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Die allerletzte Kaiserin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am24.04.2024
Kaiserin ist, wer sich selbst für eine hält
Claudia Hendl ist nicht unbedingt glücklich und noch weniger fantasiebegabt - bis eines Tages eine alte, egozentrische Dame in ihr Wirtshaus kommt. Ihr Name ist Johanna Fialla, und nachdem sie Vertrauen zu Claudia gefasst hat, eröffnet sie Unglaubliches: Sie, Johanna, sei in Wahrheit die Enkeltochter von Kronprinz Rudolf. Der habe sich nämlich gar nicht erschossen, sondern sei nur untergetaucht und habe unter falschem Namen eine neue Familie gegründet, dessen Sprössling Johannas Vater gewesen sei. Nach und nach erzählt Johanna ihre Lebensgeschichte, und Claudia, die niemals schriftstellerische Ambitionen gehabt hat, beginnt sie aufzuschreiben. Dabei erfährt sie vielleicht nicht unbedingt historische Fakten - aber sie erkennt, dass ein bisschen Fantasie das Leben erst lebenswert macht.
Irene Diwiaks Roman sprüht vor Witz, Biss und Originalität. Mit liebevoller Ironie und immerwährendem Augenzwinkern schenkt sie ihrer Protagonistin einen letzten großen Auftritt, der es in sich hat.

Irene Diwiak, geboren 1991 in Graz, ist eines der großen Erzähltalente ihrer Generation. Für ihre literarischen Texte sowie ihre Theaterstücke wurde sie vielfach ausgezeichnet. Ihr Debütroman »Liebwies« stand bereits auf der Shortlist für den Debütpreis des Österreichischen Buchpreises. Es folgten ihre Romane »Malvita« sowie »Sag Alex, er soll nicht auf mich warten«.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextKaiserin ist, wer sich selbst für eine hält
Claudia Hendl ist nicht unbedingt glücklich und noch weniger fantasiebegabt - bis eines Tages eine alte, egozentrische Dame in ihr Wirtshaus kommt. Ihr Name ist Johanna Fialla, und nachdem sie Vertrauen zu Claudia gefasst hat, eröffnet sie Unglaubliches: Sie, Johanna, sei in Wahrheit die Enkeltochter von Kronprinz Rudolf. Der habe sich nämlich gar nicht erschossen, sondern sei nur untergetaucht und habe unter falschem Namen eine neue Familie gegründet, dessen Sprössling Johannas Vater gewesen sei. Nach und nach erzählt Johanna ihre Lebensgeschichte, und Claudia, die niemals schriftstellerische Ambitionen gehabt hat, beginnt sie aufzuschreiben. Dabei erfährt sie vielleicht nicht unbedingt historische Fakten - aber sie erkennt, dass ein bisschen Fantasie das Leben erst lebenswert macht.
Irene Diwiaks Roman sprüht vor Witz, Biss und Originalität. Mit liebevoller Ironie und immerwährendem Augenzwinkern schenkt sie ihrer Protagonistin einen letzten großen Auftritt, der es in sich hat.

Irene Diwiak, geboren 1991 in Graz, ist eines der großen Erzähltalente ihrer Generation. Für ihre literarischen Texte sowie ihre Theaterstücke wurde sie vielfach ausgezeichnet. Ihr Debütroman »Liebwies« stand bereits auf der Shortlist für den Debütpreis des Österreichischen Buchpreises. Es folgten ihre Romane »Malvita« sowie »Sag Alex, er soll nicht auf mich warten«.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641286774
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum24.04.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse4529 Kbytes
Artikel-Nr.12673591
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


VORWORT DER AUTORIN CLAUDIA HENDL

Ich hatte niemals vor, ein Buch zu schreiben.

Vor Kurzem noch wäre mir allein beim Gedanken daran schlecht geworden. Ehrlich gesagt, mir ist jetzt gerade auch ein wenig schlecht.

Schon in der Schule habe ich Aufsätze verabscheut. Jeden Herbst wieder »Mein schönstes Ferienerlebnis«, und alle haben von ihren tollen Urlauben berichtet, bloß ich, die Dorfwirtstochter, habe den ganzen Sommer über nur im Wirtshaus ausgeholfen. Nicht, dass es davon nichts zu berichten gegeben hätte. Aber nachdem ich einmal in meinem Aufsatz einen Betrunkenen erwähnt habe, den ich mithilfe eines Besenstiels hinauskomplimentierte, hat Frau Krumbacher, die Deutschlehrerin, meine Mutter in die Schule beordert und mit ihr ein langes, ernstes Gespräch geführt. Seitdem bestand meine Mutter darauf, meine Schulaufsätze zu kontrollieren, bevor ich sie abgab. Ich sollte doch lieber darüber schreiben, wie ich mit meiner Freundin Dani an den Stausee geradelt bin, schlug meine Mutter vor, und dass ich dort einen Fisch gesehen hätte, der riesengroß gewesen wäre, und so weiter und so fort. Nur hat das alles gar nicht gestimmt, weil meine Freundin Dani die Sommerferien immer in so einem Camp für hochmusikalische Kinder verbrachte und Geige spielte. Ich habe meiner Mutter gesagt, dass es Frau Krumbacher sicherlich auffallen würde, wenn sie nacheinander unsere beiden Aufsätze korrigierte und in dem einen von Mozart, in dem anderen hingegen von Riesenfischen die Rede wäre. Daraufhin meinte meine Mutter, ich sollte eben schreiben, dass ich allein am Stausee gewesen wäre. So einfach war das für sie. Aber auch das wollte ich nicht, weil es doch immerhin genauso eine Lüge gewesen wäre. Meine Mutter seufzte nur und zwang mich von diesem Tag an, mindestens ein Mal jeden Sommer allein an den Stausee zu radeln, damit ich über irgendetwas schreiben konnte. Nur Fische habe ich dort nie gesehen, und schon gar keine riesengroßen.

