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Winterglück und Nelkenduft

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am20.09.2021
Es ist Winter in Wien, als die reiselustige Romi nach einem Auslandsaufenthalt in ihre Heimatstadt zurückkehrt. Dort übernimmt sie zusammen mit ihrer Schwester Steffi den Teeladen ihrer Großtante Leopoldine. Steffis Angst, Romi könnte schon bald wieder in die weite Welt aufbrechen und sie mit der Arbeit allein lassen, entpuppt sich als unbegründet. Romi hat gar nicht vor, Wien wieder zu verlassen. Schließlich hat sie sich in den charmanten Restaurator Niko verliebt, und auch der Teeladen läuft in der Adventzeit blendend. Dann allerdings erfährt Romi, dass Steffi und Niko ihr etwas verschweigen ...

Emilia Schilling ist das Pseudonym einer jungen österreichischen Autorin, die romantische Frauenromane schreibt. Schilling, Jahrgang 1988, lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in einem kleinen Ort in Niederösterreich.
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Produkt

KlappentextEs ist Winter in Wien, als die reiselustige Romi nach einem Auslandsaufenthalt in ihre Heimatstadt zurückkehrt. Dort übernimmt sie zusammen mit ihrer Schwester Steffi den Teeladen ihrer Großtante Leopoldine. Steffis Angst, Romi könnte schon bald wieder in die weite Welt aufbrechen und sie mit der Arbeit allein lassen, entpuppt sich als unbegründet. Romi hat gar nicht vor, Wien wieder zu verlassen. Schließlich hat sie sich in den charmanten Restaurator Niko verliebt, und auch der Teeladen läuft in der Adventzeit blendend. Dann allerdings erfährt Romi, dass Steffi und Niko ihr etwas verschweigen ...

Emilia Schilling ist das Pseudonym einer jungen österreichischen Autorin, die romantische Frauenromane schreibt. Schilling, Jahrgang 1988, lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in einem kleinen Ort in Niederösterreich.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641226053
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum20.09.2021
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1879 Kbytes
Artikel-Nr.5142642
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



»Etwa die Hälfte des geernteten Tees kommt aus China und Indien«, erklärt meine Großtante, während sie in der Küche des Teegeschäfts ein Dutzend verschiedene Teesorten aufbrüht. In jeden der kleinen weißen Porzellanbecher, die vor den Dosen der jeweiligen Sorte aufgestellt sind, kommen exakt 2,86 Gramm der aromatischen Blätter. Anschließend werden sie mit kochendem Wasser aufgegossen und müssen fünf Minuten ziehen. Nur mit dieser Methode kann man verschiedene Tees überhaupt miteinander vergleichen, hat Tante Poldi mir erklärt.

»Dann beziehen wir noch Sorten aus Kenia, Sri Lanka, Indonesien, Japan, Argentinien und der Türkei.« Sie stellt die Kanne mit dem heißen Wasser beiseite und wirft einen Blick auf die Uhr. Bestimmt wäre das gar nicht nötig, weil ihr auch ihre innere Uhr Bescheid gibt, wann die Ziehzeit zu Ende ist. Wenn man so viele Jahre nichts anderes tut, als täglich Dutzende Tassen Tee zu kochen, muss das doch ins Blut übergehen.

»Wie viele Sorten hast du im Geschäft?«, frage ich. Ich will mich mit allen Bereichen des Teegeschäfts vertraut machen, mir Schritt für Schritt das gleiche Wissen aneignen, das sie und Steffi haben. Mir ist bewusst, dass es Jahre dauern wird, bis ich ihr Niveau erreicht habe. Umso wichtiger ist es, gleich damit zu beginnen.

»Etwa einhundertfünfzig.«

Ich stoße einen leicht verzweifelten Seufzer aus. »Einhundertfünfzig«, wiederhole ich und betrachte die zwölf Teetassen vor uns. »Vermutlich werde ich mir nicht einmal diese hier merken können.«

»Das macht nichts.« Tante Poldi tätschelt mir aufmunternd die Schulter. »Die Teesorten schmecken sowieso jedes Jahr ein wenig anders. Allein die Erntezeiten, die variieren können, haben einen großen Einfluss auf das Aroma. Tee ist und bleibt ein Naturprodukt, dessen Qualität und Geschmack nicht konstant sein können.«

Na toll! Im Klartext heißt das, selbst wenn ich mir die Charakteristika eines Tees eingeprägt habe, wird die Mischung im nächsten Jahr wieder anders schmecken. Eine never ending story sozusagen, womit es unmöglich ist, jemals alles über Tee zu wissen. Ich habe die dunkle Vorahnung, dass mein neuer Job meinen Geschmacksnerven so einiges abverlangen wird.

