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Bluttänzer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am18.08.2014
Er ist erwacht - und lässt die Toten tanzen ...
In einem kleinen Ort im Erzgebirge wird mitten auf dem Marktplatz die Leiche einer unbekannten Frau gefunden. Bei der Obduktion entdeckt die Rechtsmedizinerin Maja Heuberger verblüfft, dass Augenlider und Lippen des Opfers zugeklebt wurden - und im Rachen steckt eine winzige tote Fledermaus ... Während die Polizei noch ermittelt, werden zwei weitere Leichen gefunden - wieder sind es Frauen, wieder weisen sie dieselben Todesmerkmale auf. Zusammen mit ihrem Jugendfreund Peter beginnt Maja, auf eigene Faust zu ermitteln. Als sie erkennt, dass sie selbst in Gefahr gerät, ist es fast zu spät ...
Der Auftakt einer fesselnden neuen Thriller-Reihe!


Eva Fürst ist im Erzgebirge aufgewachsen und auch heute noch ihrer Heimat treu. Sie lebt und arbeitet in Sachsen als Redakteurin, Autorin, Lektorin und Leiterin von Schreibwerkstätten. Die passionierte Literaturliebhaberin verehrt Erich Kästner, Roald Dahl, Gert Prokop, John Ronald Reuel Tolkien, Mario Vargas Llosa, Waltraud Lewin und Einar Turkowski. Zurzeit schreibt sie an ihrem nächsten Psychothriller.
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Produkt

KlappentextEr ist erwacht - und lässt die Toten tanzen ...
In einem kleinen Ort im Erzgebirge wird mitten auf dem Marktplatz die Leiche einer unbekannten Frau gefunden. Bei der Obduktion entdeckt die Rechtsmedizinerin Maja Heuberger verblüfft, dass Augenlider und Lippen des Opfers zugeklebt wurden - und im Rachen steckt eine winzige tote Fledermaus ... Während die Polizei noch ermittelt, werden zwei weitere Leichen gefunden - wieder sind es Frauen, wieder weisen sie dieselben Todesmerkmale auf. Zusammen mit ihrem Jugendfreund Peter beginnt Maja, auf eigene Faust zu ermitteln. Als sie erkennt, dass sie selbst in Gefahr gerät, ist es fast zu spät ...
Der Auftakt einer fesselnden neuen Thriller-Reihe!


Eva Fürst ist im Erzgebirge aufgewachsen und auch heute noch ihrer Heimat treu. Sie lebt und arbeitet in Sachsen als Redakteurin, Autorin, Lektorin und Leiterin von Schreibwerkstätten. Die passionierte Literaturliebhaberin verehrt Erich Kästner, Roald Dahl, Gert Prokop, John Ronald Reuel Tolkien, Mario Vargas Llosa, Waltraud Lewin und Einar Turkowski. Zurzeit schreibt sie an ihrem nächsten Psychothriller.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641125431
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum18.08.2014
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1278 Kbytes
Artikel-Nr.1366314
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1

Tommy schrie.

Kein Ton kam aus seinem aufgerissenen Mund. Es war totenstill. Totenstill und friedhofsschwarz.

Der lautlose Schrei verhallte, brach sich an den steinernen Wänden, kehrte zurück und bohrte sich in seinen Kopf. Ein fast unhörbares Kratzen ließ ihn erstarren, und er presste die Lippen hastig wieder zusammen. Im gleichen Moment durchfuhr ein unkontrolliertes Beben den kleinen Körper, während der schnappende Widerhall des sich schließenden Mundes überlaut durch den Raum trieb.

Er durfte keine Geräusche machen. Und schon gar nicht durfte er den Mund offen lassen. Etwas würde erwachen. Die namenlose Gefahr würde durch die Dunkelheit zu ihm schleichen oder sich von der Decke herablassen, um sich seiner zu bemächtigen.

Sein gesamter Unterkiefer brannte von der minutenlangen Anspannung. Tommy wusste, dass die Dämonen der Finsternis Körperöffnungen nutzten, um in die Menschen einzudringen.

Einmal, als Mutter und Vater das Kind unter dem Tisch vergessen zu haben schienen und beide vor dem Fernseher eingeschlafen waren - der Vater schnarchend, mit zur Seite gekipptem Kopf, die Mutter anmutig in die Sofaecke drapiert -, da hatte der kleine Tommy es in einem Film gesehen. Ein Wesen mit glühenden Augen, das sich schwarzem Nebel gleich winden und umherschweben konnte, war zu einem schlafenden Kind gekrochen, hatte sich durch den offenen Mund gedrängt, um schließlich ganz in dem Jungen zu verschwinden. Nur Sekunden später war das Kind erwacht, hatte fürchterlich zu schreien begonnen, die Augen waren ihm aus den Höhlen getreten, und gleich darauf platzte die Haut über der Stirn auf und gab ein Gewimmel winziger dunkelroter Spinnen frei. Daraufhin hatte auch Tommy zu schreien begonnen, Mutter und Vater waren fast gleichzeitig erwacht, Mutter hatte ihm mit dem Absatz ihres Pantoffels einen heftigen Tritt versetzt, um ihn dann unter dem Tisch hervorzuzerren und ihm die Handfläche ins Gesicht zu klatschen.

