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Die Schneiderin von Paris

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
544 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am18.10.2021
Ein mitreißender Roman um eine junge Schneiderin, die die Modewelt und die Männerherzen erobert.
Rosa hat mit ihrer Gabe, für jede Frau das perfekte Outfit zu finden, ein weltweites Modeimperium aufgebaut. Doch während sie sich für das wichtigste Treffen ihres Lebens zurechtmacht, bröckelt ihre Selbstsicherheit. Welches Kleid soll sie wählen, welche Lippenstiftfarbe? Ihre Gedanken schweifen ab, zurück in die Vergangenheit: zu ihrer Jugend in einem armen italienischen Bergdorf, ihrer dramatischen Flucht im Zweiten Weltkrieg, ihrem Aufstieg als Schneiderin im eleganten Paris, ihren Erfolgen in New York. An diesem Tag fasst Rosa einen Entschluss: Sie will den Mann wiederfinden, dem ihr Herz seit so langer Zeit gehört ...

Georgia Kaufmann studierte Sozialanthropologie und Demografie in Cambridge, London und Oxford. Sie ist viel gereist und lebte u. a. in Brüssel, Belo Horizonte und Boston. Heute wohnt sie mit ihrem Mann und ihrer Katze nur ein paar Fahrradminuten von der Londoner Innenstadt entfernt. »Die Schneiderin von Paris« ist ihr Romandebüt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEin mitreißender Roman um eine junge Schneiderin, die die Modewelt und die Männerherzen erobert.
Rosa hat mit ihrer Gabe, für jede Frau das perfekte Outfit zu finden, ein weltweites Modeimperium aufgebaut. Doch während sie sich für das wichtigste Treffen ihres Lebens zurechtmacht, bröckelt ihre Selbstsicherheit. Welches Kleid soll sie wählen, welche Lippenstiftfarbe? Ihre Gedanken schweifen ab, zurück in die Vergangenheit: zu ihrer Jugend in einem armen italienischen Bergdorf, ihrer dramatischen Flucht im Zweiten Weltkrieg, ihrem Aufstieg als Schneiderin im eleganten Paris, ihren Erfolgen in New York. An diesem Tag fasst Rosa einen Entschluss: Sie will den Mann wiederfinden, dem ihr Herz seit so langer Zeit gehört ...

Georgia Kaufmann studierte Sozialanthropologie und Demografie in Cambridge, London und Oxford. Sie ist viel gereist und lebte u. a. in Brüssel, Belo Horizonte und Boston. Heute wohnt sie mit ihrem Mann und ihrer Katze nur ein paar Fahrradminuten von der Londoner Innenstadt entfernt. »Die Schneiderin von Paris« ist ihr Romandebüt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641273286
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum18.10.2021
Seiten544 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1238 Kbytes
Artikel-Nr.5691471
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1.

Stein

1991

Ist es wirklich schon so spät, ma chère? Ich glaube, ich komme zu spät. Ehrlich, ich weiß einfach nicht, was ich anziehen soll! Nein, das liegt nicht am Wetter - New York im November ist immer schwierig. Dazu kommt, dass die aktuellen Winterkollektionen so kastenförmig und trist sind. Schau mich nicht so an! Ich weiß vielleicht, was man zu einem Dinner im Weißen Haus trägt oder zu einer Modenschau oder einer Vorstandssitzung, aber das alles ist nichts im Vergleich zu meinem Termin heute Abend.

Bitte bleib bei mir, ma chère! Deine Anwesenheit beruhigt mich, und schließlich geht dieses Treffen auch dich etwas an. Es könnte unser Leben verändern. Aber vorher muss ich noch ein paar Dinge klären. Lass die Papiere bitte da liegen! Das ist mein Testament, ich habe es noch mal durchgesehen. Ja, ich bin erst dreiundsechzig, und ich habe nicht vor, in den nächsten Jahren zu sterben, aber wie du weißt, bin ich gerne gut vorbereitet. Wie gesagt, der Termin ist wichtig.

Du kennst doch die Geschichte dieses Gebäudes, oder? Der einzige Raum, den wir bei der Neugestaltung nicht umfunktioniert haben, ist dieses Badezimmer. Ich kenne keinen Unternehmer, der nicht aufs Geld achten würde. Menschen, die sich ihren Wohlstand hart erarbeitet haben, sind von Natur aus nicht sonderlich verschwenderisch. Fragen des Stils spielen bei meinen Entscheidungen immer eine große Rolle, wie könnte es auch anders sein, aber auch ein gewisses Verständnis für Struktur, Material und Funktion. Beim Entwerfen von Mode, von Inneneinrichtung, ja letztlich auch von allem anderen, geht es in erster Linie ums Material. Die Kunst besteht darin, den Stoff beziehungsweise das Material zu verstehen, seine Stärken und Schwächen zu kennen. Erst durch das Zusammenspiel von Materialien, Farben, Strukturen entsteht eine gewisse Atmosphäre, wie in diesem Badezimmer.

