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Die Brücke zwischen den Welten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
496 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am23.10.20181. Auflage
Das goldene Licht Konstantinopels. Konstantinopel, anno 1906: In der pulsierenden Metropole am Bosporus begegnen sich Orient und Okzident, das Leben scheint sorglos, die Geschäfte der zahlreichen Europäer gehen gut. Ludwig Brehm, aus Hamburg angereist, um im Handelshaus Ihmsen & Witt alles über Orientteppiche zu lernen, ist fasziniert von dieser schillernden Welt - und von der zarten Engländerin Edie, der Ehefrau des Inhabers Richard Witt. An ihrer Seite erkundet Ludwig die Stadt, begleitet von der so schönen wie geheimnisvollen Milena, Pariserin mit russischen Wurzeln und undurchsichtigen Verbindungen. Doch dann kündigt sich Besuch aus Hamburg an, und Ludwigs neues Leben droht ihm zu entgleiten. Denn niemand weiß, dass auch er nicht der ist, der er zu sein vorgibt ...

Petra Oelker arbeitete als Journalistin und Autorin von Sachbüchern und Biographien. Mit «Tod am Zollhaus» schrieb sie den ersten ihrer erfolgreichen historischen Kriminalromane um die Komödiantin Rosina, zehn weitere folgten. Zu ihren in der Gegenwart angesiedelten Romanen gehören «Der Klosterwald», «Die kleine Madonna» und «Tod auf dem Jakobsweg». Zuletzt begeisterte sie mit «Das klare Sommerlicht des Nordens», «Emmas Reise» sowie dem in Konstantinopel angesiedelten Roman «Die Brücke zwischen den Welten».
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDas goldene Licht Konstantinopels. Konstantinopel, anno 1906: In der pulsierenden Metropole am Bosporus begegnen sich Orient und Okzident, das Leben scheint sorglos, die Geschäfte der zahlreichen Europäer gehen gut. Ludwig Brehm, aus Hamburg angereist, um im Handelshaus Ihmsen & Witt alles über Orientteppiche zu lernen, ist fasziniert von dieser schillernden Welt - und von der zarten Engländerin Edie, der Ehefrau des Inhabers Richard Witt. An ihrer Seite erkundet Ludwig die Stadt, begleitet von der so schönen wie geheimnisvollen Milena, Pariserin mit russischen Wurzeln und undurchsichtigen Verbindungen. Doch dann kündigt sich Besuch aus Hamburg an, und Ludwigs neues Leben droht ihm zu entgleiten. Denn niemand weiß, dass auch er nicht der ist, der er zu sein vorgibt ...

Petra Oelker arbeitete als Journalistin und Autorin von Sachbüchern und Biographien. Mit «Tod am Zollhaus» schrieb sie den ersten ihrer erfolgreichen historischen Kriminalromane um die Komödiantin Rosina, zehn weitere folgten. Zu ihren in der Gegenwart angesiedelten Romanen gehören «Der Klosterwald», «Die kleine Madonna» und «Tod auf dem Jakobsweg». Zuletzt begeisterte sie mit «Das klare Sommerlicht des Nordens», «Emmas Reise» sowie dem in Konstantinopel angesiedelten Roman «Die Brücke zwischen den Welten».
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644200579
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum23.10.2018
Auflage1. Auflage
Seiten496 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse11013 Kbytes
Artikel-Nr.2530668
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1. Kapitel

Im Mai 1906


Der Zug legte sich ratternd in die gestreckte Kurve und schickte einen heulenden Pfiff in die Nacht. Der junge Reisende im letzten Coupé des dritten Waggons schreckte aus seinem Dösen auf und beugte sich zum Fenster. Die Vorhänge waren nicht zugezogen, er brauchte den weiten Blick in die vorbeiziehenden Landschaften, um sich nicht gefangen zu fühlen, selbst wenn sie in der nächtlichen Dunkelheit versanken.

Er war unterwegs, hinaus in die Welt und eine neue Freiheit, dennoch fühlte er sich in der Falle. Zwei Mal, in Berlin und in Breslau, hatte er mit dem Koffer an der Tür gestanden, als der Zug hielt. Da war es noch Zeit gewesen auszusteigen, aus dem Zug und dem ganzen verrückten Unternehmen. Er war nicht ausgestiegen.

Die Nacht war nun tiefschwarz. Er hatte sein Leben in einer der größten Städte des Reichs verbracht, dort brannten irgendwo immer Lichter, die absolute Dunkelheit unter diesem Himmel kannte er nicht. Da war kein Stern, kein irdischer Lichtschein zeugte von einem Dorf oder einer hinter Hügeln verborgenen Stadt. Warum pfiff ein Zug in dieser Einöde, fern jeder menschlichen Behausung? Er stellte sich vor, das Pfeifen der Lokomotive scheuche Wölfe von den Gleisen. Im Deutschen Reich waren die gelbäugigen Jäger fast ausgerottet, über den Balkan hingegen streiften noch zahllose Rudel, so hieß es. Er hätte gerne eines gesehen.

