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Der Ruf des Kookaburra

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am18.11.2013
Im australischen Regenwald entscheidet sich das Schicksal einer jungen Deutschen
1859: Die junge Süddeutsche Emma Scheerer lebt mit ihrem Mann Carl, einem Forscher, im australischen Regenwald. Als Emmas Freundin Purlimil Zwillinge bekommt, verlangt ihr Clan, dass das Zweitgeborene nach Aborigines-Tradition getötet wird. Purlimil bittet Emma verzweifelt um Hilfe, woraufhin Emma das Baby adoptiert. Dayindi, der law man des Clans, fürchtet jedoch, dass Emma mit ihrer Tat den Zorn der Geister auf sich gezogen hat. Tatsächlich passieren in der Folge seltsame Dinge, schließlich verschwindet Carl spurlos. Ist das die Rache der Geister? Oder steckt vielmehr ein alter Feind aus der Vergangenheit dahinter, der sich an Emma und Carl rächen will?

Julie Leuze, geboren 1974, studierte Politikwissenschaften und Neuere Geschichte in Konstanz und Tübingen, bevor sie sich dem Journalismus zuwandte. Mittlerweile widmet sie sich ganz dem Schreiben von Romanen für Erwachsene und Jugendliche. Julie Leuze lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Stuttgart.
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Produkt

KlappentextIm australischen Regenwald entscheidet sich das Schicksal einer jungen Deutschen
1859: Die junge Süddeutsche Emma Scheerer lebt mit ihrem Mann Carl, einem Forscher, im australischen Regenwald. Als Emmas Freundin Purlimil Zwillinge bekommt, verlangt ihr Clan, dass das Zweitgeborene nach Aborigines-Tradition getötet wird. Purlimil bittet Emma verzweifelt um Hilfe, woraufhin Emma das Baby adoptiert. Dayindi, der law man des Clans, fürchtet jedoch, dass Emma mit ihrer Tat den Zorn der Geister auf sich gezogen hat. Tatsächlich passieren in der Folge seltsame Dinge, schließlich verschwindet Carl spurlos. Ist das die Rache der Geister? Oder steckt vielmehr ein alter Feind aus der Vergangenheit dahinter, der sich an Emma und Carl rächen will?

Julie Leuze, geboren 1974, studierte Politikwissenschaften und Neuere Geschichte in Konstanz und Tübingen, bevor sie sich dem Journalismus zuwandte. Mittlerweile widmet sie sich ganz dem Schreiben von Romanen für Erwachsene und Jugendliche. Julie Leuze lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Stuttgart.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641118938
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum18.11.2013
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3154 Kbytes
Artikel-Nr.1305217
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1

OKTOBER 1859

Oh nein!«

Emma Scheerer hob abwehrend die Hände und trat einen Schritt zurück.

»Das kannst du nicht von mir verlangen, Purlimil!«

»So eitel bist du, Emma?«, lachte die schwangere Schwarze, die mit einem Steinmesser auf dem Boden hockte. Ein zweites Mal klopfte sie einladend neben sich. »Setz dich schon hin. Du willst doch alles über uns lernen, oder? Nun, diese Erfahrung darfst du sogar selbst machen, anstatt uns nur dabei zuzusehen. Willst du dir das wirklich entgehen lassen?«

Seufzend ließ Emma die Hände sinken. »Du weißt genau, wie du mich kriegst, nicht wahr?«

»Natürlich.« Purlimil grinste. »Ich kenne dich wie meine kleine Schwester.«

»Und du kommandierst mich genauso herum«, grummelte Emma. Doch dann grinste auch sie. »Also gut, bringen wir es hinter uns. Aber schneid mir nicht den Hals durch, ja?«

Purlimil zog eine Augenbraue hoch, was ihrem schönen Gesicht einen spöttischen Ausdruck verlieh. Kurze Zeit später lagen die ersten hellblonden Locken auf dem mit trockenen Blättern bedeckten Boden des Eukalyptuswaldes. Emma betrachtete sie mit gemischten Gefühlen und versuchte, nicht zurückzuzucken, wenn Purlimils Steinmesser besonders unsanft an ihren Haaren ziepte. Sie würde sich zusammenreißen, auch wenn es schmerzte. Sie war schließlich Forscherin. Und sie hatte in den letzten Monaten weiß Gott schon Unangenehmeres durchgemacht als das hier.

Emma hatte geröstete Maden gekostet, die Männer stundenlang beim Fischfang beobachtet und von den Frauen gelernt, wie man aus bestimmten Pflanzen des Regenwaldes in einer langwierigen Prozedur Medizin machte. Sie hatte beim Herstellen von tödlichen Speerspitzen zugesehen, und sie hatte wieder und wieder Nüsse gewässert, um vor dem Verzehr die Giftstoffe auszuschwemmen. Emma wusch sich im kalten Bach, sie lebte in einem Zelt statt in einem Haus, und sie unterhielt sich täglich mit splitterfasernackten Männern und Frauen, ohne rot zu werden.