Weißt du, was das hier ist? Marmor. Italienischer natürlich, nicht nur, weil ich aus Italien komme, sondern auch, weil indischer Marmor sehr grobporig und deshalb komplizierter zu pflegen ist, und das macht ihn im Badezimmer trotz seiner unübertroffenen Schönheit schrecklich unpraktisch. Gutes Design schafft Schönes aus Materialien, die der Funktion angemessen sind. Dieser Marmor ist wasserundurchlässig und wunderschön; siehst du diese Schichten in Rosa, Rot, Grau und Weiß, wie sie Wellen bilden, die beinahe lebendig wirken? Es hat lange gedauert, bis ich diesen extrem hellen Rosaton gefunden habe. Er heißt Arabescato Orobico Rosso. Ich weiß nicht mehr, wie viele Händler ich abgeklappert und wie viele Marmorplatten ich begutachtet habe, bis ich diese Sorte entdeckte. Beim Umbau später wollte ich nicht das Risiko eingehen, die Platten durch den Transport ins obere Stockwerk zu beschädigen, deshalb sind sie unten geblieben. Dieses Bad hier hat eine andere Atmosphäre als das große oben. Dort schwebte mir eher eine zurückhaltende Eleganz vor. Das Bad sollte zeigen, dass James Mitchell kein Neureicher ohne Geschmack ist, der nur protzen kann, sondern ein Mensch mit Klasse. Deshalb kam Carrara-Marmor nicht in Frage. So viel Weiß in einem Raum? Das wäre, als würde man Haute-Couture nur nach dem Label auswählen, nicht nach Design, Material und Verarbeitung. Das ist etwas für Leute, die zwar Geld, aber keinen Geschmack haben.

Ach, ich schweife ab. Mir ist richtiggehend schlecht, so nervös bin ich. Was habe ich eben gesagt? Ah ja, jetzt weiß ich es wieder: Breccia Oniciata - so heißt der Marmor, den ich für das Bad oben ausgesucht habe. Ein zarter beiger Marmor mit weißen, rosa- und lilafarbenen Streifen und Einschlüssen.

Du siehst, man muss sich immer genau überlegen, welche Materialien und welches Design man wählt. Egal, ob es um den richtigen Stein fürs Badezimmer oder den richtigen Stoff für ein Kleid geht - oder eben um den passenden Look für ein Treffen. Wenn ich ein Geschäftsmeeting habe, muss ich mir überlegen, ob ich eher beeindrucken oder verführen will. Möchte ich mein Gegenüber mit meinem Geschäftssinn und meiner Macht überwältigen, sobald ich zur Tür hereinkomme, trage ich Dior oder Yves Saint Laurent. Möchte ich hingegen, dass meine Kreativität und meine Fähigkeiten als Designerin im Vordergrund stehen, ziehe ich Sachen meiner eigenen Marke an: Dumarais. Möchte ich meinen Gesprächspartner erst mit meiner Weiblichkeit umgarnen, um ihn dann mit meinem scharfen Verstand zu schlagen, würde ich mich für etwas von Chanel entscheiden. All das, ma chère, gelingt mir in der kurzen Zeitspanne, in der ich einen Raum betrete, ihn durchschreite. Aber heute Abend ist es anders.

Es ist wirklich lächerlich, ma chère. Hast du schon mal erlebt, dass ich nicht wusste, was ich anziehen soll? Ich hatte noch nie das Gefühl, zu wenig im Kleiderschrank zu haben. Nur habe ich diesmal solche Angst, einen falschen Eindruck zu machen, dass ich nicht weiß, womit ich anfangen soll. Normalerweise entscheide ich mich als Erstes für einen Stoff, der ist immer die Grundlage. Das habe ich schon bei meinem ersten Zuschnitt gelernt. Ein und dasselbe Schnittmuster führt in Wolle, Seide oder Baumwolle, sogar aus demselben Stoff längs oder quer zum Fadenlauf geschnitten, zu einem völlig anderen Ergebnis. Stoff wirkt auf unbewusster Ebene. Baumwolle steht für den Sommer, Sommer heißt Entspannung. Ähnlich beim Leinen, nur dass er etwas feiner ist - man braucht Selbstbewusstsein, um Knitterfalten zu tragen. Wolle bedeutet Winter, Gemütlichkeit und Schutz vor Kälte. Seide geht zu jeder Jahreszeit und symbolisiert Reichtum und Luxus. Was Nylon und Polyester angeht ... Nun ja, Nylon benötigt man zur Herstellung von Strumpfwaren, und da sollte es auch bleiben.

