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Warten auf Eliza

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.04.2021
Der verwitweten Ada fehlt eine Familie, der jungen Eliza eine Großmutter - als sie sich begegnen, nehmen beider Leben eine ungeahnte Wendung
Als Ada ihren Mann verliert, droht sie in Einsamkeit zu ertrinken. Mit über 70 hat sie, die einmal beinahe eine erfolgreiche Dichterin geworden wäre, plötzlich niemanden mehr. Erst als gegenüber ein Paradiesvogel einzieht, bekommt ihr Leben wieder Bedeutung und Farbe. Auch Eliza, eine bisexuelle junge Doktorandin mit entschiedenen Ansichten, leidet nach einer Trennung. Langsam nähern sich die beiden Frauen an, fühlen sich verbunden in ihrer rebellischen Natur und entdecken doch große Unterschiede. Eine ungewöhnliche Freundschaft beginnt, die Ada und Eliza mehr als einmal retten wird.

Leaf Arbuthnot ist eine englische Autorin, Journalistin und Literaturkritikerin. Nach ihrem Studium in Cambridge und Paris lebt sie heute in London. Wenn sie nicht gerade schreibt, zeichnet sie Cartoons oder arbeitet fürs Radio. Als Journalistin interviewte sie für u. a. die Sunday Times und das Times Literary Supplement Persönlichkeiten wie Hilary Mantel und Prince Charles. Leaf ist regelmäßig auf Twitter (@leafarbuthnot) und bei Instagram unterwegs, noch lieber verbringt sie Zeit offline mit ihrer 99-jährigen Großmutter, die sie auch zu ihrem Debütroman »Warten auf Eliza« inspirierte.
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Produkt

KlappentextDer verwitweten Ada fehlt eine Familie, der jungen Eliza eine Großmutter - als sie sich begegnen, nehmen beider Leben eine ungeahnte Wendung
Als Ada ihren Mann verliert, droht sie in Einsamkeit zu ertrinken. Mit über 70 hat sie, die einmal beinahe eine erfolgreiche Dichterin geworden wäre, plötzlich niemanden mehr. Erst als gegenüber ein Paradiesvogel einzieht, bekommt ihr Leben wieder Bedeutung und Farbe. Auch Eliza, eine bisexuelle junge Doktorandin mit entschiedenen Ansichten, leidet nach einer Trennung. Langsam nähern sich die beiden Frauen an, fühlen sich verbunden in ihrer rebellischen Natur und entdecken doch große Unterschiede. Eine ungewöhnliche Freundschaft beginnt, die Ada und Eliza mehr als einmal retten wird.

Leaf Arbuthnot ist eine englische Autorin, Journalistin und Literaturkritikerin. Nach ihrem Studium in Cambridge und Paris lebt sie heute in London. Wenn sie nicht gerade schreibt, zeichnet sie Cartoons oder arbeitet fürs Radio. Als Journalistin interviewte sie für u. a. die Sunday Times und das Times Literary Supplement Persönlichkeiten wie Hilary Mantel und Prince Charles. Leaf ist regelmäßig auf Twitter (@leafarbuthnot) und bei Instagram unterwegs, noch lieber verbringt sie Zeit offline mit ihrer 99-jährigen Großmutter, die sie auch zu ihrem Debütroman »Warten auf Eliza« inspirierte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641264109
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum13.04.2021
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1582 Kbytes
Artikel-Nr.5143819
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



