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Kalte Heimat

Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945 - Aktualisierte Ausgabe - Großformatiges Paperback. Klappenbroschur.
BuchKartoniert, Paperback
432 Seiten
Deutsch
Pantheonerschienen am09.11.20098. Aufl.
Nicht willkommen. Die Vertriebenen nach 1945 in Deutschland

Mit diesem Buch erschüttert Andreas Kossert den Mythos von der rundum geglückten Integration der Vertriebenen nach 1945. Erstmals erhalten wir ein wirklichkeitsgetreues Bild von ihrer Ankunft in der Bundesrepublik - dem Land, das ihnen zur neuen, kalten Heimat wurde. Wir erfahren von ihrem Kampf um den schwierigen Neuanfang und von den Lebensumständen der Menschen im »Wirtschaftswunderland«.

Aktualisierte Ausgabe

Ausstattung: mit Abbildungen
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextNicht willkommen. Die Vertriebenen nach 1945 in Deutschland

Mit diesem Buch erschüttert Andreas Kossert den Mythos von der rundum geglückten Integration der Vertriebenen nach 1945. Erstmals erhalten wir ein wirklichkeitsgetreues Bild von ihrer Ankunft in der Bundesrepublik - dem Land, das ihnen zur neuen, kalten Heimat wurde. Wir erfahren von ihrem Kampf um den schwierigen Neuanfang und von den Lebensumständen der Menschen im »Wirtschaftswunderland«.

Aktualisierte Ausgabe

Ausstattung: mit Abbildungen
ZusammenfassungMit diesem Buch bricht Andreas Kossert ein Tabu: Er erschüttert den Mythos der rundum geglückten Integration der Vertriebenen nach 1945. Erstmals erhalten wir ein wirklichkeitsgetreues Bild von den schwierigen Lebensumständen der Menschen im »Wirtschaftswunderland«.
Details
ISBN/GTIN978-3-570-55101-1
ProduktartBuch
EinbandartKartoniert, Paperback
Verlag
Erscheinungsjahr2009
Erscheinungsdatum09.11.2009
Auflage8. Aufl.
Seiten432 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht542 g
Illustrationenmit Abbildungen
Artikel-Nr.11071417
Rubriken

