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Gefeierte Nation

Erinnerungskultur und Nationalfeiertag in Deutschland und Frankreich seit 1990. Dissertationsschrift - Großformatiges Paperback. Klappenbroschur
BuchKartoniert, Paperback
415 Seiten
Deutsch
Campus Verlagerschienen am10.05.2010
Am 3. Oktober 2010 jährt sich die deutsche Einigung zum 20. Mal. Erstmals untersucht Vera Caroline Simon, wie der Tag der Deutschen Einheit gefeiert wird. Der Vergleich mit dem französischen Nationalfeiertag zeigt den Wandel beider Erinnerungskulturen seit 1990. Im Nachbarland kam es zur kritischen Auseinandersetzung mit der Nationalgeschichte und zum Aufbrechen rein nationaler Deutungsmuster in der Militärparade zum 14. Juli. Anders in Deutschland: Ein neues nationales militärisches Selbstverständnis und eine affirmative Umdeutung der Nationalgeschichte stehen im spannenden Kontrast zur französischen Entwicklung.mehr

Produkt

KlappentextAm 3. Oktober 2010 jährt sich die deutsche Einigung zum 20. Mal. Erstmals untersucht Vera Caroline Simon, wie der Tag der Deutschen Einheit gefeiert wird. Der Vergleich mit dem französischen Nationalfeiertag zeigt den Wandel beider Erinnerungskulturen seit 1990. Im Nachbarland kam es zur kritischen Auseinandersetzung mit der Nationalgeschichte und zum Aufbrechen rein nationaler Deutungsmuster in der Militärparade zum 14. Juli. Anders in Deutschland: Ein neues nationales militärisches Selbstverständnis und eine affirmative Umdeutung der Nationalgeschichte stehen im spannenden Kontrast zur französischen Entwicklung.
Details
ISBN/GTIN978-3-593-39192-2
ProduktartBuch
EinbandartKartoniert, Paperback
Erscheinungsjahr2010
Erscheinungsdatum10.05.2010
Reihen-Nr.53
Seiten415 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht552 g
Artikel-Nr.11226389
Rubriken

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Vorwort

Einleitung
1 Der historische Vergleich
2 Nationale und transnationale Erinnerungskultur
3 Erinnerungskultur und symbolische Politik
4 Quellen

Kapitel 1: Longue durée versus Zusammenbruchsgeschichte?
1 Genese und Geschichte des 14. Juli
2 Tradition eines deutschen Nationalfeiertags?
3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Kapitel 2: Antipoden der nationalen Darstellung
1 Die Militärische Dimension der Nationalfeiertage
1.1 Der 14. Juli
1.1.1 Genese der militärischen Zeremonie und die aktuelle Militärparade
1.1.2 Revitalisierung des Defilees: Die siegreiche Nation
1.2 Der Tag der Deutschen Einheit
1.2.1 Militärische Abstinenz ...
1.2.2 ... und geschichtsbewusste Darstellung
1.2.3 Debatten über die neue militärische Rolle Deutschlands
2 Der 3. Oktober im verfassungsdemokratischen Stil
2.1 Der inszenierte Verfassungspatriotismus
2.2 Der Verfassungspatriotismus als gesamtdeutsches Identifikationsangebot
3 Föderale Nation
3.1 Der 3. Oktober im Zeichen des Föderalismus
3.2 Der Föderalismus als gesamtdeutsches Identifikationsangebot
3.3 Symbolische Konkurrenzen
4 Souveränität versus Integration
4.1 Der 3. Oktober
4.2 Der 14. Juli
5 Vergleich

Kapitel 3: Der 3. Oktober - Tag der Deutschen Einheit?
1 Kein National-, sondern ein Staatsfeiertag
1.1 Die Datumswahl
1.2 Der 3. Oktober als Staatsakt
2 Der Tag der Deutschen Einheit im Parteiensog
2.1 CDU/CSU: Die Partei der Einheit
2.2 SPD: Verteidigung der Neuen Ostpolitik
2.3 FDP: Deutschlandpolitische Kontinuität
2.4 Bündnis 90/Die Grünen: Überwiegendes Desinteresse
2.5 PDS und Die Linke.PDS: Proteste gegen die Einheit
2.6 NPD: Besetzung des Nationalfeiertags
2.7 Zugangsbeschränkungen und Deutungskämpfe
2.8 Die Verschiebungsdebatte
3 Ostdeutsche Perspektiven des 3. Oktober
3.1 Staatliche Vereinigung der Eliten oder ostdeutsche Revolution?
3.2 Der 3. Oktober in den alten und neuen Bundesländern
3.3 Historische und politische Einordnung der DDR
3.4 Stereotypen und Stereotypenabbau

