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Das Netz der Sterne

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
512 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am02.12.2019Auflage
In die unbekannten Weiten des Universums vorzustoßen - das ist der Job der Kartografen bei Interkosmika, dem Konzern, der die interstellaren Reisen zwischen den Sternen kontrolliert. Tess ist eine solche Kartografin, doch nicht freiwillig, denn sie muss bei Interkosmika die Schulden ihrer Familie abarbeiten. Und sie weiß, dass ihre Mission alles andere als einfach wird. Denn ihr Auftrag führt sie in eine Region, aus der noch keiner lebend zurückgekehrt ist ... Mit »Das Netz der Sterne« stößt Andreas Brandhorst das Tor zu einer neuen Welt auf - ideal für Brandhorst-Fans und Neueinsteiger!

Andreas Brandhorst, geboren 1956 im norddeutschen Sielhorst, schrieb mit seinen futuristischen Thrillern und Science-Fiction-Romanen wie »Das Schiff« und »Omni« zahlreiche Bestseller. Spektakuläre Zukunftsvisionen sind sein Markenzeichen. Zuletzt erschien im Piper Verlag der Roman »Infinitia«.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextIn die unbekannten Weiten des Universums vorzustoßen - das ist der Job der Kartografen bei Interkosmika, dem Konzern, der die interstellaren Reisen zwischen den Sternen kontrolliert. Tess ist eine solche Kartografin, doch nicht freiwillig, denn sie muss bei Interkosmika die Schulden ihrer Familie abarbeiten. Und sie weiß, dass ihre Mission alles andere als einfach wird. Denn ihr Auftrag führt sie in eine Region, aus der noch keiner lebend zurückgekehrt ist ... Mit »Das Netz der Sterne« stößt Andreas Brandhorst das Tor zu einer neuen Welt auf - ideal für Brandhorst-Fans und Neueinsteiger!

Andreas Brandhorst, geboren 1956 im norddeutschen Sielhorst, schrieb mit seinen futuristischen Thrillern und Science-Fiction-Romanen wie »Das Schiff« und »Omni« zahlreiche Bestseller. Spektakuläre Zukunftsvisionen sind sein Markenzeichen. Zuletzt erschien im Piper Verlag der Roman »Infinitia«.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492994248
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum02.12.2019
AuflageAuflage
Seiten512 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse7115 Kbytes
Artikel-Nr.4369986
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Unerwarteter Besuch
1

Die Dämmerung kroch über den Himmel und kündigte eine lange Nacht an, die zweiunddreißig Jahre dauern würde. Tess ging über den steinigen Weg den Hang hinab, zum Obsidian, wie so oft während des fast drei Jahrzehnte langen Tages, der nun zu Ende ging und ihre Kindheit und Jugend gesehen hatte. Der Ozean - er verdankte seinen Namen dem tiefschwarzen Kolorat, einem Licht absorbierenden Mineral - schien mit dem fernen, dunkler werdenden Horizont zu verschmelzen. Noch lag er glatt wie Glas, aber ein scharfer Geruch in der Luft wies darauf hin, dass bald die Stürme beginnen würden, wie zu Beginn jeder langen Nacht.

Ein letztes Lied, dachte Tess. Ein letzter Gesang, um Abschied zu nehmen von den Oktopoden und ihrer Welt.

Am Ufer blieb sie stehen, bei den kleinen runden Steinen, wie stets seit ihrer Kindheit. Einige Meter hinter ihr setzte sich Sinclair auf einen Felsen und wartete stumm - dies war allein ihr Moment. Schon als Kinder hatten sie diesen besonderen Ort gemeinsam besucht. Tess erinnerte sich an sein Staunen, mit großen Augen und offenem Mund, als er zum ersten Mal ihren Gesang gehört hatte. Damals, zu Beginn des jetzt zu Ende gehenden langen Tages, war etwas zwischen ihnen entstanden und über die Jahre gewachsen, erst eine zarte Verbindung, dann eine feste Brücke und schließlich ein Wir. Es war ein großes Wir, groß genug für Opferbereitschaft und Selbstlosigkeit.

Sinclair hatte beschlossen, seinen Vertrag als Hyperschiffpilot vorzeitig zu kündigen, um Tess nach Harmonie im Ophiuchus-Sektor zu begleiten. Die Einladung von der Musikakademie lag bereits vor. Als Kind hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als eines Tages Raumschiffe durchs All zu steuern, erst interplanetare Lichtschiffe innerhalb von Sonnensystemen, dann Hyperschiffe, die den von Kartografen und Einrichtern erforschten Gleisen des Hyperons folgten und viele Lichtjahre innerhalb weniger Tage oder Wochen zurücklegten. Sein größter Wunsch war in Erfüllung gegangen, doch er war bereit, darauf zu verzichten, damit sie zusammenbleiben konnten.

