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Die Tote

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am17.05.2021
Einige Dinge lassen sich für immer verschweigen. Doch der Wahrheit kannst du nicht entkommen ...
Familientherapeutin Stella hat die überstürzte Flucht von ihrer geliebten Heimatinsel Evergreen vor fünfundzwanzig Jahren nie verwunden. Als sie nun zufällig erfährt, dass im Garten ihres ehemaligen Elternhauses eine Leiche ausgegraben wurde, ist sie beunruhigt und beschließt, nach Evergreen zu reisen und Nachforschungen anzustellen. Dort angekommen sind nicht alle von ihrem Besuch begeistert, vor allem, als die Identität der Toten bekannt wird und Stellas seit Jahren verschollener autistischer Bruder überraschend gesteht, sie umgebracht zu haben. Von dem Wunsch getrieben, ihren Bruder zu entlasten und die Wahrheit herauszufinden, erkennt sie viel zu spät, in welch großer Gefahr sie schwebt ...

Heidi Perks arbeitete als Marketingchefin eines Finanzunternehmens, bevor sie sich entschloss, Vollzeit-Mutter und -Autorin zu werden. Sie ist ein unersättlicher Fan von Kriminalromanen und Thrillern und will immer herausfinden, wie die Menschen ticken. Heidi Perks lebt mit ihrer Familie in Bournemouth an der Südküste Englands.
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Produkt

KlappentextEinige Dinge lassen sich für immer verschweigen. Doch der Wahrheit kannst du nicht entkommen ...
Familientherapeutin Stella hat die überstürzte Flucht von ihrer geliebten Heimatinsel Evergreen vor fünfundzwanzig Jahren nie verwunden. Als sie nun zufällig erfährt, dass im Garten ihres ehemaligen Elternhauses eine Leiche ausgegraben wurde, ist sie beunruhigt und beschließt, nach Evergreen zu reisen und Nachforschungen anzustellen. Dort angekommen sind nicht alle von ihrem Besuch begeistert, vor allem, als die Identität der Toten bekannt wird und Stellas seit Jahren verschollener autistischer Bruder überraschend gesteht, sie umgebracht zu haben. Von dem Wunsch getrieben, ihren Bruder zu entlasten und die Wahrheit herauszufinden, erkennt sie viel zu spät, in welch großer Gefahr sie schwebt ...

Heidi Perks arbeitete als Marketingchefin eines Finanzunternehmens, bevor sie sich entschloss, Vollzeit-Mutter und -Autorin zu werden. Sie ist ein unersättlicher Fan von Kriminalromanen und Thrillern und will immer herausfinden, wie die Menschen ticken. Heidi Perks lebt mit ihrer Familie in Bournemouth an der Südküste Englands.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641229924
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum17.05.2021
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2036 Kbytes
Artikel-Nr.5142632
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


HEUTE
Kapitel eins

Meine Klienten sitzen mir auf dem Sofa gegenüber. Ihre Arme sind vor ihrer Brust verschränkt; der Mann neigt sich vor, die Hände zwischen den breit gespreizten Beinen gefaltet. In den Spalt zwischen diesem Paar würde ich locker passen, und mit jeder unserer Sitzungen bewegen sie sich weiter auseinander.

Ihre Gesichtszüge sind so angespannt, dass ich beinahe den Puls am Hals der Frau sehe, wenn sie mich anstarrt. Mich wundert, dass sie heute noch nicht geweint hat - das hat sie bisher immer getan. Ihr Mann sieht oft zu ihr hin, sie indes nie zu ihm. Jedes Mal, wenn er sie anschaut, zucken seine Augenbrauen, als würde er sich fragen, warum alles so schiefging und was er tun könnte.

»Ich weiß wirklich nicht, was ich noch sagen soll«, murmelt er, und sie lacht geringschätzig, bevor sie irgendwas so leise von sich gibt, dass ich sie nicht verstehe. »Es tut mir leid«, fügt er hinzu.

»O Gott!«, ruft sie aus und sieht zur Decke. Es ist offensichtlich, dass sie ihre Tränen um jeden Preis zurückhalten will.

Ich hasse diesen Moment der Sitzungen, und es ist bereits nach sechs. Tanya wird warten, dass ich gehe, damit sie zuschließen kann. Zuständig für den Empfang, ist sie regelmäßig die Letzte, die aus der Tür geht.

»Ich fürchte ...«, beginne ich, aber meine Klientin unterbricht mich, indem sie von der Couch aufsteht und nach der Strickjacke greift, die schlaff über ihrem Arm hängt.

»Ich weiß, unsere Zeit ist um«, sagt sie.

