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Bevor der Sturm begann

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
560 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am11.10.2021
Liebe, Verlust und Neubeginn im italienischen Restaurant an der Steinernen Brücke
Portofino, 1910: Auf ihrer ersten Reise an die Riviera trifft die lebenshungrige Bürgertochter Susanne Märzhäuser die Liebe ihres Lebens. Achille Giraudo kann Italien und seine Familie nicht schnell genug verlassen. In Regensburg eröffnen die beiden direkt an der Donau das erste italienische Restaurant Bayerns. Während zwei Weltkriege ihr Glück überschatten, sind die Osteria und der bunte Kreis, der sich dort bei Pasta, Grappa und Barolo versammelt, wie ein Fels in der Brandung. Doch mit der wachsenden Großfamilie nehmen auch die Verwicklungen zu. Denn es gibt ein Geheimnis, das zwischen Susanne und Achille steht-und einen mysteriösen Todesfall, der vor vielen Jahren im Piemont geschah.
Eine mitreißend erzählte deutsch-italienische Familiengeschichte

Claudia Ley ist das Pseudonym einer Spiegel-Bestsellerautorin mit deutsch-italienischen Wurzeln. In Italien hat sie auch studiert und erhält sich dort bis heute ihren zweiten Wohnsitz. Mit ihrer Familie lebt sie im brodelnden Herzen Londons, übt ihren Beruf als Lektorin und Übersetzerin immer noch mit Begeisterung aus und liebt Reisen, italienische Küche samt Rotwein und Juventus Turin.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextLiebe, Verlust und Neubeginn im italienischen Restaurant an der Steinernen Brücke
Portofino, 1910: Auf ihrer ersten Reise an die Riviera trifft die lebenshungrige Bürgertochter Susanne Märzhäuser die Liebe ihres Lebens. Achille Giraudo kann Italien und seine Familie nicht schnell genug verlassen. In Regensburg eröffnen die beiden direkt an der Donau das erste italienische Restaurant Bayerns. Während zwei Weltkriege ihr Glück überschatten, sind die Osteria und der bunte Kreis, der sich dort bei Pasta, Grappa und Barolo versammelt, wie ein Fels in der Brandung. Doch mit der wachsenden Großfamilie nehmen auch die Verwicklungen zu. Denn es gibt ein Geheimnis, das zwischen Susanne und Achille steht-und einen mysteriösen Todesfall, der vor vielen Jahren im Piemont geschah.
Eine mitreißend erzählte deutsch-italienische Familiengeschichte

Claudia Ley ist das Pseudonym einer Spiegel-Bestsellerautorin mit deutsch-italienischen Wurzeln. In Italien hat sie auch studiert und erhält sich dort bis heute ihren zweiten Wohnsitz. Mit ihrer Familie lebt sie im brodelnden Herzen Londons, übt ihren Beruf als Lektorin und Übersetzerin immer noch mit Begeisterung aus und liebt Reisen, italienische Küche samt Rotwein und Juventus Turin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641270346
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum11.10.2021
Seiten560 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2218 Kbytes
Artikel-Nr.5690731
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Ein Lieblingskind gibt es in den meisten Familien, und nicht immer kennt die Familie selbst dafür den Grund.

Das Lieblingskind in Susannes Familie war vom Tag seiner Geburt an Konrad gewesen, daran war nichts zu rütteln, und nach Gründen hatte sie sich nie gefragt. Konrad war eben Konrad. Unter den fünf Märzhäuser-Kindern der Goldschatz, der eine, der nichts anderes zu sein brauchte als er selbst.

Maximilian war der Erstgeborene, der Stammhalter, der Verantwortung zu tragen, in der Schule fleißig zu lernen und sich wie ein Erwachsener zu benehmen hatte, damit das, was der Vater mühsam mit seiner Hände Arbeit aufgebaut hatte, nicht ins Wanken geriet und wie ein Streichholzhaus zusammenfiel.

Susanne war die älteste Tochter, zwar nicht so heiß ersehnt wie ein Sohn, aber ebenfalls nötig, denn ein Mädchen, das auf sich achtete, das seine Aussteuer pflegte und eine gute Partie ergatterte, konnte seine Familie ein ordentliches Stück voranbringen.

Zwischen beiden gab es noch Ludwig, der seinen Nutzen haben würde, indem er das Brauerhandwerk erlernte, um den aber niemand viel Aufhebens machte. Wenn Bekannte - vor allem Geschäftspartner des Vaters oder deren Gattinnen - verwundert ausriefen: »Ach, Sie haben noch einen Sohn!«, waren damit nie Maximilian oder Konrad gemeint, sondern immer Ludwig.

