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Der Kampf um öffentlich-rechtliche Banken

Wie die Europäische Kommission Liberalisierung durchsetzt. Dissertationsschrift - Großformatiges Paperback. Klappenbroschur
BuchKartoniert, Paperback
259 Seiten
Deutsch
Campus Verlagerschienen am18.04.2013
Öffentlich-rechtliche Banken galten über Jahrzehnte als Stützpfeiler des deutschen Kapitalismusmodells und waren tief in die politische Ökonomie der Bundesrepublik eingebettet. Dies änderte sich, als die Europäische Kommission im Jahr 2001 das europäische Wettbewerbsrecht gegenüber der nationalstaatlichen Bankenregulierung durchsetzte. Daniel Seikel untersucht, wie die Kommission durch die geschickte Kombination ihrer wettbewerbsrechtlichen Kompetenzen mit gezielten politischen Strategien die Liberalisierung des öffentlich-rechtlichen Bankenwesens erzwang. Ein Ereignis, das im Hinblick auf die Finanzkrise vor allem für die Landesbankenfatale Konsequenzen haben sollte.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR35,00
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EUR31,99

Produkt

KlappentextÖffentlich-rechtliche Banken galten über Jahrzehnte als Stützpfeiler des deutschen Kapitalismusmodells und waren tief in die politische Ökonomie der Bundesrepublik eingebettet. Dies änderte sich, als die Europäische Kommission im Jahr 2001 das europäische Wettbewerbsrecht gegenüber der nationalstaatlichen Bankenregulierung durchsetzte. Daniel Seikel untersucht, wie die Kommission durch die geschickte Kombination ihrer wettbewerbsrechtlichen Kompetenzen mit gezielten politischen Strategien die Liberalisierung des öffentlich-rechtlichen Bankenwesens erzwang. Ein Ereignis, das im Hinblick auf die Finanzkrise vor allem für die Landesbankenfatale Konsequenzen haben sollte.
Details
ISBN/GTIN978-3-593-39879-2
ProduktartBuch
EinbandartKartoniert, Paperback
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum18.04.2013
Reihen-Nr.77
Seiten259 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht330 g
Illustrationen7 Grafiken
Artikel-Nr.18901070
Rubriken

