Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Das verborgene Leben der Farben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am11.10.2023
Ein großstädtisches Märchen, das die Macht hat, uns zu verzaubern - von der Autorin des internationalen Bestsellers 'Die Telefonzelle am Ende der Welt'
Mitternachtsschwarz mit einem Hauch von Mond, Indigo, das nach Heidelbeere riecht, Pfirsichgelb kurz vor der Reife: Mio versteht es, alle Farben der Welt einzufangen und zu benennen. In dem Atelier, in dem ihre Familie Hochzeitskimonos mit alten, seit Generationen überlieferten Symbolen näht und bestickt, lernte sie von klein auf die Bedeutung der Details und entdeckte das verborgene Leben der Farben. Seitdem sind Farben ihr Alphabet, ihr geheimer Schlüssel zur Welt. Aoi hingegen begleitet Beerdigungszeremonien: Er bereitet diejenigen vor, die von dieser Welt gehen, und kümmert sich um jene, die bleiben. Er besitzt die seltene Sensibilität, sein Gegenüber auf den ersten Blick zu verstehen. Als sich Mios und Aois Wege kreuzen, spiegeln sie sich wie zwei Komplementärfarben. Sie scheinen perfekt füreinander, doch ihre Begegnung war kein Zufall.
Laura Imai Messina versteht es meisterhaft, die magische Kraft des Alltäglichen freizulegen. Und Japan, der Ort der Gegensätze, ist die ideale Projektionsfläche dieser Magie. So werden auf den Straßen von Tokio, der zukunftsgewandten Stadt, immer noch die alten Rituale einer tausendjährigen Kultur gelebt, wie die Übergangszeremonien von Hochzeit und Beerdigung. »Das verborgene Leben der Farben« ist ein großstädtisches Märchen, das die Macht hat uns zu verzaubern.

Laura Imai Messina wurde in Rom geboren. Mit dreiundzwanzig Jahren zog sie nach Japan. Ihr Studium an der University of Foreign Studies schloss sie mit dem Doktortitel ab, mittlerweile arbeitet sie als Dozentin an verschiedenen Universitäten. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Tokio. Ihr Roman »Die Telefonzelle am Ende der Welt« stand in Italien und Großbritannien wochenlang auf der Bestsellerliste und wurde in 25 Länder verkauft. Laura Imai Messinas Romane zählen zu den meistübersetzten italienischen Büchern weltweit.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextEin großstädtisches Märchen, das die Macht hat, uns zu verzaubern - von der Autorin des internationalen Bestsellers 'Die Telefonzelle am Ende der Welt'
Mitternachtsschwarz mit einem Hauch von Mond, Indigo, das nach Heidelbeere riecht, Pfirsichgelb kurz vor der Reife: Mio versteht es, alle Farben der Welt einzufangen und zu benennen. In dem Atelier, in dem ihre Familie Hochzeitskimonos mit alten, seit Generationen überlieferten Symbolen näht und bestickt, lernte sie von klein auf die Bedeutung der Details und entdeckte das verborgene Leben der Farben. Seitdem sind Farben ihr Alphabet, ihr geheimer Schlüssel zur Welt. Aoi hingegen begleitet Beerdigungszeremonien: Er bereitet diejenigen vor, die von dieser Welt gehen, und kümmert sich um jene, die bleiben. Er besitzt die seltene Sensibilität, sein Gegenüber auf den ersten Blick zu verstehen. Als sich Mios und Aois Wege kreuzen, spiegeln sie sich wie zwei Komplementärfarben. Sie scheinen perfekt füreinander, doch ihre Begegnung war kein Zufall.
Laura Imai Messina versteht es meisterhaft, die magische Kraft des Alltäglichen freizulegen. Und Japan, der Ort der Gegensätze, ist die ideale Projektionsfläche dieser Magie. So werden auf den Straßen von Tokio, der zukunftsgewandten Stadt, immer noch die alten Rituale einer tausendjährigen Kultur gelebt, wie die Übergangszeremonien von Hochzeit und Beerdigung. »Das verborgene Leben der Farben« ist ein großstädtisches Märchen, das die Macht hat uns zu verzaubern.