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Am 29. Mai 1999 bekannte Bundesinnenminister Otto Schily auf einer Veranstaltung des Bundes der Vertriebenen (BdV): "Die politische Linke hat in der Vergangenheit, das läßt sich leider nicht bestreiten, zeitweise über die Vertreibungsverbrechen, über das millionenfache Leid, das den Vertriebenen zugefügt wurde, hinweggesehen, sei es aus Desinteresse, sei es aus Ängstlichkeit vor dem Vorwurf, als Revanchist gescholten zu werden, oder sei es in dem Irrglauben, durch Verschweigen und Verdrängen eher den Weg zu einem Ausgleich mit unseren Nachbarn im Osten zu erreichen. Dieses Verhalten war Ausdruck von Mutlosigkeit und Zaghaftigkeit."Das war eine späte Einsicht. Viele der 14 Millionen Deutschen, die nach dem Krieg ihre Heimat verloren, hat sie nicht mehr erreicht. Damals kamen bis zu 2 Millionen Menschen bei Flucht und Vertreibung um, Deutschland verlor ein Viertel seines Territoriums. Abgesehen von der Vertreibung und Ermordung der europäischen Juden hat nichts, was auf die NS-Wahnherrschaft zurückzuführen ist, der deutschen Gesellschaft so schwere Wunden geschlagen und das Land so versehrt. Doch die meisten Deutschen wollten das nicht sehen, nicht hören, nicht wissen. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Ende des Krieges hat Günter Grass in der Novelle Im Krebsgang betroffen bekannt: "Niemals, sagt er, hätte man über so viel Leid, nur weil die eigene Schuld übermächtig und bekennende Reue in all den Jahren vordringlich gewesen sei, schweigen, das gemiedene Thema den Rechtsgestrickten überlassen dürfen. Dieses Versäumnis sei bodenlos." Daß mit dem Osten nicht nur die Vertriebenen, sondern alle Deutschen viel verloren hatten, dieses Bewußtsein schwand bald nach dem Krieg.Schon der materielle Wert der deutschen Ostgebiete läßt sich kaum bemessen. Schlimmer jedoch wiegt der kulturelle Verlust. Es ist schwer, das Geschehen in angemessene Worte zu fassen und "Pseudologiken, Abstraktionen sowie eine Rhetorik der Zwangsläufigkeit" zu vermeiden. "Die Geschichtsschreibung zur Vertreibung ist aus vielen Gründen besonders anfällig für Rechthaberei und Moralisieren, für politische Instrumentalisierung", denn alle sind Betroffene, jeder hat seine eigene Wahrheit. Obwohl äußerlich kein Unterschied mehr feststellbar sei, so Karl Schlögel, bestehe nach wie vor eine "mentale Kluft zwischen Deutschen, die ihre Heimat verloren", und denen, die dieses Schicksal nicht erlitten haben.In Millionen deutschen Wohnzimmern wurde nach dem Krieg geweint um den Verlust der Heimat. Man muß diese Trauer und diesen Schmerz benennen, das gehört zur geistigen Hygiene, sagt Rüdiger Safranski: "Es gibt eine deutsche Neurose. Alles, was deutsches Schicksal ist, steht unter Verdacht, das sitzt tief. Deutsche Vergangenheit hat die Vergangenheit des deutschen Großverbrechens zu sein, basta."14 Millionen Deutsche waren nach 1945 ohne Heimat. Im allgemeinen Chaos des Zusammenbruchs trafen sie in den Besatzungszonen ein, und die Behörden wußten nicht, wie und wo sie diese Massen unterbringen und verwaltungsmäßig einordnen sollten. Vor 1953 findet man für die Heimatlosen Bezeichnungen aller Art. Man sprach von Aussiedlern und Vertriebenen, von Flüchtlingen, Ostvertriebenen, Heimatvertriebenen, Ausgewiesenen und Heimatverwiesenen. 1947 setzte sich dann allmählich "Vertriebene" - expellees - durch, auch weil die amerikanische Besatzungsmacht das anordnete. Der Begriff sollte zum Ausdruck bringen, daß die Vertreibung endgültig war und keine Hoffnung auf Rückkehr bestand. Nach Gründung der Bundesrepublik wurde das Wort "Vertriebener" in der Regel dem Begriff "Flüchtling" vorgezogen.Flüchtling oder Vertriebener? Unterschiedliche Wahrnehmungen lassen erkennen, daß es eine gemeinsame Geschichte aller Vertriebenen nicht gibt; zu verschieden sind deren Schicksale und Erfahrungen. Hier sollen dennoch alle der Einfachheit halber als "Vertriebene" bezeichnet werden. Im Bundesvertriebenengesetz (BVFG) ist das Wort "Flüchtling" für diejenigen