Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die kalten Sekunden

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am21.05.20191. Auflage
Hätte ich ihr den Heiratsantrag einen Moment früher gemacht, wäre das nie passiert. Wir wären nicht angegriffen worden, und sie wäre nicht für immer aus meinem Leben verschwunden. Zehn Jahre nach dem Verschwinden seiner Verlobten Ewa ist Damian Werner ein Schatten seiner selbst. Er ist sich sicher, dass er sie nie wiedersehen wird. Eines Tages stößt er jedoch auf eine Spur - jemand sucht nach Ewa und hat ein Bild von ihr ins Netz gestellt. Kurz darauf postet der Unbekannte ein weiteres Foto. Wer sucht die junge Frau? Und kann es nach all den Jahren wirklich Ewa sein? Damian und Ewa waren bereits als Kinder unzertrennlich, sie hatten keine Geheimnisse voreinander. Doch als Damian weitere Nachforschungen anstellt, muss er feststellen, dass er seine große Liebe wohl doch nicht so gut kannte, wie er immer gedacht hatte.

Remigiusz Mróz, geboren 1987, hat einen Ph.D. in Jura und gab seine Anwaltskarriere auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Mit gerade mal 30 Jahren hat er bereits 25 Bücher veröffentlicht, darunter eine Justizthrillerreihe, die sich allein in Polen über 1,5 Millionen Mal verkauft hat und die für das Fernsehen verfilmt wird. In Polen ist jedes seiner Bücher auf Platz 1 der Bestsellerliste.
mehr

Produkt

KlappentextHätte ich ihr den Heiratsantrag einen Moment früher gemacht, wäre das nie passiert. Wir wären nicht angegriffen worden, und sie wäre nicht für immer aus meinem Leben verschwunden. Zehn Jahre nach dem Verschwinden seiner Verlobten Ewa ist Damian Werner ein Schatten seiner selbst. Er ist sich sicher, dass er sie nie wiedersehen wird. Eines Tages stößt er jedoch auf eine Spur - jemand sucht nach Ewa und hat ein Bild von ihr ins Netz gestellt. Kurz darauf postet der Unbekannte ein weiteres Foto. Wer sucht die junge Frau? Und kann es nach all den Jahren wirklich Ewa sein? Damian und Ewa waren bereits als Kinder unzertrennlich, sie hatten keine Geheimnisse voreinander. Doch als Damian weitere Nachforschungen anstellt, muss er feststellen, dass er seine große Liebe wohl doch nicht so gut kannte, wie er immer gedacht hatte.

Remigiusz Mróz, geboren 1987, hat einen Ph.D. in Jura und gab seine Anwaltskarriere auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Mit gerade mal 30 Jahren hat er bereits 25 Bücher veröffentlicht, darunter eine Justizthrillerreihe, die sich allein in Polen über 1,5 Millionen Mal verkauft hat und die für das Fernsehen verfilmt wird. In Polen ist jedes seiner Bücher auf Platz 1 der Bestsellerliste.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644405837
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum21.05.2019
Auflage1. Auflage
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1256 Kbytes
Artikel-Nr.4045239
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Teil I

1

Hätte ich die Frage nur einen Moment früher gestellt, wäre all das nie passiert. Man hätte uns nicht überfallen, ich wäre nicht ins Krankenhaus gekommen und sie nicht für immer aus meinem Leben verschwunden.

Dreißig Sekunden hätten gereicht, vielleicht sogar weniger. Aber manchmal ist das genug, und dann zerstört ein kurzer Moment das ganze Leben. Und das, was davon bleibt, wird zu einem einzigen langen Versuch, zu vergessen.

Mir gelang es nicht. Immer wieder ging ich die Ereignisse im Kopf durch und überlegte, was gewesen wäre, wenn wir ein Bier weniger getrunken, den Pub früher verlassen oder nicht so lange am Fluss geraucht hätten.

In der Psychologie nennt man das «kontrafaktisches Denken»: Der Verstand erfindet alternative Szenarien für etwas, das bereits stattgefunden hat. Das ist kein seltenes Phänomen, auch kein negatives - es erlaubt uns ja, in der Zukunft denselben Fehler zu vermeiden, und manchmal baut es uns wieder auf und gibt uns das Gefühl, Kontrolle über das eigene Schicksal zu haben.

In meinem Fall war es genau umgekehrt. Ich verfiel in noch tiefere Depressionen, mein Schuldgefühl wuchs ebenso wie das Gefühl, jeglichen Einfluss auf meine Umgebung verloren zu haben.

Immer wieder sagte ich mir, dass ich den Ring nur ein paar Sekunden früher aus der Tasche hätte holen müssen.

Aber das hatte ich nicht. Jeder noch so kleine Schritt an jenem unglücklichen Tag, jede noch so belanglose Entscheidung führten zu dem, was passiert ist.

Der Samstagabend vor zehn Jahren hatte ganz normal begonnen. Ich war mit Ewa in den Highlander gegangen, unseren Lieblingspub in der Altstadt von Opole. Er befand sich in einer Gasse direkt am Fluss.

