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Der Hüter des Feuers

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am14.02.2022
4. Jahrhundert vor Christus: Alexander der Große ist tot, gestorben in Babylon, fernab seiner Heimat. Nun streiten sich seine Generäle, unter ihnen Ptolemaios, um sein Imperium. Lydias, ehemaliger Pferdeknecht Alexanders und treuer Gefolgsmann Ptolemaios', ist Zeuge, als die Göttin Isis dem General den Auftrag erteilt, Pharao von Ägypten zu werden. Nachdem Ptolemaios die Regentschaft übernommen hat, beginnt er, ein freies Ägypten aufzubauen, und betraut Lydias mit einer wichtigen Mission: Alexanders Leichnam nach Ägypten zu bringen, um seinen Geist zu befreien. Der sensible und kluge Lydias begibt sich in das gefährlichste Abenteuer seines Lebens ...

Jo Graham hat mehrere Jahre in der Politik gearbeitet, bis sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie lebt mit ihrer Familie in Maryland.
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Produkt

Klappentext4. Jahrhundert vor Christus: Alexander der Große ist tot, gestorben in Babylon, fernab seiner Heimat. Nun streiten sich seine Generäle, unter ihnen Ptolemaios, um sein Imperium. Lydias, ehemaliger Pferdeknecht Alexanders und treuer Gefolgsmann Ptolemaios', ist Zeuge, als die Göttin Isis dem General den Auftrag erteilt, Pharao von Ägypten zu werden. Nachdem Ptolemaios die Regentschaft übernommen hat, beginnt er, ein freies Ägypten aufzubauen, und betraut Lydias mit einer wichtigen Mission: Alexanders Leichnam nach Ägypten zu bringen, um seinen Geist zu befreien. Der sensible und kluge Lydias begibt sich in das gefährlichste Abenteuer seines Lebens ...

Jo Graham hat mehrere Jahre in der Politik gearbeitet, bis sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie lebt mit ihrer Familie in Maryland.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641267193
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum14.02.2022
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1925 Kbytes
Artikel-Nr.5691386
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1

Der König liegt in Babylon

Der König war tot. Alexander lag in Babylon, im Palast der Perserkönige, auf seinem Sterbebett. Und ich hatte über seinen Leichnam hinweg ohne verständlichen Grund einen Mann getötet.

Das Gerangel war selbst hier weitergegangen, in seinem Sterbegemach.

»Zu mir! Zu mir!«, schrie Perdikkas, barhäuptig und mit vor Schweiß glänzendem Gesicht. Er sei der Nachfolger, behauptete er, Alexander habe ihm seinen Ring in die Hand gedrückt.

Andere sagten, der Ring sei für Krateros bestimmt, der nicht hier war.

Und natürlich erhoben auch noch andere Anspruch. Sein Leichnam war noch nicht kalt.

Ich trat einen Schritt zurück. Das Blut lief in den Rillen der Schwertklinge hinunter, als ich in Abwehrhaltung ging; warme Rinnsale liefen über meine Fingerknöchel. Die Beine des Königs waren unter seinem Chiton nackt. Falls er bedeckt gewesen war, wie es sich ziemte, so war das Leichentuch beim Kampf verrutscht. Ein Tropfen fiel von meiner Klinge und glitzerte auf einem goldenen Haar.

Der junge Eunuch war über ihm zusammengesunken, schützte ihn mit seinem toten Körper. Zumindest nahm ich an, dass er tot war. Er lag ganz still, den Rücken wehrlos den Schwertern rund um die Totenbahre herum preisgegeben.

»Drängt sie zurück!«, brüllte Perdikkas. Anscheinend gewann er die Oberhand.

Das Schwert in der Hand, stand ich da. Niemand kam mir nahe. Ich hatte keinen Grund, irgendjemanden anzugreifen.

Ein Mann ging zu Boden. Perdikkas und zwei weitere Kämpfer stürzten der Tür entgegen, drängten ihre Gegner zurück. Ich vernahm den letzten Atemzug des Sterbenden, dieses typische Todesröcheln, und rührte mich dennoch nicht von der Stelle. Wem sollte ich mich anschließen? Perdikkas? Gut genug war er ja, aber er hatte nie auch nur ein Wort an mich gerichtet. Krateros, der Männer, die Frauen aus fremden Ländern heirateten, verlacht und ihre Söhne als Bastarde bezeichnet hatte?

Mein Herr war doch schon tot.

