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Das Land der verlorenen Träume

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
496 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am20.02.2012
Sei stark und mutig, Gaia!
Die sechzehnjährige Gaia Stone, eine junge Hebamme, muss aus ihrer Heimat fliehen, mit nichts als den Kleidern am Leib und ihrer neugeborenen Schwester im Arm. Alles wurde ihr genommen - sind doch ihre Eltern ermordet und die Liebe ihres Lebens verhaftet worden, und die zerstörte Welt, in der sie lebt, straft unbarmherzig jede Schwäche. Als ein Fremder sie mitten im Ödland vor dem Verdursten bewahrt, scheint sie zunächst gerettet. Doch das Dorf des Fremden nimmt Gaia erst die Schwester und dann auch noch die Freiheit. Verzweifelt und entmutigt gibt sie beinahe auf. Schließlich besinnt sich Gaia jedoch darauf, dass vor allem anderen das Leben zählt - und sie stellt sich ihrem Schicksal, ihrer Verantwortung für ihre Schwester und einer neuen, zarten Liebe ...

Caragh O'Brien wuchs in Minnesota auf und studierte Literatur und Kreatives Schreiben. Nach dem Studium begann sie als Highschool-Lehrerin zu arbeiten und entdeckte nebenbei die Freude am Schreiben. »Die Stadt der verschwundenen Kinder« ist ihr erstes Jugendbuch und hat in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien viel Aufsehen erregt. Caragh O'Brien ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt mit ihrer Familie und zwei Wüstenrennmäusen in Connecticut.
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Produkt

KlappentextSei stark und mutig, Gaia!
Die sechzehnjährige Gaia Stone, eine junge Hebamme, muss aus ihrer Heimat fliehen, mit nichts als den Kleidern am Leib und ihrer neugeborenen Schwester im Arm. Alles wurde ihr genommen - sind doch ihre Eltern ermordet und die Liebe ihres Lebens verhaftet worden, und die zerstörte Welt, in der sie lebt, straft unbarmherzig jede Schwäche. Als ein Fremder sie mitten im Ödland vor dem Verdursten bewahrt, scheint sie zunächst gerettet. Doch das Dorf des Fremden nimmt Gaia erst die Schwester und dann auch noch die Freiheit. Verzweifelt und entmutigt gibt sie beinahe auf. Schließlich besinnt sich Gaia jedoch darauf, dass vor allem anderen das Leben zählt - und sie stellt sich ihrem Schicksal, ihrer Verantwortung für ihre Schwester und einer neuen, zarten Liebe ...

Caragh O'Brien wuchs in Minnesota auf und studierte Literatur und Kreatives Schreiben. Nach dem Studium begann sie als Highschool-Lehrerin zu arbeiten und entdeckte nebenbei die Freude am Schreiben. »Die Stadt der verschwundenen Kinder« ist ihr erstes Jugendbuch und hat in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien viel Aufsehen erregt. Caragh O'Brien ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt mit ihrer Familie und zwei Wüstenrennmäusen in Connecticut.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641070540
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum20.02.2012
ReiheGaia
Reihen-Nr.02
Seiten496 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2042 Kbytes
Artikel-Nr.1060167
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1 Das Ödland

Sie packte den Griff ihres Messers fester und taumelte zurück ins Dunkel. Jenseits des Feuers lag das nächtliche Ödland so still, als würden selbst der Wind und die Steine innehalten und in die Nacht hinaus lauschen. Da war es wieder - ein leises Knirschen wie von Schritten auf Kies. Jemand oder etwas dort draußen beobachtete sie.

Gaia drehte das Messer in der Hand und spähte dorthin, wo der Feuerschein auf die Felsen und die knorrigen, windschiefen Bäume der Schlucht fiel. Ohne den Blick abzuwenden, tastete sie mit der Hand nach dem Baby, das sicher in der Schlinge um ihre Brust lag, warm und kaum schwerer als ein Brotlaib. Sie hatte sein Fläschchen abseits des Feuers auf einem Felsvorsprung gelassen und hoffte, wer immer sie beobachtete, würde das Fläschchen nicht antasten.

Abermals hörte sie das Knirschen und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die andere Seite des Feuers. Ein Kopf erschien am Rand des Feuerscheins und schaute sie an. Es war ein großer Tierkopf - wie von einer Kuh, aber länglicher. Ein Pferd?, dachte sie überrascht, denn sie hatte immer gedacht, diese Tiere wären ausgestorben. Sie schaute, ob es einen Reiter trug, doch da war keiner.

Unvorsichtigerweise senkte sie das Messer. In diesem Moment schloss sich eine kräftige Hand um ihr Handgelenk und eine zweite um ihre Kehle.

»Fallen lassen«, sagte eine leise Stimme von hinten in ihr rechtes Ohr.

