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Eine kurze Begegnung

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am11.10.2023
Mizuki hat alles, das perfekte Leben: Zwei gelungene und geliebte Kinder, einen erfolgreichen Ehemann, ein schönes Apartment in Tokio. Ihre Karriereträume hat sie aufgegeben, um das Leben einer guten Hausfrau und Mutter zu führen. Was darin nicht vorgesehen war: Der Ehemann ignoriert sie, die Kinder gleichen manchmal kleinen Psychopathen und die größtmögliche Freiheit ist ein Abend mit Freundinnen. Erst in der Begegnung mit einem inspirierenden, charmanten jungen Mann entdeckt sie gleichberechtigte Freundschaft, ihre Freiheit und ihre Stimme wieder. Mizuki hat nur ein Leben und muss sich doch zwischen zwei entscheiden - zwischen familiärer Verantwortung und den eigenen Bedürfnissen.

Emily Itami ist in Tokio aufgewachsen und lebt nun mit ihrer Familie in London. Sie ist als Reiseschriftstellerin und freie Journalistin tätig. »Eine kurze Begegnung« ist ihr Debütroman.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextMizuki hat alles, das perfekte Leben: Zwei gelungene und geliebte Kinder, einen erfolgreichen Ehemann, ein schönes Apartment in Tokio. Ihre Karriereträume hat sie aufgegeben, um das Leben einer guten Hausfrau und Mutter zu führen. Was darin nicht vorgesehen war: Der Ehemann ignoriert sie, die Kinder gleichen manchmal kleinen Psychopathen und die größtmögliche Freiheit ist ein Abend mit Freundinnen. Erst in der Begegnung mit einem inspirierenden, charmanten jungen Mann entdeckt sie gleichberechtigte Freundschaft, ihre Freiheit und ihre Stimme wieder. Mizuki hat nur ein Leben und muss sich doch zwischen zwei entscheiden - zwischen familiärer Verantwortung und den eigenen Bedürfnissen.

Emily Itami ist in Tokio aufgewachsen und lebt nun mit ihrer Familie in London. Sie ist als Reiseschriftstellerin und freie Journalistin tätig. »Eine kurze Begegnung« ist ihr Debütroman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641306908
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum11.10.2023
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3676 Kbytes
Artikel-Nr.11383335
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


4

Ich schaue Laurence direkt an und versuche angestrengt, mich auf das zu konzentrieren, was er sagt, anstatt auf die außergewöhnliche Farbe seiner Augen. Sie sind grün, und ich weiß genau, wie schockiert meine Großmutter wäre, wenn sie sie sehen könnte. ObÄchan hat Cassie Michaelson nie kennengelernt, war aber sehr misstrauisch, als ich sagte, ihre Augen seien blau - was hat sie gegessen, wollte sie wissen, dass sie so aussehen?

Laurence und ich sitzen in dem Buchladen-Café mit Glasfront gegenüber von Roppongi Hills*, wo ich mich seit achtzehn Monaten ein paarmal die Woche mit Kunden treffe. Mein offizieller Titel lautet Interkulturelle Beraterin, auch bekannt als Reiseleiterin für das manchem sehr fremd anmutende Land namens Japan. An den Job bin ich über meine glamouröse französische Freundin Eloise gekommen, die, obwohl sie bereits jahrelang in Tokio lebte und arbeitete, immer noch davon ausging, dass alle um sie herum so direkt waren wie in Paris, und nicht verstand, wie es ständig zu Missverständnissen kommen konnte. Als sie begann, Beispiele aufzuzählen, war das Problem offensichtlich - sie hörte »ja«, wenn ihre japanischen Freunde und Kolleginnen »nein« sagten. Wenn wir den Blick in die Ferne richten und mitfühlende, bestätigend klingende Laute von uns geben, bedeutet das »nein«. Wenn wir die Frage unseres Gegenübers umformulieren oder seine Gefühle bestätigen, heißt das »nein«. Und am eindeutigsten, aber anscheinend verwirrendsten für Westler steht die Antwort »ja« häufig - ganz klar, deutlich, unumstößlich - für »nein«. Eloise war so begeistert von diesen Erkenntnissen, dass sie darauf bestand, mich ihrem Mann vorzustellen, als Antwort auf den Umzugs-Kulturschock seiner Kollegen. Dass ich den Job annahm, war Teil meines Bestrebens, mein Englisch aufzufrischen und nicht verrückt zu werden. Ich versuche es wirklich.

