Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Sämtliche Werke - Stuttgarter Ausgabe. Bd. 3 - Prosa 1 (Sämtliche Werke - Stuttgarter Ausgabe, Bd. 3) Tl.1

1910-1932
BuchGebunden
589 Seiten
Deutsch
Klett-Cottaerschienen am10.11.19872. Aufl.
Der Band enthält u. a.: die frühe Sammlung »Gehirne«, Benns Aufsätze zum Problem des Schöpferischen, seine Beiträge zu den Debatten um die zeitgenössische Literatur (»Kunst und Staat«, »Totenrede für Klabund«, »Rede auf Heinrich Mann«) und, als einen Höhepunkt, den Aufsatz »Goethe und die Naturwissenschaften«.
Abgedruckt sind darüber hinaus sechs Texte, die in den bisherigen Ausgaben des Bennschen Werks fehlten.
mehr

Produkt

KlappentextDer Band enthält u. a.: die frühe Sammlung »Gehirne«, Benns Aufsätze zum Problem des Schöpferischen, seine Beiträge zu den Debatten um die zeitgenössische Literatur (»Kunst und Staat«, »Totenrede für Klabund«, »Rede auf Heinrich Mann«) und, als einen Höhepunkt, den Aufsatz »Goethe und die Naturwissenschaften«.
Abgedruckt sind darüber hinaus sechs Texte, die in den bisherigen Ausgaben des Bennschen Werks fehlten.
ZusammenfassungDieser erste der drei Prosabände sammelt die zwischen 1910 und 1932 entstandenen Texte, die herkömmliche Gliederung nach Gattungsbegriffen wie »Novelle« und »Essay«, »Rede« oder »Autobiographie« aufhebend, weil sie dem Charakter von Benns Prosawerk nicht entspricht.

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Beitrag zur Geschichte der Psychiatrie (1910)
Zur Geschichte der Naturwissenschaften (1911)
Medizinische Psychologie (1911)
Lebenslauf (1912)
Nocturno (1912)
Heinrich Mann. Ein Untergang (1913)
Gehirne (1914)
Die Eroberung (1915)
Die Reise (1916)
Der Geburtstag (1916)
Die Insel (1916)
Diesterweg (1917)
Querschnitt (1918)
Gottfried Benn (1919)
Das moderne Ich (1919)
Schöpferische Konfession (1919)
Der Garten von Arles (1920)
Das letzte Ich (1920)
Epilog und Lyrisches Ich (1921/27)
Alexanderzüge mittels Wallungen (1923)
Paris (1925)
Das Elend (1925)
Medizinische Krise (1926)
Summa Summarum (1926)
»Plagiat« (1926)
Die Einwirkung der Kritik auf den Schaffenden (1927)
Kunst und Staat (1927)
Wie Miß Cavell erschossen wurde (1928)
»Dein Körper gehört Dir« (1928)
Inquiry among European Writers into the Spirit of America (1928)
Dem Gedächtnis Leo Tolstois (1928)
Totenrede für Klabund (1928)
Bücher, die lebendig geblieben sind (1929)
Urgesicht (1929)
Bücher für die Reise (1929)
Gruß an Knut Hamsun (1929)
In Memoriam (1929)
Über die Rolle des Schriftstellers in dieser Zeit (1929
Frankreich und Wir (1929)
Zur Problematik des Dichterischen (1930)
Dichtung auf Bestellung (1930)
Künstlers Widerhall (1930)
Haben Sie von Ihren Reisen produktive Eindrücke empfangen? (1930)
Die Klage der Dichter (1930)
Genie und Gesundheit (1930)
Roman des Geschäftsreisenden (1930)
Der Aufbau der Persönlichkeit (1930)
Das Genieproblem (1930)
Saison (1930)
Fazit der Perspektiven (1930)
Heinrich Mann. Zu seinem 60. Geburtstage (1931)
Rede auf Heinrich Mann (1931)
Eine Geburtstagsrede und die Folgen (1931)
Die neue literarische Saison (1931)
Dichterglaube (1931)
Untergang des Privatlebens? (1931)
Irrationalismus und moderne Medizin (1931)
Goethe und die Naturwissenschaften (1932)
Das Land, in dem ich leben möchte (1932)
Akademie-Rede (1932)
Nach dem Nihilismus (1932)
Gebührt Carleton ein Denkmal? (1932)
Friede auf Erden (1932)
mehr
Leseprobe

