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Die juten Sitten - Goldene Zwanziger. Dreckige Wahrheiten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am19.10.2020
Die Goldenen Zwanziger, wie sie schmutziger nicht sein könnten - der Roman zum erfolgreichen Audible-Hörspiel, das über Nacht zum Nr.1-Bestseller wurde
Berlin, 1927: Die achtjährige Hedi wächst im berüchtigten Bordell »Ritze« auf. Ihre Großmutter Minna, die das zwielichtige Etablissement betreibt, die strenge Domina Natalia und die bildschöne Hure Colette sind die einzige Familie, die Hedi je kannte. Von ihnen lernt sie alles, was sie fürs Leben braucht.
Drei Jahrzehnte später ist Hedi eine gefeierte Hollywood-Diva - und eine zum Tode verurteilte Mörderin. Kurz vor ihrer Hinrichtung erzählt sie einem Journalisten der New York Times die ganze ungeschminkte Wahrheit über ihr Leben. Eine Wahrheit, die sie unsterblich machen wird ...
Willkommen in der »Ritze«, dem verruchtesten Bordell Berlins!
»Die juten Sitten« entführen uns in eine Welt, die schockiert, mitreißt und erregt. In unserer Vorstellung sind die Zwanzigerjahre fast nichts als Nachtleben - aber wem gehört die Nacht? Es wird Zeit, sie denen zu schenken, die sonst kaum zu Wort kommen: den Prostituierten.
»Verachtung und Erniedrigung sind nicht dasselbe.«
Natalia, strenge Domina mit großem Herzen
»Angst vor Konkurrenz? Moi? Ich bitte dich, hast du mich mal angesehen?«
Colette, schönste Hure Berlins
»Meine Damen sind jute, starke Frauen, und ick kann mir keine besseren Vorbilder für 'n kleines Mädchen vorstellen als uns.«
Minna, Bordellbesitzerin
»Sie wollen einen Skandal? Können Sie haben!«
Hedi, Minnas Enkelin und Hollywood-Star

Anna Basener finanzierte sich ihr Studium in Hildesheim als »erfolgreichste deutsche Groschenromanautorin« (DIE ZEIT). Heute schreibt sie Romane, Drehbücher, Theaterstücke und Hörspiele. Ihr Hörspiel »Die juten Sitten« schoss bei Audible über Nacht auf Platz 1, bei Goldmann erscheint die Romanserie dazu.
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Produkt

KlappentextDie Goldenen Zwanziger, wie sie schmutziger nicht sein könnten - der Roman zum erfolgreichen Audible-Hörspiel, das über Nacht zum Nr.1-Bestseller wurde
Berlin, 1927: Die achtjährige Hedi wächst im berüchtigten Bordell »Ritze« auf. Ihre Großmutter Minna, die das zwielichtige Etablissement betreibt, die strenge Domina Natalia und die bildschöne Hure Colette sind die einzige Familie, die Hedi je kannte. Von ihnen lernt sie alles, was sie fürs Leben braucht.
Drei Jahrzehnte später ist Hedi eine gefeierte Hollywood-Diva - und eine zum Tode verurteilte Mörderin. Kurz vor ihrer Hinrichtung erzählt sie einem Journalisten der New York Times die ganze ungeschminkte Wahrheit über ihr Leben. Eine Wahrheit, die sie unsterblich machen wird ...
Willkommen in der »Ritze«, dem verruchtesten Bordell Berlins!
»Die juten Sitten« entführen uns in eine Welt, die schockiert, mitreißt und erregt. In unserer Vorstellung sind die Zwanzigerjahre fast nichts als Nachtleben - aber wem gehört die Nacht? Es wird Zeit, sie denen zu schenken, die sonst kaum zu Wort kommen: den Prostituierten.
»Verachtung und Erniedrigung sind nicht dasselbe.«
Natalia, strenge Domina mit großem Herzen
»Angst vor Konkurrenz? Moi? Ich bitte dich, hast du mich mal angesehen?«
Colette, schönste Hure Berlins
»Meine Damen sind jute, starke Frauen, und ick kann mir keine besseren Vorbilder für 'n kleines Mädchen vorstellen als uns.«
Minna, Bordellbesitzerin
»Sie wollen einen Skandal? Können Sie haben!«
Hedi, Minnas Enkelin und Hollywood-Star