Da würde sie es ja wohl überleben, wenn Purlimil ihr die Haare schnitt, damit Emma diesen Alltagsbrauch am eigenen Leibe erfahren konnte! Eigentlich sehr umsichtig von ihrer schwarzen Freundin, sagte sich Emma tapfer.

Eine weitere Locke fiel mit leisem Rascheln auf die trockenen Blätter. Eine sehr lange Locke.

»Reicht es nicht bald?«, fragte Emma und konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme kläglich klang.

»Noch nicht«, war die unerbittliche Antwort.

Erst als so viel blondes Haar auf dem Boden lag, dass Emma sich fragte, ob sie überhaupt noch welches auf dem Kopf hatte, ließ Purlimil von ihr ab. Emma war froh, dass es hier im Busch keinen Spiegel gab - und ihr der eigene Anblick somit noch eine Weile erspart bleiben würde.

Die Frauen des Clans waren aufgekratzt und gut gelaunt, als sie nach dem gemeinschaftlichen Verschönerungserlebnis den lichten Eukalyptuswald verließen und mit den Kindern zurück in den Regenwald wanderten. Das abgeschnittene Haar hatten die Frauen sorgfältig zusammengesucht und in einem eigens dafür entfachten Feuer verbrannt.

»Ein fremder Wirrinun, ein Hexenmeister, könnte Übles damit anfangen«, erklärte Purlimil ihrer weißen Freundin und strich sich dabei schützend über den runden Leib.

»Hier lebt doch nur ihr.« Emma runzelte die Stirn. »Wie sollte ein fremder Wirrinun an eure Haare gelangen?«

Nachsichtig blickte Purlimil sie an.

»Ab und zu gibt es Besuche zwischen den Clans, das weißt du doch. Da kann immer mal einer dabei sein, der mit bösen Geistern paktiert. Und dann ist es schlecht um diejenige bestellt, deren Haare er findet.« Purlimil hob belehrend den Zeigefinger. »Wir müssen stets vorsichtig sein, Emma. Mit den Geistern ist nicht zu spaßen.«

»Hmhm«, machte Emma vage.

Wieder einmal wurde ihr bewusst, wie fremd ihr die Welt der Menschen war, deren Alltag sie nun schon seit Monaten teilte. Die Vorstellung, von Hexenmeistern und bösen Geistern umgeben zu sein, ließ Emma schaudern.

Um sich zu beruhigen, machte sie sich in Gedanken eine Notiz für ihre Forschungsunterlagen.

Verbrennung von Haar aus Angst vor Schadenszauber. Funktion prüfen: Förderung der Hygiene? Stiftung von Gemeinschaft durch Abgrenzung von anderen Clans? Böse Geister/Schadenszauber als Erklärung für Krankheiten?

Der distanzierte Blick, zu dem ihre Arbeit als Forscherin sie zwang, tat Emma gut, und ihr Herzschlag normalisierte sich. Sie nahm sich vor, mit Carl über das Thema zu sprechen. Vielleicht eignete der Glaube an Schadenszauber sich ja für ihren nächsten wissenschaftlichen Bericht an die Kolonialregierung.

Allmählich machten die spärlich stehenden, silbergrünen Eukalypten saftig aussehenden Palmen und riesenhaften Farnen Platz. Die Luft bekam diese unwirklich grünliche Färbung, die den Regenwald ankündigte und die Emma von Anfang an verzaubert hatte.

Sie erinnerte sich an ihren allerersten Ausflug in den Urwald, damals, als sie noch die unterbezahlte Assistentin des grässlichen Oskar Crusius gewesen war. Oskar, dessen größter Wunsch darin bestanden hatte, Emma zu unterwerfen …

Nur nicht mehr an ihn denken!, ermahnte sie sich scharf. Oskar war Vergangenheit, er war schon vor Monaten nach Deutschland zurückgekehrt, und Emma würde ihn niemals wiedersehen. Schon gar nicht mitten im Regenwald.

Unwillkürlich musste sie lächeln. Wieder einmal wurde ihr das Ungeheuerliche ihrer Lebensweise bewusst: Statt in einem zivilisierten Haus in einer zivilisierten Stadt an einem zivilisierten Herd zu stehen, lebte sie frei wie ein Vogel in der australischen Wildnis. Teilte ihren Alltag mit den Eingeborenen des Cunningham's Gap Scrub, eines Teils des subtropischen Regenwaldes auf der Great Dividing Range. Und wurde für das bezahlt, was sie am liebsten tat: wissenschaftlich arbeiten. Denn vor einigen Wochen hatte sie den offiziellen Bescheid der Kolonialregierung bekommen, dass die Gelder für ihr unkonventionelles Forschungsprojekt bewilligt worden waren.