Als ich mein Elternhaus verließ - ein Haus, das übrigens keine Dusche besaß, und wir badeten auch nur einmal die Woche, sonntags vor der Messe -, nahm ich buchstäblich nichts mit, nur zwei Kombinationen und ein bisschen Unterwäsche in einem ramponierten alten Koffer. Aus den paar Habseligkeiten habe ich mit harter Arbeit und Talent das hier geschaffen. Und ich gehe wirklich jeden Tag ins Bad und frage mich: Wie will ich heute wirken? Mit wem habe ich zu tun? Was muss ich leisten? Bevor ich mich anziehe, mache ich mir die Haare und schminke mich. Erst dann, wenn mein Look perfekt ist, bin ich bereit, loszulegen und alles zu geben. Ich überlasse nichts dem Zufall.

Weißt du, ich kann mich wirklich glücklich schätzen, dass ich durch meine Figur und das, was ich bei Dior in Sachen Haltung und Auftreten gelernt habe, fast alles tragen kann. Selbst in Jeans und T-Shirt wirke ich elegant. Stil hat man eben, egal, was man trägt. Aber heute ... heute ist alles anders. Ich weiß einfach nicht, welches Outfit am besten zu diesem Anlass passt, was gut ankommen würde!

Ma chère, ich muss dir eine Geschichte erzählen. Eine lange Geschichte. Es ist meine. Danach kann ich vielleicht besser entscheiden, was ich anziehen soll und wie ich mich auf die Begegnung vorbereite. Wenn mir jemand dabei helfen kann, dann du.

Es begann mit meiner Mutter. Natürlich - alles beginnt mit den Eltern. Es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass Menschen trotz bester Absichten Fehler machen und dass die unbeabsichtigten Folgen ihrer Taten ein Kind oft nachhaltig prägen.

Was ich dir jetzt erzähle, entspricht der Wahrheit, auch wenn du es dir vielleicht nicht vorzustellen vermagst. Aber als ich klein war, hatten wir wirklich nicht viel. In den Dreißigerjahren war Italien ein armes Land, und die Menschen in den Alpen besaßen nur das Nötigste. Die meisten Bauern waren Selbstversorger. An Skifahren und Wandern verschwendete damals noch niemand einen Gedanken. In der kleinen Stadt Bressen, im Tal zwischen Meran und Bozen, den größten Städten in Südtirol, gab es nicht mal eine Spielwarenhandlung. Nur hinten im Bekleidungsgeschäft war eine kleine Abteilung mit Spielzeug. Wir Kinder in Oberfals, wir besaßen jedoch nur Spielzeug aus Holz, das die Bauern an langen Winterabenden geschnitzt hatten.

Als ich acht war, schenkte mir meine Mutter eine bemalte Holzpuppe zu Weihnachten. Sie war nackt, doch ich fand sie wunderschön. Tagaus, tagein spielte ich mit ihr. Ich nannte sie Elisabeth, nach der kleinen englischen Prinzessin, deren Vater gerade König geworden war. Schon damals konnte ich nähen und stricken. Das lernten wir früh - nicht zum Vergnügen, sondern weil es notwendig war. So sammelte ich zerschlissene Servietten, Geschirrtücher und Stofffetzen, und wenn meine Mutter mich abends nicht im Gasthaus brauchte, setzte ich mich hin, um meiner Puppe mit groben Stichen eine Garderobe anzufertigen. Ich weiß nicht mehr, wie mein erster Vorstoß in die Welt der Mode aussah, aber damals war ich sehr zufrieden mit meiner Handarbeit. Ich nähte Elisabeth ein Kleid, das ein Spitzenoberteil aus einem alten Zierdeckchen hatte, dazu weiße Baumwollhöschen und ein Leibchen. Ich strickte ihr eine kleine Jacke und Strümpfe, die immer hinunterrutschten. Als die Regionalzeitung Dolomiten von der bevorstehenden Krönung des Königs berichtete, schnitt ich von dem königsblauen Schultertuch mit den winzigen gelben Blumen, das zu meinem Dirndl gehörte, ein Stück ab und fertigte meiner Puppe daraus ein edles Kleid mit langer Schleppe für die feierliche Zeremonie.

Anfangs ließ ich Elisabeth zu Hause, aber nach und nach nahm ich sie mit, zuerst in die Kirche, dann im Ranzen mit zur Schule. Sie passte kaum hinein - ihre Zehenspitzen ragten hinaus -, doch ich fand, dass eine zukünftige Königin etwas lernen müsse. Eine Woche nach der Krönung des englischen Königs...
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