Anna Basener finanzierte sich ihr Studium in Hildesheim als »erfolgreichste deutsche Groschenromanautorin« (DIE ZEIT). Heute schreibt sie Romane, Drehbücher, Theaterstücke und Hörspiele. Ihr Hörspiel »Die juten Sitten« schoss bei Audible über Nacht auf Platz 1, bei Goldmann erscheint die Romanserie dazu.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641261047
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum19.10.2020
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1721 Kbytes
Artikel-Nr.5143052
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Das Gesetz

Los Angeles, 1954

Noah kehrt zurück, sein Blick ist noch immer finster. »Ich habe niemanden in der Redaktion erreicht. Zeitverschiebung.«

Er legt seine Zigaretten auf den Tisch und seinen Hut daneben. Hedi nimmt sich eine Zigarette, während er das Jackett auszieht und sich setzt.

»Und was machen wir jetzt?«, fragt sie und zündet sich die Zigarette an.

»Sie können ja erst mal weitererzählen, Mrs Belle.«

»Sie wissen, dass das nur ein Künstlername ist, oder?«, fragt sie.

»Ja.«

»Nennen Sie mich Hedi.« Sie lässt sich von ihrem eigenen Qualm einhüllen. »Und sollten Sie je wieder nach Berlin kommen, schauen Sie für mich in der Mulackstraße vorbei.«

»In der Unterwelt?«

»Halbwelt«, verbessert Hedi.

Noah schüttelt leicht den Kopf. »Warum hängen Sie so an einem verdammten Puff?«

Wenn er wirklich wissen möchte, warum sie so an der Ritze hängt, müsste er Hedi weiter zuhören. Aber das sagt sie ihm nicht. Hedi Belle muss überhaupt nicht viel sprechen, sie kann fast alles mit Blicken ausdrücken. Sie schaut Noah an.

Er seufzt. »Das kriege ich nie bezahlt.«

»Nur Huren kriegen immer alles bezahlt, Noah.«

Er schweigt und schließt die Augen. Es ist nicht einfach für ihn, aber für wen ist es schon einfach? Du musst der Welt immer wieder beweisen, dass du keine Hure bist. Außer du bist eine, dann hast du es in vielerlei Hinsicht leichter.

Noah schlägt sein Notizbuch wieder auf. Hedi bietet ihm eine seiner eigenen Zigaretten an, er greift zu und gibt sich selbst Feuer. All der Rauch färbt die hässlichen Wände grau, es sieht jetzt ein bisschen nach Leben und Feiern aus. Nur ein Hauch Kneipenluft in dieser Eierschalenhölle.

Berlin, 1927

Für jemanden, der nie in einer Kirche war, hat Natalia ihr Zimmer sehr sakral eingerichtet. Der Hurenbock gleicht einem Altar - über dem Zeichnungen von Schuljungen hängen, die mit nacktem Hintern im Klassenzimmer knien und ausgepeitscht werden. Sie tragen Blau wie die Jungfrau Maria und schauen auch genauso unschuldig drein. Natürlich sind sie nicht unschuldig. Wer ist das schon? Der Hurenbock ist ein massiver, kleiner Tisch mit kräftigen Beinen, die auch den fetten Bezirksbürgermeister tragen, wenn er den Arsch versohlt haben will. Er legt seine Wampe auf das dunkle Holz und beugt sich vor, und dann zischt die Peitsche so laut durch die Nacht, dass die kleine Hedwig sie nebenan in ihrem Bett hören kann.

Um den Hurenbock herum stehen Kerzen, deren Wachs Nacht für Nacht kurzen Schmerz auf der Haut von Natalias Kunden hinterlässt. Links neben dem Hurenbockaltar hängen die Leinen und Peitschen, Paddel und Gerten. Der Größe nach sortiert baumeln sie an der Wand. Rechts daneben hängt das Kreuz, es ist mannshoch, mit einer kleinen Emailleschale, die das Blut auffängt. Emaille kann man sehr gut reinigen.

