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Meine wunderbare Frau

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am23.09.2019
Unsere Geschichte ist wie die von vielen anderen. Ich bin einer wunderbaren Frau begegnet. Wir haben Kinder bekommen und sind in die Vorstadt gezogen. Wir haben uns von unseren größten Träumen und unseren dunkelsten Abgründen erzählt. Und dann ist uns langweilig geworden. Wir sehen aus wie ein ganz normales Paar. Wir sind die netten Nachbarn, zu denen die Kinder zum Spielen kommen und die man gerne zum Essen einlädt. Aber wir haben ein Geheimnis, um unsere Ehe lebendig zu halten. Eine ganz besondere Vorliebe. Eine, die uns die Macht gibt, über Leben und Tod zu entscheiden ...

Samantha Downing wurde in Kalifornien geboren und lebt heute in New Orleans. Schon von klein auf war sie eine begeisterte Leserin und hat mit ihrem hochgelobten Debütroman »Meine wunderbare Frau« ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht, dem sie definitiv treu bleiben wird.
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Verfügbare Formate
HörbuchCD-ROM
EUR19,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextUnsere Geschichte ist wie die von vielen anderen. Ich bin einer wunderbaren Frau begegnet. Wir haben Kinder bekommen und sind in die Vorstadt gezogen. Wir haben uns von unseren größten Träumen und unseren dunkelsten Abgründen erzählt. Und dann ist uns langweilig geworden. Wir sehen aus wie ein ganz normales Paar. Wir sind die netten Nachbarn, zu denen die Kinder zum Spielen kommen und die man gerne zum Essen einlädt. Aber wir haben ein Geheimnis, um unsere Ehe lebendig zu halten. Eine ganz besondere Vorliebe. Eine, die uns die Macht gibt, über Leben und Tod zu entscheiden ...

Samantha Downing wurde in Kalifornien geboren und lebt heute in New Orleans. Schon von klein auf war sie eine begeisterte Leserin und hat mit ihrem hochgelobten Debütroman »Meine wunderbare Frau« ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht, dem sie definitiv treu bleiben wird.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641234959
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum23.09.2019
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1295 Kbytes
Artikel-Nr.4279717
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


EINS

Sie schaut mich an. Ihre blauen Augen sind glasig und blicken flackernd zu ihrem Drink und wieder herauf. Ich schaue mein eigenes Glas an und spüre, wie sie mich beobachtet und sich fragt, ob ich genauso interessiert bin wie sie. Ich schaue zu ihr hinüber und lächle, um ihr zu zeigen, dass ich es bin. Sie lächelt zurück. Ihr Lippenstift ist fast weg; der Rand ihres Glases ist rot verschmiert. Ich gehe hinüber und setze mich neben sie.

Sie schüttelt ihr Haar auf. Farbe und Länge sind nicht bemerkenswert. Ihre Lippen bewegen sich, sie sagt Hallo, und ihre Augen sind jetzt heller. Sie sehen aus, als wären sie von innen beleuchtet.

Körperlich spreche ich sie an, wie ich die meisten Frauen in dieser Bar ansprechen dürfte. Ich bin neununddreißig und ausgezeichnet in Form, habe volles Haar und zwei tiefe Grübchen, und mein Anzug passt besser als jeder Handschuh. Darum hat sie mich angesehen, darum hat sie gelächelt, und darum freut sie sich, dass ich zu ihr herübergekommen bin. Ich bin der Mann, auf den sie es abgesehen hat.

Ich schiebe mein Handy über den Tresen zu ihr.

Hallo. Ich heiße Tobias.

Sie liest und zieht die Stirn kraus, und ihr Blick geht zwischen dem Handy und mir hin und her. Ich tippe noch eine Nachricht.

Ich bin taub.

Ihre Brauen zucken in die Höhe, sie legt eine Hand vor den Mund, und ihre Haut färbt sich rosa. Verlegenheit sieht immer gleich aus.

Sie schüttelt den Kopf. Es tut ihr leid. Das wusste sie nicht.

Natürlich wussten Sie es nicht. Woher auch?

Sie lächelt. Aber nicht ganz.

Ich bin nicht mehr das Bild in ihrem Kopf, nicht mehr der Mann, den sie sich vorgestellt hat, und jetzt weiß sie nicht genau, was sie tun soll.

Sie nimmt mein Handy und tippt eine Antwort.

Ich bin Petra.

Freut mich, Sie kennenzulernen, Petra. Sie sind Russin?

Meine Eltern waren Russen.

Ich nicke und lächle. Sie nickt und lächelt. Ich kann sehen, wie die Rädchen in ihrem Kopf arbeiten.