Kapitel 4: Der Nationalfeiertag in den und seine Prägung durch die Massenmedien
1 Konstituierende Zeitlichkeiten der Nationalfeiertage
1.1 Außeralltäglichkeit
1.1.1 Der 14. Juli
1.1.2 Der 3. Oktober
1.2 Kontinuität versus Diskontinuität
1.2.1 Der 14. Juli
1.2.2 Der 3. Oktober
1.3 Gleichzeitigkeit
1.3.1 Der 14. Juli
1.3.2 Der 3. Oktober
2 Die Bewertung des "eigenen" Nationalfeiertags
2.1 Der 14. Juli
2.2 Der 3. Oktober

Kapitel 5: Gegenseitige Wahrnehmungen - Regards croisés
1 Rezeption des 3. Oktober in Frankreich
1.1 Die Deutschen und ihre Dämonen
1.2 Verfassungspatriotismus und zurückhaltende Darstellung
1.3 Deutsche Vereinigung und europäische Vereinigung
1.4 Föderale Ausgestaltung
2 Die Rezeption des 14. Juli in Deutschland
2.1 Die Vorbildfunktion des 14. Juli
2.2 Bestätigung und Grenzen der Vorbildfunktion
3 Die Berichterstattung des deutsch-französischen Kanals Arte

Kapitel 6: Ungleichzeitigkeiten der deutschen und französischen Erinnerungskultur
1 Veränderungen der deutschen Erinnerungskultur
1.1 Vorpolitische Nationsvorstellungen versus Verfassungspatriotismus
1.2 Veränderungen des Holocaustgedächtnisses
2 Konstruktion einer bruchlosen deutschen Nationalgeschichte
2.1 Die historische Zäsur von 1989/90
2.2 Historische Kontinuität: Die deutsche Demokratie- und Revolutionsgeschichte
2.3 Militärische Traditionssuche
2.3.1 Die Armee der Einheit
2.3.2 Der 20. Juli in der neuen demokratischen Nationalgeschichte
3 Dekonstruktion des französischen nationalstaatlichen Gedächtnismonopols
3.1 Die kritische Aufarbeitung der Nationalgeschichte
3.2 "Cocorico transfrontalier"
4 Die transnationale Militärparade des 14. Juli 1994 und ihre Deutungskämpfe
4.1 Die Bundeswehr auf den Champs-Élysées
4.2 Widerstandsgedächtnis und Vernachlässigung der Opferperspektive
4.3 Bedeutungsverschiebung des 14. Juli
4.4 Deutsche Bedrohungsszenarien