reserviert, die aus der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) geflohen sind.In der Sowjetischen Besatzungszone trafen bis 1949 ohne Unterlaß Flüchtlinge und Vertriebene ein. Insgesamt nahm sie 4,3 Millionen Menschen auf; in Mecklenburg stellten Vertriebene die Hälfte der Bevölkerung. Trotzdem wurde zu Flucht und Vertreibung in der SBZ und späteren DDR geschwiegen. Mit Rücksicht auf die Sowjetunion und die anderen "sozialistischen Bruderländer" durfte über Ausweisung und Vertreibung, gewaltsame Übergriffe der Verbündeten auf die deutsche Bevölkerung sowie Deportation und Zwangsarbeit nicht gesprochen werden. Es gab "Umsiedler", aber weder Flüchtlinge noch Vertriebene, und spätestens 1950 wurde aus dem "Umsiedler" der "Neubürger". Die Vertriebenen wurden zwangsassimiliert, doch nach der Wiedervereinigung offenbarte sich, daß trotz der Unterdrückung durch das SED-Regime kulturelle Inseln und einzigartige Milieus erhalten geblieben waren.Während in der DDR das totalitäre Regime das Thema Flucht und Vertreibung unterdrückte, wurde es in der alten Bundesrepublik beinahe von selbst gemieden. Die Westdeutschen sahen sich in der unsicheren und chaotischen Lage der ersten Nachkriegszeit überrollt vom Strom der vertriebenen Deutschen aus dem Osten, denen es ganz ohne Zweifel noch elender ging als ihnen selbst. Und für viele Vertriebene, die auf Solidarität oder einfach nur auf Mitgefühl gehofft hatten, war der Empfang im Westen ein Schock. Auf die Vertreibung folgte nun die bittere Erfahrung von Ausgrenzung und Ablehnung als unerwünschte Fremde. Mitleid müsse man mit ihnen nicht haben, denn sie seien allesamt Nazis, war eine weitverbreitete Ansicht. Walter Dirks und Eugen Kogon warnten deshalb schon 1947: "Die Nation gilt als eine Einheit im Guten, im Stolz, im Gewinn, im Sieg - sie wird auch im Bösen beim Wort genommen, als eine Einheit behandelt auch in der Niederlage und in der Schande. Die armen Opfer in Schlesien und Ostpreußen leiden stellvertretend für die wahren Schuldigen, und es ist ein Zufall, daß nicht wir es sind, du und ich, die stellvertretend leiden und sterben müssen."Im Zusammenbruch von 1945 zerfielen die Deutschen, wie der Migrationsforscher Klaus J. Bade schreibt, in "zwei Schicksalsgemeinschaften" - in die der Einheimischen und die der Vertriebenen -, und diese beiden Lager traten zueinander in "Opferkonkurrenz". Dieser Konkurrenzkampf trug "deutliche Züge eines Nationalitätenkampfes und eines Klassengegensatzes". Daß aus dem Osten vertriebene Deutsche im Westen des Landes als "Polacken" oder "dahergelaufenes Gesindel" beschimpft und gemieden wurden, zeigt, wie schnell jeder ein Fremder werden und von Diskriminierung bedroht sein kann.Die erlittenen Traumata während der Vertreibung, "soziale Isolation und Deklassierung sowie das nachfolgende Ringen um eine Identität zwischen Hier und Dort" machte das Heimischwerden in der fremden Umgebung oft geradezu unmöglich. Die Betroffenen schwiegen oder öffneten sich allenfalls spät und nur zögernd ihren nächsten Angehörigen.mehr
Kritik
»Ein wichtiges, ja wegweisendes Buch. So einfühlsam und verständnisvoll sind die bedrückenden Erfahrungen, welche die Vertriebenen im Nachkriegsdeutschland machen mussten, noch nie erzählt worden.« Die Zeitmehr

Autor

Kossert, AndreasAndreas Kossert, geboren 1970, studierte Geschichte, Slawistik und Politik. Der promovierte Historiker arbeitete am Deutschen Historischen Institut in Warschau und lebt seit 2010 als Historiker und Autor in Berlin. Auf seine historischen Darstellungen Masurens (2001) und Ostpreußens (2005) erhielt er begeisterte Reaktionen. Zuletzt erschienen von ihm der Bestseller »Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945« (2008), »Ostpreußen. Geschichte einer historischen Landschaft« (2014) sowie »Flucht - Eine Menschheitsgeschichte« (2020). Für seine Arbeit wurden ihm der Georg Dehio-Buchpreis 2008, der NDR Kultur Sachbuchpreis 2020 und der Preis für »Das politische Buch« 2021 der Friedrich-Ebert-Stiftung verliehen.