Sie würde lieber nicht bei mir bleiben. Sie will einen Mann finden, der hört, wie sie lacht, und der seine Worte nicht zu tippen braucht.

Gleichzeitig ermahnt ihr Gewissen sie, niemanden zu diskriminieren. Petra möchte keine oberflächliche Frau sein, die einen Mann zurückweist, weil er taub ist. Sie möchte mich nicht ablehnen, wie es schon so viele getan haben.

Das nimmt sie jedenfalls an.

Ihr innerer Kampf entfaltet sich wie ein Stück in drei Akten, und ich weiß, wie es endet. Meistens jedenfalls.

Sie bleibt.

Ihre erste Frage betrifft mein Gehör. Oder seine Abwesenheit. Ja, ich bin von Geburt an taub. Nein, ich habe noch nie etwas gehört - kein Lachen, keine Stimme, kein bellendes Hündchen, kein Flugzeug am Himmel.

Petra macht ein trauriges Gesicht. Sie weiß nicht, dass es herablassend ist, und ich sage es ihr nicht, denn sie gibt sich Mühe. Sie bleibt.

Sie fragt, ob ich Lippen lesen kann. Ich nicke. Sie fängt an zu reden.

»Als ich zwölf war, habe ich mir das Bein an zwei Stellen gebrochen. Ein Fahrradunfall.« Ihre Mundbewegungen sind grotesk übertrieben. »Ich musste einen Gipsverband tragen, der von meinem Fuß bis zum Oberschenkel reichte.« Sie verstummt und zieht einen Strich quer über ihren Schenkel für den Fall, dass ich doch Mühe habe, sie zu verstehen. Habe ich nicht, aber ich weiß ihre Bemühungen zu schätzen. Und ihren Schenkel auch.

Sie spricht weiter. »Sechs Wochen lang konnte ich nicht gehen. Für die Schule brauchte ich einen Rollstuhl, weil der Gips zu schwer für Krücken war.«

Ich lächele. Teils stelle ich mir die kleine Petra mit einem großen Gipsverband vor, und teils frage ich mich, wo diese traurige Geschichte hinführen mag.

»Ich behaupte nicht, dass ich weiß, wie es ist, sein Leben im Rollstuhl zu verbringen oder irgendeine dauerhafte Behinderung zu haben. Ich habe nur immer das Gefühl ... na ja, es ist, als hätte ich eine kleine Kostprobe davon bekommen, wie das wäre, wissen Sie?«

Ich nicke.

Sie lächelt erleichtert. Sie hatte Angst, ihre Geschichte könnte mich kränken.

Ich schreibe:

Sie sind sehr empfindsam.

Sie zuckt die Achseln. Strahlt wegen des Kompliments.

Wir trinken noch etwas.

Ich erzähle ihr eine Geschichte, die nichts mit der Taubheit zu tun hat. Ich erzähle ihr von dem Tier, das ich als Kind hatte, einem Ochsenfrosch namens Sherman. Er saß immer auf dem größten Stein im Teich und fraß sämtliche Fliegen. Ich habe nie versucht, Sherman zu fangen; ich habe ihn nur beobachtet und er mich manchmal auch. Wir hockten gern so zusammen, und ich fing an, ihn als mein Haustier zu bezeichnen.

»Was ist aus ihm geworden?«, fragt Petra.

Ich zucke die Achseln.

Eines Tages war der Stein leer. Hab ihn nie wiedergesehen.

Petra sagt, das ist traurig. Nein, sage ich. Traurig wäre es gewesen, seinen toten Körper zu finden und ihn begraben zu müssen. Das musste ich nicht. Ich stellte mir einfach vor, er sei umgezogen, zu einem größeren Teich mit mehr Fliegen.

Das gefällt ihr, und sie sagt es.

Ich erzähle ihr nicht alles über Sherman. Zum Beispiel hatte er eine lange Zunge, die so flink umherschnellte, dass ich sie kaum sehen konnte, aber ich wollte sie immer fangen. Ich saß dann am Teich und fragte mich, wie gemein dieser Gedanke war. Wie schrecklich war es, wenn jemand versuchte, einen Frosch bei der Zunge zu packen? Und würde es ihm wehtun? Und wenn er stürbe, wäre es dann Mord? Ich habe nie versucht, ihn bei der Zunge zu packen, und ich hätte es wohl auch gar nicht geschafft, aber ich dachte daran. Und dabei hatte ich das Gefühl, ich sei kein guter Freund für Sherman.

