Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die Schwestern Grimm

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
608 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am09.11.2021
Goldie, Lyiana, Scarlet und Bea sind Halbschwestern. Geboren am selben Tag, sind sie die Töchter von verschiedenen Müttern und eines Vaters - des mächtigen Dämons Grimm. Getrieben von dem Wunsch, die Erde zu beherrschen, verlieh er jeder Tochter die Macht über ein Element: Erde, Luft, Wasser und Feuer. Um ihr volles Potenzial zu entfalten müssen sie als erwachsene Frauen in das Reich ihres Vaters zurückkehren. Kurz vor ihrem achtzehnten Geburtstag stehen die Schwestern Grimm vor der schwierigsten Entscheidung ihres Lebens: Streben sie nach der dunklen Macht ihres Vaters, oder wollen sie die Welt und die Menschen, die sie lieben vor dem düsteren Grimm retten?

Menna van Praag wurde in Cambridge geboren und studierte Geschichte in Oxford. Sie mehrere realistische Romane veröffentlicht, bevor sie mit »Die Schwestern Grimm« ihr Fantasy-Debüt vorlegte.
mehr

Produkt

KlappentextGoldie, Lyiana, Scarlet und Bea sind Halbschwestern. Geboren am selben Tag, sind sie die Töchter von verschiedenen Müttern und eines Vaters - des mächtigen Dämons Grimm. Getrieben von dem Wunsch, die Erde zu beherrschen, verlieh er jeder Tochter die Macht über ein Element: Erde, Luft, Wasser und Feuer. Um ihr volles Potenzial zu entfalten müssen sie als erwachsene Frauen in das Reich ihres Vaters zurückkehren. Kurz vor ihrem achtzehnten Geburtstag stehen die Schwestern Grimm vor der schwierigsten Entscheidung ihres Lebens: Streben sie nach der dunklen Macht ihres Vaters, oder wollen sie die Welt und die Menschen, die sie lieben vor dem düsteren Grimm retten?

Menna van Praag wurde in Cambridge geboren und studierte Geschichte in Oxford. Sie mehrere realistische Romane veröffentlicht, bevor sie mit »Die Schwestern Grimm« ihr Fantasy-Debüt vorlegte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641281502
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum09.11.2021
Seiten608 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1911 Kbytes
Artikel-Nr.5690755
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



29. September

Noch 33 Tage

9:17 Uhr - Goldie

Solange ich denken kann, bin ich schon eine Diebin. Und eine Lügnerin dazu. Ich könnte sogar eine Mörderin sein, wenngleich du dir darüber deine eigene Meinung bilden musst.

»Goldie - komm her!«

Ich stopfe das Notizbuch und den Stift in meine Schürzentasche, streiche die Bettlaken glatt, wische einen letzten Schmutzfleck von dem vergoldeten Flurspiegel, werfe der rosa gesprenkelten Orchidee auf der Ablage darunter eine Kusshand und eine Gedichtzeile zu, bevor ich aus dem Zimmer Nummer 13 auf den Gang laufe.

Mr. Garrick wartet auf mich. Seine eng beieinanderliegenden Augen blinzeln, sein Gesicht glänzt unter der Deckenbeleuchtung. Mit fettigen Fingern streicht er sich über den Schädel. Wenn er die Haare von seinen Handrücken auf seinen Kopf transplantieren könnte, dann wäre er auf dem richtigen Weg.

»Komm runter zum Empfang, Goldie. Cassie hat sich krankgemeldet.«

»Was?« Ich runzle die Stirn. »Aber ... Nein, das ist nicht ...«

»Jetzt!« Garrick rückt den Knoten seiner Krawatte zurecht - zu fest um seinen fetten Hals, der wie ein wogendes Laken über seinem Kragen Falten wirft. Dann versucht er, mit seinen dicken Fingern zu schnipsen, aber er schwitzt zu stark, und der Ton, der dabei herauskommt, ist armselig. Ich versuche, meinen Ekel nicht zu zeigen.

Ich folge Garrick in den Aufzug und lehne mich an die Wand. Aber es nützt nichts. Seine fettigen, gierigen Hände kommen trotzdem rüber, um mich zu begrapschen. Garrick überschreitet wieder einmal Grenzen, wozu er kein Recht hat.

Als seine Fingerspitzen die Rundung meiner Brust streifen, bleibt mir die Luft weg, jeder einzelne Muskel angespannt, und ich kämpfe gegen den Harndrang an. Als Kind konnte ich das nie kontrollieren, heute kann ich es meistens.