Der Zug rollte nun langsamer, schließlich passierte er eine einsam gelegene Bahnstation. In einem der Fenster schimmerte ein mattes Licht wie ein Zeichen der Zuversicht. Eine Gestalt auf dem Perron, in der Dunkelheit nur eine vage Silhouette ohne Gesicht, grüßte mit der Hand an der Mütze den stampfend wieder Fahrt aufnehmenden Zug. Der Bahnhofsvorsteher, so dachte unser Reisender, grüßt die Züge wie Fürsten, selbst mitten in der Nacht, wenn die Welt schläft. Er überlegte flüchtig, ob einer, der den komfortablen Waggons immer nur nachsehen durfte, Sehnsucht fühlte mitzufahren. Bis zur Endstation, wo Europa endete und Asien begann.

Er wäre gerne wieder eingeschlafen, endlich tief und fest, wie ein Kind ohne Angst. Doch bei aller Müdigkeit war er hellwach, und plötzlich, vielleicht zum ersten Mal, seit sein Leben aus den Fugen geraten war, spürte er die ganze Wucht der Ereignisse. Als das Zittern und der Schwindel nachließen, schalt er sich einen Narren. Wer sich für einen solchen Handel entschied, konnte nur ein Narr sein. Für ein Jahr, so war es verabredet. Ein Jahr war eine sehr lange Zeit, auch für einen Narren.

Er lehnte sich zurück in das Polster und zog fröstelnd das herabgerutschte Reiseplaid über die Knie. Er hatte das Coupé für sich, der Zug war nicht ausgebucht, das hatte ihn erleichtert, so musste er nicht gleich mit dem Lügen beginnen.

Es war in einem anderen Leben und doch erst vor wenigen Stunden gewesen, als er auf der Suche nach einem Ausweg durch die Stadt gelaufen war, um endlich am Hamburger Hafen in die nächstbeste Destille zu stolpern, vier Stufen abwärts ins Souterrain. Das hatte er sehr passend gefunden. Im Gastraum mit der behäbigen Theke, die Zapfhähne halbwegs geputzt, eine Kruke mit Soleiern in der Ecke, gläserne Bierkrüge an der Wand, hatte er sich müde auf einen Stuhl fallen lassen. Das Lokal sah nicht so übel aus, wie es von draußen erschienen war. Das fand er enttäuschend. Brooks hatte ihn entlassen, von heute auf morgen auf die Straße gesetzt, ungerecht und despotisch. Dann ging er selbst den nächsten Schritt: weiter abwärts, wenn es sich so ergab, bis in die Gosse. Er wollte sich betrinken, das tat man doch in der Gosse, und wenn ihm einer in die Quere kam, wollte er zuschlagen. Darauf hatte er sich nie verstanden, weder auf das Betrinken noch auf das Zuschlagen. Dies war die Nacht, endlich beides zu tun.

An den alten Tischen saßen nur wenige Gäste. Keiner sah aus, als sei er für eine Schlägerei gut. Der Geruch nach Bier und dem kalten Qualm billiger Zigarren vermischte sich mit dem des süßlichen Parfums zweier Frauen, die am hinteren Tisch eine Suppe löffelten, ohne den Neuankömmling über einen kurzen taxierenden Blick hinaus zu beachten.

Der Wirt reichte ihm ein frisch gefülltes Bierglas über den Tresen, er nahm es, zu sehr mit seinem tiefen Fall beschäftigt, um sich zu wundern, und trank hastig.

«Holla! Ich glaube, das war meines», rief eine Männerstimme von der Tür zum Abtritt im Hof. «Aber trinken Sie nur, hier wird sicher schnell gezapft.»

Hans Körner wandte sich nach der Stimme um, sie klang so grässlich unbeschwert. Seine Augen hatten sich an das dumpfe Licht gewöhnt, dennoch erkannte er den Mann erst, als der sich mit einem flüchtigen «Sie erlauben doch?» zu ihm setzte.

Damit hatte es angefangen.

«Mir scheint, Sie können das Bier besser brauchen als ich», fuhr der andere munter fort, «alleine trinken ist allerdings ungesund. Es schlägt doppelt auf die Leber und dazu aufs Hirn; vor allem ist es sehr langweilig. Finden Sie nicht?»

Körner sah sein Gegenüber missmutig an. Um Konversation zu machen, hätte er sich ein besseres Gasthaus gesucht. Er wollte nur trinken, und zwar allein.

«Ach, wie eitel von mir», befand der andere in seinem beiläufigen Plauderton, «ich war sicher, Sie hätten mich erkannt. Erinnern Sie sich denn gar nicht? Kein kleines bisschen? Ich halte mich durchaus für bemerkenswert.» Er lachte mit unterdrücktem Prusten. «Das war ein Scherz, falls Sie es nicht so verstanden haben. Sie sind Körner! Der Mann, der alles über Teppiche aus dem Orient weiß. Wir sind uns im Lager und im oberen Verkaufsraum bei den ganz edlen Persern begegnet. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich keine Ahnung von diesem Metier.» Er sah sich nach dem Wirt um und hielt mit ungeduldig winkender Geste einen Daumen hoch. «Brehm», sagte er dann, «ich bin Ludwig Brehm, Direktionshospitant im ehrwürdigen Teppichhaus Weise am Neuen Wall. Bis gestern, Gott sei Dank nur bis gestern. Jetzt kann ich weiterziehen. Sie haben mir neulich die Feinheiten eines Seidenteppichs erläutert, irgendwas Osmanisches, wirklich hübsch, ich habe an den passenden Stellen kolossal und interessant gesagt, Sie haben das sicher durchschaut. Jetzt müssen Sie sich aber erinnern. Ich erinnere mich jedenfalls genau. Allerdings kann ich mit meinem Gedächtnis für Namen und Gesichter im Varieté auftreten. Wie diese rechnenden Pudel, Sie wissen schon.»