Schweiß rann ihr über den Körper, doch sie hielt das Messer unbeirrt fest. Der Druck der Hand blieb derselbe, nahm weder ab noch zu und kündete von der Zuversicht ihres Besitzers, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis Gaia ihm gehorchen würde. So gekonnt, wie er sich angeschlichen hatte, blieb ihr kaum eine Chance zur Gegenwehr. Sie konnte das Pochen ihres Pulses unter dem bedrohlichen Druck seines Daumens am Hals spüren.

»Tu mir nichts«, sagte sie und erkannte im selben Moment, dass er sie längst hätte umbringen können, wenn das seine Absicht wäre. Einen Sekundenbruchteil lang erwog sie, sich mit einem Tritt von ihm loszureißen, doch dabei könnte sie vielleicht das Baby verletzen. Das durfte sie nicht riskieren.

»Lass einfach das Messer fallen«, sagte er. »Dann können wir uns unterhalten.«

Mit einem Gefühl der Verzweiflung ließ sie das Messer fallen.

»Trägst du sonst noch irgendwelche Waffen?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Keine hastigen Bewegungen«, sagte er und gab sie frei.

Einen Moment war ihr schwindlig von all dem Adrenalin, das noch durch ihre Adern strömte. Er hob das Messer auf und machte einen Schritt zum Feuer hin. Er war breitschultrig und trug einen Bart, und seine Kleidung und sein Hut waren genauso abgewetzt und staubig wie das Ödland.

»Komm näher, dass ich dich besser sehen kann«, sagte er und streckte die Hand aus. »Wo ist der Rest deiner Gruppe?«

»Wir sind ganz allein«, sagte sie.

Gaia trat ans Feuer. Jetzt, da mit der ersten Angst auch ihre letzte Kraft verflogen war, bezweifelte sie, dass sie sich noch lange auf den Beinen würde halten können. Sie war sich vollkommen dessen bewusst, dass ihr kümmerliches Lager ihre Verfassung nur zu deutlich verriet: abgezehrt bis an die Grenzen nackten Überlebens. Er nahm das Babyfläschchen in die Hand. Sein Blick fiel auf die Schlinge vor ihrer Brust und die Hand, die sie schützend davorhielt. Offenkundig überrascht schob er sich mit dem Daumen den Hut hoch.

»Du hast ein Kind?«

Gaia stützte sich mit einer Hand am nächsten kahlen Baumstamm ab. »Du hast kein Milchpulver bei dir, nehme ich an?«

»Normalerweise brauche ich keins, bedaure. Was ist da drin?« Sachte schüttelte er das Fläschchen und hielt es ans Feuer, sodass die helle Flüssigkeit darin golden strahlte.

»Kaninchenbrühe. Aber sie trinkt nicht mehr. Sie ist schon zu schwach.«

»Ein Mädchen auch noch! Lass mich mal sehen.«

Sie hielt die Schlinge so, dass er das schlafende Kind sehen konnte, und vergewisserte sich - wie bestimmt schon tausendmal, seit sie die Enklave verlassen hatte -, dass ihre kleine Schwester noch atmete. Feuerschein tanzte auf dem winzigen, erschöpften Gesicht und verlieh ihm kurz Farbe. Eine zarte Vene spannte sich über Mayas rechte Schläfe, und die kleine Brust hob sich, um Atem zu schöpfen.

Der Mann streckte einen Finger nach dem Baby aus, hob ein Augenlid an und ließ es wieder sinken.

Dann stieß er einen lauten Pfiff aus, und das Pferd kam heran. »Dann los, Mylady«, sagte er zu Gaia und hob sie entschlossen in den Sattel. Sie hielt sich am Horn fest, um ihr Gleichgewicht zu halten, und schwang ein Bein auf die andere Seite. Er reichte ihr das Fläschchen und ihren Umhang, dann packte er ihre wenigen Habseligkeiten in ihren Rucksack und warf ihn sich über die Schulter.

»Wohin reiten wir?«, fragte Gaia.

»So schnell es geht nach Sylum. Ich hoffe, wir sind noch nicht zu spät.«

Sie rutschte nach vorn und zog ihr Kleid zurecht. Oberhalb der Stiefel konnte sie die kalte Nachtluft an ihren Beinen spüren. Der Mann stieg hinter ihr auf, und sie machte ihm Platz. Dann griff er um sie herum und nahm die Zügel auf.

»Hü, Spider!«

Zuerst kam Gaia der Gang des Pferds sehr ruckhaft vor, doch sobald sie sich entspannte und mit den Bewegungen mitging, wurde es angenehmer. Hinter ihnen stand der fast volle Mond tief am westlichen Himmel, sodass sie Schatten vor sich auf den Weg warfen. Gaia schaute nach rechts, nach Süden, wo die Enklave und alles, was sie zurückgelassen hatte, schon lange hinter dem dunklen Horizont verschwunden waren.