Noch immer kam Emma diese Tatsache wie ein Wunder vor.

Sie dachte daran, wie skeptisch die zuständigen Herren in Sydney gewesen waren, als Emma und Carl ihnen im Juli ihr Projekt vorgestellt hatten - und wie sich der Zweifel in ihren Mienen langsam, aber sicher in Faszination verwandelt hatte, als sie begriffen, wie revolutionär und wie zukunftsweisend das Scheerer-Projekt war. Denn Emma und ihr frischgebackener Ehemann wollten nicht nur die Heilmittel der Eingeborenen erforschen, wie es bereits so mancher weiße Arzt vor ihnen versucht hatte.

Emma und Carl würden sich nicht damit begnügen, die medizinische Wirkung von Säften und Pasten zu beschreiben; sie wollten auch die Rituale beobachten, die sich darum rankten. Bei den Eingeborenen, das hatten sie schnell gelernt, gab es keine isolierten Handlungen, keine einfachen Ursachen mit klaren Wirkungen. Stattdessen hing alles mit allem zusammen, und Heilung auf der körperlichen Ebene konnte nur dann erfolgen, wenn auch die geistige und spirituelle Ebene berücksichtigt wurde.

Das klang für weiße Ohren erst einmal verrückt, so viel war auch den Scheerers klar. Aber Carl hatte seine ganze Autorität als renommierter Forscher in die Waagschale geworfen, um die Herren trotzdem von dem Projekt zu überzeugen, so wie Emma wenige Wochen zuvor ihn überzeugt hatte. Sachlich und doch voller Feuer hatte er ihnen erklärt, wie immens der Nutzen sein würde, den die Weißen aus der Kenntnis neuer Heilsysteme ziehen konnten - und dass diese Kenntnis nur zu erlangen sei, wenn man das tägliche Leben der Schwarzen beobachtete, in ihren Glauben eintauchte, ihre Sitten und Rituale analysierte, kurz: mit ihnen zusammenlebte.

Dank Carls gutem Ruf hatten die Herren ihnen schließlich eine Chance gegeben. Die Scheerers hatten einen gemeinsamen Vertrag auf unbestimmte Dauer erhalten und dazu die erleichternde Information, dass ihr ehemaliger Kollege Oskar Crusius nach Deutschland zurückgekehrt sei. Seither arbeitete Emma hochoffiziell als Forscherin im Auftrag der englischen Kolonialregierung.

Sie, eine Frau.

Es war unerhört.

Und so wundervoll, dass Emma es in manchen Momenten kaum fassen konnte, welch glückliche Wendung ihr Schicksal genommen hatte.

Sie lächelte immer noch, als sie zusammen mit den schwarzen Frauen und Kindern das Lager des Clans betrat, eine Ansammlung einfacher Hütten, die in der Nähe eines breiten Baches standen. Die Hütten waren aus Rinde, Gras und Zweigen gebaut worden, und obwohl Emma anfangs gedacht hatte, dass solch wackelige Behausungen gewiss keine vier Wochen halten würden, hatten sie sich als erstaunlich standfest erwiesen.

Zwischen den Hütten wucherten Farne und hohe, schlanke Feuerpalmen; hier und da knisterte ein Feuer im grünen Dämmerlicht. Auf dem Boden hockten die Männer, die nicht auf der Jagd waren, und bearbeiteten mit scharfen Steinen ihre Speere, Werkzeuge und Messer. Dazwischen sprangen junge Dingos herum, die älteren Tiere lagen träge bei den Männern. Ansonsten gab es - nichts.

Doch obwohl es dem Lager an jeglicher Bequemlichkeit mangelte, von Geschäften oder kulturellen Einrichtungen ganz zu schweigen, hatte Emma diesen Ort mit seinem ursprünglichen Zauber lieben gelernt. Sie war glücklich hier, und nur darauf kam es an.

Mit einem Gefühl tiefer Zufriedenheit schritt sie durch die Hütten auf ihr Zelt zu.

Carl hatte ihr gemeinsames Zelt im Schutze eines riesigen, immergrünen Nadelbaumes errichtet, einer hoop pine, deren...


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Julie Leuze, geboren 1974, studierte Politikwissenschaften und Neuere Geschichte in Konstanz und Tübingen, bevor sie sich dem Journalismus zuwandte. Mittlerweile widmet sie sich ganz dem Schreiben von Romanen für Erwachsene und Jugendliche. Julie Leuze lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Stuttgart.