»Enger«, befiehlt Natalia.

»Aber du kannst doch jetzt schon nicht mehr atmen.«

»Hauptsache, ich kann trinken.«

Colette müht sich mit den Ösen und Schnüren ab. »Du wirst noch in die Geschichte eingehen, als die letzte Frau der Welt, die ein corset getragen hat.«

»Enger«, sagt Natalia nur wieder. Sie hält sich mit beiden Händen am Kreuz fest und atmet nicht, während Colette hinter ihr schnürt und keucht.

Minna keucht ebenfalls, als sie ins Zimmer stürmt. Sie baut sich im Türrahmen auf und wedelt mit der Zeitung. »Hurerei ist jetzt erlaubt, Colette?! Ab sofort sind wir legal? Ihr vielleicht. Hast du det mal jelesen?«

»Natürlich.«

»Enger!«, ruft Natalia.

Minna schnaubt vor Empörung und Erschöpfung und spricht weiter. »Ihr Huren könnt euch registrieren lassen und straffrei eurem Jewerbe nachgehen. Aber Kuppelei ist immer noch verboten. Und weißt du, wat hier steht?«

»Colette, ich bin nicht aus Zucker, zieh an den Schnüren endlich!«, verlangt Natalia.

»Oui, warte ...«, sagt Colette, zieht, dass die Schnüre ihr in die Finger schneiden, und rutscht ab. »Au!«

»Nicht loslassen, verdammt!«, schimpft Natalia und sieht Colette kopfschüttelnd an. »Amateurin.«

»Dann mach deinen Scheiß doch allein.«

»Hedwig!«, ruft Natalia.

Das Mädchen steht hinter Minna auf dem Flur und hat Mühe, an ihr vorbei in Natalias Schmerzkathedrale zu schlüpfen. Das hier ist viel besser als der Spielplatz. Es ist eigentlich auch ein Spielplatz, nur dass er aufregend ist und keinen Sandkasten hat. Sandkästen sind für Babys.

Colette schüttelt ihre schmerzende Hand und streckt sie dann in Minnas Richtung aus. »Gib mir die Zeitung.«

Minna hält ihr das Blatt vor die Nase. »Hier steht: Als Kuppelei gilt insbesondere die Unterhaltung eines Bordells oder eines bordellartigen Betriebes. Also det, wat ick mache. Verboten. Det ist aus dem Jesetz zitiert. Wort für Wort.«

Das Kind quetscht sich derweil ins Zimmer und strahlt Natalia an.

»Hedwig, endlich.« Natalia strahlt zurück, die losen Schnüre ihres Korsetts in der Hand. »Rybka, kannst du das bitte machen richtig?«

Rybka ist russisch. Es bedeutet Fischchen. In Natalias Augen gibt es nichts Schöneres, als ein kleiner, silberner, kalter Fisch zu sein. Und Hedwig hat so tolle große Augen. Graue Fischaugen. Natalia liebt sie sehr. Manchmal formt sie ihr kleine Blumen aus Wachsresten. Hedwig hat sie alle in ihrem Zimmer auf der Fensterbank stehen. Ihr Zimmer geht nach Norden raus, das Wachs schmilzt nie. Auch nicht im Hochsommer. Abgesehen von den Blumen ist Hedwigs kleine Kammer langweilig. Es passt kaum mehr als ein Bett rein. Sie ist lieber hier bei Natalia.

Hedwig betrachtet die Schnürung an Natalias Rücken und schüttelt den Kopf. »Wer hat das denn eingefädelt?«

»Colette.«

Die Kleine seufzt. »Miserable Arbeit.«

Colette nimmt Minna die Zeitung weg und schlägt Hedwig auf den Hinterkopf. »Frauen sollten sich überhaupt nicht einschnüren, Mademoiselle. Das ist Unterdrückung. Und außerdem ist es furchtbar unmodisch.«

Minna ringt die Hände. »Ick muss schließen. Ick werde schließen müssen. Die Ritze wird die Schanklizenz verlieren. Ick werde allet verlieren.«

»Einatmen«, sagt Hedwig zu Natalia, und die wendet sich mit angehaltener Luft an Minna: »Warum? Die Ritze war gestern Kneipe, und sie ist heute Kneipe. Offiziell machen wir hier oben gar nichts, außer schlafen.«

Hedwig kichert, denn sie weiß ganz genau, was hier nachts passiert. Sie ist kein Baby mehr. Sie kennt sich aus.