Wir waren Stammgäste dort, schon lange, bevor wir überhaupt legal Alkohol trinken durften. Ebenso oft saßen wir an der Loża Szyderców, der Spötterloge, einer Stelle am Ufer der MÅynówka, zu der hinter dem Pub schmale Stufen hinunterführen. Ich weiß nicht, wer sich diesen Namen ausgedacht hat. Er war vor über einem Jahrzehnt dort an eine Mauer gesprüht worden und hatte sich schnell verbreitet.

Als wir nach unten gingen, ahnte Ewa schon etwas. Allerdings hatte das nichts mit der Gruppe Männer zu tun, die im Highlander Bier trank. Sie kannte mich einfach gut und hatte meine Nervosität sicherlich bemerkt.

Wir waren schon ewig zusammen. Als Kinder tobten wir durch die Siedlung an der Ulica Spychalskiego in Zaodrze, unbeschwert und ohne uns zu fragen, was die Zukunft uns wohl bringen würde.

Wir waren unzertrennlich. Wir gingen in der Grundschule in dieselbe Klasse, mit zehn küssten wir uns das erste Mal auf der Treppe zur Garderobe. Zu Beginn des Gymnasiums, auf einer Klassenreise, schliefen wir das erste Mal miteinander. Vor dem Studium prophezeiten uns alle, dass es zwischen uns bald aus sein würde, denn Ewa ging aufs Polytechnikum und ich zur Uni. Laut unseren Freunden würden wir Opfer unserer Unzertrennlichkeit werden. Sie lagen falsch.

Wir mieteten eine Wohnung und planten unsere Zukunft. Es schien mir nur natürlich, ihr früher oder später einen Heiratsantrag zu machen. Und vielleicht wusste Ewa genau an diesem Tag, dass ich das vorhatte.

Ich wählte die Loża Szyderców dafür aus, den Ort, an dem wir so viel Zeit zusammen verbracht hatten. Dort hatten wir tonnenweise Nikotin geraucht, literweise billigen Branntwein getrunken und zum ersten Mal gekifft.

Früher war dieser Ort alles andere als romantisch gewesen, ein mit Müll übersätes Fleckchen Ufer, das sich unter der dürren Krone eines einsamen alten Baumes versteckte. Als ich ihr den Antrag machte, war das anders: Plötzlich war die Spötterloge Teil des «Oppelner Venedig», des sanierten Ufergebiets mit seinen charakteristischen, bunt angestrahlten Gebäuden, die fast das Wasser zu berühren scheinen.

Die Loża Szyderców war der richtige Ort. Zumindest dachte ich das.

Ich kniete vor ihr nieder und hätte mich sicherlich wie der letzte Idiot gefühlt, wenn ich vorher nicht so viel getrunken hätte. Ewa schlug theatralisch die Hand vor den Mund und gab mir damit zu verstehen, dass sie genau wusste, was jetzt kam.

Ich schob ihr den Ring auf den Finger, wir küssten uns, hielten uns in den Armen und schwiegen einen Moment lang. Unsere Beziehung war so eng, dass das Schweigen eine Verbindung zwischen uns war und nicht eine Wand, die Menschen trennt.

Wir waren trunken vor Glück und übermütig. Ich legte einen Arm um Ewa, dann stiegen wir die Stufen zum Pub hinauf, um zum Parkplatz zu gehen. Kurz bevor wir den Eingang des Highlander erreichten, traten fünf Männer aus der Tür. Sie waren ziemlich betrunken, grölten und schubsten sich gegenseitig.

Sie beunruhigten uns nicht, sie gehörten einfach zu einer Samstagnacht in der Altstadt von Opole. Doch das änderte sich schnell.

Einer von ihnen starrte Ewa an und verstummte. Er machte plötzlich den Eindruck, als befände er sich im Auge eines Zyklons. Seine Kumpels stießen ihn an, riefen ihm etwas zu, doch er blieb reglos stehen und starrte meine Verlobte an.

«Fuck», sagte er.

Immer noch kehre ich in Gedanken zu diesem Moment zurück, zu dem Blick und der Stimme dieses Mannes. Sie sind für mich genauso verschwommen wie damals, als ich Ewa fester an mich zog und den Schritt beschleunigte.

Derjenige, der gesprochen hatte, stellte sich uns in den Weg. Seine Kumpels schauten ihn fragend an, dann traten sie neben ihn.

«Gibt´s ein Problem?», wollte Ewa wissen.

Jetzt weiß ich, dass ich etwas hätte sagen sollen. Ihre Aufmerksamkeit auf mich lenken, dann wäre vielleicht alles anders verlaufen.

Vielleicht auch nicht.

«Jep ...», gab einer zurück.

Die anderen schwiegen, ihre Mienen verhärteten sich, und alle fixierten meine Verlobte. Ich schaute mich nervös um. In der Nähe war niemand zu sehen. Noch ein Stück weiter die Straße hoch, auf dem Marktplatz, wäre sicherlich jemand vorbeigekommen. Am Fluss jedoch war niemand, der uns hätte helfen können.