Im Nachhinein betrachtet glaube ich, dass dieser jährliche Sommererlebnis-Aufsatz der Hauptgrund dafür gewesen ist, dass ich so früh die Schule verlassen und hauptberuflich in der Gastwirtschaft meiner Eltern zu arbeiten angefangen habe. Wäre ich länger zur Schule gegangen, hätte ich wahrscheinlich auch irgendwann in der Gastwirtschaft meiner Eltern zu arbeiten angefangen, man darf Frau Krumbacher also keine allzu harschen Vorwürfe machen.

Im Übrigen ist das alles vollkommen irrelevant. Ich erzähle es nur, um Ihnen begreiflich zu machen, dass es kaum schlechtere Voraussetzungen für eine Schriftstellerin gibt, als ich sie mitbringe. Dass ich nun doch irgendwie zu einer geworden bin, liegt ausschließlich daran, dass ich eine Geschichte geschenkt bekommen habe. Im ersten Moment ist mir auch gar nicht bewusst gewesen, dass es so eine richtige Geschichte ist. Ich habe meinen Eltern davon erzählt und später auch meiner besten Freundin Dani am Telefon, und sie alle haben gesagt: »Claudia, das ist eine Geschichte, darüber müsstest du ein Buch schreiben!«

Und nun ist es ja meistens so, dass, wenn Leute sagen, über irgendetwas müsste ein Buch geschrieben werden, in Wahrheit überhaupt kein Buch darüber geschrieben werden sollte. Mein Vater zum Beispiel sagt sehr oft: »Jetzt bin ich schon so lange Gastwirt, ich könnte ein Buch darüber schreiben.« Und dann erzählt er so etwas wie: »Letztens zum Beispiel, da wollte der Witzecker-Karl doch tatsächlich die Zeche prellen und durchs Klofenster hinaus. Nur hat er in seinem Suff halt vergessen, dass sich direkt unter unserem Klofenster der Komposthaufen befindet. Da sitzt der Witzecker-Karl doch tatsächlich nudeldicht im Komposthaufen, haha. Ich müsste wirklich ein Buch darüber schreiben.« Doch was wäre das denn bitte für ein Buch: Der Witzecker-Karl sitzt nudeldicht im Komposthaufen und Schluss? Vielleicht reicht das für eine Kurzgeschichte oder so, aber doch niemals für ein ganzes Buch. Und deswegen ist aus meinem Vater auch nie ein Schriftsteller geworden.

Bei mir ist es anders, weil ich eben eine Geschichte geschenkt bekommen habe, die tatsächlich Stoff für ein ganzes Buch bietet. Und geschenkt hat sie mir eine Frau namens Johanna Fialla. Deswegen sollte ich vielleicht am besten mit Frau Fialla beginnen.

Es war im Oktober oder November 2016. Ganz genau weiß ich es nicht mehr, nur dass die Sommersaison längst vorbei gewesen ist und die Skisaison noch nicht angebrochen. Im Sommer haben wir nämlich manchmal Tagesausflügler im Lokal wegen unseres Stausees und im Winter wegen unserer zwei Schlepplifte. Es sind aber nie besonders viele und in der Regel keine, über die sich ein Buch zu schreiben lohnte. Und im Herbst kommt normalerweise überhaupt niemand von außerhalb. Noch dazu war es Nachmittag, was heißt, dass die, die immer bei uns zu Mittag essen, schon gegangen waren und die, die ihr Feierabendbier bei uns trinken, erst kommen würden. Ich hockte also allein hinter der Bar, löste Sudokus und wartete darauf, dass die ersten Männer von der Arbeit kämen. Es war alles ruhig, wie immer im Herbst und am Nachmittag. Dann ging die Tür auf.