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
InhaltVorwort... 9Kapitel 1Einleitung ... 111.1 Funktionen von Banken für die Steuerung kapitalistischer Ökonomien im Spannungsfeld von Staat und Markt ... 151.2 Grundzüge des deutschen Bankensystems: Die Bedeutung öffentlich-rechtlicher Banken für das deutsche Kapitalismusmodell ... 171.3 Grundlagen, Besonderheiten und Konfl iktpotenziale der europäischen Beihilfekontrolle ... 221.4 Die Liberalisierung öffentlich-rechtlicher Banken als erklärungsbedürftiges Ereignis ... 261.5 Ausblick auf die Arbeit ... 30Kapitel 2Forschungsdesign ... 392.1 Vorüberlegungen zur Forschungsheuristik: Kausale Mechanismen und die konfliktgetriebene Dynamik politischer Prozesse ... 392.2 Fallauswahl und Fragestellung: Die Bedeutung von Einzelfällen für die Ausdehnung des Anwendungsbereichs europäischen Rechts ... 412.3 Das Problem der Generalisierbarkeit von Befunden aus Einzelfallstudien ... 432.3.1 Der Wert von Einzelfallstudien für Theoriebildung ... 442.3.2 Suche nach kausalen Mechanismen mittels Prozess-Analyse ... 452.4 Methodisches Vorgehen bei Erhebung und Auswertung der Daten ... 48Kapitel 3Die Überlegenheit der supranationalen Dynamik über die intergouvernementale Logik ... 533.1 Strategiefähigkeit und autonome Gestaltungsmacht der Europäischen Kommission ... 533.2 Warum ist die supranationale Dynamik der intergouvernementalen Logik überlegen? ... 62Kapitel 4Integrationsdynamiken in der Europäischen Union: Finanzmarktintegration und Wettbewerbsrecht ... 654.1 Die politisch blockierte Integration von Märkten für Finanzdienstleistungen: Dominanz derNationalstaaten ... 654.2 Die Durchsetzung eines effektiven Beihilferegimes in der EU: Kommission und EuGH als strategisches Tandem ... 70Kapitel 5Der lange Kampf zwischen privater und staatlicher Wirtschaft im deutschen Bankenwesen ... 855.1 Die Geschichte öffentlich-rechtlicher Banken in Deutschland ... 855.2 Der Konfl ikt um die Liberalisierung öffentlich-rechtlicher Banken in Deutschland ... 1295.2.1 Die Ausgangslage zu Beginn der 1990er-Jahre: Akteure, Interessen und Interessenkonflikte ... 129Kapitel 6Sperrung, Entsperrung und Aktivierung von »schlafenden« Optionen: Das Zusammenspiel von ökonomischen Paradigmen,institutioneller Dynamik und strategischen Interaktionen ... 1776.1 Sperrung und Entsperrung rechtlicher Interventions - möglichkeiten ... 1786.2 Aktivierung »schlafender« Optionen ... 1906.3 Zusammenfassung: Kompatibilität und Selektion von Interessen und die Reproduktion von Hegemonie ... 206Kapitel 7Schlussbetrachtung ... 2137.1 Zusammenfassung der Ergebnisse ... 2137.2 Theoretische Schlussfolgerungen ... 2217.3 Daseinsvorsorge unter Druck ... 232Interview-Verzeichnis ... 241Abbildungen und Tabellen ... 243Abkürzungen ... 245Literatur ... 247mehr
Prolog
Schriften aus dem Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, Kölnmehr
Leseprobe
Kapitel 1: Einleitung»Als ich dies zum ersten Mal aufgebracht habe [Gewährträgerhaftung und Anstaltslast], hatteich eine erste Diskussion mit dem deutschen Vertreter hier, der sehr oft zu uns kam wegenStaatsbeihilfen [...]. Als ich das aufgebracht habe, wir haben über andere Sachen gesprochen,dann brachte ich das auf, oh, der war wütend: »Das wird nie geschehen, das werden Sie niefertigkriegen, nie!« Und ich erinnere mich noch, als ob es gestern wäre, wie er aus meinemBüro rausgelaufen ist, ganz aufgeregt, und noch im Korridor schrie: »nie, nie!«. Und zehn Jahrespäter war es gemacht. Er hat das also falsch eingeschätzt. Er dachte, die Deutschen könnenwegkommen mit einer Regelung, die deutlich vertragswidrig ist.«(Interview XIX/GD Wettbewerb)Während der Finanzkrise beherrschten neben US-amerikanischen und britischenFinanzinstituten ausgerechnet deutsche Landesbanken wegen ihrer Beteiligungan hoch spekulativen Finanzgeschäften die Schlagzeilen - allen voran die größtenöffentlich-rechtlichen Kreditinstitute, WestLB, BayernLB, HSH Nordbankund LBBW. Deutsche Landesbanken hatten »toxische« Wertpapiere in einemVolumen von insgesamt 500 Mrd. Euro angesammelt (Müller 2010: 36). Die Intensivierungdes risikoreichen Kreditersatzgeschäfts war eine Reaktion der Landesbankenauf die vorangegangene Liberalisierung des deutschen öffentlichrechtlichenBankenwesens durch die Europäische Union: Die Abschaffung vonstaatlichen Haftungsgarantien im Jahr 2001 hatte die Grundlage des herkömmlichenGeschäftsmodells der Landesbanken zerstört. Die Liberalisierung des deutschen Sparkassenwesens ist umso erstaunlicher, da die europäischen Mitgliedstaatenursprünglich nicht vorgesehen - und vorhergesehen - haben, dass daseuropäische Recht als ein Hebel für die Veränderung nationaler Finanzsystemedienen würde. Wie konnte sich die Kommission mit ihrem Liberalisierungsvorhabendennoch gegen den entschlossenen Widerstand Deutschlands durchsetzenund den Vorrang des europäischen Wettbewerbsrechts über Bereiche, dievormals der nationalstaatlichen Regulierung vorbehalten waren, etablieren?Die politisch geförderte Entwicklung von Sparkassen und Landesbankenist der Ursprung eines inzwischen über hundert Jahre andauernden Konkurrenzkampfeszwischen privater und öffentlicher Bankenwirtschaft. Politiker fördertenöffentlich-rechtliche Kreditinstitute, damit diese mit den dominierendenprivaten Geschäftsbanken konkurrierten und somit ein Gegengewicht zur wirtschaftlichenund politischen Macht der großen Privatbanken bilden konnten.