Ewa murmelte «Sorry» und wollte weitergehen, aber die Männer rührten sich nicht. Sie standen dicht beieinander, ich hatte den Eindruck, mir würde das Herz aus der Brust springen.

«Worum geht es denn?», fragte ich.

«Ihr habt da unten was vergessen», antwortete der Muskulöseste von ihnen und zeigte auf die Treppe.

Die Übrigen waren nicht so kräftig, aber das war unwichtig. Sie waren zu fünft, ich war allein. Selbst ein professioneller Martial-Arts-Kämpfer wäre nicht mit ihnen fertiggeworden.

Das bestätigte mir schon der erste Schlag. Er war unsauber geführt, typisch Straßenkampf, aber so unerwartet, dass er mich beinahe umgehauen hätte.

Der Muskelprotz hatte ihn mir verpasst. Ich hörte Ewa rufen, aber das Rauschen in meinem Kopf war so laut, dass ich kein Wort verstand. Sie packten uns und drängten uns in Richtung Loża Szyderców.

Ehe ich mich versah, waren wir wieder am Fluss. Ich wollte mich losreißen, aber einer von ihnen hielt mich fest, der Erste schlug erneut zu. Noch drei, vier Mal. Ich brach unter dem Baum zusammen, wo wir den ersten Joint zusammen geraucht hatten.

Obwohl das Blut in Strömen aus meinem Mund floss, bemerkte ich den metallischen Geschmack nicht. Das Bild vor meinen Augen war verschwommen, und trotzdem nahm ich wahr, wie sie Ewa ein paar Meter von mir entfernt zu Boden warfen.

Sie sagten etwas, lachten. Ewa schrie. Bis heute kann ich ihre Worte nicht in meinem Gedächtnis finden.

Ich versuchte aufzustehen, doch sie schickten mich wieder zu Boden. Es reichte ein gutgezielter Schlag. Trotzdem versuchte ich, sofort wieder zu meiner Verlobten zu kriechen.

Sie beschäftigten sich schon mit ihr. Einer von ihnen hatte ihre Bluse zerrissen, ein anderer knetete wie verrückt ihre Brüste. Ich schrie tonlos, zumindest kam es mir so vor, während ich vergeblich versuchte, zu ihr zu gelangen.

Da bemerkten sie meinen jämmerlichen Versuch. Ich bekam einen Tritt an den Kopf, kurz wurde mir schwarz vor Augen. Als ich wieder etwas sehen konnte, zerrte einer der Typen Ewa die Hose herunter.

Die Welt schien mir irreal. Von etwas Schwerem erstickt, so wie der Schrei meiner Verlobten, als einer der Angreifer ihr den Mund zuhielt. Ich drohte, fluchte und flehte die Männer sogar an, aufzuhören. Als mir nichts anderes mehr blieb, betete ich zu Gott. Ich versprach ihm alles, wenn er Ewa nur retten würde.

Dann sah ich ihre rote Spitzenunterwäsche. Sie hatte sie vor einiger Zeit gekauft und gesagt, sie sei für spezielle Anlässe.

Brüllend vor Lachen zerrissen die Angreifer Ewas Slip. Der erste öffnete seine Hose und legte sich auf sie. Ein anderer stand hinter mir und hielt meinen Kopf so, dass ich gezwungen war, alles mit anzusehen.

Bei jedem Versuch, mich loszureißen, bekam ich einen Schlag auf den Hinterkopf. Ich schrie und versuchte immer noch, zu Ewa zu gelangen. Ich krallte meine Hände in die Erde, zog mich vorwärts, aber ich war keinen halben Meter weit gekommen, bevor der Vergewaltiger mit ihr fertig war.

Dann legte sich der nächste auf sie. Er presste sie nieder, als wollte er sie zerquetschen. Ich hörte sie kreischen und weinen, ich sah, wie sie versuchte, ihren Peiniger von sich zu stoßen. Sie hatte nicht die geringste Chance.

Es gelang mir, ein Stück näher zu kommen, dann bemerkten sie mich. Einer kam zu mir, sagte etwas und hob das Bein über meinen Kopf. Bevor er seinen schweren Schuh auf mich niederdonnern ließ, schaute ich Ewa an. Der Ausdruck von Leid, Schmerz und Demütigung auf ihrem Gesicht brannte sich mir ins Gedächtnis. Es war das...

mehr

Autor

Remigiusz Mróz, geboren 1987, hat einen Ph.D. in Jura und gab seine Anwaltskarriere auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Mit gerade mal 30 Jahren hat er bereits 25 Bücher veröffentlicht, darunter eine Justizthrillerreihe, die sich allein in Polen über 1,5 Millionen Mal verkauft hat und die für das Fernsehen verfilmt wird. In Polen ist jedes seiner Bücher auf Platz 1 der Bestsellerliste.