Einige Sekunden stand Tess reglos, nahm die Stille in sich auf und spürte, wie sie tief in ihrem Innern zu einer Art Resonanzboden wurde. Erste Sterne funkelten - die heranrückende lange Nacht würde noch viel mehr von ihnen an den Himmel bringen. Ein mehrmaliges Flackern wies auf die Position der Hyperon-Station hin - vielleicht stammte es von dem Schiff, mit dem Anita kam.

Tess lächelte bei diesem Gedanken. Ihre Schwester hatte sich angekündigt, kurz nach der Einladung nach Harmonie. Interkosmika hatte ihren Antrag auf eine Dienstpause genehmigt, damit sie hier auf Rosengarten feiern und Abschied nehmen konnten.

Die Stille schien sich auszudehnen, weit über das Obsidian hinweg. Die Dämmerung schwieg und wartete.

Tess holte tief Luft und begann zu singen.

Sie sang in der alten Sprache, die sie von ihrer Mutter gelernt hatte, vom Tag und von der Nacht, die einander abwechselten, von Wäldern, grün wie Smaragd, und Meeren, blau wie Opal. Sie sang von Leben, Hoffnung und Freude, und wie immer fühlte sie, wie sie dabei wuchs und ihre Stimme in allem Lebendigen widerhallte, das sie umgab.

Erste Oktopoden erschienen. Das Obsidian war nicht mehr glatt und unbewegt. Die schwarze Oberfläche kräuselte sich, kleine Wellen entstanden, und rundliche Geschöpfe mit langen Fangarmen stiegen auf, blickten mit verblüffend menschenähnlichen Augen zum Ufer, erst einige wenige, dann Dutzende, schließlich Hunderte. Rostbraun und dunkelgrau, je nach Alter und Geschlecht, ragten sie aus dem Wasser und neigten sich langsam von einer Seite zur anderen. So war es immer, wenn Tess sang, obwohl die Oktopoden angeblich gar keine Ohren hatten.

Tess beobachtete den Tanz im Meer, weiterhin singend, bis eine kurze Vibration des Signalbands an ihrem Handgelenk darauf hinwies, dass es Zeit wurde - die Familie rief sie.

Das Ende des Gesangs beendete auch den Tanz. Die Oktopoden verschwanden im schwarzen Ozean, einer nach dem anderen.

Sinclair näherte sich. »Ich kann mir kaum vorstellen, dass du jemals noch besser singen wirst.«

»An der Musikakademie auf Harmonie werde ich viel lernen.«

»Vielleicht haben sie dich eingeladen, damit du anderen das Singen beibringst.«

Tess lächelte und nahm seine Hand. »Wir werden sehen, wir werden sehen. Komm, die Familie hat gerufen.«
2

Als sich die Familie Velazca vor mehr als vierhundert Jahren auf Rosengarten im Joumis-System niedergelassen hatte - im Sagittarius-Sektor, mehr als tausend Lichtjahre von der Erde entfernt -, war sie reich und mächtig gewesen. An diesen früheren Status erinnerte das Haupthaus auf dem Hügelplateau: die grauen Mauern dick und wuchtig bis hinauf zu den Zinnen, die allein ästhetischen Zwecken dienten; die runden Türme hoch, als wollten sie den dunkler werdenden Himmel erreichen; die Dächer steil, als erwarteten sie Schnee; in der Mitte die goldene Kuppel des alten Observatoriums mit den Familienarchiven und dem Hyperskop, eingerichtet vom Kartografen, der Rosengarten - damals noch ein Planet ohne Namen, nur mit der Bezeichnung NSK1284-B - ans Netz angeschlossen hatte, ans Hyperon. Über dem wie eine Burg oder Festung wirkenden Hauptgebäude leuchtete hell und bunt das holografische Symbol der Velazca: eine offene Hand, über deren Handfläche die Erde schwebte.

Zwei Bedienstete in blauen Livreen standen beim offenen Tor, aber wenige Meter vor ihnen wandte sich Tess nach links. Es gab noch etwas anderes, auf das sie einen letzten Blick werfen wollte, bevor sie die Reise nach Harmonie antrat.

»Wohin?«, fragte Sinclair hinter ihr. »Wohin willst du?«

Tess lief, als wollte sie den Wind spüren, den jene Nacht brachte, die sie nicht mehr miterleben würde. Sie schlüpfte durch die Lücke zwischen den Nebenhäusern, deren Fenster bereits hell erleuchtet waren, und als sie den großen Werkzeugpavillon an der Ecke des Gartens erreichte, bemerkte sie die Lichter in der Ebene hinter den Hügeln am Rand des Obsidians. Dort bereitete sich die Stadt auf die Nacht vor - die Dormitorien für all jene, die die kommenden zweiunddreißig Jahre im sicheren Schlaf verbringen wollten, waren bereits geöffnet.

