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Sturmopfer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am01.04.20221. Auflage
Ein Haus auf den Klippen an der Südwestküste Englands. Auf Mortis Point, hoch über dem sturmumtosten Atlantik, leben Lucy und Daniel mit ihren beiden Kindern. Von den Gezeiten bestimmt, führen sie ein beschauliches Leben - bis zu dem Tag, der alles verändert. Daniels Segelboot wird herrenlos auf See gefunden, kurz nachdem ein Notruf abgesetzt wurde. Von Lucys Mann jedoch fehlt jede Spur. Als Lucy erfährt, dass auch ihre Kinder verschwunden sind, gerät ihr Leben endgültig aus den Fugen. Offenbar befanden Billie und Fin sich ebenfalls an Bord des Bootes. An einen erweiterten Suizid, wie Detective Abraham Rose ihn vermutet, will Lucy nicht glauben. Während sich über dem Meer ein Jahrhundertsturm zusammenbraut, der die Suche nach den Vermissten erschwert, versuchen Lucy und Abraham fieberhaft herauszufinden, was wirklich an Bord geschah. Als sie der Wahrheit näher kommen, wird Lucy klar, dass der eigentliche Albtraum gerade erst begonnen hat ...

Sam Lloyd wuchs im englischen Hampshire auf. Schon als kleiner Junge dachte er sich Geschichten aus und baute sich Verstecke in den umliegenden Wäldern. Heute lebt er mit seiner Frau und drei kleinen Söhnen in Surrey. Auf sein Debüt 'Der Mädchenwald' folgte 2022 sein Thriller 'Sturmopfer'.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR17,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEin Haus auf den Klippen an der Südwestküste Englands. Auf Mortis Point, hoch über dem sturmumtosten Atlantik, leben Lucy und Daniel mit ihren beiden Kindern. Von den Gezeiten bestimmt, führen sie ein beschauliches Leben - bis zu dem Tag, der alles verändert. Daniels Segelboot wird herrenlos auf See gefunden, kurz nachdem ein Notruf abgesetzt wurde. Von Lucys Mann jedoch fehlt jede Spur. Als Lucy erfährt, dass auch ihre Kinder verschwunden sind, gerät ihr Leben endgültig aus den Fugen. Offenbar befanden Billie und Fin sich ebenfalls an Bord des Bootes. An einen erweiterten Suizid, wie Detective Abraham Rose ihn vermutet, will Lucy nicht glauben. Während sich über dem Meer ein Jahrhundertsturm zusammenbraut, der die Suche nach den Vermissten erschwert, versuchen Lucy und Abraham fieberhaft herauszufinden, was wirklich an Bord geschah. Als sie der Wahrheit näher kommen, wird Lucy klar, dass der eigentliche Albtraum gerade erst begonnen hat ...

Sam Lloyd wuchs im englischen Hampshire auf. Schon als kleiner Junge dachte er sich Geschichten aus und baute sich Verstecke in den umliegenden Wäldern. Heute lebt er mit seiner Frau und drei kleinen Söhnen in Surrey. Auf sein Debüt 'Der Mädchenwald' folgte 2022 sein Thriller 'Sturmopfer'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644012233
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.04.2022
Auflage1. Auflage
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4066 Kbytes
Artikel-Nr.8454251
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

TEIL 1
EINS
1

Die Nachricht schlägt nicht sauber zu wie die Klinge einer Guillotine. Es wird nichts schnell abgetrennt. So gnädig läuft es nicht ab.

Diese Nachricht enthüllt ihre Schrecken nur Stück für Stück. Und sie kündigt sich zunächst gewaltsam an - durch das nachdrückliche Hämmern von Fäusten gegen die Haustür von Lucy Locke.
2

Lucy sitzt im Arbeitszimmer über Daniels Laptop gebeugt. Ihr Atem geht pfeifend durch die Zähne, und sie sucht hektisch etwas auf dem Gerät. Auf dem Bildschirm sind die Bilanzen der Firma ihres Mannes zu sehen. Auf dem Schreibtisch liegen Kontoauszüge, Rechnungen und gekritzelte Notizen. Zu ihren Füßen stehen Aktenordner, aus denen Quittungen quellen.

Am liebsten würde sie jeden einzelnen Zettel in den Kamin werfen und ein Streichholz daran halten, aber das würde ihnen auch nicht helfen. Wenn es etwas gibt, das sie übersehen hat, muss sie es unbedingt finden.

Lucys nasses Haar tropft kalt auf ihren Rücken. Das Arbeitszimmer ist nicht geheizt, und das Badehandtuch, in das sie sich gewickelt hat, wärmt nur wenig. Im Flur fällt das Quecksilberbarometer. Bisher ist der Sturm noch nicht losgebrochen. Aber bleigraue Wolken ziehen unheilschwanger vom Atlantik herauf.