Das Ganze war lange her, und Tommys Gedächtnis hatte nicht gespeichert, wann sich diese Szene abgespielt hatte; nur, dass es vor Grit gewesen war.

Woran sich Tommy aber nur zu gut erinnerte, war, dass er sich in den Monaten und Jahren darauf den Nebeldämon schmerzhaft hierher gewünscht hatte, damit das Ungetüm des Nachts in Vater und Mutter eindringen und sie mit seinen kleinen scharfen Zähnen von innen auffressen konnte; aber ihm fehlte die Fähigkeit, es herbeirufen zu können.

Eine Träne löste sich aus seinem Augenwinkel und rollte heiß über die Wange in Richtung Kinn. Im Innern seines Körpers war im Gegensatz zur Umgebung noch Wärme. Tommy schob die Hände unter die Achseln und presste die verschlungenen Arme an seine magere Brust.

Es war überlebenswichtig, den Nachtmahren keine Einschlupfmöglichkeiten zu bieten. Obwohl er sich, wenn er hier war, immer bemühte, das Gesicht zu bedecken und den Mund fest geschlossen zu halten, musste sich dieser vorhin wie von selbst im Schlaf geöffnet haben, um einen Schrei herauszulassen.

Tommy wusste, dass seine Angst vor den Geschöpfen der Finsternis kein Hirngespinst war. Er war schließlich nicht zum ersten Mal hier. Das Schlimmste waren nicht die Kälte oder der von Stunde zu Stunde quälender werdende Durst. Das Schlimmste waren die Geräusche. Das Rascheln, Surren, Schwirren. Das leise Trippeln winziger Füße. Das Schaben aus der Wand neben ihm.

Manchmal, wenn er in einen unruhigen und traumleeren Schlaf gefallen war, weckten ihn feine Berührungen. Hauchzarte Fädchen, die über seine Arme tasteten, oder ein feines Kribbeln, das über sein Gesicht glitt. Und dann presste sich Tommy die Faust in den Mund, um nicht lauthals loszuschreien. Und natürlich, um seine Schwester nicht zu wecken.

Erst jetzt fiel ihm Grit wieder ein, und er schämte sich, dass er eine scheinbare Ewigkeit lang nicht an seine Schwester gedacht hatte. Sie war noch so winzig und brauchte ihn die ganze Zeit. Er war der Einzige, der sie behütete und ihr Wärme zu geben versuchte.

Vom ersten Tag an hatte er sie geliebt. Schon, als sie noch ein Baby gewesen war, als die Mutter sie mit nach Hause gebracht hatte, eingewickelt wie eine Puppe, das runzlige Gesichtchen mit den großen wasserblauen Augen ängstlich dreinschauend.

Er war derjenige gewesen, dem Grit ihr erstes Lächeln geschenkt hatte, er hatte ihr das erste glucksende Lachen entlockt. Und er war es auch, der ihr die Tränen aus dem kleinen Puppengesicht wischte und die roten Stellen mit Salbe einrieb, wenn die Mutter wieder einmal zu heftig zugeschlagen hatte.

Er schaukelte sie und summte ihr Lieder vor. Er war ihr Beschützer.

Tommy löste die verschränkten Arme. Seine Finger waren jetzt etwas wärmer als vorhin. Grit sollte sich nicht vor der Kälte seiner Hand erschrecken. Von den Nachtmahren wusste sie noch nichts, und er wollte, dass das noch eine Weile so blieb. Es reichte schon, wenn ihr Beschützer sich fürchtete. Zum Glück besaß Grit die Gabe, schnell einzuschlafen, und sie schlief auch längere Zeit durch. Wenn sie hier waren, wiegte er sie zuerst immer sanft und lauschte dabei ihrem ruhiger werdendem Atem. Erst, wenn er seine Arme schon fast nicht mehr spürte, legte er sie vorsichtig neben sich und deckte sie mit seinem Pullover zu. Und dann schlief sie. Lange, tief und fest. Während Tommy über sie wachte und die Dämonen fernhielt.

Tommy hatte keine Ahnung, zum wievielten Mal man ihn und Grit hier eingesperrt hatte. Die Tage und Wochen waren zu ähnlich, Abwechslungen gab es selten. Nur eines war sicher: Dass es jedes Mal gleich begann …

Mutter war wegen irgendetwas wütend. Tommy wusste nie, was er falsch gemacht hatte, was es gewesen war, das sie so aufgebracht hatte, und auch sein Vater schien es nicht zu wissen. Bis auf wenige Ausnahmen war Mutter eigentlich immer wütend. Vorhersehen konnte man die Ausbrüche nicht. Von einer Minute auf die andere brach das Unwetter los und fegte alles und jeden hinweg.

