatte sich das Fieber bald gelegt. Doch jetzt waren es juristische Fallstricke, die Heinrich Schliemann ans Zarenreich fesselten. Der Hintergrund: Bevor er zu seiner Mittelmeerreise aufgebrochen war, hatte er sein Petersburger Geschäft an den russischen Kaufmann Stjepan Solowjew verkauft. Der hatte sich vertraglich verpflichtet, die Übernahmesumme von 83.000 Silberrubeln in vier Jahresraten zu entrichten.[118] Doch dann stockte die Zahlung, der russische Kaufmann, der schon bald nach der Übernahme Konkurs anmelden musste, weigerte sich, die vereinbarten Kaufbeträge zu zahlen. Und mehr noch: Er verleumdete Schliemann als Betrüger und Wechselfälscher. In seiner Ehre »außerordentlich bloßgestellt«, musste Schliemann Klage erheben und einen Großteil seiner Energie auf den anstehenden Prozess richten, den er jedoch nach wenigen Monaten für sich entscheiden...
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Frank Vorpahl ist promovierter Historiker, Autor und Kurator. Bei ZDF-Aspekte ist er Redakteur. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich intensiv mit Georg Forster und James Cooks Südseeexpeditionen. 2007 initiierte er die illustrierte Neuausgabe von Georg Forsters Reise um die Welt in der ANDEREN BIBLIOTHEK. 2018 veröffentlichte er Der Welterkunder. Auf der Suche nach Georg Forster. Im Zuge seiner Recherchen war er oft in der Südsee und kuratierte Ozeanien-Ausstellungen in Deutschland und Tonga.