Als Nächstes war Sybille geboren worden, die Hübsche, die eines Tages eine Prinzessin werden würde. Zumindest behaupteten das die Leute. »Mit der Kleinen hat dein Vater einen feinen Köder am Haken«, sagte Riedele, der Braumeister, der niemals lachte und alles ganz genau wusste. »Die angelt sich mal einen dicken Fisch und wird ein Prinzesschen, während wir gewöhnlichen Erdenwürmer uns ins Grab schuften.«

Als dann niemand mehr mit einem Kind gerechnet hatte, war Konrad gekommen, der gar nichts zu werden brauchte, sondern einfach er selbst war, und das war genug. Konrad, der Zärtliche, Konrad, der Fröhliche, Konrad, der auf der Welt keinem Wesen übelwollte. »Das letzte Kind ist zum Lieben«, sagte Tante Lene, die gar keine Kinder hatte, und vielleicht war das ja das ganze Geheimnis: Konrad war zum Lieben auf die Welt gekommen, und so wie alle ihn liebten, liebte er alle zurück.

Das waren sie. Die fünf Märzhäusers, die Kinder vom Brauhaus, wie die Leute in Stadtamhof sie nannten. Man hätte annehmen können, es wäre Max, der Älteste, nach dessen Pfeife sie tanzten, aber der war ein ruhiger Bürger und zum Anführer nicht gemacht. Es war Konrad, der ihnen allen voranzog und dabei auf seiner kleinen Vogelpfeife spielte, die ihm die Mutter auf der Dult gekauft hatte.

Den anderen Kindern kaufte sie dort an den bunten Buden, die Karamellduft und die Musik der Dampforgel umwehte, nie etwas. Es war alles wertloser Tand, für den eine fromme, sparsame Protestantin kein Geld ausgab, aber wenn Konrad sie mit seinen runden Augen ansah und »Bitt schön, meine Maman«, sagte, konnte sie nicht widerstehen. »Soll er das Dinglein eben haben, wenn´s ihm solchen Spaß macht. Er verlangt ja nicht viel.«

Das traf zu und verwunderte Susanne. Hätte sie selbst solche Macht besessen, hätte sie sich das Blaue vom Himmel gewünscht: ein eigenes Regal voller Bücher, eine Reise nach Italien, eine Palette mit Ölfarben, einen langfelligen Hund. Konrad aber wünschte sich nie mehr als kleine Dinge und diese auch nur hin und wieder, wenn er sein Herz an etwas hängte. So wie an die Vogelpfeife, das dicke Rotkehlchen aus Ton, in dessen Schwanz man blasen musste, damit es vorn durch den Schnabel, zu pfeifen begann. Wenn man zuvor ein wenig Wasser einfüllte, wurde aus dem Pfeifen ein Trällern, und Konrad füllte Wasser ein, sooft er mit seiner Vogelpfeife unterwegs war.

Trällernd stapfte, tanzte und hüpfte er ihnen voran durch die Gassen von Stadtamhof, durch die zu dieser Jahreszeit immer Nebelschwaden wie Gespenster huschten, und die vier Älteren trotteten im Gänsemarsch hinterdrein.

»Ach Gott, ist das goldig!«, rief Else Bruchmann, die katholische Bäckersfrau, die mit ihrer Schwester aus der Messe in St. Emmeram kam. »Der süße Flötenspieler vorneweg - wie ein richtiger kleiner Rattenfänger.«

Sybille war sieben, Susanne neun, Ludwig dreizehn und Maximilian sogar bereits fünfzehn Jahre alt und damit wirklich schon zu groß für solche Kindereien. Konrad aber, der kleine Sonnenschein mit seiner Vogelpfeife, war erst fünf, und nach dem sonntäglichen Gottesdienst in der Dreieinigkeitskirche, während die Eltern noch mit Bekannten vor dem Kirchtor standen, hatte er Susanne an beiden Händen genommen, zu ihr aufgeblickt und gefragt: »Bitt schön, mein Susannchen. Können wir zur Flutmulde gehen, zum Eislaufen? Der Ludwig hat´s heute früh schon gesehen, sie ist ganz zugefroren. Ach bitte, Susannchen, wir alle zusammen!«

Mein Susannchen. Das sagte er immer zu ihr. »Ich hab dich lieb, mein Susannchen, mehr lieb als Mandelsplitter und alle kleinen Sterne.«

»Heute nicht, Konni«, hatte Max sich eingemischt und ihm den Himmel gezeigt, der schwer und düster - wie mit Blei gefüllt - über ihren Köpfen hing. »Es gibt einen Sturm. Ein Wintergewitter. Das ist gefährlich, an solchen Tagen ist man daheim im Warmen besser aufgehoben.«

»Ach bitte, mein Maxl«, rief Konrad. »Nur eine halbe Stunde. Meine neuen Schlittschuhe werden sonst ja traurig, weil sie denken, ich mag sie nicht.«

Die Schlittschuhe hatte er zu Weihnachten bekommen und tatsächlich noch kein einziges Mal benutzen können. Der Winter war zu mild und zu stürmisch gewesen, und an den wenigen Tagen, an denen es Eis genug und einen klaren Himmel gab, hatten seine Geschwister keine Zeit gehabt.