Das hier kommt ihr nicht wie das Ende der Welt vor. Nicht ganz, noch nicht. Es ist nicht die erste Krise, die sie in ihren neun gemeinsamen Jahren überstehen müssen. Sie hat Daniel schon einmal gerettet. Sie weiß, dass sie ihn noch einmal retten kann.

Lucy lehnt sich im Stuhl zurück und versucht, ihren Atem unter Kontrolle zu bekommen. Sie schaut sich im herrschaftlichen, alten georgianischen Zimmer um.

Auf einem Beistelltisch steht ein silberner Bilderrahmen aus Plastik, ein Überbleibsel aus den Zeiten, in denen sie keinen Pfennig besaßen. Sie hat Daniel seitdem viele andere geschenkt, aber das Original hat er nie ersetzt. In diesem Haus gewinnen wertlose Gegenstände mit der Zeit an Wert: das abgeschabte Mobiliar, das angeschlagene Geschirr, die Bilder an der Wand; all das weckt tausend Erinnerungen, es sind unbezahlbare Artefakte aus der Familiengeschichte der Lockes.

Im Rahmen steckt ein Foto von ihnen allen - Lucy und Daniel, Billie und Fin -, aufgenommen vor sechs Jahren am Strand von Penleith. Fin steckt in einem sandverkrusteten Strampelanzug. Billie sitzt im Schneidersitz neben ihm, eine elfenhafte Zwölfjährige in einem kurzen Neoprenanzug. Daniel - der verschossene Surfershorts trägt und sonst nichts -, beugt sich über einen Einweggrill aus Alufolie. Die Sommersonne hat seine Haut karamellfarben getönt. Sein Blick ist aber nicht auf die Steaks gerichtet, sondern auf das Meer, als hätte dort etwas seine Aufmerksamkeit erregt.

Lucy, Anfang dreißig, lächelt das zufriedenste Lächeln der Welt. Ihre abgeschnittenen Jeansshorts und das vorn geknotete Bikini-Oberteil entblößen eine Haut, die so glatt und fest ist wie die eines Seehunds. Zwei Schwangerschaftsstreifen auf ihrem Bauch sind der zarte Beweis dafür, dass sie Mutter ist. Ihre Brüste sind deutlich auffallendere Hinweise darauf.

Sie hat Daniel immer damit geneckt, dass sie der wahre Grund dafür seien, dass ihm dieses Foto so viel bedeutet. Aber in Wirklichkeit liebt sie das Bild ebenfalls.

Als sie bemerkt, wie sehr sie die Zähne zusammenbeißt, wendet sie sich ab. Plötzlich ist es zu schwer, ihre Familie anzusehen.

Auf dem Schreibtisch liegt ein Stapel ungeöffneter Briefe. Lucy beginnt sich durch sie hindurchzuarbeiten, immer in der Erwartung weiterer Schreckensnachrichten. In den ersten drei Umschlägen ist nur Post für den Papierkorb. Der vierte Brief stammt von einer Versicherung. Sie schaut auf das Datum - und zuckt zusammen, als sie begreift, wie lange er schon hier liegen muss. Sie überfliegt den Text, und die Muskeln in ihrem Unterbauch verkrampfen sich.

Lucys Blick huscht wieder zu den Bilanzen von Daniels Firma, dann zum gerahmten Foto, auf dem er hinaus aufs Meer blickt. Erst gestern Abend, in der Dunkelheit ihres Schlafzimmers, hat sie die Arme um ihn geschlungen und geschworen, dass sie das hier gemeinsam überleben würden. Er hat etwas gemurmelt und sich auf die Seite gerollt. Und Lucy hat seine Verzweiflung gespürt und gemerkt, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten.

Neben dem Foto von ihrer Familie liegt ein altes Polaroid, zerknickt und verblichen. Darauf steht der achtjährige Daniel auf den Stufen des Glenthorne Hostel für Jungen in Plymouth. Den gleichen Gesichtsausdruck hatte er auch an dem Tag, an dem sie einander begegnet sind: die Wachsamkeit eines Beutetiers, die mehr einem Tier als einem Menschen entsprach, eine herzzerreißende Mischung aus Furcht und Hoffnung und Sehnsucht.

An jenem Tag hat sie den machtvollen Drang verspürt, ihre Arme um ihn zu schlingen.

Immer, wenn Lucy dieses Foto ansieht - das erste Foto von ihrem Ehemann, das es gibt -, hat sie wieder ganz genau dieses Gefühl.

Auf den Stufen neben Daniel steht Nick, breiter und größer, obwohl sie beinahe gleichaltrig sind. Daniel blinzelt in die Kamera, aber Nick schaut finster geradeaus. Er hat den Arm beschützend um seinen kleineren Freund gelegt. Lucy weiß besser als die meisten, dass er dort immer noch liegt.