Herein trat eine alte Frau, die ich noch nie gesehen hatte. Und das allein ist schon bemerkenswert, denn wenn man als Wirtshauskind in einem kleinen Ort wie dem unseren aufwächst, hat man eigentlich jeden schon einmal gesehen. Unser Dorf liegt so zwischen den Bergen eingepfercht, dass es recht schlecht zu erreichen ist, und dann sind die Berge zu wenig eindrucksvoll und das Dorf selbst zu wenig pittoresk, als dass sich die Mühe wirklich lohnt. Die meisten kommen in unser Gasthaus, weil sie in der Gegend wohnen, und sind Stammgäste. Aber sogar bei den wackeren Tagesausflüglern, die nur ein einziges Mal hier auftauchen, hat man immer das Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben. Irgendwie sind ja alle Menschen gleich. Doch diese Frau war anders. Als Erstes stach mir ihre altertümliche Kleidung ins Auge. Sie trug einen großen grünen Hut mit einer riesigen weißen Feder obendrauf, sodass ihr Gesicht darunter winzig wirkte und überhaupt wie eine gepuderte Rosine aussah, klein und zerknautscht. Außerdem hatte sie einen bodenlangen grauen Staubmantel an, in dem sie geradewegs zu verschwinden drohte, weil sie selbst so kurz und schmal war. Und Handschuhe trug sie, obwohl es gar nicht kalt war. Da stand die Alte in ihrem Aufzug also in meiner Gaststube und schaute sich so hilflos um, dass ich sofort dachte: »Oje, die ist wohl aus einem Seniorenheim ausgebrochen, die weiß nicht mehr, wo sie ist.« Sofort ließ ich das Rätselheft sinken und kam hinter der Bar hervorgeeilt.

»Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«, fragte ich laut und deutlich und so ein bisschen zu ihr hinuntergebeugt, damit sie mich auch ja hören konnte.

Die Alte schaute mich naserümpfend an.

»Freilich, junges Fräulein«, antwortete sie, »und zwar wären Sie mir erstens behilflich, indem Sie mich nicht anschreien.«

Nun fielen mir ihre stechend blauen Augen und die sehr spitze Nase auf, ein alles in allem sehr einschneidendes Gesicht. Und wie sie mich da so unter ihrer Hutkrempe hervor anfunkelte, musste ich an diesen Monty-Python-Sketch denken, in dem eine Clique alter Damen die Straßen unsicher macht und Passanten überfällt. So eine Dame war das.

»Na alsdann«, sagte die Alte befriedigt, nachdem ich sie eine Zeit lang verblüfft genug angestarrt hatte, »und jetzt nehme man mir Hut und Mantel ab.« Schon an den wenigen Worten, die sie bisher gesprochen hatte, war deutlich zu erkennen gewesen, dass sie aus Wien kam. Wir haben nicht oft Wiener hier, und vor allem nicht im Herbst, wo unsere Gegend noch reizloser ist als ohnehin, und schon gar nicht solche Wiener, die »alsdann« sagen, was wie »ois-donn« klingt. Ich wartete noch einen Augenblick lang auf das »bitte«, aber da die Alte mich gar so böse anschaute, zog ich ihr schließlich gehorsam den Mantel von den Schultern und nahm ihr den grünen Hut vom Kopf. Ein Haufen krauser, schneeweißer Locken kam zum Vorschein. Die Dame reichte mir ihre Handschuhe, die sich seidig und gleichzeitig ein wenig nach Plastik anfühlten, und ich verstaute sie in einer Tasche des Staubmantels. Während ich Hut und Mantel an der Garderobe anbrachte, beobachtete mich die Alte mit Adleraugen.

»Obacht, die Feder!«, tadelte sie einmal. Und als sie Hut und Mantel endlich sicher verwahrt wusste, sagte sie: »Man geleite mich nun zu einem Tisch!«

Also geleitete ich sie. Ich war immer noch einigermaßen verwundert, mittlerweile jedoch auch schon ziemlich amüsiert und vor allem dankbar, weil sich solche einsamen Sudoku-Herbst-Nachmittage sonst oft ziehen wie Schmelzkäse. Die Alte hakte sich bei mir unter. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen, als wäre der Fußboden aus Glas. Sie hatte Klotzschuhe an, die überhaupt nicht zu ihrer sonstigen Erscheinung passten, wahrscheinlich orthopädisch verschrieben. Vermutlich hätte sie auch einen Rollator gebraucht oder zumindest einen Stock, aber sie trug keinerlei Gehhilfe bei sich. Sie schien sich darauf zu verlassen, dass immer und überall irgendjemand sein würde, der sie »geleitete«.

Um der alten Dame einen unnötig weiten Weg zu ersparen, wollte ich sie am ersten Tisch nach der Garderobe platzieren. Bei uns sehen nämlich alle Tische gleich aus, Massivholz und groß genug für acht Personen, so richtige Wirtshaustische eben mit rot-weiß karierten Tischdecken, hellen Papierservietten und dunkelblauen Pappuntersetzern mit Bierwerbung drauf.

Während ich mit der alten Dame diesen ersten Tisch ansteuerte, blickte sie sich immer wieder nervös um, als suchte sie irgendetwas. Und gerade, als wir an dem auserwählten Tisch stehen geblieben waren und ich ihr einen Stuhl...

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Autor

Irene Diwiak, geboren 1991 in Graz, ist eines der großen Erzähltalente ihrer Generation. Für ihre literarischen Texte sowie ihre Theaterstücke wurde sie vielfach ausgezeichnet. Ihr Debütroman »Liebwies« stand bereits auf der Shortlist für den Debütpreis des Österreichischen Buchpreises. Es folgten ihre Romane »Malvita« sowie »Sag Alex, er soll nicht auf mich warten«.