Auf die Idee, die Schlittschuhe könnten deshalb traurig sein, kam allerdings nur Konrad. Er wollte, dass nichts und niemand auf der Welt traurig war, kein Mensch, kein Tier, keine unscheinbare Blume, kein totes Ding. Und seltsamerweise tat es, wenn Konrad davon anfing, den anderen auf einmal auch leid um die Traurigkeit der hübschen Schuhe mit ihren blitzblanken Kufen, die vermutlich zu klein sein würden, ehe Konrad sie sich im nächsten Jahr endlich anschnallen konnte.

»Also schön«, bekundeten Suse und Max gleichzeitig.

»Aber nur eine halbe Stunde«, fügte der Bruder mit mahnend erhobenem Finger hinzu. »Bis der Sturm beginnt, sind wir alle sicher daheim, hast du gehört?«

Rasch liefen sie die paar Straßenzüge zurück zum Haus und holten alle fünf Schlittschuhpaare aus der Remise. Sybille war selbst noch ein Kind, sie freute sich auf das Eis beinahe so sehr wie Konrad, und Ludwig machte alles mit, was die anderen beschlossen. »Ist ganz schön kalt heute«, war alles, was er vorbrachte, während sie hinter Konrad und seiner trillernden Vogelpfeife herzogen und der Wind ihnen die Nebelgespenster entgegentrieb.

»Du wirst schon nicht erfrieren.« Suse lachte. Sie fror selbst, aber es war ein Abenteuer, wenn auch nur ein kleines. Von Abenteuern konnte sie nicht genug bekommen. Aus der Krone des Kastanienbaums vor ihrem Haus war sie aufs Straßenpflaster gestürzt und hatte sich zwei Zähne ausgeschlagen, als sie so alt wie Konrad gewesen war. Ein Pflaster an der Lippe und eine Tracht Prügel später saß sie schon wieder oben in den Zweigen.

»Die Susanne, die kennt keine Angst«, hatte Tereza Doubek, ihre Kinderfrau, sich beklagt. »Die treibt´s ärger als die Buben.«

Tereza Doubek war im letzten Jahr entlassen worden, weil die vier Großen keine Kinderfrau mehr brauchten und die Mutter sich um Konrad selbst kümmern wollte. »Und dann hat er ja auch noch vier Geschwister, die auf ihn achtgeben können«, hatte sie dem Vater erklärt. »Da braucht´s den teuren Lohn für die Doubek nicht mehr.«

Sie gaben auf ihn acht. Sie gingen mit ihm zum Eislaufen, während die Eltern vor der Kirche ihren Schwatz beenden und dann nach Hause gehen würden, sie taten es gern, weil es schön war, Konrad eine Freude zu machen, und schön war, wenn sie alle zusammen waren.

Wir fünf gegen den Rest der Welt.

Die Flutmulde lag ganz im Osten von Stadtamhof. Hier gab es keine Laternen mehr, keine Straßenbahnschienen, kein befestigtes Pflaster. Wenn man sich umdrehte, sah man die spitzen Türme des Domes, Regensburgs Wahrzeichen, hinter dunklen Wolken verschwinden. Je länger sie gingen, desto unwegsamer wurden die Straßen, desto vereinzelter wurden die Häuser, und als schließlich keines mehr kam, sahen sie in kurzer Entfernung vor sich den tiefen, weiten Graben, der von dichtem Gehölz umwachsen war.

Er war ausgehoben worden, um sich bei Hochwasser zu füllen und dadurch zu verhindern, dass der reißende Fluss die Stadt überschwemmte. Hunderte von Jahren war das her, hatte Maximilian behauptet, und im Laufe von all diesen Jahren hatte die Mulde sich wieder und wieder mit Wasser gefüllt, das nie ganz abgelaufen oder versickert war. Irgendwann stand das Wasser mehrere Meter hoch, und die Vertiefung konnte keines mehr aufnehmen. Inzwischen gab es jedoch andere Gräben und besseren Schutz vor Hochwasser. Die alte Flutmulde wurde nicht mehr gebraucht.

Sie gehörte den Märzhäuser-Kindern, die sie geliebt hatten, so lange sie denken konnten. Es kam sonst niemand hierher, weder sommers noch winters. Zum Baden war ihren Kameraden das Wasser zu schlammig, und beim Eislaufen wollten sie bewundert werden, nicht sich hinter Gestrüpp und verkrüppelten Bäumen verstecken, wo ihren Pirouetten und Sprüngen niemand applaudierte.

Konrad nahm die Vogelpfeife vom Mund und lachte vor Glück: »Unser Platz.«

So hatten die...

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Autor

Claudia Ley ist das Pseudonym einer Spiegel-Bestsellerautorin mit deutsch-italienischen Wurzeln. In Italien hat sie auch studiert und erhält sich dort bis heute ihren zweiten Wohnsitz. Mit ihrer Familie lebt sie im brodelnden Herzen Londons, übt ihren Beruf als Lektorin und Übersetzerin immer noch mit Begeisterung aus und liebt Reisen, italienische Küche samt Rotwein und Juventus Turin.