2

»SWINBURNE ROAD?«

»Ja.«

»Wo ist die gleich wieder?«

»Bei der Iffley.«

»Neben dem Fish-and-Chips-Laden?«

»Fast. Näher beim Supermarkt.«

Eliza schrie. Sie konnte sich nicht mehr an den Namen der Bar erinnern, in der sie gelandet war, aber sie gefiel ihr. Sie war düster und laut, außerdem hatte keiner der Drinks feste Preise. Stattdessen wurde man vom Besitzer gründlich gemustert, der dann anhand von Auftreten, Klamotten und Akzent beurteilte, wie viel man für seinen Whisky, oder was auch immer man trank, ausgeben konnte, und einen Preis nannte. Die meisten Oxford-Studenten - reiche Leute aus Südengland, die ihren Wohlstand trotz ihrer Oxfam-Jacken nicht verbergen konnten - zahlten ziemlich viel, auch weil der Besitzer sie fernhalten wollte und einheimische Kundschaft bevorzugte. Aber Eliza hatte schon vor langer Zeit lernen müssen, dass man ihr ihre prekären Finanzen ansah. Vielleicht lag es an ihrem Gesicht oder ihrer Frisur - ein pinkfarbener Bob, den sie sich - unter Zuhilfenahme ihrer Handykamera für die Nackenlinie - selbst geschnitten hatte. Ihr Akzent trug bestimmt auch das Seine dazu bei; keiner hier ging bei Leuten aus dem Norden davon aus, dass sie Geld hatten. Bisher hatte sie jedenfalls zwei Pfund pro Drink bezahlt, und die Oliven waren gratis gewesen, während die junge Frau, der Eliza gerade ihre Adresse zurief, ganze sechs Mäuse für einen Wodka Tonic hingelegt hatte.

Eliza war jetzt seit fünf Tagen in Oxford und versuchte, sich ins hiesige Leben zu stürzen. Es war Erstsemesterwoche, und sie waren überall - haufenweise Kinder, die hinter älteren Kommilitonen durch die Stadt liefen. Diese hatten sich freundlicherweise bereit erklärt, sie zu irgendeinem Inder oder Club mitzunehmen. Eliza war fünfundzwanzig, hatte sich aber immer noch nicht daran gewöhnt, als nicht mehr ganz jung durchzugehen. Sie staunte selbst, wie sehr ihr die runden Gesichter der Erstsemester auffielen, ihre sichtliche Nervosität. Bei ihrem Studienbeginn in Bath, 2009 - hatte sie da auch so pausbäckig, so niedlich ausgesehen?

Im Vergleich dazu war der Beginn einer Promotion keine große Sache. Trotzdem ging Eliza immer noch sooft aus wie möglich, ignorierte den Widerwillen dagegen, der jeden Abend in ihr aufstieg, das Wissen, dass sie einen deutlich schöneren Abend haben würde, wenn sie einfach bloß im Bett blieb. Und jetzt stand sie hier mit Nat, einer Bachelorstudentin, die sie gerade mal seit drei Stunden kannte, aber trotzdem schon geküsst hatte. Sie waren im Raucherbereich des Cellar ins Gespräch gekommen; Nat war total beschwipst, hübsch und schien Eliza witzig zu finden. Nachdem sie vier Zigaretten Kette geraucht hatten, die allesamt aus der Schachtel in Nats Rucksack stammten, hatten sie beschlossen, noch woanders hinzugehen. Nat zahlte das Taxi. Eliza war froh, weil sie pleite war. Sie knutschten auf dem Rücksitz wie in einer schlechten Fernsehserie und schmiegten sich vor dem Eingang der Bar aneinander. Nat griff Eliza mit großer Geste an den Po und brachte sie zum Lachen. Jetzt hockten sie in einer Nische am Fenster, und ihre Finger streiften sich ständig. Eliza fand, ihre rauen, geröteten Hände wirkten männlich im Vergleich zu Nats kühlen, weichen, hellbraunen, die in silberfarbenen Nägeln ausliefen, als hätte sie diese in geschmolzene Halsketten getaucht.