Und so stand ich über der Bahre und lauschte meinem Atem.

Draußen verhallte das Kampfgeschrei allmählich in der Ferne. Vielleicht hatte Perdikkas sie bis in die Halle zurückgetrieben oder zum Badehaus.

Die Lampe begann zu qualmen, bald wäre das duftende Öl verbraucht und der Gestank des Todes würde den Raum erfüllen.

In diesem Augenblick begann der junge Eunuch sich zu regen. Er atmete flach. Da ich keinen Grund hatte, ihn zu töten, wischte ich mein Schwert an dem herabgefallenen Leichentuch ab, trat über den Sterbenden hinweg und verließ das Gemach.

Ich fand Glaukos in der Küche. Er hatte drei Weinkrüge vor sich, außerdem eine Zwiebel. Messer und Speisen lagen auf dem Tisch; die Bediensteten hatten gerade eine Mahlzeit zubereitet, bevor sie vor Angst das Weite gesucht hatten.

Glaukos blickte zu mir auf. Aus seinen Augen war alles Leben gewichen. »Dann kommst du also, um mich zu töten?«

Schwer setzte ich mich auf die Bank. »Warum sollte ich, du Säufer? Die Welt liegt in Trümmern, und du trinkst schon wieder.«

»Solltest du auch mal versuchen«, entgegnete er. »Spricht doch nichts dagegen.«

Ich goss ein wenig Wein in einen Tonbecher und nahm einen kleinen Schluck. Es war ein guter, starker baktrischer Rotwein, dunkel und vollmundig, völlig unverdünnt. Ich vermutete, dass er für die Tafel des Königs gedacht gewesen war.

»Elefanten, hat er gesagt«, brummte Glaukos. »Der König wollte Elefanten. Ich hab gesagt, ich kann unmöglich Elefanten auftreiben. So konnte man mit ihm reden. Ich hab gesagt, keine Elefanten, und warum er mich überhaupt nach den Biestern fragt, ich hab doch mein Lebtag noch nie etwas mit Elefanten zu tun gehabt. Glaukos , hat er gesagt, ich weiß, du kannst mir welche beschaffen. « Er schenkte sich nach, während ihm Tränen übers Gesicht liefen. »Dann also Elefanten.«

»Ich will nichts von deinen verfluchten Elefanten hören«, wehrte ich ab.

»Und als ich dann mit diesen vier Elefanten am Flussufer aufgetaucht bin ...«

»Kein Wort von den Elefanten!«, herrschte ich ihn an und schlug ihm den Becher aus der Hand. Er zerschellte auf dem Boden und ein roter Weinfleck breitete sich dort aus.

Aus seinem Blick sprach Verblüffung, doch seine Stimme klang völlig unaufgeregt. »Das war aber nicht nett«, sagte er. Mit den langsamen, bedachten Bewegungen des Betrunkenen stand er auf, ging zu einem Bord an der Wand und kam mit einem neuen Becher zurück.

Ich warf noch einen Blick auf ihn und verließ die Küche.

Im Flur war es still. Falls der Kampf hier getobt hatte, so war er jetzt weitergezogen. Ziellos streifte ich durch die Korridore. In der Empfangshalle waren die goldenen Ornamente des Throns heruntergerissen worden, ein kleiner geschnitzter Tisch lag umgekippt auf der Seite. Ich ging den Flur hinunter zum Badehaus.

»Halt! Wer da?«, hörte ich eine bekannte Stimme rufen, gleich danach wurde ein Riegel zurückgeschoben.

Ich blieb stehen. »Lydias von Milet«, antwortete ich.

»Ah.« Er trat in die Lücke zwischen den Türflügeln des Badehauses. Hinter ihm konnte ich vier oder fünf weitere Männer sehen, einige gerüstet, in annehmbarer Schlachtordnung. »Nimm die Hand vom Schwertgriff«, befahl er.

Ich tat es. »Artashir.«

Er war ein Gefährte, allerdings war er mit einem Bogen bewaffnet. Die Perser erlernen die Kunst des Bogenschießens sehr früh, und ich hielt es für klug, nicht daran zu zweifeln, dass er damit umzugehen wusste. Nicht, wenn der Pfeil direkt auf meine Brust zielte.

»Seid Ihr ein Freund oder Feind?«, wollte er wissen.

»Von wem?«, fragte ich.

Das Badebecken hinter ihm war blau und klar. Der König hatte hier den größten Teil seiner letzten Tage verbracht.

