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Die Globalisten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
160 Seiten
Deutsch
Residenz Verlagerschienen am02.09.2014
'Wir versuchen doch alle nur, auf der goldenen Kugel zu tanzen, ganz egal, wie und wohin sie rollt', meint der Schweizer Geschäftsmann Adolphe Weill, Spezialist für Import/Export, im Wiener Café Imperial philosophisch zu seinem Partner Blaschky. Währenddessen fantasiert der abgehalfterte Dichter Josef Maria Wassertheurer am Ottakringer Brunnenmarkt über sein nächstes Meisterwerk und im fernen Sankt Petersburg erwartet ein geheimnisvoller Herr Tschernomyrdin den entscheidenden Anruf. Das kriminelle Netzwerk der Globalisten spannt sich von Zürich und Paris nach Bukarest und Moskau und macht auch mal Pause im idyllischen Salzkammergut. Mit leichter Hand hat Rosei ein Satyrspiel geschaffen, das die Wirklichkeit zur Deutlichkeit entstellt - so bösartig, dass es eigentlich zum Lachen ist.

Peter Rosei, geboren 1946 in Wien. 1968 promovierte er zum Doktor der Rechtswissenschaften. Seit 1972 lebt er als freier Schriftsteller in Wien. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u. a. Franz-Kafka- Preis 1993, Anton-Wildgans-Preis 1999 und das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 2007. Zuletzt erschienen: 'Wien Metropolis' (2005), 'Das große Töten' (2009), 'Geld! ' (2011), 'Madame Stern' (2013).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

Klappentext'Wir versuchen doch alle nur, auf der goldenen Kugel zu tanzen, ganz egal, wie und wohin sie rollt', meint der Schweizer Geschäftsmann Adolphe Weill, Spezialist für Import/Export, im Wiener Café Imperial philosophisch zu seinem Partner Blaschky. Währenddessen fantasiert der abgehalfterte Dichter Josef Maria Wassertheurer am Ottakringer Brunnenmarkt über sein nächstes Meisterwerk und im fernen Sankt Petersburg erwartet ein geheimnisvoller Herr Tschernomyrdin den entscheidenden Anruf. Das kriminelle Netzwerk der Globalisten spannt sich von Zürich und Paris nach Bukarest und Moskau und macht auch mal Pause im idyllischen Salzkammergut. Mit leichter Hand hat Rosei ein Satyrspiel geschaffen, das die Wirklichkeit zur Deutlichkeit entstellt - so bösartig, dass es eigentlich zum Lachen ist.

Peter Rosei, geboren 1946 in Wien. 1968 promovierte er zum Doktor der Rechtswissenschaften. Seit 1972 lebt er als freier Schriftsteller in Wien. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u. a. Franz-Kafka- Preis 1993, Anton-Wildgans-Preis 1999 und das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 2007. Zuletzt erschienen: 'Wien Metropolis' (2005), 'Das große Töten' (2009), 'Geld! ' (2011), 'Madame Stern' (2013).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783701744787
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum02.09.2014
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1494 Kbytes
Artikel-Nr.3088433
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
II

1. Ein gewisser Herr Tschernomyrdin, ausführlichere Personalien anzugeben wäre in dem Fall, wie man bald einsehen wird, untunlich, war im Sankt Petersburger Hotel ASTORIA in der Fürstensuite abgestiegen. Das ASTORIA ist das allererste Haus am Platz, mitten im Zentrum der Stadt und unweit der Newa gelegen.

Die Newa, der grau-lehmige Fluss, war es auch, dem die Ausgänge dieses Herrn Tschernomyrdin galten. Da schritt er dann an den mächtigen, granitenen Säulen der Isaaks-Kathedrale vorbei in die Uferanlagen und schaute vom Kai über die forttreibenden Flusswasser zu den Sphinxen an der Leutnant-Schmidt-Brücke hinüber.

Man hätte nicht sagen können, dass Herr Tschernomyrdin verträumt dahinschlenderte, dass er sich auf diesen Spaziergängen erging. Vielmehr war etwas Nervöses, ja Hektisches um ihn, selbst wenn er so locker vor sich hin schritt, was sich im Übrigen auch darin ausdrückte, dass er seinen Hund, eine kleine, französische Bulldogge, bald laufen ließ, wohin der wollte, um ihn dann, ganz unvermittelt, wieder streng an die Leine zu nehmen.