»Ich wohne eher Richtung Summertown«, schrie Nat gegen die Musik an. »Ich lebe noch bei meinen Eltern.«

»Schön«, erwiderte Eliza genauso laut. »Ich kenne ein paar Kommilitonen, die dort wohnen, aber die Mieten sind abartig, deshalb hab ich´s gelassen.«

»Ja, die Mieten sind abartig.«

»Da, wo ich jetzt bin, ist es okay.«

»Wirklich?«

»Hmhm. Ich bin die einzige Mieterin - das ganze Gebäude wird gerade saniert, ich glaube, weil Asbest gefunden wurde. Es wird entkernt. Nur nicht mein Zimmer. Ich soll dafür sorgen, dass keine Hausbesetzer reinkommen.«

»Gefällt es dir?«

»Ja, das passt schon. Und bis ins Zentrum ist es auch nicht weit.«

Sie führte Nats Finger an ihren Mund und knabberte zärtlich daran. Sie schmeckten salzig.

»Wecken dich die Bauarbeiter nicht ständig auf?«, fragte Nat.

»Manchmal«, gestand Eliza. »Ich versuch, ab acht weg zu sein.« Sie überlegte, ob sie noch hinzufügen sollte, dass es kein heißes Wasser gab. Dass sie im Fitnessraum der Universität duschte, zusammen mit der Polomannschaft, wenn die vom Training kam. Dass das Bewohnen eines Hauses, das mehr oder weniger eine einzige Baustelle war, bedeutete, mit tonnenweise Staub zu leben, und dass sie dazu übergegangen war, ihr schmales Bett in eine Abdeckplane zu hüllen, die sie ein paar Häuser weiter an einem Audi gefunden hatte. Auf diese Weise verhinderte sie, dass der Schmutz in ihr Kissen und ihre Decke eindrang. Dass sie jeden Morgen mit Halskratzen aufwachte und erst mal eine heiße Zitrone trinken musste, um es wieder loszuwerden. Aber sie wollte Nat nicht vergraulen, außerdem war sie froh, dass sie so wenig Miete zahlen musste, und stolz darauf, wie sie das Zimmer gefunden hatte: Nick, ein einheimischer Projektentwickler, der durch den Oxforder Immobilienboom reich geworden war, hatte das Zimmer auf irgendeiner Facebook-Seite inseriert gehabt - eindeutig in der Hoffnung, dass die Behörden die Anzeige dort nicht entdecken würden. Eliza hatte sie gesehen und sofort angerufen, fünf Minuten später hatte sie das Zimmer.

»Meine Güte!«, brüllte Nat. »So früh? Um acht schlaf ich noch.«

Eliza grinste und zuckte nur mit den Schultern. Sie überlegte, so was wie »Der frühe Vogel fängt den Wurm« zu sagen, merkte aber gerade noch rechtzeitig, dass das wenig originell war, und schwieg. Nat begann damit, ihr über den kleinen Tisch hinweg den Nacken zu massieren. Aufgrund ihrer Sitzposition war es etwas umständlich, aber es fühlte sich gut an, was Eliza ihr auch sagte.

»Du promovierst, oder? In Italienischer Literatur?«, fragte Nat.

»Ja, ich hab gerade damit angefangen. Aus irgendeinem Grund heißt es nicht PhD, sondern DPhil. Aber es stimmt schon, ich bin eine von diesen gruseligen Doktorandinnen.«

Nat stieß einen gespielten Entsetzensschrei aus.

Sie lachten. Die Kluft zwischen Bachelor- und Promotionsstudenten war einfach riesig: Für Erstere waren die Promotions- und Masterstudenten Nerds mit fettigen Haaren, die sich von Linsenauflauf und Biowein ernährten und jeden Stadtrat kannten. Letztere hingegen hatten nichts als Mitleid mit den beschränkten Bachelorstudenten: wegen ihrer Cliquenbildung, ihrer Schulden, ihrer lahmen Sportclubs, ihrer lächerlichen Studienpläne und weil sie sich so selten aus ihren Kreisen hinauswagten, um das echte Oxford, seine Geschichte, seine Politik und seine weniger fotogenen Ecken kennenzulernen.

