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Je tiefer das Wasser

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am17.02.20201. Auflage
Ein Roman über das Schicksal zweier Schwestern und die Kräfte, die in einer Familie wirken. Über das, was in unserem Inneren tobt, und die Wirklichkeit. Und wie dazwischen vermittelt wird, durch Sprache, Liebe, Kunst ... Von der Suche nach der Grenze zwischen zwei Menschen ist Katya Apekina zurückgekehrt: mit einem Roman, der Grenzen verwischt.

Edie und Mae sind Schwestern. Die Mutter der beiden hat versucht sich umzubringen, und nun werden sie weggeschafft, aus ihrem Heimatkaff in Louisiana nach New York, aus der Obhut einer labilen Fantastin zum weltberühmten Schriftstellervater, der die Familie vor Jahren verließ. Für Edie bedeutet die neue Umgebung einen unverzeihlichen Verrat, für Mae die langersehnte Möglichkeit der Befreiung. Schnell kommt es zum Bruch. Während die eine einen verzweifelten Rettungsversuch unternimmt, lässt sich die andere ein auf die Zuneigung des Vaters und die Bitte, ihm beim Schreiben seines neuen Romans über die Mutter zu helfen. Alle sind sie getrieben von einer Obsession: Verstehen, was zwischen ihnen, was tief in ihnen vor sich geht.



Katya Apekina, geboren in Moskau, mit drei in die USA gekommen, lebt heute in Los Angeles. Auf ihre ersten Texte in Magazinen folgten Stipendien und Auszeichnungen. Sie übersetzt russische Lyrik, schreibt Drehbücher. Ihr Debütroman Je tiefer das Wasser, veröffentlicht in einem kleinen Indie-Verlag, entwickelte sich zum Überraschungserfolg des letzten Jahres, Übersetzungen ins Französische, Spanische, Italienische erscheinen zeitgleich im Frühjahr 2020.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextEin Roman über das Schicksal zweier Schwestern und die Kräfte, die in einer Familie wirken. Über das, was in unserem Inneren tobt, und die Wirklichkeit. Und wie dazwischen vermittelt wird, durch Sprache, Liebe, Kunst ... Von der Suche nach der Grenze zwischen zwei Menschen ist Katya Apekina zurückgekehrt: mit einem Roman, der Grenzen verwischt.

Edie und Mae sind Schwestern. Die Mutter der beiden hat versucht sich umzubringen, und nun werden sie weggeschafft, aus ihrem Heimatkaff in Louisiana nach New York, aus der Obhut einer labilen Fantastin zum weltberühmten Schriftstellervater, der die Familie vor Jahren verließ. Für Edie bedeutet die neue Umgebung einen unverzeihlichen Verrat, für Mae die langersehnte Möglichkeit der Befreiung. Schnell kommt es zum Bruch. Während die eine einen verzweifelten Rettungsversuch unternimmt, lässt sich die andere ein auf die Zuneigung des Vaters und die Bitte, ihm beim Schreiben seines neuen Romans über die Mutter zu helfen. Alle sind sie getrieben von einer Obsession: Verstehen, was zwischen ihnen, was tief in ihnen vor sich geht.



Katya Apekina, geboren in Moskau, mit drei in die USA gekommen, lebt heute in Los Angeles. Auf ihre ersten Texte in Magazinen folgten Stipendien und Auszeichnungen. Sie übersetzt russische Lyrik, schreibt Drehbücher. Ihr Debütroman Je tiefer das Wasser, veröffentlicht in einem kleinen Indie-Verlag, entwickelte sich zum Überraschungserfolg des letzten Jahres, Übersetzungen ins Französische, Spanische, Italienische erscheinen zeitgleich im Frühjahr 2020.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518764442
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum17.02.2020
Auflage1. Auflage
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2646 Kbytes
Artikel-Nr.4923303
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




Edith [1997]


Mae und ich lehnen aneinander und schnappen nach Luft. Luis, der Pförtner, schläft an seinem Tisch, während auf seinem Kofferradio leise ein Baseballspiel läuft.

... der Wurf sieht ganz gut aus, ein Curve Ball, geht an die Innenseite, damit herrscht Gleichstand ...

»Wir fragen Luis, ob er uns aufschließt«, sage ich keuchend. »Wir hätten die Tür angelehnt lassen sollen.« Luis rührt sich nicht bei der Erwähnung seines Namens. Ich entdecke einen Mann, der bei den Briefkästen steht und ein Coupon-Heft studiert.