Kapitel 7: Europäische Erinnerungsgemeinsc
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Leseprobe
EinleitungAm deutschen Nationalfeiertag ließ Oskar Lafontaine im Jahr 1993 ein Europa-Fest ausrichten. Als damaligem Bundesratspräsidenten oblag ihm in jenem Jahr die Ausrichtung der zentralen Einheitsfeier. Lafontaine definierte den Tag der Deutschen Einheit als Tag der gesellschaftlichen Solidarität und der Völkerfreundschaft und lud Vertreter Frankreichs, Belgiens und Luxemburgs dazu ein, den 3. Oktober gemeinsam mit ihren deutschen Nachbarn zu feiern. Unter der Überschrift "Pariser Lektion" empörte sich ein Journalist der Tageszeitung Die Welt, angesichts der von Oskar Lafontaine vorgegebenen Definition müsse es den anwesenden "Franzosen Jacques Delors [...] geschüttelt haben". Eine solche Feier, so der aufgebrachte Journalist, wäre in Frankreich niemals konsensfähig: "Ein Politiker, der eine solche Definition in Frankreich für den 14. Juli anzubieten wagte, würde aus Paris hinausgejagt werden. Ohne Unterschied von den Sozialisten wie von den Gaullisten." Diese Studie untersucht den Tag der Deutschen Einheit und, von ihm ausgehend, Charakteristika und Veränderungen der gesamtdeutschen Erinnerungskultur. Das eingangs angeführte Zitat verdeutlicht, dass sich eine Untersuchung der deutschen Erinnerungskultur nicht auf diese allein beschränken kann, sondern sich mit ihrer Orientierung an und Abgrenzung von anderen Erinnerungskulturen befassen muss. Ebenso ist der Tag der Deutschen Einheit nicht nur im Kontext der deutschen Vereinigung und der vormaligen Zweistaatlichkeit zu verorten, sind doch die Herstellung der deutschen Einheit und die damit verbundene Veränderung der deutschen Erinnerungskultur auch Teil eines weiter reichenden Transformationsprozesses. Aus diesem Grund wird der 3. Oktober im Vergleich mit dem französischen Nationalfeiertag, dem 14. Juli, betrachtet und beide werden vor dem Hintergrund einer im Konstruktionsprozess befindlichen europäischen Erinnerungskultur untersucht. Als politisches Symbol soll der Nationalfeiertag die Funktion von Integration, Identifikation und Stabilitätssicherung der bestehenden Ordnung ausfüllen. Mithin spielt er für die kulturelle Produktion nationaler Vorstellungen eine bedeutende Rolle. Er soll die Nation erfahrbar und erlebbar werden lassen, welche sich durch diese Form rituellen Handelns konstruiert und konstituiert. Gleichzeitig stellt sich jedoch die Frage, welche Rolle ein Ritual wie der Nationalfeiertag angesichts einer globalisierten Welt und einer sich in ihr positionierenden Europäischen Union noch spielen kann.Der im Fokus der Studie stehende Tag der Deutschen Einheit, der seit dem 3. Oktober 1990 die Vereinigung der vormals zwei deutschen Staaten feiert, wird auf die sich mit ihm verbindenden gesellschaftlichen und politischen konkurrierenden Deutungen hin analysiert. Es wird untersucht, welche Interpretationen der Vergangenheit mit dem 3. Oktober - der als neuer Nationalfeiertag den alten westdeutschen Tag der deutschen Einheit (17. Juni) ablöst und durch den erneuten Wechsel der Feiertagssymbolik bereits einen Neuanfang suggeriert - generiert und verbreitet werden. Dabei ist nicht nur nach der historischen und politischen Einordnung der DDR und der Deutung der "asymmetrisch verflochtenen Parallelgeschichte" der zwei deutschen Staaten am Tag der Deutschen Einheit zu fragen, sondern ebenso nach der Bewertung der Ereignisse von 1989/90. Im Gegensatz zur DDR konnte die alte Bundesrepublik "nahezu den gesamten Bestand ihrer politischen Rituale und Symbole einbringen". Als einziges neues Staatssymbol wurde der 3. Oktober eingeführt. Die damit aufgeworfene Frage nach der kulturellen Integration der neuen Bundesbürger stellt sich jedoch auch für den neuen Nationalfeiertag, der in seiner Datumswahl nicht an ein markantes Ereignis der so genannten friedlichen Revolution, sondern an den Staatsakt der Vereinigung erinnert. Welcher Gründungsmythos wird angesichts einer auch symbolisch "verpassten Neugründung" durch die unterlassene plebiszitäre Zustimmung zur Herstellung der deutschen Einheit propagiert und wird auf der Suche nach gesamtdeutschen Identifikationsangeboten in der Geschichte weiter, und zwar noch vor die doppelte Staatsgründung zurückgegangen? Und