»Tut mir leid.« Ich würde beide ja mit in den Pub nehmen und weiterreden lassen, wäre das nicht total unprofessionell. Deshalb schiebe ich noch eine Frage nach: »Bevor Sie gehen, wollten Sie noch irgendwas anderes erwähnen?«

»Ich denke, er hat heute genug gesagt, meinen Sie nicht?«

Ihr Mann nagt an seinem Mundwinkel und sieht nicht auf, als er sich erhebt und nach seinem Jackett greift.

»Wünschen Sie sich jemals, gar nicht erst danach gefragt zu haben?«, sagt seine Frau leise, als sie mir nach draußen folgt.

»Tun Sie es?«, erwidere ich.

Sie bewegt den Kopf kaum, sodass ich nicht erkenne, ob es ein Nicken ist. »Das kann ich wohl kaum mehr sagen, oder?«

Ich schüttle den Kopf. Nein, sie muss mit der Tatsache leben, dass ihr Mann mit einer anderen geschlafen hat. Gerne hätte ich ihr gesagt, dass sie mal allein zu mir kommen soll, aber sie unterhält sich gerade mit Tanya und macht einen Termin für die nächste Woche aus.

Sobald sie weg sind, schließe ich mein Zimmer ab und gehe hinüber zum Empfang, wo Tanya ihre Brille mit den dicken Gläsern höher auf ihren Nasenrücken schiebt und wild auf ihre Tastatur einhackt. Sie sieht nicht mal auf, bis ich mich fast über sie beuge. »Ich gehe dann mal«, sage ich. »Tut mir leid, dass es wieder ein bisschen länger gedauert hat.«

Das Telefon klingelt, und sie sieht erst nach der Anruferkennung, bevor sie abnimmt. »Praxis von Stella Harvey.«

Nach wie vor beschert es mir ein wohliges Kribbeln, das zu hören. Während sie erklärt, was meine Sitzungen in der Familienberatung kosten, überlege ich nicht zum ersten Mal, wie viel ich sparen könnte, müsste ich nicht einen Anteil von Tanyas Gehalt bezahlen. Mir blieb wenig anderes übrig, als ich den Praxisraum hier im Gebäude mietete. Neben mir gibt es eine Physiotherapeutin und weiter hinten im Flur eine Fußpflegerin und eine Reiki-Heilerin. Keiner von uns arbeitet Vollzeit, und ich glaube nicht, dass wir wirklich eine Empfangssekretärin brauchen.

Tanya legt auf und wendet sich wieder ihrer Tastatur zu, um ihren Computer herunterzufahren. »Es haben neue Klienten angefragt«, sagt sie. »Ein junges Paar, das Probleme mit der Tochter hat. Sie rufen nächste Woche wieder an.«

»Danke. Und hast du am Wochenende etwas Nettes vor?«

»Mike und ich besuchen seine Eltern. Und du?«

»Ich bin morgen Mittag bei meiner Schwester eingeladen.«

»Wie geht es Bonnie?« Tanya zieht die Augenbrauen hoch.

Ich lache. »Gut. Ihr Mann ist über das Wochenende weg.« Ich weiß nicht, warum ich das erwähne, denn ich bin nicht mal sicher, ob es bedeutet, dass Bonnie glücklicher oder genervter ist.

Meine Sekretärin nickt mit geschürzten Lippen, und ich glaube, sie denkt an das einzige Mal, dass sie meiner Schwester begegnet ist. Sie war nicht besonders angetan, aber ich habe längst aufgehört, Bonnie zu verteidigen. Irgendwann interessierte mich nicht mehr, was andere dachten, und ich fand es unnötig zu erklären, dass ich einfach an dem bisschen Familie festhalte, das ich noch habe.

Überhaupt hat bislang nie jemand unsere Beziehung verstanden, und nicht einmal ich kann das komplexe Geflecht erklären, dass uns miteinander verbindet. In den meisten Punkten sind wir vollkommen gegensätzlich. Ich habe lediglich vor achtzehn Jahren ein Versprechen abgegeben, kurz nachdem Danny uns verließ, dass ich immer für meine Schwester da sein werde. Damals begann ich mich zu fragen, ob nicht allein Bonnie die Schuld trägt, dass sie so geworden ist, wie sie ist.

Manchmal hat mir meine Mum nachts etwas zugeflüstert. Wenn sie dachte, dass ich schlief, kam sie in mein Zimmer geschlichen und richtete meine abgestrampelte Bettdecke. Ich mochte es, wenn sie neben meinem Bett kniete, ich ihren warmen Atem auf meinem Gesicht spürte und ihr Chanel-Duft noch eine ganze Weile blieb, nachdem sie das Zimmer verlassen hatte.

»Stella, mein Ein und Alles«, flüsterte sie, während sie sanft über mein Haar strich. »Du bist alles, was ich jemals an Babys gebraucht habe.«

Vielleicht blieb deshalb wenig Raum für Bonnie.