»Jedes Jahr im April trifft der Flugtee aus Indien ein.«

»Flugtee?«

Meine Großtante nickt. »Die erste Ernte, die auch First Flush genannt wird. Er wird besonders schnell von der Plantage nach Europa gebracht, damit seine edle Frische und das vollblumige Aroma nicht verloren gehen. Wir verkosten ihn und müssen dann schnell entscheiden, welchen wir ins Sortiment nehmen, sonst schnappen uns Teehändler aus ganz Europa die besten Sorten weg.«

»Woran erkennst du, ob es eine gute Sorte ist?«, will ich wissen, obwohl ich schon vermute, dass es darauf keine klare Antwort gibt. Wäre es so einfach, würde die Ausbildung zum Tee-Sommelier nicht so aufwendig sein und so lange dauern.

Tante Poldi schmunzelt, als hätte sie eben das Gleiche gedacht. »Erfahrung«, antwortet sie, »Bauchgefühl, Vertrauen auf meine Geschmacksnerven.« Sie hält einen Moment inne, als würde sie überlegen, ob es noch mehr zu sagen gibt, zuckt dann aber selbst ein wenig ratlos mit den Schultern. »Vermutlich ist es eine Mischung aus alledem.«

Ihre Aussage beruhigt mich weniger, als ich gehofft hätte. Vielmehr zeigt sie mir wieder einmal, wie groß die Aufgabe ist, die mir bevorsteht. Eine Aufgabe, von der sich erst viel später herausstellen wird, ob ich ihr gewachsen bin. Zumindest will ich es versuchen. Für mich, für Tante Poldi und auch für meine Schwester.

Schon heute werde ich beginnen, mir alles zu merken, was sie mir beibringen.

Flugtee, im April direkt aus Indien, so schnell es geht nach Europa, um das Aroma nicht zu verlieren, vollblumig, edel, teuer, wiederhole ich das Gehörte noch einmal in Gedanken, um es mir einzuprägen.

Aber das war nur ein einziger Tee. Du meine Güte!

An all die anderen einhundertneunundvierzig Sorten, die in den luftdichten Metalldosen im Verkaufsraum darauf warten, von mir verkostet zu werden, will ich gar nicht denken. Und doch sollte ich sie alle kennen, wenn ich die Kunden professionell beraten möchte.

»Zeit zu probieren«, holt mich meine Großtante ins Hier und Jetzt zurück und klingt verzückt. Wie erwartet, hat sie nicht mehr auf die Uhr gesehen. Aus jedem Becher gießt sie den Tee in bereitgestellte Schalen.

Sofort fällt mir auf, dass jede Flüssigkeit eine andere Farbe hat. Die Farbpalette reicht von hellem Goldgelb bis hin zu bernsteinfarben. Und das, obwohl wir uns heute ausschließlich dem Schwarztee widmen. Assam, Darjeeling, Ceylon, Earl Grey, Rize.

Tante Poldi gibt mir einen Löffel. »Nun darfst du so unappetitlich sein, wie es dir deine Mutter als Kind verboten hat.« Als sie zu grinsen beginnt, wirkt ihr faltiges, fast fünfundsechzigjähriges Gesicht jugendlich. Als steckte tief in ihr noch immer die junge Frau, die damals das Teehaus voller Elan von ihrer Großmutter übernommen hat.

Tee hält jung, das hat sie schon früher immer gesagt. Vielleicht stimmt es.

»Unappetitlich?«, frage ich, weil ich nicht sicher bin, was sie damit meint.

Statt es zu erklären, führt Tante Poldi einen Löffel mit Tee an ihre Lippen und zieht die Flüssigkeit laut schlürfend in den Mund. Dann schmatzt sie mehrere Sekunden lang, ehe sie sie in einen kleinen Kübel spuckt.

Fassungslos starre ich sie an.

Meine Großtante Leopoldine Händler war immer die adretteste Frau, die ich kannte. Schlicht, aber schick gekleidet, niemals ohne Perlenohrstecker und dezentes Make-up, stets ihrem Alter entsprechend. Sie wusste, wie sie mit den Kunden umzugehen hatte, die bis in die höhere Gesellschaft reichten. Sie konnte sich artikulieren und selbst die teuren Teesorten attraktiv anpreisen. Sie war die Etikette in Person.