Der Tagesablauf des Herrn Tschernomyrdin folgte keinem erkennbaren Muster, hatte offenbar keinerlei Plan, es wären denn da die Gassi-Gänge mit seinem Hund, die er im Übrigen, so er keine Lust dazu hatte oder etwa zu müde war, einem der Hoteldiener überließ.

Tschernomyrdin wohnte nun schon seit gut zehn Tagen hier im Hotel, was hieß, dass ihm gewaltige Kosten aufliefen. Einer Arbeit, überhaupt irgendeiner Beschäftigung, schien er offenbar nicht nachzugehen, er empfing niemand, besuchte niemand, er schrieb auch keine Briefe oder Mails. Hin und wieder telefonierte er, das war auch schon alles.

Diese Telefonate, stets auf dem Handy geführt, das in der Pranke des Tschernomyrdin beinah ganz verschwand - er führte sie meist in den zur Newa hin gelegenen Anlagen und immer nur, wenn niemand sich in der Nähe zeigte -, waren begleitet von mimischen Posen, von erregtem Gefuchtel, ja gelegentlich von lautem Geschimpfe und Geschrei.

Telefonierte Herr Tschernomyrdin mit seiner Gattin? Sein Betragen, man kann es nicht anders sagen, nahm sich so familiär aus.

Ein Ferien- oder Urlaubsaufenthalt war es bestimmt nicht, was ihn nach Sankt Petersburg geführt hatte. Er besuchte weder Opern- noch Konzerthäuser, bewunderte keine Sehenswürdigkeiten, erfreute sich nicht am netzartigen Gewirr der Schifffahrtskanäle, für die die Stadt bekannt ist. Nicht einmal der berühmten Eremitage stattete er einen Besuch ab.

Das Einzige, was sich verlässlich an ihm beobachten ließ, war der allabendliche Besuch im Ballraum des ASTORIA, wo er gern ein wenig mit der einen oder anderen Dame tanzte, er tanzte sehr gut, wiegte seinen mächtigen Körper prächtig im Takt, um sich dann, nach Genehmigung einiger Gläser Krimsekt und dem Verzehr von ein paar Fischbrötchen, mit einer der Damen auf sein Zimmer zu verziehen.

Gelegentlich trank Herr Tschernomyrdin über den Durst. Zu dem Zweck saß er allerdings nie lange an der Bar herum. Er kippte die Schnäpse, als ginge das nach der Uhr. Auf die Art hatte er bald sein Quantum beisammen und wankte fort, begleitet von seiner treuen, froschäugigen Bulldogge. Auch die Begegnungen auf seinem Zimmer dauerten nie allzu lang und waren keinesfalls erschöpfend. Bald nämlich, nachdem er mit einer der Schönen verschwunden war, dem Liftboy steckte er da im Vorbeigehen stets generös ein größeres Trinkgeld zu, war er wieder in der Halle zu sehen und brach, mochte es jetzt vor oder lang schon nach Mitternacht sein, zu einem seiner Ausgänge auf.

Es war Sommer in Sankt Petersburg. So waren diese Gänge keine nächtlich geheimnisvollen Unternehmungen, erfüllte doch die Sonne, die um die Jahreszeit in jenen Breiten nie untergeht, die Straßen und Gassen mit zwar lebensleerem, irgendwie schütterem, aber nichtsdestotrotz hellem Licht.

Hätte sich jemand die Mühe gemacht, Herrn Tschernomyrdin und sein Treiben näher ins Auge zu fassen, er wäre wohl bald und auf dem Weg des Ausschlusses aller anderen Möglichkeiten zu dem Ergebnis gekommen: Der wartet auf irgendetwas!

Tatsächlich, eines Tages, Herr Tschernomyrdin hatte wie üblich im Frühstückssaal, über sein Gedeck hin, die Zeitungen ausgiebig studiert, ja fast möchte man sagen, ausgelesen, trat einer der bedienenden Kellner an ihn heran und vermeldete leise: »Ein gewisser Herr Dedjakov ist in der Halle und verlangt, Sie zu sprechen.«

»Dedjakov, ah!« war alles, was Tschernomyrdin verlauten ließ.

War Tschernomyrdin ein groß gewachsenes Mannsbild mit breitem, wiegendem Gang, stets tadellos gekleidet, rasiert und frisiert, nun, dieser Dedjakov war in beinah allem sein genaues Gegenteil.