kann der 3. Oktober eine die "Rituale des Zwiespalts" überhöhende Deutung inszenieren, zum gesamtdeutschen Symbol avancieren und die über vierzig Jahre hinweg etablierte Abgrenzungslogik von DDR und Bundesrepublik in ihren Mythen, Inszenierungsformen und Staatssymbolen überwinden? Die antithetischen Erinnerungskulturen der ehemals zwei deutschen Staaten manifestierten sich besonders eindrücklich am Holocaustgedächtnis, das mit der Vereinigung in ein gesamtdeutsches Gedächtnis überführt werden musste. Angesichts dieser Fragen wird das Terrain der Deutungskämpfe offenkundig, deren parteipolitischen und gesellschaftlichen Ausprägungen nachgegangen wird.Zugleich ist die Interpretation der Vergangenheit mit konkreten Handlungsfragen verbunden, da außenpolitische Handlungsräume neu bestimmt werden mussten, für deren Formulierung die jeweilige Interpretation der Vergangenheit, die Legitimität eines neuen deutschen Nationalstaates und der Wert der Nation nach 40 Jahren deutscher Zweistaatlichkeit eine bedeutende Rolle spielten. Somit tritt neben die Binnenfunktion die Außendarstellung der politischen Symbole. Die im In- und Ausland geführten Debatten um die Gefahren eines "Vierten Reichs" einerseits, sowie die Erwartungen, die dem souveränen deutschen Nationalstaat andererseits angetragen wurden, lassen erahnen, in welch vielfältige Kommunikations- und Deutungszusammenhänge der Tag der Deutschen Einheit eingebettet ist und in welchem Spannungsfeld sich der neue Nationalfeiertag mithin bewegt. Ein Vergleich mit dem 14. Juli und der französischen Erinnerungskultur, die einen weiteren derartigen Deutungszusammenhang des 3. Oktober darstellen, ist in mehrfacher Hinsicht lohnend: Grundsätzlich sollte eine Studie, die sich mit der kulturellen Produktion nationaler Vorstellungsinhalte befasst und somit einem konstruktivistischen Ansatz folgt, vergleichend arbeiten, um das "ikonographische, symbolische und rituelle Repertoire eines Landes in Verbindung zu demjenigen anderer Länder" zu setzen und damit "nationale Besonderheiten von den allgemeinen Grenzen symbolischer Ausdrucksfähigkeit" trennen zu können. Dieser deutsch-französische Vergleich will jedoch mehr leisten als das Erfüllen dieser analytischen Prämisse. Er kann dazu beitragen, die in der anhaltenden Debatte um die Konturen einer europäischen Erinnerungskultur eingeforderte Analyse der nationalen Kodierung gegenwärtiger Erinnerungskulturen einzulösen. Ein deutsch-französischer Vergleich ist sowohl in nationaler als auch transnationaler Hinsicht erkenntnisbringend, waren doch die "Erbfeindschaft" und die spätere "Erbfreundschaft" konstituierende Faktoren der nationalen und europäischen Gedächtniskonstruktionen. An wenigen Beispielen haben sich die nationalen Abgrenzungsmechanismen so deutlich manifestiert wie am deutsch-französischen. Sie spielten auch in den nationalen Feiern eine wichtige Rolle: Am Sedantag oder am 14. Juli wurde durch die jeweilige Darstellung der "Nation in Waffen" eine bellizistische Nachricht über den Rhein gesandt und die nationalen Feindbilder waren in den Feiern präsent oder konnten leicht aktiviert werden.Auf der anderen Seite ist auch das Projekt eines gemeinsamen europäischen Gedächtnisses eng an die deutsch-französische Entwicklung gebunden. Durch die Suche nach einer gemeinsam erzählbaren Geschichte durchbrach die deutsch-französische Aussöhnung, die oftmals als Motor des europäischen Integrationsprozesses bezeichnet wurde, die jahrhundertealten Abgrenzungsmechanismen und ordnete den wirtschaftlichen Zusammenschluss der europäischen Gründungsstaaten damit ebenfalls in die Überwindung historisch verfestigter und konkurrierender Nationalismen ein.mehr
Kritik
Wer sich mit dem Wandel der Nationalkulturen in Europa beschäftigt, darf dieses Buch nicht übersehen. (VSWG)

Die gelungene Arbeit von Vera Simon stellt einen wichtigen Beitrag zur Untersuchung transnationaler Erinnerungskultur
dar. (H-Soz-u-Kult, 28.04.2011)
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Schlagworte

Autor

Vera Caroline Simon, Dr. phil., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Sonderforschungsbereich "Das Politische als Kommunikationsraum in der Geschichte" der Universität Bielefeld.
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