Mae schüttelt den Kopf und drückt mehrmals den Fahrstuhlknopf. »Nein. Dann erzählt er Dad, dass wir draußen waren.«

»Na und? Wir können gehen, wohin wir wollen. Wir sind nicht seine Gefangenen«, erwidere ich. Der Mann starrt immer noch auf sein Coupon-Heft. Scheint unheimlich interessant zu sein. Offenbar hört er mit.

»Entschuldigung«, ruft Mae ihm zu. Er blickt auf, als hätte er nur darauf gewartet. Ich habe ihn schon mal gesehen. Irgendwas an seinem Gesicht ist komisch. Keine Wimpern. Als er näher kommt, sehe ich, dass er doch welche hat, sie haben nur dieselbe Farbe wie sein Haar, gelbweiß. »Du wohnst auch hier, stimmt's?«, fragt Mae ihn.

Er nickt. O Gott, Mae. Was hat sie vor?

»I-i-in ...«, er verstummt und räuspert sich. »In der Wohnung unter euch«, sagt er. »Wir sind uns vor ein paar Tagen begegnet. Charlie.« Er schüttelt ihr die Hand, während er in seinen anderen Arm hustet.

»Können wir durch dein Fenster auf die Feuerleiter steigen?«, fragt Mae. Bevor ich widersprechen oder ihre Frage lachend abtun kann, öffnet sich quietschend die Fahrstuhltür. Wahrscheinlich hält er uns für verrückt, was Spooks allerdings schon immer egal war. In der Schule für sie einzutreten war ein Vollzeitjob.

Eine alte Frau humpelt mit einem fast haarlosen Zwergspitz aus dem Fahrstuhl. Wir verstummen und warten, bis sie vorbei ist. Mit starrem Blick geht sie langsam wie ein Frachtkahn zwischen uns durch.

»K-k-klar«, sagt Charlie, nachdem die Frau verschwunden ist, und folgt uns in den Fahrstuhl. Es ist mir peinlich, dass wir uns in seine Wohnung eingeladen haben. Ich starre auf den Boden. Charlies Schuhe sind so ziemlich das Seltsamste, was ich je gesehen habe - aus Neopren, und jeder Zeh einzeln abgetrennt. Wie Handschuhe für Füße.

»Wir haben uns ausgeschlossen«, erklärt Mae.

»Natürlich, k-kommt vor«, sagt Charlie. Er pausiert zwischen den Worten, als würde er Luft verschlucken.

Seine Wohnung ist wie unsere geschnitten, wirkt aber kleiner. Sämtliche Möbel stehen aufeinandergestapelt auf einer Seite des Wohnzimmers - Holztische mit Zierdeckchen, Keramiklampen, eine karierte Couch, ein aufgerollter Teppich. Außerdem ist sie dunkler, weil Umzugskartons ein Fenster blockieren. Es riecht nach Zigaretten, Schweiß, Pfefferminze und noch etwas.

»Bist du gerade eingezogen?«, fragt Mae und beäugt die Kartons.

»Vor ein paar Monaten. Meine Oma hat hi-hi-hier gelebt.«

Am Wohnzimmerfenster steht ein Teleskop. Ich bleibe stehen und sehe durch. In der Wohnung auf der anderen Straßenseite ist es dunkel.

»Die Lichtverschmutzung ist z-z-zu groß, man sieht k-k-keine Sterne«, sagt er und klopft zerstreut auf das Teleskop, bis es zur Seite schwingt. Ich bin nicht sicher, ob es absichtlich auf die Wohnung gegenüber gerichtet war. »Kann ich euch etwas a-a-aââ...« Er verstummt, schluckt, versucht es wieder. »Wasser?«

»Nein, danke«, sagt Mae. Sie hat es eilig.

»Gern«, sage ich.

Er füllt ein Glas mit Leitungswasser. Die Tür zum Zimmer, das unter Dennis' liegt, ist angelehnt. Der Boden ist mit Sägemehl bedeckt. Das war der andere Geruch - Harz.

»Meine Holzwerkstatt«, sagt er, reicht mir das Wasser und öffnet die Tür ganz. Stapel von Kanthölzern und Sperrholzbrettern. Eine Tischsäge. »Wenn ihr mal w-w-was bauen wollt.«

Was sollte ich wohl bauen wollen?

Mae zieht mich in Charlies Schlafzimmer, das genau unter unserem liegt. Es ist leer, bis auf einen Schlafsack auf dem Fußboden, einen Stapel Bücher, eine Taschentuchbox, einen Aschenbecher und eine Pfefferminzdose. Ich frage mich, warum er sich kein Bett baut.