Öffentlich-rechtliche Banken sind daher seit jeher aggressive Konkurrenten dergroßen privaten Bankhäuser gewesen. Weder konnten private Geldinstitute ihreMarktanteile im Privatkundengeschäft ausbauen noch waren sie in der Lage, mitden niedrigen Zinssätzen zu konkurrieren, die die Landesbanken mittelständischenUnternehmen dank öffentlicher Garantien (Gewährträgerhaftung undAnstaltslast) anbieten konnten. Für die Privatbanken war es allerdings langeZeit aussichtslos, die Privilegien ihrer öffentlichen Rivalen auf der nationalenEbene anzugreifen; ein dichtes politisches Machtnetzwerk schützte die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute wirksam gegen alle Attacken.Seit den frühen 1990er-Jahren befand sich das deutsche öffentlich-rechtlicheBankenwesen allerdings in einem ständigen Belagerungszustand. Als daseuropäische Binnenmarktprojekt an Dynamik gewann, erkannten deutsche Privatbankenim europäischen Wettbewerbsrecht eine Möglichkeit, den Verteidigungswallum den öffentlich-rechtlichen Bankensektor aufzubrechen. Im Jahr2001 erzwang die Kommission, unterstützt von einer Allianz aus deutschen undeuropäischen Privatbanken, schließlich die sogenannte Verständigung: StaatlicheHaftungsgarantien für Landesbanken und Sparkassen wurden nach einerÜbergangszeit von vier Jahren abgeschafft. Am Ende hatte die Kommissiondurch die Kombination ihrer wettbewerbsrechtlichen Ressourcen mit politischen Strategien die Liberalisierung des öffentlich-rechtlichen Bankensystemsin Deutschland erzwungen - ein überraschendes Ergebnis, das zu Beginn desProzesses kaum vorherzusehen war. Die »Verständigung« war »eine der folgenreichstenMaßnahmen für die Landesbanken und Sparkassen der vergangenenhundert Jahre« (Seubert 2005: 30).Die Abschaffung von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung hat für Landesbankenund öffentliche Haushalte fatale Konsequenzen gehabt. Die Auswirkungender Liberalisierung des öffentlich-rechtlichen Bankenwesens auf dasdeutsche Produktionsregime sind dahingegen bislang vergleichsweise gering.So blieb die starke Marktstellung der Sparkassen erhalten; die Kreditversorgungdes Mittelstands hat sich bisher nicht erkennbar verschlechtert. Dennoch ist dieLiberalisierung des deutschen Sparkassenwesens über die Europaforschung hinausauch in politökonomischer Hinsicht relevant: Der Fall demonstriert, dass dereuropäische Integrationsprozess eine zuvor nicht für möglich gehaltene strukturelleVeränderung des deutschen Bankensystems - dem Kern des deutschen Produktionsregimes- ermöglicht hat. Dies zeigt zum einen, dass die europäischenKapitalismusmodelle von außen, über die europäische Ebene, einem starkemVeränderungsdruck ausgesetzt werden können. Dies ist besonders für die Forschungssträngeder Vergleichenden und der Internationalen Politischen Ökonomievon Belang. Vor allem aber ist das Bankensystem die »Kommandohöhe« desorganisierten Kapitalismus. Im Wirtschaftssystem der Bundesrepublik ist dieKontrolle über das Bankenwesen eine entscheidende Machtressource (siehe Kapitel1.1). Geht man davon aus, dass das deutsche Bankensystem auf einem überJahrhunderte gewachsenen, in demokratischen Verfahren legitimierten Klassenkompromissberuht, dann bedeutet dies, dass die Kommission - ein demokratischallenfalls schwach legitimiertes Organ - die wirtschaftlichen Machtverhältnisseim Herzen der Politischen Ökonomie der Bundesrepublik verschoben hat.Dies ist der »harte« politökonomische Gehalt der Liberalisierung des öffentlichrechtlichenBankenwesens durch die Europäische Kommission.Auch für die Europaforschung ist die Liberalisierung deutscher öffentlichrechtlicherBanken aufschlussreich. Schließlich führte sie dazu, dass der Anwendungsbereichdes supranationalen Wettbewerbsrechts auf nationale Finanzsystemeausgedehnt wurde. Der Konfl ikt um die Liberalisierung von deutschenSparkassen und Landesbanken war hierfür ein Schlüsselereignis (Interviews XV,XIX; Moser/Pesaresi/Soukup 2002: 3). Aus einem demokratietheoretischen Blickwinkel ist der hier betrachtete Fall auch deshalb bemerkenswert, weil dieMitgliedstaaten ursprünglich verhindert haben, dass die Kommission die Integrationder Finanzmärkte eigenständig vorantreiben kann. Die nationalen Regierungenbehielten die Kontrolle über diesen wirtschaftlich sensiblen Bereich,während die Kompetenzen der Kommission stark eingeschränkt wurden (sieheStory/Walter 1997). Da weder die demokratisch legitimierten Regierungen als»Herren der Verträge« dazu ihre Einwilligung gegeben haben, noch die Kommissionals »Hüterin der Verträge« bei Wettbewerbsverfahren einer wirksamendemokratischen Kontrolle unterliegt, ist die Subsumption immer neuer Regulierungsfelderunter das europäische Recht durch Einzelfallentscheidungen derKommission aus demokratietheoretischer Sicht problematisch.mehr

Autor

Daniel Seikel, Dr. rer. pol., arbeitet im Sonderforschungsbereich 597 »Staatlichkeit im Wandel« an der Universität Bremen.
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Seikel, Daniel