Zum ersten Mal seit Tagen begann sie daran zu glauben, dass sie vielleicht überleben würde. Fast schmerzte die neu entfachte Hoffnung, und die lichtlose Einsamkeit, die sie beim Gedanken an Leon überkam, schien ebenso real wie die schützenden Arme des Fremden. Sie hatte Leon verloren. Sie würde nie erfahren, ob er noch lebte, und diese Ungewissheit war fast noch schlimmer als das sichere Wissen um den Tod ihrer Eltern.

Ihre Schwester könnte sehr gut die Nächste sein. Gaia ließ die Hand in die Schlinge gleiten und tastete behutsam nach dem warmen Kopf des Babys, sorgsam darauf bedacht, dass ihr Umhang nicht seine Atmung behinderte. Dann gestattete sie ihren Augen zuzufallen. »Maya stirbt«, sagte sie nach einer Weile.

Erst gab der Mann keine Antwort. Wahrscheinlich, dachte sie, war es ihm egal. Dann aber regte er sich vorsichtig hinter ihr.

»Das könnte passieren«, gab er leise zu. »Leidet sie sehr?«

Nicht mehr, dachte sie. Mayas Weinen war die letzten Tage schwer zu ertragen gewesen. Diese fast endgültig wirkende Stille aber brach ihr vollends das Herz. »Nein«, antwortete sie.

Sie sank in sich zusammen. Vage nur war sie sich der sanften Stärke bewusst, mit der er sie und das Kind zu stützen versuchte. Weshalb die Hilfsbereitschaft eines Fremden ihre Trauer und Verzweiflung noch verschlimmern sollte, war ihr zwar nicht klar, doch so war es. Ihre Beine waren eiskalt, doch ansonsten wurde ihr bald wärmer. Und irgendwann, eingelullt vom gleichmäßigen, unermüdlichen Traben des Pferds, erlag sie der Verheißung des Vergessens und schlief ein.

Gaia war, als vergingen ganze Jahre, bis sie sich einer leichten Veränderung bewusst wurde. Alles tat ihr weh, und sie saß noch immer im Sattel, doch sie hatte sich und das Baby in die Sicherheit spendenden Arme des Fremden sinken lassen. Gaia holte tief Luft und schlug die Augen auf. Das Baby war warm und seine Haut durchscheinend und fast blau in ihrer Blässe, doch es atmete noch. Sonnenschein lag auf dem kleinen Gesicht, und als Gaia den Kopf hob, stellte sie verwundert fest, dass sie sich in einem Wald befanden.

Kleine Staubflöckchen tanzten in den Sonnenstrahlen, die das Dach aus Laub und Kiefernnadeln durchstachen. Die lichtdurchflutete Luft war feucht und reichhaltig und fühlte sich ganz anders an in ihren Lungen als die des Ödlands. Mit jedem Atemzug spürte Gaia, wie Wärme ihre Glieder durchströmte.

»Was ist das«, fragte sie, »in der Luft?«

»Das ist bloß der Wald«, sagte er. »Vielleicht riechst du den Sumpf. Wir haben es nicht mehr weit.«

Selbst wenn es in Wharfton geregnet hatte, war es ihr immer so vorgekommen, als wäre die Luft zwischen den einzelnen Tropfen stets trocken geblieben, hungrig nach Nässe. Hier dagegen fühlte sich selbst die raue Haut zwischen ihren Fingern wieder geschmeidiger an.

»Du redest im Schlaf«, stellte der Reiter fest. »Ist Leon dein Mann?«

Der Gedanke war ebenso grotesk wie traurig. »Nein«, sagte sie. »Ich bin nicht verheiratet.«

Sie senkte den Blick zu der Kette mit der Uhr ihrer Mutter, die Leon ihr zurückgegeben hatte. Sie zog sie zurecht, bis sie wieder gerade hing, öffnete ihren Umhang und streckte sich. Der Mann ließ ihr den Platz und hielt die Zügel nur mit einer Hand. Seine Fingernägel, sah sie, waren kurz und sauber.

»Woher kommst du?«, fragte er.

»Aus dem Süden. Wharfton, auf der anderen Seite des Ödlands.«

»Das gibt es also noch?«, staunte er. »Wie lange bist du schon unterwegs?«

Sie dachte zurück an die Zeit im Ödland, doch die Erinnerung verschmolz ungezählte Tage voll Einsamkeit, Schmerz und Hunger zu einem schwarzen Klumpen. »Das Milchpulver für Maya hat zehn Tage gereicht. Danach habe ich den Überblick verloren. Ich habe eine Oase...


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Caragh O'Brien wuchs in Minnesota auf und studierte Literatur und Kreatives Schreiben. Nach dem Studium begann sie als Highschool-Lehrerin zu arbeiten und entdeckte nebenbei die Freude am Schreiben. »Die Stadt der verschwundenen Kinder« ist ihr erstes Jugendbuch und hat in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien viel Aufsehen erregt. Caragh O'Brien ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt mit ihrer Familie und zwei Wüstenrennmäusen in Connecticut.