Hinter dem Haupthaus erstreckte sich jener Rosengarten, dem der Planet seinen Namen verdankte: ein weiter Park mit Erde von der Erde, großen, alten Eichen und Buchen und zahlreichen Rosen in allen Farben, einige von ihnen fast so schwarz wie das Obsidian.

Das Signalband vibrierte erneut, aber Tess beschloss, sich noch etwas mehr Zeit zu nehmen. Dies war wichtig, sie wusste nicht, wann - in wie vielen Jahren oder vielleicht sogar Jahrzehnten - sie Gelegenheit bekommen würde, den Park erneut zu besuchen.

Hinter den beiden größten Eichen, die eine Art Portal bildeten, lag der Friedhof der Familie Velazca. Tess ging langsam an den Gräbern vorbei, las die Inschriften, dachte an vergangenen Ruhm und fragte sich, ob auch sie irgendwann hier liegen würde.

»Wir waren einmal mächtig«, sagte sie und blieb am Grab ihres Großvaters stehen. Auf einer Marmorplatte weiß wie Schnee stand sein Name in goldenen Buchstaben: Frederik Ibrahim Velazca, Letzter der terranischen Velazca-Dynastie.

»Ihr seid noch immer sehr angesehen«, sagte Sinclair. Er stand neben Tess, schlank und feingliedrig, das dunkle Haar kurz, die Brauen geschwungen. Aus dem Jungen von damals war ein Mann geworden, aber es gab ihn noch, den staunenden Knaben. Sie sah ihn in seinem Gesicht, in seinen Augen.

»Wir leben von vergangenem Ruhm, das weißt du«, erwiderte Tess. »Mit dem Tod von Großvater Frederik begann unser Niedergang. Er war nicht nur der Letzte der terranischen Dynastie, er hat sich auch Interkosmika gegenüber behaupten können. Inzwischen haben wir fast alle unsere Niederlassungen an Interkosmika verloren. Es ist uns kaum mehr geblieben als dieses Haupthaus. Wir sind längst keine Gouverneure und Administratoren mehr, nur noch einfache Bürger.«

»Mir ist gleich, wer ihr seid, ob reich oder arm, ob groß oder klein.« Sinclair sprach in seiner ruhigen, gelassenen Art. »Du bist du. Nur das ist wichtig.«

Tess belohnte seine Worte mit einem Lächeln. »Und wir sind wir. Wir stehen am Anfang unseres Weges. Wer weiß, wohin er uns führen wird.«

»Zweifellos zu Glanz und Glorie. Du wirst die beste Sängerin in der bekannten Galaxis werden, da bin ich mir sicher.«

»Und du?«

»Oh, vielleicht werde ich der Vater deiner Kinder.«

Tess lächelte erneut, aber nur kurz. »Du solltest Raumschiffpilot sein. Das hast du dir immer gewünscht. Ich weiß noch, wie wir dort unten auf den Steinen gesessen haben, die Sonne noch nicht ganz im Zenit, und du von fernen Sternen und Galaxien erzählt hast. Du wolltest durchs Hyperon reisen, weiter als alle anderen vor dir. Du wolltest neue Welten entdecken.«

»Ja«, sagte Sinclair. »Und dann habe ich dich entdeckt.« Er fügte hinzu: »Wir haben Zeit, Tess, wir sind jung. Erst kommt deine Ausbildung auf Harmonie. Eine Einladung der Musikakademie schlägt man nicht aus. Und wenn du dort fertig und zur besten Sängerin in der Milchstraße geworden bistâ... Dann werde ich wieder Pilot, und wir gehen gemeinsam auf Reisen.«

Wir haben Zeit, wir sind jung. Es klang gut und richtig, und trotzdem fröstelte Tess plötzlich. Es lag nicht an der sinkenden Temperatur. Etwas Bedrohliches ragte auf, dunkel wie die kommende Nacht, etwas, das einen tiefen Schatten warf auf Sinclair und sie. Ein Missklang in einer ansonsten perfekten Melodie. Doch die Vision - wenn es wirklich eine Vision gewesen war, geschaffen...
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Autor

Andreas Brandhorst, geboren 1956 im norddeutschen Sielhorst, schrieb mit seinen futuristischen Thrillern und Science-Fiction-Romanen wie "Das Schiff" und "Omni" zahlreiche Bestseller. Spektakuläre Zukunftsvisionen sind sein Markenzeichen. Der SPIEGEL-Bestseller "Das Erwachen" widmet sich dem Thema Künstliche Intelligenz. Sein aktueller Wissenschaftsthriller "Ewiges Leben" zeigt Chancen und Gefahren der Gentechnik auf.
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Brandhorst, Andreas