»Von uns«, antwortete Artashir nach nur ganz kurzem Zögern. Er war jünger als ich, hochgewachsen und eckig, mit einem kurzen Bart nach persischem Brauch.

»Ich bin nicht euer Feind«, sagte ich. Die Wahrheit war, ich kannte den Mann kaum. Bis zu der Zeit nach Gedrosia waren wir nie zusammen am selben Ort gewesen, und danach hatte ich keine Freundschaften geschlossen.

»Wir halten das Badehaus«, verkündete er.

»Für wen?«

»Für den König«, erwiderte er.

Ich lachte, und selbst in meinen eigenen Ohren klang es überspannt. »Der König ist tot. Ihr werdet das Badehaus bis in alle Ewigkeit halten.«

Artashir reckte sich, seine dunklen Augen schimmerten verdächtig. »Dann tun wir das. Wir werden auf Befehle warten, wie Gefährten es tun sollten.«

»Dann wartet eben und verrottet.« Ich machte kehrt und ging davon.

Niemand gab einen Pfeil auf mich ab..

Vom Hof der Stallungen her konnte ich Kampfgeräusche hören, doch ich hatte kein Verlangen danach, die Schlacht zu suchen. Mein Schwert wog zu schwer in meiner Hand, und der verlassene Palast war zu leer. Im Vorzimmer der Empfangshalle lagen Papiere herum, Briefe und Meldungen, all die Geschäfte des Reiches, die des Königs Hand harrten. Die Lampen brannten in ihren durchbrochenen Haltern. Draußen im Hof plätscherte der Springbrunnen. Halb rechnete ich damit, dass er erstarrt war, dass die Tropfen regungslos in der Luft schwebten. Gewiss konnte doch die Sonne nicht untergehen, die Tropfen nicht fallen.

Ich wanderte zurück in die Küche, wo Glaukos immer noch saß.

Trübsinnig blickte er vom Tisch auf. »Na, wieder da?«

Ich zuckte die Achseln. »Weiß sonst nichts Besseres. Ist wohl am besten, mit einem Freund zu sterben.«

»So ist´s recht.« Glaukos rückte zur Seite und schenkte mir ein. Die Hälfte des unverdünnten Weins schwappte aus dem Becher, so unstet waren seine Hände. »Hab immer schon gedacht, dass ich mal mit dir draufgehen würde.«

Ich hob meinen Becher zum Gruß. »Auf den Tod, mein Freund Glaukos. Auf den Tod und eine Ewigkeit inmitten der Schatten.«

Glaukos hob seinen Becher und blinzelte mich an. »Weißt du, Lydias, seit Gedrosia bist du ein bisschen seltsam.«

»Seltsam nennst du mich?«, fragte ich. »Alexander ist tot. Spielt es da eine Rolle, ob ich seltsam bin? Wir werden in einer fremden Stadt abgeschlachtet werden, genau wie die Magi gesagt haben. So sind die Würfel eben. Wenn man oft genug würfelt, verliert man.« Der Wein war sehr gut. Mir kam der Gedanke, dass er möglicherweise für den König bestimmt gewesen war. Vielleicht war er ja vergiftet. Davon war gemunkelt worden.

Ich betrachtete den Bodensatz. Nichts zu sehen. Das flackernde Licht ließ die Form einer Gestalt auf der Oberfläche entstehen, die an einen Oktopus erinnerte.

Sanft berührte Glaukos meine Hand. »Trink aus, mein Freund«, sagte er.

Ich tat es. Wenn ich vergiftet wurde, so kümmerte es mich nicht länger.

Ich trank mit ihm, während die Nacht durch die Fenster hereinkam und die Lampen blakten und schließlich erloschen. Stille senkte sich über den Palast. Glaukos redete und redete, immer unsinnigeres Zeug. »Elefanten«, flüsterte er, bevor er den Kopf auf die Arme legte und die Augen schloss.

Gift, dachte ich. Natürlich.

Am anderen Ende der Küche raschelte etwas. Zwei grüne Augen starrten mich aus dem Dunkel unverwandt an.

»Tod«, flüsterte ich, als sich eine graue Katze langsam aus dem Schatten löste und ich anfing zu glauben, dass sie mit mir sprach. In Worten, die ich nicht verstand.

Und dann nahm mich die Nacht in sich...

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Autor

Jo Graham hat mehrere Jahre in der Politik gearbeitet, bis sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie lebt mit ihrer Familie in Maryland.