»Mhm, ja«, sagt Minna zynisch und funkelt Colette an. »Det könnte funktionieren, außer natürlich unser französisches Fräulein Jesetzestreu hat sich bereits beim Amt gemeldet und dieses Haus hier als ihren Arbeitsort angegeben.«

»Oh«, macht Natalia. Sie sieht beunruhigt aus. Vielleicht liegt das aber auch nur an der Atemnot. Hedwig schnürt sehr gut.

»Und als wüssten die Bullen nicht sowieso, wat hier passiert«, wettert Minna. Sogar die Schweißperlen auf ihrer Stirn scheinen in Panik zu sein, sie laufen ganz schnell. »Wenn die wollen, dann muss ick nicht bloß schließen, dann steh ick vor Gericht. Dann muss ick ins Zuchthaus. Det Jesetz wird mir ruinieren. Und wat mach ick dann mit Hedwig?« Sie zeigt auf das kleine Mädchen. »Soll sie zu ihrer Nutte von Vater? Da kann ick sie ja gleich umbringen.«

Hedwig starrt Minna fassungslos an. »Was?«

»Nicht hinhören«, sagt Natalia zu ihr. »Minna ist gerade nicht sie selbst. Ich werde mich immer kümmern um dich, Rybka. Immer.«

»Und wer kümmert sich um mich, wenn ick im Arbeitslager sitze?«

»Jammern steht dir nicht, Minna.«

Colette schlägt die Zeitung zusammen. »Das ist schlecht zusammengefasst. Außerdem fehlt eine entscheidende Information.«

»Ja? Welche? Det Bordellbetreiber an den Pranger jestellt werden? Det sie den für uns extra wieder einführen?«

»Ich hab noch einen«, sagt Natalia und zeigt unter ihr Bett. »Da unten.«

»Nicht witzig!«, zischt Minna.

»Minna, der Zusatz zu Paragraph 180 gilt nicht für Frauen«, erklärt Colette. »Frauen, die Bordelle betreiben, gelten nicht als Kupplerinnen.«

»Wat?«, fragt Minna.

Colette nickt. »Oui, sie wollen den Alphonses und Fiesels den Garaus machen. Nicht den Frauen. Weil les femmes gleichberechtigt werden müssen und eh nicht so grausam sein können.«

Minna sinkt auf Natalias Bett. »Dann ist die Ritze sicher?«

»Ja. Wir sind jetzt alle anerkannte Geschäftsfrauen. Mehr oder weniger. Ihr müsstet euch nur noch reg...«

Minna unterbricht Colette. »Die Ritze ist sicher«, jubelt sie. »Die Ritze ist sicher!«

»Darauf sollten wir anstoßen«, schlägt Natalia vor.

»Darf ich auch?«, fragt Hedwig.

»Ja«, sagt Natalia, und Minna sagt gleichzeitig: »Nein.«

Überall in Berlin sind die Häuser riesig. Fünf Stockwerke in Charlottenburg und fünf in Pankow. Zwei, manchmal drei Hinterhöfe. Im Scheunenviertel aber sind es höchstens drei Stockwerke, eher zwei. Die Mulackstraße ist niedrig bebaut und schmal, zwei Autos können gerade so aneinander vorbeifahren. Das Kopfsteinpflaster ist dreckig, die Fassaden sind schmucklos. Und inmitten dieser engen, schlichten und dreckigen Straße steht die Ritze und ist noch schmaler, schmuckloser und...

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Autor

Anna Basener finanzierte sich ihr Studium in Hildesheim als »erfolgreichste deutsche Groschenromanautorin« (DIE ZEIT). Heute schreibt sie Romane, Drehbücher, Theaterstücke und Hörspiele. Ihr Hörspiel »Die juten Sitten« schoss bei Audible über Nacht auf Platz 1, bei Goldmann erscheint die Romanserie dazu.