Der Mann, der in dieser Nacht noch Hans Körner hieß, ein Name übrigens, der ihm schon lange als zu verwechselbar und kleinbürgerlich missfallen hatte, lachte endlich - es klang dünn, aber es war ein Lachen, und Brehm nickte mit zufriedenem Grinsen.

Jetzt erinnerte Hans Körner sich an den gelangweilten jungen Schnösel und auch an den Seidenteppich, eines der kostbarsten Stücke im Haus Weise, nur schien der Mann ihm gegenüber jetzt ganz und gar nicht schnöselig, auch wenn er eher in Cölln´s Austernkeller als in eine Souterrain-Destille passte.

«Doch, natürlich erinnere ich mich», versicherte Körner halbherzig, «es ist hier so schummerig, da habe ich nicht gleich ... der Teppich war allerdings türkisch, ein echtes Kunstwerk aus Hereke. Was tun Sie hier?»

«Bier trinken», erklärte Brehm. «Ich verschwinde morgen auf Nimmerwiedersehen und will in einer echten hanseatischen Hafenkneipe Abschied nehmen. Na gut», er blickte sich abwägend um, «weit und breit kein Seemann oder einäugiger Pirat, mit deren Bekanntschaft ich in Zukunft angeben könnte. Wirklich schade. He, Meister, nicht schon wieder!»

Der Wirt hatte das gerade bestellte Bier gebracht und nach kurzem Zögern vor Körner auf den Tisch gestellt. Er war ein stämmiger Mann mit Bismarckfrisur und Kaiser-Wilhelm-Bart, was in sich ein Widerspruch war, jedenfalls politisch gesehen, aber für Respekt sorgte. Diese beiden jungen Herren waren ihm egal, solche verirrten sich schon mal in seinen Keller, aber nie ein zweites Mal. Er brummelte etwas, das nach «Zwillinge» klang und «da kann man sich schon mal vertun», und brachte ein zweites Glas von der Theke.

«Sie halten uns für Brüder?», fragte Brehm amüsiert. «Sogar für Zwillinge?»

Der Wirt zuckte die Achseln. «Könnt man denken», knurrte er und kehrte zu seinen Zapfhähnen zurück. Er war ein guter Wirt und trotzdem kein schwatzhafter Mann, das überließ er den Gästen.

Brehm musterte sein Gegenüber mit neuer Aufmerksamkeit, nur für einen konzentrierten Moment, dann griff er sein Henkelglas und nahm einen großen Schluck. Als er es absetzte, zeigte er wieder sein sorgloses Jungengesicht.

«Was werden Sie nun tun, nachdem der eitle Glatzkopf Sie vor die Tür gesetzt hat? Wollen Sie sich nicht wehren? Bei Weise hat sich die Geschichte schon herumgesprochen, und mir schien, die meisten sind heimlich auf Ihrer Seite. Natürlich hat so ein Prokurist Macht, erst recht wenn der Inhaber der Firma mit der Dépendance in New York beschäftigt ist, und sicher war es keine Sternstunde der Diplomatie, als Ihnen der Kragen geplatzt ist. Wobei ich farbenblinder Gockel recht treffend finde, mir wären noch ein paar unfreundlichere Tiere eingefallen. Also, was wollen Sie jetzt unternehmen? Werden Sie ihm das Feld einfach überlassen?»

Hans Körner war irritiert. Er wusste nichts von Ludwig Brehm, als dass er ein Hospitant im Chefkontor war. Also einer dieser zumeist jüngeren Söhne wohlhabender Eltern, die sich nach ein paar vergnügten Universitätssemestern einige Wochen in der Welt der Geschäfte umsehen sollten. Dann folgte gewöhnlich eine monatelange noch vergnüglichere Reise um den halben oder auch ganzen Globus und endlich ein Posten, der bei exzellenter Bezahlung...
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Autor

Petra Oelker arbeitete als Journalistin und Autorin von Sachbüchern und Biographien. Mit «Tod am Zollhaus» schrieb sie den ersten ihrer erfolgreichen historischen Kriminalromane um die Komödiantin Rosina, zehn weitere folgten. Zu ihren in der Gegenwart angesiedelten Romanen gehören «Der Klosterwald», «Die kleine Madonna» und «Tod auf dem Jakobsweg». Zuletzt begeisterte sie mit «Das klare Sommerlicht des Nordens», «Emmas Reise» sowie dem in Konstantinopel angesiedelten Roman «Die Brücke zwischen den Welten».