Mae schiebt das Fenster hoch und klettert auf die Feuerleiter.

»Los, komm«, zischt sie mir zu. Ich betrachte die Bücher. Eines ist von Dennis - Cassandra's Calling. »Beeil dich.«

»Danke«, sage ich zu Charlie, gebe ihm das leere Glas zurück und klettere aus dem Fenster.

Durch die Leiterstufen sehe ich sein Gesicht, das zu uns hochblickt. Ein interessantes Gesicht. Er ist definitiv ein Sonderling, was nicht unbedingt schlecht ist.

»Hilf mir«, sagt Mae. Sie versucht, unser Fenster aufzustemmen. Ich zwänge meine Finger in den Spalt unterm Rahmen und schiebe.

»Ein bisschen weiter rein und dann hoch«, sage ich zu Mae. Das Fenster löst sich und quietscht, als wir es endlich aufbekommen.

Beim Hineinklettern schürfe ich mir das Bein auf. Es brennt. Ich hinke ins Wohnzimmer, wo Mae auf der Couch sitzt und so tut, als wäre sie den ganzen Abend hier gewesen. Ich setze mich zu ihr, und wir keuchen beide leise, warten auf das Geräusch des Schlüssels in der Tür. Ein paar Minuten vergehen und nichts passiert. Mein Atem hat sich beruhigt. Vielleicht kommt Dennis nicht gleich nach Hause. Vielleicht geht er mit zu der Frau.

»Wie findest du unseren Nachbarn?«, frage ich.

Mae zuckt die Schultern, den Blick auf die Tür gerichtet. »Ganz gut.«

Ich lege mein verletztes Bein über ihren Schoß und betrachte die winzigen Blutstropfen, die entlang der Schramme schon langsam gerinnen.

»Ganz gut oder richtig gut?«

»Hm«, sagt Mae und ignoriert die Frage. »Hör auf, dran rumzupicken.«

»Aber ich hab mich bei der Arbeit verletzt«, sage ich gedehnt und hebe mein Schienbein vor ihr Gesicht. »Wie soll ich einen Anwalt finden, der mir die Entschädigung beschafft, die mir zusteht?« Arbeitsrecht im Frage-und-Antwort-Stil. Ein Spiel, mit dem wir anfingen, als wir bei den Wassersteins wohnen mussten, bei denen diese Werbespots in Endlosschleife liefen.

Mae zieht mir den Schal vom Hals und wickelt ihn wie einen Druckverband um mein Bein. »Greifen Sie einfach zum Telefon!«, sagt sie pflichtschuldig und pfeift dann den Jingle.

»Mach eine Schleife dran«, sage ich und wackle mit den Zehen.

»Du bist albern«, erwidert Mae, bindet die Enden aber zu einer Schleife.

»Was, glaubst du, machen die Wassersteins jetzt gerade?«

»An einem Hotdog ersticken«, sagt Mae.

»Nur einem?« Ich muss lachen, als ich mir vorstelle, wie die beiden an den entgegengesetzten Enden eines Hotdogs würgen wie Susi und Strolch.

Kronos taucht aus Dennis' Zimmer auf und streckt sich.

»War die schon vorher offen?« Mae zeigt an der Katze vorbei auf Dennis' Tür.

»Ach, stimmt«, sage ich. Das Foto. Ich fische es aus meiner Gesäßtasche und streiche es glatt. Als ich es mir jetzt mit Mae ansehe, komme ich mir ziemlich blöd vor, dass ich dachte, es wäre sie. Natürlich ist das nicht Mae, sondern Mom. Eindeutig Mom. Ich kenne nur keine Bilder von ihr, als sie in Maes Alter war, und die beiden gleichen sich aufs Haar.

»Was ist das?«, fragt Mae.

Ich gebe ihr das Bild.

»Wo hast du das her?«

»Aus seinem Schreibtisch.«

Mae starrt auf das Bild. »Ich glaube, ich hab gesehen, wie er es...



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Katya Apekina, geboren in Moskau, mit drei in die USA gekommen, lebt heute in Los Angeles. Auf ihre ersten Texte in Magazinen folgten Stipendien und Auszeichnungen. Sie übersetzt russische Lyrik, schreibt Drehbücher. Ihr Debütroman Je tiefer das Wasser, veröffentlicht in einem kleinen Indie-Verlag, entwickelte sich zum Überraschungserfolg des letzten Jahres, Übersetzungen ins Französische, Spanische, Italienische erscheinen zeitgleich im Frühjahr 2020.