Inzwischen habe ich einen relativ steten Zulauf an Kundinnen und Kunden, die begierig sind, von mir zu erfahren, wie man es schafft, nicht jeden zutiefst zu beleidigen (im Zweifelsfall zieht man die Schuhe aus und rückt sich selbst in ein schlechtes Licht), und wie man ein paar nützliche Dinge sagt. Häufig führe ich verwirrte Ehefrauen irgendwelcher amerikanischer oder englischer Manager durch Supermärkte, damit sie am Ende kein Reinigungsmittel für Zahnprothesen kaufen, wenn sie eigentlich Zahnpasta wollen, und zeige ihnen, was man roh essen kann und was nicht. Im Prinzip mag ich sie. Sie erinnern mich an New York, daran, wie viel einfacher es ist, auf Englisch zu sagen, was man meint, und an das Gefühl, ein Abenteuer zu erleben. Die dazwischenliegenden Jahre scheinen mich jedoch immer japanischer gemacht zu haben, was vermutlich unvermeidbar war. Waren Westler schon immer so vulgär, so chaotisch? Braucht es tatsächlich einen überdurchschnittlichen IQ, um zum Beispiel zu merken, dass in dieser Stadt vor 22 Uhr niemand die Stimme erhebt und dass man in der Öffentlichkeit und insbesondere im Nahverkehr besser flüstert? Dass man sich in einem Tempel mit Kaugummikauen wahrscheinlich bei niemandem besonders beliebt macht? Dass niemand einfach irgendwo eine Straße überquert? Ich habe keine Ahnung, wann ich damit angefangen habe, so sehr wie meine Mutter zu klingen.

Laurence verfügt über einige bedeutende Vorteile gegenüber dem durchschnittlichen Westler; er ist nicht übergewichtig und hört zu, was die Leute sagen. Er ist vorübergehend nach Tokio versetzt worden, und das in einen Job, der erstaunlich anspruchsvoll klingt für jemanden, der so entspannt und lässig gekleidet ist wie Laurence.

»Wenn ich mich im Aufzug an die hintere Wand stelle, denken also alle, ich sei überheblich?«, fragt Laurence.

»Wahrscheinlich würde man es dir durchgehen lassen, weil du Ausländer bist«, räume ich ein. »Aber wenn jemand dabei sein sollte, der einen höheren Rang als du hat, dann solltest du dieser Person den Platz ganz hinten überlassen. Und wenn du höflich sein möchtest, dann stell dich neben die Knöpfe für die Etagenauswahl und drück für jeden, der einsteigt, das gewünschte Stockwerk.«

»Kann das nicht jeder selbst machen?« Laurence ist sichtlich erstaunt.

»Natürlich.« Es wäre sinnlos, es ihm zu erklären, weil er schon bald selbst herausfinden wird, dass es überall in Japan, in jedem Lift, den er betreten wird, genau so abläuft. Es wird immer einen höflichen Jemand geben, der stille Befehle von denjenigen entgegennimmt, die den Fahrstuhl nach ihm betreten, und dieser Jemand wird für die anderen den Knopf für die gewünschte Etage drücken. »Es geht darum, die Person mit dem höchsten Rang zu schützen und ihr die Arbeit abzunehmen. Der Fahrstuhlgast mit dem höchsten Ansehen sollte immer am weitesten entfernt von der Tür stehen, damit er für den Fall eines Angriffs durch einen Samurai, der plötzlich hereinplatzt, am weitesten von der Gefahr entfernt ist.« Ich trinke einen Schluck von meinem Kaffee. »Und du dem Feind am nächsten bist.«

»Das ist wahnsinnig beeindruckend«, sagt Laurence entzückt, »auf welche Art die Geschichte Einfluss darauf nimmt, wo man in einem Aufzug steht. Und dass es Regeln dafür gibt. Gott, ich liebe Japan.«

Ich spüre die vertraute Mischung aus Stolz auf die unergründliche Komplexität der japanischen Kultur und leichtem Überdruss, sie mit einem weiteren erstaunten Ausländer durchzugehen. Um fair zu bleiben, scheint Laurence normal zu sein, trotz des Pferdeschwanzes im Nacken und seines Namens, der auf Japanisch so unaussprechlich ist, dass die sehr reale Möglichkeit besteht, dass die Leute ihn meiden, nur damit sie nicht versuchen müssen, ihn zu artikulieren. Loh-len-su? Roar-ren-su? Unmöglich. Trotz seines gepflegten Äußeren und seines angemessenen Kleidungsstils ist es mit ihm wie mit jedem Ausländer: Alles an ihm ist zu viel. Ihn zu betrachten, seinen stylishen Dreitagebart und die doppelten Augenlider, den Ohrring und seine Gliedmaßen, die sich in alle Richtungen auszubreiten scheinen, und seinen Rucksack auf dem Boden können mein Gehirn schmerzen lassen, als würde ich versuchen, einem Gemälde von Jackson Pollock eine Bedeutung zu entlocken.