Doch Sex war ein großer Gleichmacher, der Schmierstoff, was die Verbrüderung zwischen Bachelor- und Promotionsstudenten anbelangte. Für einen Bachelorstudenten war es zum Beispiel durchaus akzeptabel, beim Ausgehen einen Promotionsstudenten aufzureißen, umgekehrt galt dasselbe. Es wurde sogar gern gesehen und galt als Zeichen von Offenheit. Hätte ein dreißigjähriger Physikforscher eine Erstsemesterstudentin angemacht, die noch von nichts eine Ahnung hat, wäre das vielleicht seltsam gewesen, aber Nat war kein Erstsemester, außerdem besaßen solche Codes in der queeren Community keine Gültigkeit, da sah man beim Alter nicht so genau hin, es spielte eine deutlich geringere Rolle.

»Und worüber promovierst du genau?«, fragte Nat. »Warte, das erzählst du mir, wenn ich vom Klo zurück bin.«

Sie stand auf und taumelte Richtung Toilette, schob ihre schlanke Figur zwischen den Leuten hindurch, die sich an der Bar drängten. Eliza verlor sie aus den Augen. Sie drehte sich um und warf einen Blick auf die Straße. Eine Laterne leuchtete weiß in der Dunkelheit. Sie ließ den Drink in ihrem Glas kreisen. Die Eiswürfel klirrten. Sie beschloss, dass sie aussah wie eine Frau auf einem Edward-Hopper-Gemälde. Ihr Rücken war gerade, ihre Miene undurchdringlich und ihre Figur in dem schwarzen Shiftkleid kaum zu erkennen. »Es gibt nichts, was ich nicht schon erlebt habe«, sagte Eliza mit einem amerikanischen Akzent leise vor sich hin. Gleich würde Nat mit zu ihr kommen wollen, bei Nat war es weniger ideal, weil sie noch bei den Eltern wohnte. Eliza stellte sich vor, wie sie ihre Zimmertür öffnen würde, während Nat dicht hinter ihr stehen und ihr den Nacken oder das Ohrläppchen massieren würde. Seit Ruby hatte Eliza mit niemandem mehr geschlafen. Obwohl anderthalb Jahre vergangen waren, wusste sie nicht recht, ob sie schon so weit war. Vielleicht fühlte sie sich aber auch nur von Zeitschriften und Fernsehsendungen zu der Frage genötigt, ob sie schon bereit für Sex war. Egal, Nat und sie würden in ihr Zimmer schlüpfen. Sie würden dann noch betrunkener sein und auf dem Bürgersteig geknutscht haben. Eliza würde auf die Plane über ihrem Bett zeigen, sich für den Sägemehlgeruch, die ungespülten Becher, die Elektroheizung und für das eine Fenster, das mit Pappe vernagelt war, entschuldigen. Nat würde sagen, dass ihr das nichts ausmache, und so etwas hinzufügen, wie dass ihr Elizas Bücher gefielen. Daraufhin würden sie weiterknutschen, versuchen, einander ihre erotische Bandbreite und ihr Verlangen zu beweisen, mal sanfter, mal brutaler - diesmal vielleicht an die Zimmertür gepresst.

Nein, nein, nicht heute Abend. Eliza stand auf. Energisch stellte sie ihr Glas...

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Autor

Leaf Arbuthnot ist eine englische Autorin, Journalistin und Literaturkritikerin. Nach ihrem Studium in Cambridge und Paris lebt sie heute in London. Wenn sie nicht gerade schreibt, zeichnet sie Cartoons oder arbeitet fürs Radio. Als Journalistin interviewte sie für u. a. die Sunday Times und das Times Literary Supplement Persönlichkeiten wie Hilary Mantel und Prince Charles. Leaf ist regelmäßig auf Twitter (@leafarbuthnot) und bei Instagram unterwegs, noch lieber verbringt sie Zeit offline mit ihrer 99-jährigen Großmutter, die sie auch zu ihrem Debütroman »Warten auf Eliza« inspirierte.