Laura Imai Messina wurde in Rom geboren. Mit dreiundzwanzig Jahren zog sie nach Japan. Ihr Studium an der University of Foreign Studies schloss sie mit dem Doktortitel ab, mittlerweile arbeitet sie als Dozentin an verschiedenen Universitäten. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Tokio. Ihr Roman »Die Telefonzelle am Ende der Welt« stand in Italien und Großbritannien wochenlang auf der Bestsellerliste und wurde in 25 Länder verkauft. Laura Imai Messinas Romane zählen zu den meistübersetzten italienischen Büchern weltweit.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641293536
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum11.10.2023
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3864 Kbytes
Artikel-Nr.11382975
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Eins

Wer ihre Tochter war, ahnte Kaneko Yoshida zum ersten Mal an einem Maimorgen, als die Kleine erst ein paar Wochen alt war. In einer Gasse des Kagurazaka-Viertels in Tokio gleißte das Grün, und die Blätter der Teepflanzen konnte man mit dem Schriftzeichen shinryoku æ°ç· ausdrücken: Es war das neue und leuchtendste Grün des Jahres.

Die Mutter beobachtete sie wie verzaubert beim Spielen auf dem Bett, als sie am Eingang eine Stimme hörte: Die Nachbarin brachte ihr ein paar kleine, frisch gestampfte mochi. Obwohl auch ihr Ehemann und irgendwo im Haus ihre Eltern zu Hause waren, wäre es als unhöflich betrachtet worden, wenn Kaneko nicht höchstpersönlich an die Tür gegangen wäre, um für die Gabe zu danken. Und so verließ sie das Zimmer und ließ Mio zurück, die mit der ganzen Freude eines Kindes ihre kleinen Füße und Hände in der Sonne bewegte.

Als die Frau jedoch nur wenige Augenblicke später das Zimmer wieder betrat, war das Bett leer. Es war mucksmäuschenstill.

Kanekos Körper erfuhr eine extreme Beschleunigung. Eine Erfahrung, die sie in den folgenden Jahren als etwas beschreiben würde, was einer Zeitreise am nächsten kam.

In den nächsten dreißig Minuten, in denen das Haus von Laufen und Rufen erfüllt war, waren alle davon überzeugt, das Kind sei entführt worden: Das Fenster stand weit offen, der Wind bauschte den Vorhang wie ein Segel. Großmutter YÅko lief eilig nach draußen, wegen des engen Kimonos mit kurzen Schritten; Großvater Mamoru beobachtete sie von der Tür aus, wie sie in Richtung kÅban lief. Mios Vater hingegen war außer sich vor Angst. Ohne ein Wort zu sagen, stellte er das ganze Haus auf den Kopf. Er durchwühlte die Stoffe auf dem Bett, riss Schubladen und Schränke auf, schaute unter dem kleinen Küchentisch. Fast war es, als wäre ihm ein Lungenflügel oder die Milz abhandengekommen.

Das gesamte Viertel wurde in die hektische Suche einbezogen: Die Frauen holten ihre Männer aus den Läden und Büros, der Stadtteilpolizist wurde zu Hilfe gerufen: Ein neugeborenes Mädchen sei der Mutter entrissen worden! Man folge jener Frau, deren Schatten jemand hinter einer Tür verschwinden gesehen hatte! Und man verfolge jenen Mann, der die Hauptstraße von Kagurazaka hinuntergelaufen war! Ja, das hatte Shimizu-san gesehen, und auch Abe-san hatte hinter einer Platane eine verdächtige Person wahrgenommen, ach nein, hinter einer Eiche! In der allgemeinen Aufregung, die die Häuser der Nachbarschaft erfasste, begannen die Kinder auf der Straße auf und ab zu laufen. Ohne den Grund für die Erregung zu begreifen. Für sie war es ein Grund zum Feiern.

Nur Mios Mutter war immer noch überzeugt, sie könne ihre kleine Tochter nur dort wiederfinden, wo sie sie zurückgelassen hatte.

So wie man unzählige Male auf der Suche nach verloren gegangenen Hausschlüsseln eine Tasche auf den Kopf stellt, kehrte Kaneko wieder und wieder zu dem Bett zurück, wo ihre Tochter zuvor gelegen hatte. Erneut sah sie sie dort spielen, sah den Wäscheständer aus Metall am Fenster schimmern und Messingreflexe ins Zimmer schicken.