Sie ist die Etikette in Person.

Nie, ja wirklich nie in meinem Leben hätte ich mir vorstellen können, sie schlürfend, schmatzend und spuckend vor mir zu sehen. Was sie da tut, erinnert mich an eine Weinverkostung, bei der der Wein ebenfalls geschlürft, geschmatzt und ausgespuckt wird. Ein ziemlich abstoßender Anblick.

»Jetzt schau nicht so entsetzt«, sagt meine Großtante erheitert. »Nur so kannst du die Aromen des Tees geschmacklich herausfiltern.«

»Und das Ausspucken?« Mein Löffel schwebt immer noch halb in der Luft, als wüsste ich nicht, was ich mit ihm tun soll.

»Wenn du mehrere Dutzend Teesorten am Tag probieren musst, wirst du verstehen, warum wir bei einer Teeverkostung den Tee nicht schlucken. Abgesehen von den Gerbstoffen und dem Koffein wird er, wenn er so aufgebrüht wird wie gerade eben, zu stark, um ihn genießen zu können.«

»Was an der Norm liegt«, ergänze ich stolz. Zumindest daran habe ich mich schon mal erinnert.

»Richtig!«, ruft sie sichtlich erfreut. »Wir können die verschiedenen Teesorten nur vergleichen, wenn wir sie immer auf die gleiche Art und Weise zubereiten. Deshalb sind diese Teebecher ebenso genormt wie die Portion der Blätter und die Ziehzeit.«

»Okay, das kann ich mir merken«, sage ich entschlossen.

»Natürlich«, erwidert Tante Poldi zuversichtlich. »Und jetzt sag mir, was du schmeckst.« Sie deutet auf die erste Schale mit einem Tee, dessen Farbe leicht ins Orangebraune tendiert.

Ich nehme einen Löffel davon in den Mund. Zwar schlürfe und schmatze ich nicht so geräuschvoll wie Tante Poldi, spucke den Tee aber nach ein paar Sekunden ebenfalls in den Kübel. »Ganz schön herb«, sage ich und kann ein Räuspern nicht unterdrücken. Jetzt verstehe ich, warum gespuckt wird.

Tante Poldi nickt, als hätte sie nichts anderes von mir erwartet. Dennoch sieht sie mich auffordernd an. Sie will mehr von mir hören, nicht nur, dass der Tee herb ist.

Aber ich habe keine Ahnung, wie ich das, was ich geschmeckt habe, in Worte fassen soll. Was habe ich überhaupt geschmeckt? »Ich weiß nicht genau«, drücke ich mich um eine konkrete Antwort.

»Probier es noch einmal und schlürfe den Tee mehr. Durch den Sauerstoff, den du ihm dabei zufügst, verstärken sich die Geschmacksnoten.«

Also gut. Schlürfen, schmatzen, spucken. Ich mache, was sie von mir will.

»Er schmeckt kräftig«, sage ich dann und blicke meine Großtante an, um zu sehen, ob sie diese Aussage als richtig oder falsch einstuft. Doch sie tut nichts dergleichen, sondern nimmt sie nur schweigend hin. »Etwas bitter«, füge ich hinzu.

Immer noch wirkt sie wie versteinert.

»Vielleicht malzig?« Es ist mehr eine Frage als eine Feststellung. Ich will nur vorfühlen, ob ich auf dem richtigen Weg bin.

Sofort beginnen die Augen meiner Großtante zu strahlen. Als hätte ich die richtige Antwort gegeben. »Sehr gut!«, ruft sie zufrieden. »Es ist wichtig, dass du beginnst, dich auf deine Geschmacksnerven zu verlassen. Eine Teeverkostung ist immer von der subjektiven Wahrnehmung geprägt, doch du wirst lernen, deine persönlichen Vorlieben auszublenden und Tee objektiv zu bewerten.«

Ich nicke, kann mir im Moment aber nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.

»Wie lange dauert es, bis man das kann?« Und vor allem, woran erkenne ich, ob ich schon so weit bin?

Tante Poldi nimmt einen Löffel vom nächsten Tee, kostet ihn wieder schlürfend und spuckt ihn erneut aus. »In der Regel spricht man von sieben Jahren, bis der Geschmackssinn eines Teetesters ausgeprägt ist.«

Ich starre sie fassungslos an.

Sieben Jahre?

Zwei Stunden später haben wir neben Schwarztee auch Grünen und...

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