Petra erzählt mir von ihrem Kater Lionel, der nach dem Kater ihrer Kindheit benannt ist, der auch Lionel hieß. Ich sage, das ist komisch, aber ich bin nicht sicher, dass es komisch ist. Sie zeigt mir Bilder. Lionel ist ein zweifarbiger Kater, und sein Gesicht ist halb schwarz, halb weiß. Der Kontrast sieht zu hart aus, um niedlich zu sein.

Sie redet weiter, jetzt von ihrer Arbeit. Ihr Job ist das Branding von Produkten und Firmen, und sie sagt, das sei das Einfachste und zugleich das Schwierigste auf der Welt. Schwierig sei es am Anfang, denn es sei so schwer, die Leute dazu zu bringen, dass sie sich an etwas erinnern, aber je mehr Leute anfingen, eine Marke wiederzuerkennen, desto einfacher werde es.

»Irgendwann kommt es gar nicht mehr darauf an, was wir verkaufen. Die Marke wird wichtiger als das Produkt.« Sie zeigt auf mein Handy und fragt, ob ich es wegen des Namens gekauft habe, oder weil mir das Handy gefällt.

Beides?

Sie lächelt. »Sehen Sie? Sie wissen es nicht.«

Vermutlich nicht.

»Was machen Sie denn?«

Buchhaltung.

Sie nickt. Es ist kein sonderlich aufregender Beruf, aber er ist solide, stabil und etwas, das man leicht tun kann, wenn man taub ist. Zahlen sprechen nicht mit einer Stimme.

Der Barkeeper kommt herüber. Er ist adrett und sauber und im College-Alter. Petra übernimmt das Bestellen, und das tut sie, weil ich taub bin. Frauen denken immer, man muss sich um mich kümmern. Sie tun gern etwas für mich, weil sie glauben, ich bin schwach.

Petra besorgt uns noch zwei Drinks und eine neue Schale Knabberzeug, und sie lächelt, als wäre sie stolz auf sich. Es bringt mich zum Lachen. Innerlich, aber es ist immer noch ein Lachen.

Sie lehnt sich zu mir herüber und legt mir eine Hand auf den Arm. Und lässt sie da. Sie hat vergessen, dass ich nicht ihr idealer Mann bin, und wie es jetzt weitergeht, ist vorhersehbar. Es wird nicht lange dauern, und wir gehen zu ihr. Die Entscheidung ist leichter, als sie sein sollte, allerdings nicht, weil ich Petra besonders attraktiv finde. Sondern weil ich wählen kann. Petra gibt mir die Macht, es zu entscheiden, und in diesem Augenblick bin ich ein Mann, der Ja sagt.

Petra wohnt downtown, nicht weit von der Bar, mitten zwischen all den großen Markenzeichen. Ihre Wohnung ist nicht so ordentlich, wie ich gedacht habe. Überall herrscht Chaos: Papier, Kleidungsstücke, Geschirr. Es lässt mich vermuten, dass sie ihren Schlüssel oft verliert.

»Lionel ist hier irgendwo. Wahrscheinlich hat er sich versteckt.«

Ich suche diesen kontrastreichen Kater nicht.

Sie flitzt umher, wirft hier ihre Handtasche hin, zieht da die Schuhe aus. Zwei Gläser mit Rotwein erscheinen, und sie führt mich ins Schlafzimmer. Sie dreht sich lächelnd zu mir um, und Petra ist attraktiver geworden. Sogar ihr schlichtes Haar scheint jetzt zu funkeln. Das kommt vom Alkohol, ja, aber auch, weil sie glücklich ist. Ich habe den Eindruck, sie ist seit einer Weile nicht mehr so glücklich gewesen, und ich weiß nicht, warum. Attraktiv genug ist sie.

Sie drängt sich an mich. Ihr Körper ist warm, ihr Atem von Wein getränkt. Sie nimmt mir das Glas aus der Hand und stellt es weg.

Ich trinke es erst viel später aus, als es dunkel ist und das einzige Licht von meinem Handy kommt. Wir tippen hin und her und machen uns lustig über uns selbst und die Tatsache, dass wir einander nicht kennen.

Lieblingsfarbe?

Limettengrün. Eissorte?

Bubblegum.

Bubblegum? Das blaue Zeug?

Ja. Und dein Lieblingsgeschmack?

Französische Vanille. Pizzabelag?

Schinken.

Moment, reden wir noch von Pizza?

Wir reden nicht mehr von Pizza.

Danach döst sie als Erste ein. Ich überlege, ob ich gehen, dann, ob ich...

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Autor

Samantha Downing wurde in Kalifornien geboren und lebt heute in New Orleans. Schon von klein auf war sie eine begeisterte Leserin und hat mit ihrem hochgelobten Debütroman »Meine wunderbare Frau« ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht, dem sie definitiv treu bleiben wird.