In Tränen warf sich Kaneko auf den Boden, niedergeschmettert von einem Schmerz, der so gewaltig war, dass er ihr fast obszön erschien.

Es war in genau diesem Moment, dass sie inmitten des Stoffes, den sie so oft durchwühlt hatte, eine Bewegung wahrnahm. Der Wind war es nicht gewesen, sondern etwas Lebendiges, das sich rührte. Vielleicht die Katze? Nein, die sonnte sich auf der Veranda.

Die Mutter bückte sich.

Dort unter dem Bett, am Boden, lag eine Art Blume mit Blütenblättern aus Leinen, Hanf und Seide, und in ihrer Mitte sah man etwas gänzlich Neues.

Mit einer Langsamkeit, mit der man manchmal unerklärlicherweise die Lösung eines Problems hinauszögert, streckte sie schließlich die Finger aus. Und zupfte ganz behutsam die Blütenblätter der Rose auseinander.

Da lag ihre Tochter.

Sie schlief. Ihre Augen waren geschlossen und zuckten, kaum wahrnehmbar, als bemühte sich Mio im Traum zu schauen, so wie Hunde im Schlaf manchmal laufen und die Pfoten bewegen. Was sie vor allem betrachtete, waren Farben, verschiedene Kleckse, die für ihre Pupillen noch gar nicht erkennbar waren.

Reglos und stumm stand die Frau da. Wie war es nur möglich, dass ihre Tochter vom Aufruhr der Suche nicht geweckt worden war? Wie war es möglich, dass sie selbst mehrfach das Bettzeug und die Stoffe durchwühlt und sie doch nicht gefunden hatte? Wie konnte es sein, dass niemand auf die Kleine getreten war? Dass sie beim Fallen nicht geweint hatte? War es vielleicht wirklich eine Entführung gewesen, die unterbrochen wurde? Und weshalb?

Sie nahm ihre Tochter in die Arme und legte sie ins Bett zurück. Auf Zehenspitzen ging sie hinaus, um denjenigen, die immer noch schreiend auf der Straße suchten, Bescheid zu geben: dem Polizisten, der inmitten einer kleinen Menschenmenge, von Großmutter YÅko angeführt, gerade wieder ins Haus wollte; ihrem Mann, dessen Gesicht noch immer von Angst gezeichnet war; und Großvater Mamoru, der reglos auf der Schwelle stand.

Von jenem Tag an, der als Tag des Großen Schreckens in die Geschichte einging, legten sie Mio immer in eine Wiege, wo sie von feinstem Holz und Strohgeflecht gut geschützt war. Und die Mutter begann das Mädchen mit jener Mischung aus Bewunderung und Zweifel zu betrachten, die sie nie wieder loswurde.

Wer war ihre Tochter?

Mio war inmitten von Kimonos zur Welt gekommen, im Durcheinander eines Novembermorgens.

An jenem Tag hatte es ein großes Gewusel von Kindern gegeben, denn es war shichi-go-san, das Fest, mit dem ihr Heranwachsen geehrt wurde, alle trugen bunte Stoffe mit Motiven wie Falken, Helmen, Rasseln oder Pfingstrosen. Im Tempel von Akagi fand eine Hochzeit statt, und die Stoffe, die ihr Großvater gefärbt hatte, leuchteten auf der Haut der Braut in den herrlichsten Farben. Mios Familie hatte ihre gesamte Existenz den Stoffen gewidmet, ihrer Färbung und den traditionellen Motiven, die für die shiromuku, die Hochzeitskimonos, typisch sind.

Es war ein großes Fest, und zugleich ein Tag schrecklichen Leidens.

Seit nunmehr vierundzwanzig Stunden drückte Mios Mutter in Abständen, die immer kürzer aufeinander folgten, ein Taschentuch in ihren Fäusten. Ein quadratisches Handtuch steckte zwischen ihren Zähnen, das sie nur zwischen den Wehen losließ, um große Bissen onigiri zu sich zu nehmen.