Als sich die Tür mit einem Ping öffnet, stürze ich hinaus in die Empfangshalle. Garrick nimmt sich Zeit, streicht sich die Polyesterweste über seinem aufgedunsenen Bauch glatt und rückt seine Polyesterkrawatte zurecht, bevor er zur Rezeption schlendert.

Ich bin bereits dort und warte auf ihn. Wenn ich diesen verdammten Job nicht so dringend brauchen würde - um Teddy etwas zu essen und zum Anziehen geben zu können -, dann würde ich die Knochen seiner fetten Finger brechen. Einladend würde ich meinen Mund öffnen, und dann würde ich so lange zubeißen, bis sein Blut von meinem Kinn tropft.

»Wo ist Cassie?«, frage ich.

»Krank.« Garrick senkt seine Stimme und grinst dreckig. »Frauenprobleme.«

»Kann Liv nicht einspringen?«, protestiere ich. »Ich bin gar nicht für die Rezeption ausgebildet.«

»Ich weiß.« Garrick seufzt, stößt abgestandenen, nach Rauch stinkenden Atem aus. »Aber sie geht nicht ans Telefon. Jedenfalls erwarten wir heute sowieso nur ein halbes Dutzend Gäste.« Er lächelt wieder dieses dreckige Lächeln. »Du musst also nur hinter der Rezeption stehen und hübsch aussehen. Ich bin mir sicher, dass sogar du das hinkriegst.«

Ich starre auf den leeren Platz und sage nichts.

»Hey, Goldie.«

Ich schaue auf und sehe Jake, den Portier, der mir schüchtern zuwinkt. Wir daten sozusagen. Er ist ein bisschen langweilig, aber ganz süß und nett und verlangt nicht viel. Was gut ist, weil ich nur wenig zu geben habe.

Jake schleicht sich an die Rezeption heran. »Was machst du denn hier unten?«

Er sieht ziemlich gut aus, aber das wird nicht von Dauer sein. Ich weiche immer zurück, wenn er versucht, mich anzufassen. Das ist nicht seine Schuld, und ich kann es auch nicht einmal wirklich erklären.

»Cassie ist krank«, erzähle ich.

»Hast du denn vorher schon mal am Empfang gearbeitet?«

»Ja«, lüge ich. Jake arbeitet erst seit sechs Wochen in diesem Hotel, deshalb kann ich ihm erzählen, was ich will. Ich kann die Mutige spielen und so tun, als ob es mir scheißegal wäre, dass ich an die Rezeption geschubst wurde und mich so fühle wie ein Stück Vieh, das auf dem Marktplatz zum Verkauf angeboten wird.

»Ich wäre ziemlich nervös«, gibt Jake zu. »Und wüsste gar nicht, was ich sagen soll.« Zaghaft stützt er sich mit der rechten Hand auf dem Rezeptionstisch ab. Er will seine Hand nach mir ausstrecken, aber lässt es dann doch bleiben.

»Keine Ahnung.« Ich zögere. »Ich nehme an, es ist besser, als Klos zu putzen.«

»Jake ... wo zur Hölle steckst du? Jake!«

Jake lässt seine Hand sinken. Wir drehen uns beide in die Richtung, aus der das Geschrei kommt.

»Ich geh mal lieber«, sagt er und ist schon auf halbem Wege zur Treppe. Er dreht sich nicht noch mal um, um zu lächeln oder um mir zuzuwinken - er kann es nicht. Es gibt eine ganze Menge, was unser Boss nicht tolerieren kann, und warten zu müssen ist eine Sache, die die Adern an seinem Glatzkopf am ehesten hervortreten lässt.

Hinter der Empfangstheke starre ich auf das Telefon, will es durch Suggestion dazu bringen, still zu bleiben. Ich zupfe ein paar vereinzelte lange Haare vom Ärmel meines Hotel-Polyesterhemdes. Ich bin zu unordentlich für diesen Job. Ich verfluche Cassie. Sie sollte jetzt hier sein. Die Empfangs-Prinzessin. Die wunderschöne Cassie. Sinnlich wie eine Vase voller Pfingstrosen. Neben ihr bin ich wie eine Narzisse. Früher haben wir zusammen die Zimmer geputzt, aber Cassie wollte schon immer um jeden Preis befördert werden. Der Job an der Rezeption bringt mehr Geld, mehr Prestige. Man muss keine schäbige Uniform tragen, und man verdient sich seinen Lohn, indem man Gäste angrinst, statt seinen Kopf in Kloschüsseln zu stecken, die (hoffentlich) nach WC-Reiniger riechen. Meine persönliche Meinung dazu ist: je weniger Menschen ich sehe, umso besser. Wenn man jeden Tag etwas mit Garrick zu tun haben muss, dann hat man schon allein daran schwer zu schlucken.