Tanya und ich verlassen gemeinsam das Büro. Sie biegt nach links ein, und ich überquere die Straße in Richtung Park, was auf meinem zwanzigminütigen Heimweg eine Abkürzung ist, vorbei an der Kathedrale und zu meiner Wohnung am Rand von Winchester.

Ich gehe gern zu Fuß, selbst im Januar, wenn das einzige Licht von den Straßenlaternen kommt und die kalte Luft auf meiner Haut prickelt und zwickt. Dann habe ich die Gelegenheit, über meine Klientenliste für die nächste Woche nachzudenken und mir, wie jeden Freitag, zu schwören, mehr Zeit in den Ausbau meiner Praxis zu investieren.

Die Entscheidung, mich als Familienberaterin selbstständig zu machen, habe ich nicht aus einer Laune heraus getroffen. Ich war nie eines dieser Kinder, die schon sehr früh wussten, was sie später werden wollten. Nicht einmal nach dem Schulabschluss hatte ich eine Ahnung, und es brauchte zwölf unglückliche Jahre in einer Personalagentur und eine hübsche Abfindung, bis ich so weit war.

Vor vier Jahren begann ich mit der Ausbildung und der obligatorischen Therapie, die ich selbst machen musste, bevor ich andere therapieren durfte. Meine Supervisorin hatte die Bedeutung von Letzterem frühzeitig hervorgehoben und mir erklärt, dass Wunden aus der Kindheit oder ungelöste Konflikte aus vorherigen Beziehungen mich voreingenommen machen könnten.

Ich hatte abzulehnen versucht, doch mir wurde klar, dass ich mich nicht drücken und zu sehr sträuben durfte, wenn die anderen nicht misstrauisch werden sollten, was die Dynamik in meiner eigenen Familie anging. Den Großteil meiner Vergangenheit habe ich ordentlich in kleine Kisten sortiert und sehr tief vergraben. Darin waren wir als Familie sehr gut. Ich hatte von den Besten gelernt, auch wenn es gegen alles ging, was ich von meinen Klienten erwartete.

Also, warum interessierst du dich für Familienberatung?, lautete die erste Frage, die mir in meiner ersten Probesitzung gestellt wurde.

Ich erzählte der Therapeutin, wie glücklich ich als Kind war. Dass ich sehr liebevolle Eltern hatte und mit ihnen eine idyllische Kindheit auf der Insel Evergreen verlebte. Ferner sagte ich, dass ich mich für familiäre Beziehungen interessiere und seit jeher recht gut zuhören und helfen könne. Bis zu einem gewissen Punkt war ich ehrlich zu ihr. Bis zu dem Moment, als wir die Insel verließen. Oder vielleicht bis unmittelbar davor.

Meine Therapeutin wollte mehr über Evergreen hören, wie die meisten Leute. »Und da leben nicht mehr als hundert Menschen?«, fragte sie mich verblüfft.

»Etwas über hundert«, nickte ich. »Ich kannte sie alle, und alle kannten mich.« Dann erzählte ich ihr, wie wunderbar es war, dort zu leben. »Ich habe es ehrlich geliebt, einige Leute fanden es erdrückend und langweilig, ich dagegen wollte nirgends sonst auf der Welt sein.«

»Und dir war das nicht zu abgeschieden?«, kam es meist als beliebte Gegenfrage. Zwar brauchte man mit der Fähre bloß dreißig Minuten zum Festland, aber man konnte Evergreen von der Küste Dorsets aus nicht einmal sehen.

»Nein, mir nicht«, antwortete ich. Anders meine Schwester: Sie hasste, dass die Fähre unseres Vaters in den Wintermonaten gerade ein einziges Mal am Tag verkehrte. Allerdings hasste sie alles an Evergreen - ausnahmslos alles, was es für mich so liebenswert machte.

»Du hast gesagt, dass du elf warst, als ihr die Insel verlassen habt«, fuhr die Therapeutin fort. »Wie alt waren deine Geschwister?«

»Ich war die Jüngste. Danny war fünfzehn und Bonnie siebzehn.«

Die Psychologin nickte, wobei ich nicht wusste, was sie mit dieser Information anfing. Also lächelte ich die ganze Zeit weiter und bemühte mich, keine Risse zum Vorschein kommen zu lassen. Zumal ich wusste, dass sie bald genauer nachfragen würde, was am Ende unseres letzten Sommers auf der Insel geschah und was die Jahre danach passierte. Sie würde wissen wollen, was den Zusammenbruch meiner Familie auslöste, und ich konnte es ihr...

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Heidi Perks arbeitete als Marketingchefin eines Finanzunternehmens, bevor sie sich entschloss, Vollzeit-Mutter und -Autorin zu werden. Sie ist ein unersättlicher Fan von Kriminalromanen und Thrillern und will immer herausfinden, wie die Menschen ticken. Heidi Perks lebt mit ihrer Familie in Bournemouth an der Südküste Englands.