Dann schrie und tobte sie, trat nach ihm, zerrte ihn an den Haaren und schlug ihm mit der Handfläche so ins Gesicht, dass ihre zahlreichen Ringe ihn auch richtig trafen, wobei sie mit einer Hand seine Arme festhielt, damit er sich nicht wehren konnte. Der Vater war dabei entweder nicht daheim oder stand hilflos daneben, um sich schließlich abzuwenden und hinauszugehen. Später war er ganz verschwunden und nie wieder aufgetaucht.

Irgendwann stieß Mutter Tommy schließlich zu Boden oder gegen eine Wand, wobei sie Verwünschungen und Flüche über das »nutzlose Balg« ausstieß. Das Ganze endete damit, dass sie ihn packte und hinauszerrte, weil sie seinen Anblick »nicht mehr ertrug«.

Tommy konnte ihre Wut dabei körperlich spüren. Sie flackerte und loderte aus dem verzerrten Gesicht hervor und übertrug sich auf ihre Finger, die sich um sein Handgelenk krallten.

Mutter schleifte ihn über den Hof, an den verfallenen Kaninchenställen vorbei zum Pferdestall, dessen Oberboden früher zur Lagerung von Heu und Stroh benutzt worden war.

Sie trieb ihn die schmale Stiege nach oben und warf die Tür hinter ihm ins Schloss. Das Letzte, was er hörte, waren das rostige Knirschen des Schlüssels und ihr hämisches »Sieh zu, dass du dich beruhigst!«, gefolgt von ihren sich schnell entfernenden Schritten.

Als Grit hinzugekommen war, hatten sich die Anfälle kurzzeitig abgeschwächt. Irgendwann, als seine Schwester gerade die ersten tapsigen Schritte gemacht hatte, waren sie von einem Tag auf den anderen wiedergekehrt. Nur, dass die Mutter ihre Tobsucht diesmal auf zwei Kinder verteilte. Zwar versuchte Tommy, ihren wiedergekehrten Zorn komplett auf sich zu lenken, sie auf sich aufmerksam zu machen, konnte es jedoch nicht verhindern, dass auch Grit hin und wieder etwas abbekam. Und natürlich gab es keinen Zweifel daran, dass seine Schwester mit ihm zur »Beruhigung« hier oben eingesperrt werden musste.

Tommy atmete tief ein und wieder aus, um das Flirren in seinem Kopf zu vertreiben. Die kalte Luft schmeckte staubig. Hunger und Durst hatten sich davongemacht, sein Kopf fühlte sich leicht und schwerelos an. Er streckte vorsichtig die Beine aus und lauschte dann auf Grits Atem. Heute Nacht schlief sein Schwesterchen besonders ruhig.

Dieses Mal waren sie länger als sonst hier eingesperrt. Die Schwäche in seinen Beinen und das taube Gefühl im Bauch bewiesen es, auch wenn er keine Uhr hatte und nicht wusste, ob es Tag oder Nacht war. Fenster gab es hier drinnen keine. Wozu auch - Heu und Stroh brauchten kein Licht. Von den kurzen Momenten, wenn die Mutter die Tür öffnete oder schloss, wusste Tommy, dass ihr Verlies ein leerer Raum war, dessen Wände aus unverputzten Ziegeln bestanden. Die Reste des Heus aus den Ecken hatte er nach und nach alle an einer Stelle zusammengescharrt, um für sich und Grit ein wärmendes Polster zu schaffen. Ansonsten war der Raum ungefährlich. Nichts, was einem Angst machen konnte. Außer, dass Tommy keine Ahnung hatte, was sich hinter der Holztür am rückwärtigen Ende des Raumes befand. Ganz weit oben über der Zwischendecke aus Brettern befand sich an der Stirnseite ein winziges spinnwebverhangenes Fenster. Man konnte es vom Hof aus sehen. Die Scheibe war eingeschlagen, und niemand hatte es je für nötig gehalten, sie zu reparieren.

Wer garantierte ihm, dass die Dämonen nicht im Dunkeln durch das gezackte Loch schlüpften und sich anschließend die Tür da hinten lautlos öffnete und sie hereinließ, zu den zarten kleinen Kinderkörpern?

Tommy hörte seine Zähne leise aufeinanderklacken. In seinem Kopf ließ er das...


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Autor

Eva Fürst ist im Erzgebirge aufgewachsen und auch heute noch ihrer Heimat treu. Sie lebt und arbeitet in Sachsen als Redakteurin, Autorin, Lektorin und Leiterin von Schreibwerkstätten. Die passionierte Literaturliebhaberin verehrt Erich Kästner, Roald Dahl, Gert Prokop, John Ronald Reuel Tolkien, Mario Vargas Llosa, Waltraud Lewin und Einar Turkowski. Zurzeit schreibt sie an ihrem nächsten Psychothriller.