Apropos schlucken: es ist kein großes Geheimnis, dass Cassie genau das gemacht hat, um sich von den Toiletten zur Rezeption befördern zu lassen. Bei mir hat es Garrick mit seinen gierigen Händen nicht besonders weit geschafft - ich habe immer darauf geachtet, dass wir nie lange genug allein sind, sodass er nur grapschen, fummeln und Andeutungen machen kann.

Eines Tages werde ich mir etwas Schweres schnappen und es mit ganzer Kraft auf seinen Glatzkopf niedergehen lassen.

Ich stehe hinter der Rezeption, mit dem Hotel-Emblem auf meiner Uniform und einem angespannten Grinsen auf dem Gesicht, und spüre das Notizbuch in meiner Tasche. Ich kann hier nicht mal schnell etwas hineinkritzeln, was vielleicht das Schlimmste daran ist, an den Empfang versetzt worden zu sein. Wie du siehst, bin ich nicht nur eine Diebin, sondern auch eine Schriftstellerin. Vielleicht sogar eine Poetin, wenn auch nur nach meinen eigenen Maßstäben. In meinem Kopf herrscht ein ständiges Geplapper - eine Bemerkung zu jedem banalen Ereignis in meinem Leben. Ich kann das nicht kontrollieren, schreibe aber alles Interessante auf, wenn ich die Möglichkeit dazu habe. Es beruhigt meinen Geist ein bisschen.

Da ich jetzt gerade nicht schreiben kann, denke ich an Teddy. Ich frage mich, was er wohl gerade lernt, welche neuen Fakten gerade seine Augen vor lauter Aufregung größer werden lassen. An meinen Bruder zu denken beruhigt mich immer. Er ist fast zehn und ist alles, was ein Kind sein sollte: unschuldig, fröhlich, lieb. Ich werde dafür sorgen, dass er immer so bleibt. Koste es, was es wolle. Er hat eine gute Seele. Ich war dagegen vor langer Zeit ein hoffnungsloser Fall.

Nach dem Bezahlen der Miete und der Rechnungen fließt der Großteil meines Gehalts in Teddys Schulgeld: £8 590 pro Jahr. Und da ich £7,57 pro Stunde verdiene, bei 63 Stunden pro Woche, kommt an diesem Punkt das Stehlen ins Spiel. Ich weiß ja, dass Teddy auch an eine staatliche Schule gehen könnte, aber er ist so glücklich in St. Faith´s. Und nach allem, was passiert ist, möchte ich, dass er so lange wie möglich glücklich ist. Deshalb erleichtere ich hin und wieder unsere reicheren Gäste um ihre belanglosen Besitztümer. Es ist schon erstaunlich, was die Leute nicht vermissen, wenn sie zu viel haben.

»Entschuldigung?«

Ich blicke auf und sehe einen Gentleman mit einer römischen Nase, der auf mich herunterstarrt.

»E... Entschuldigung, S... Sir, ich habe nicht ... Wie kann ich Ihnen helfen?«

Er ignoriert mein Lächeln, meine Versuche, meine Unaufmerksamkeit wettzumachen.

»Charles Penry-Jones«, sagt er. »Wir bleiben zehn Nächte. Meine Frau hat um ein Zimmer mit Blick auf den Hof gebeten.«

Ich nicke, habe keinen Small Talk anzubieten. Ich bete, dass der Wunsch seiner Frau befolgt wurde. Ich besitze nämlich keinerlei Geschick im Umgang mit wütenden Gästen. Die machen mich immer ganz nervös mit ihrem herablassenden und geringschätzigen Verhalten.

Ich tippe den Namen in den Computer, und in Sekundenschnelle erscheinen die Informationen auf dem Bildschirm, der Wunsch seiner Frau und alles andere auch. Als ich wieder aufschaue, steht er plötzlich neben Penry-Jones.

Er ist groß und schlank, aber stark wie eine Weißbirke und fast genauso außergewöhnlich blass, seine Haare so blond, als ob das Sonnenlicht die obersten Zweige erklommen hätte. Die Iriden seiner Augen haben ein halbes Dutzend Grüntöne: der hellste davon hat die Farbe von frisch gesätem Gras, die anderen sehen aus wie frische Triebe im Frühling, dunkles Waldgrün,...

mehr

Autor

Menna van Praag wurde in Cambridge geboren und studierte Geschichte in Oxford. Sie mehrere realistische Romane veröffentlicht, bevor sie mit »Die Schwestern Grimm« ihr Fantasy-Debüt vorlegte.