Ab und zu ergoss sich Blut auf den Stoff, ohne dass jemand ein Wort darüber verlor. Es wurde von dem Stamm des Kirschbaums aufgesogen, der auf einem ausrangierten Kimono aufgemalt war. Mios Großmutter erinnerte sich, ihn jeden Frühling getragen zu haben, als sie noch ein junges Mädchen war. Ihre Wahl war nicht zufällig auf ihn gefallen: Der Stoff dieses Kimonos wusste von der Liebe und von der Eile.

Es handelte sich um eine Familientradition, die jeder andere für bizarr, wenn nicht gar für abstoßend gehalten hätte, doch unter den Frauen der Familie Yoshida wurde sie bereits seit mindestens drei Generationen befolgt - dass nämlich eine Geburt immer auf einem abgelegten Kleidungsstück stattfand und man diese besudelten Stoffe bis zum Tode der Frau aufbewahrte; der Ritus sah vor, dass die befleckten Streifen erst nach der Bestattung zusammen mit ihr verbrannt wurden.

Nur eine Minute nach vier ertönte der Schrei. Nun betrat das elfenbeinfarbene Handtuch die Bühne, jemand rief: »Das Kind kommt jeden Moment!«, was ebenso eine Feststellung wie auch eine Vorhersage war.

Nachdem man sie aus dem angespannten Körper ihrer Mutter gezogen hatte, legte man die Kleine auf ein Stück Baumwolle von der Farbe, die man hai-zakura nennt, ein Aschgrau mit einem Hauch Kirschrosa.

In dieser Farbe - so flüsterten es sich die drei Frauen zu, die bei der Geburt anwesend waren: die Mutter, die Großmutter und die Hebamme - vereinten sich das Leben und auch der Tod. In ihr waren der Anfang und das Ende.

Mio, die noch nicht dazu in der Lage war, das Sprudeln der gedämpften Stimmen zu hören, nahm dennoch alles in sich auf. Asche und Kirsche, würde sie eines schönen Tages denken, und von jenem Tag an würde sie fest daran glauben: Genau das war es, was es bedeutete, auf die Welt zu kommen.

Als Mio geboren wurde, machte der Stoff, der ihren Blick verhüllte, sie ruhig.

»Sie ist ein sehr entspanntes Kind«, brüstete sich die Mutter. »Nachts schläft sie manchmal zehn Stunden am Stück, und bei Tage mindestens sechs.«

Kaneko behielt sie in ihrer Wiege bei sich, während sie die Stoffe verarbeitete oder den jungen Bräuten den shiromuku um den Leib schlang. Wenn sie einkaufen ging, wenn sie aufräumte oder kochte, oder auch wenn sie Gäste hatten, band sie sich die Kleine auf den Rücken. Dort auf der Rückseite der Mutter hängend, war Mio damit zufrieden, nichts zu sehen. Einfach nur da zu sein genügte ihr vorerst.

Das Kind begnügte sich damit, zu trinken und zu schlafen; es weinte wenig, nur um anzuzeigen, dass es Hunger hatte oder dass ihm ein bisschen Luft in der Kehle stecken geblieben war.

Die Verwandlung fand erst statt, als das kleine Mädchen zu sehen begann. Sicherlich nahm sie damals noch nicht die Formen wahr, nur die vielfarbigen Schatten, die sich in ihrem eingeschränkten Gesichtsfeld bewegten. Doch sie genügten bereits, um dafür zu sorgen, dass Mio plötzlich - und nur in diesen Momenten - die Stimme erhob. Noch waren es nur Klänge, keine vollständigen Worte. Vielmehr war es so, dass sie in die Farbe eindrang, sie hatte so etwas...

mehr

Autor

Laura Imai Messina wurde in Rom geboren. Mit dreiundzwanzig Jahren zog sie nach Japan. Ihr Studium an der University of Foreign Studies schloss sie mit dem Doktortitel ab, mittlerweile arbeitet sie als Dozentin an verschiedenen Universitäten. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Tokio. Ihr Roman »Die Telefonzelle am Ende der Welt« stand in Italien und Großbritannien wochenlang auf der Bestsellerliste und wurde in 25 Länder verkauft. Laura Imai Messinas Romane zählen zu den meistübersetzten italienischen Büchern weltweit.