»Plagiat«

Durch die Zeitungen gehen Bemerkungen, daß sich ein literarischer Skandal von seltener Spannung zutrage. Ein Plagiatfall. Von dem so schnell berühmt gewordenen Roman: » Das verlorene Kind « der Frau Rahel Sanzara wird behauptet, daß die Verfasserin große Teile gar nicht ihr geistiges Eigentum nennen dürfe. Sie seien im einzelnen und im allgemeinen entlehnt, auch die Quelle wird angegeben: »die Jahreszahl der entlehnten Begebenheit des neuen Pitaval hat Frau Sanzara wohlweislich und bezeichnenderweise ausgemerzt, während sie es andererseits nicht für der Mühe wert hielt, die vorkommenden Handlungsorte zu verändern.«
Also auch so inkonsequent. Frau Sanzara, die, um es gleich zu sagen, mir persönlich und außerhalb ihres Romans völlig unbekannt ist, hat also nicht nur plagiiert, sondern es auch noch träge und tolpatschig getan und gleichzeitig noch herausfordernd, da sie es nicht der Mühe für wert hielt, die Namen zu verändern. Dies wird festgestellt und behauptet von einer »Reihe bekannter literarischer Persönlichkeiten« - sonderbare Persönlichkeiten müssen das wohl sein, sonderbare Vorstellungen müssen sie beherrschen über Stoff und Dichtung, sonderbare Gefühle, sonderbare Nerven müssen sie mitbringen für die Eindrücke, die sich ergeben aus dem Verhältnis von Material und Form!
Denn es ist ja keine Frage der Gesinnung oder des Rechts, die durch Vergleichen, Silbenzählen, Interpunktionsmusterung, Namen- und Zahlenkontrolle sich beantworten ließe, sondern es ist eine Frage ganz ausschließlich des literarischen Urteils, der affektiven Impression, der persönlichen Überwältigung, die das Buch ausübt oder nicht. Wer nur bis Zahlen und Namen kommt, dem wird die Gabe fehlen, sich überwältigen zu lassen selbst von diesem Buch, dessen Berückungsmacht ganz unvergleichlich ist in seiner Einheitlichkeit von Sprache und Gefühl, die keine Lücke läßt, in seiner Geschlossenheit persönlicher Struktur, die etwas Fremdes zu dulden sich gar nicht in der Lage sieht.
In der Tat, mir scheint, die Behauptung, in diesem Buch sei irgend etwas unverarbeitet liegengeblieben, quellenmäßig übernommen, entlehnt oder gestohlen, entspringt einem Mangel an Gaben. Es wäre genauso richtig und genauso sinnlos zu sagen, das Auge habe das Protoplasma bestohlen oder die Träne die Elemente, weil sie Chlornatrium enthält. Jeder Ursprung ist schließlich materieller Art, aber was den neuen Pitaval angeht, so kommt er in diesem Buch schlecht weg: wo immer in ihm das Thematische sich nähert, wird es aufgelöst in den konstruktiven Affekt, das Authentische des Vorbilds in die Ordnung eines transzendent Notwendigen, wo immer man die Seiten aufschlägt, tragen sie den Schein einer Schönheit, die ohne Makel, und die Gesetzmäßigkeit eines Ablaufs, die die volle Wahrheit ist.
Was heißt demgegenüber Entlehnung, was Plagiat oder Herkunft des Materiellen, man vergesse doch nicht, daß diese Begriffe in Sphären liegen, die ohne Raum und ohne Atem sind. Seit es Welten gibt, wo immer sich Reiche des Geistigen bildeten, gab es nur eine einzige Sphäre, in der alle Begriffe des Seelischen Maß und Halt, Verurteilung oder Rechtfertigung enthielten, die Sphäre des Schöpferischen, die Kunst. Man sollte also nicht diese Begriffe an das Buch, sondern dies Buch an jene Begriffe anlegen und, wenn sie sich als albern oder langweilig herausstellen, sollte man sie abbauen oder übergehen. Begriffe wie Menschen, alles was nicht fühlt, daß dieses Buch jenseits der Nachprüfung steht und aller literarischen Intellektualismen. Daß von ihm jene erregende Sicherheit ausgeht, daß sich etwas Notwendiges und Neues unausweichlich auf einen zubewegt, jenes »Lawinengefühl«, wie ich es nennen möchte, das aufsteigt aus der großen amerikanischen Epik, sei es »Segen der Erde« oder dem russischen Roman. Ob dabei die Namen aus dem Pitaval oder aus dem Nibelungenlied stammen, das tritt wohl ganz vor dem zurück, daß jeder Ruf und jeder Zug durchatmet und durchströmt wird von dem Herzen einer großen Schöpferin.


mehr

Schlagworte