Sie runzelt die Stirn und reißt den letzten Umschlag auf. Begreift zu spät, dass der Brief an Billie adressiert ist. Lucy wirft ihn auf den Schreibtisch und sieht sich noch einmal die Bilanzen an. Sie ballt die Faust und schlägt damit so hart auf die Schreibtischplatte, dass eine Schublade klappert.

Und dann hört sie eine Reaktion, die aus dem Flur kommt. Aber es ist keine klappernde Schublade. Es kommt von der Haustür. Jemand hämmert dagegen.
3

Lucy blinzelt. Neigt den Kopf zur Seite. Ein kalter Wassertropfen rinnt ihr den Hals hinab. Das Gehämmer endet ebenso abrupt, wie es angefangen hat. Jetzt hört sie nur noch das Ticken der Wanduhr.

Eine Bewegung am Fenster erregt ihre Aufmerksamkeit. Sie wendet gerade rechtzeitig den Kopf, um zu sehen, wie eine Silbermöwe auf dem Fenstersims landet. Der Vogel ist so groß, dass er Mühe hat, die Balance zu halten, und mit den Flügeln schlägt. Er sieht sie mit einem blassen Auge an. Dann tippt er mit dem Schnabel gegen die Scheibe.

Seit ihre Großtante Iris immer mehr in die Demenz abgleitet, hat sie eine abergläubische Furcht vor Möwen - Iris hasst es, wenn sie auch nur an ihrem Haus vorbeifliegen. Lucy wendet den Blick von der Möwe ab und schaut zur Uhr. Erst nach zwei. Seit der Flut ist ungefähr eine Stunde vergangen.

Hat sie sich nur eingebildet, was sie gerade gehört hat? Niemand in dieser Familie benutzt die Haustür, auch sonst niemand, den sie kennen. Gute Freunde und Mitarbeiter kündigen in alter Tradition nicht einmal ihr Kommen an; sie schlendern einfach durch die Küche und greifen dabei in die Keksdose, sie fühlen sich wie zu Hause.

Das Hämmern ertönt erneut. Vier heftige Schläge. Die Silbermöwe gibt einen Schrei von sich und flattert vom Sims. Lucy steht auf und hält das Badetuch vor der Brust zusammen. Sie geht zur Tür des Arbeitszimmers.

Schaut hinaus.

Wie die anderen Teile dieses weitläufigen Hauses auf den Klippen ist auch der Flur großzügig, aber heruntergekommen. Enteneiblaue Wände - die schon längst hätten neu gestrichen werden müssen - stützen eine Decke mit üppigem, wenn auch hie und da abgeplatztem Stuck. Auf dem Parkett liegt ein verschlissener Läufer, der das Geräusch der Schritte kaum dämpft.

Das Haus stand zwei Jahrzehnte lang verlassen auf Mortis Point, bevor sie es kauften. Jetzt, nach vier Jahren, weiß Lucy, dass der Spottpreis, den sie bezahlt haben, eigentlich nur ein Ablösegeld war. Wild Ridge, wie das Anwesen heißt, ist noch zu retten, aber sie werden sich die dafür nötigen Reparaturen niemals leisten können. Jetzt zumindest ganz sicher nicht.

Die Haustür besteht aus einer riesigen Mahagoniplatte. Durch das Sprossenfenster darüber sieht man ein Rechteck schieferfarbenen Himmels. In die Tür selbst sind zwei Scheiben Milchglas eingelassen. Lucy sieht, wie sich dahinter ein Schatten bewegt. Der Beweis, wenn sie einen bräuchte, dass sie sich das Geräusch nicht eingebildet hat.

Sie ruft sich die Karte von Skentel vor Augen und bevölkert sie mit den Menschen, die sie am liebsten hat. Fin ist in der Headlands Junior School, wo sie ihn kurz vor neun abgegeben hat. Billie ist im College in Redlecker, ein paar Kilometer weiter an der Küste. Daniel in seiner Werkhalle am höher gelegenen Teil des Ufers über dem Strand von Penleith.

Lucy tritt in den Flur und tappt ihn entlang. Das Hämmern...
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Autor

Sam Lloyd wuchs im englischen Hampshire auf. Schon als kleiner Junge dachte er sich Geschichten aus und baute sich Verstecke in den umliegenden Wäldern. Heute lebt er mit seiner Frau und drei kleinen Söhnen in Surrey. Auf sein Debüt "Der Mädchenwald" folgte 2022 sein Thriller "Sturmopfer".Katharina Naumann ist Autorin, freie Lektorin und Übersetzerin und lebt in Hamburg. Sie hat unter anderem Werke von Jojo Moyes, Anna McPartlin und Jeanine Cummins übersetzt.