Er zieht ein Taschentuch heraus und putzt sich die Nase, für westliche Verhältnisse harmlos. Ich überlege, ihm zu erklären, dass es absolut inakzeptabel ist, kann mich aber nicht dazu durchringen, weil er so fröhlich wirkt.

Jeder andere Mensch auf der Welt kann wie verrücktes Gekritzel erscheinen, und der Anblick des glatten schwarzen Haares und der gestärkten Bluse der japanischen Kellnerin fühlt sich an wie ein kühler Schluck Wasser. Gerade Linien und Frieden.

»Es gibt für alles Regeln«, sage ich. Was ich nicht hinzufüge: Du wirst sie niemals alle kennen oder verstehen, und selbst wenn du denkst, dass du es tust, und glaubst, akzeptiert worden zu sein, wirst du ein ewiger Außenseiter bleiben. Ich sollte das wissen.

»Entschuldigung, ich glaube, Sie haben die hier verloren.« Ein Mann materialisiert sich neben unserem Tisch und hält uns eine Kreditkarte hin. Ausländer können mein Gehirn zum Schmerzen bringen, aber übergepflegte androgyne japanische Männer hinterlassen ebenso wenig Eindruck bei mir. Der Eindruck, den dieser Typ nach einem flüchtigen Blick auf mich macht, liegt irgendwo dazwischen. Gut gebaut, breitschultrig, markante Gesichtszüge. Er sieht mich direkt an.

Ich schaue zu Laurence. »Ist das deine?«

»Nein, ich glaube nicht.«

»Ich denke nicht, dass das unsere Karte ist.« Ich lächle den Mann an. Trotz unserer Höflichkeit würde man im Japanischen niemals ein »Danke« ans Ende dieses Satzes setzen.

»Mein Fehler.« Er deutet eine fast unmerkliche Verbeugung an, mehr ein Kopfnicken in Richtung eines vorbeigehenden Adligen als eine Bewegung aus der Taille, und geht zum Tresen, um die Karte dort abzugeben. Ich wende mich wieder Laurence zu.

Das war das erste Mal, dass ich Kiyoshi traf.

Laurence und ich verwickeln uns jetzt in eine angeregte Diskussion über alte britische Fernsehsendungen, und ich verliere völlig die Zeit aus den Augen. Als ich in New York war, haben Cassie und ich uns alle britischen Serien angesehen, die wir in die Finger bekommen konnten, weil Cassie vom Akzent besessen war und ich das Fluchen therapeutisch und das Vokabular urkomisch fand. »Was für eine absolut verdammte Farce«, murmelte ich, »Himmel, Arsch und Zwirn«, während sich Cassie an verschiedenen zungenbrecherischen schottischen Dialekten versuchte, nachdem sie das reine Hochenglisch bereits vor langer Zeit gemeistert hatte. Ich habe keine Ahnung, ob irgendetwas davon repräsentativ dafür ist, wie Menschen im wirklichen Leben sprechen, aber gerade als ich anfange, Laurence darüber auszufragen, fällt mir auf, dass ich wie üblich zu spät dran bin, diesmal, um Eri von ihrem Musikkurs abzuholen. Ich springe auf und verfluche mich selbst, und weil ich mich selbst verfluche, funktioniert nichts so, wie es soll; ich habe kein Bargeld, und das Café nimmt natürlich keine Karten. Weil wir in Tokio leben, der nach außen herrlich modernen, aber rückwärtsgewandtesten Stadt der Welt. »In jeder Strandbar in Mikronesien werden Kreditkarten akzeptiert«, fauche ich Laurence an und überrasche sowohl mich als auch ihn mit meiner Vehemenz. Aus irgendeinem Grund bringt ihn das zum Lächeln, und er betrachtet mich mit einem Ausdruck freundlicher Vertrautheit, während er für mich bezahlt. Ich bin mir nicht sicher, warum ich so heftig reagiere - sogar einige McDonald´s und Starbucks hier nehmen nur Bargeld. Nachdem ich mich bei Laurence bedankt habe, versuche ich, nicht wütend hinauszustapfen, und verbringe einige unglückliche...

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Autor

Emily Itami ist in Tokio aufgewachsen und lebt nun mit ihrer Familie in London. Sie ist als Reiseschriftstellerin und freie Journalistin tätig. »Eine kurze Begegnung« ist ihr Debütroman.