Ein kleiner, schmieriger Typ, der in einem Jeansanzug steckte. Dazu kam, dass er die Asche seiner vielen Zigaretten, die er in Kette rauchte, achtlos um sich verstreute - auch hier im Hotel ASTORIA.

»Wieso kommst du denn hierher«, hatte Tschernomyrdin zur Begrüßung gesagt, »und wieso denn erst jetzt?«

»Ich bringe schlechte Nachrichten«, erwiderte Dedjakov rasch und irgendwie gehetzt, worauf Tschernomyrdin ihm den Arm um die Schultern legte und ihn in eine abgelegenere Ecke der Halle führte.

»Also, was ist los?«

»Vor ein paar Tagen hatte ich schon Kontakt mit Blaschky. Aber dann ist der Kontakt abgerissen.«

»Was hat Blaschky denn gesagt?«, fragte Tschernomyrdin mit seiner tiefen Stimme und in genau der Tonlage, die man einem Kind oder einem Idioten gegenüber annimmt.

»Er hat mit Weill abgemacht. Und er hat auch zum Großteil schon geliefert.«

»Na, also!«, sagte Tschernomyrdin.

»Es gibt ein Problem mit der Zahlung.«

Nur wenig später finden wir Tschernomyrdin und Dedjakov im nächtlichen Sommergarten, auf einem der von Linden begleiteten Wege, irgendwo hinter dem Teepavillon am Krylow-Denkmal mit seiner tierischen Dekoration aus Erz: Bär und Fuchs, Rabe und Eichhörnchen.

Zu dieser Stunde war der Pavillon freilich geschlossen und kaum Leute unterwegs.

Tschernomyrdin und Dedjakov waren mit dem Taxi zu einer Spazierfahrt aufgebrochen - so hatte Herr Tschernomyrdin sich ausgedrückt.

Dedjakov stand mit dem Rücken zu jenem Geländer, das den Uferweg am Fontanka-Kanal begrenzt. Tschernomyrdin, ganz nahe an ihn herangerückt, hatte ihn am Kragen gepackt und drückte seinen Kopf und Oberkörper nach hinten, ins Luftige hinaus. Tschernomyrdins rot angelaufenes Gesicht mit den funkelnden Augen war dem Dedjakovs ganz nahe.

Er rammte ihm voll ein Knie in den Schritt. Den daraufhin herschnellenden Kopf empfingen wuchtige Fausthiebe, rechts und links. An einem der Jochbögen platzte die Haut, und zugleich mit einem Aufschrei Dedjakovs sickerte Blut hervor.

»Wo ist das Geld denn geparkt, ha?«, fragte Tschernomyrdin mit kaum verhohlenem Hohn.

Er war jetzt so in Fahrt, dass er sich keinerlei Zwang antat.

»Jemand könnte uns sehen«, stotterte Dedjakov undeutlich hervor. Hatte er einen Zahn verloren? Seine Augen glichen denen eines in die Enge getriebenen Tieres.

»Wo ist das Geld, wo?«, fragte Tschernomyrdin noch einmal nach, er unterstrich die Frage durch einen rasch hingefegten Hieb mit der verkehrten Hand.

Er schien die Sache doch sehr ernst zu nehmen.

Etwa um diese Zeit spielte sich in der Hauptstadt der Slowakei, in Bratislava, ein Idyll ab, das von fern ein wenig an das exquisite Leben Tschernomyrdins im Hotel ASTORIA erinnerte.

Hier war es das Luxushotel DANUBIUS, imposant ans Ufer der Donau geklotzt, man konnte das graue, verschwiegene Treiben des Flusswassers beinah aus jedem der Zimmer sehen, so man nur beim Fenster hinausschaute. War der Himmel blau, zauberte sein Widerschein einen bläulichen Glanz auf die Fluten.

Blickte aber Blaschky, jener junge Mann, den wir als Geschäftspartner von Adolphe Weill bereits kennengelernt haben, denn je einmal zum Fenster hinaus?

Er war mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Seit, das war jetzt ein paar Tage her, ein gewisser Herr Manulescu zu ihm gestoßen war, löste eine Festivität die andere ab, eine kleine Orgie die nächste. Wie ein Pfauenrad reihten sich die Ereignisse aneinander, ein buntes Treiben aus Zigarettenrauch, Gelächter, Damenbeinen und Alkoholdunst.

Manulescu, das war ein Mann von Lebensart! Wo der junge Blaschky doch immer einmal zögerte und Bedenken hatte, Manulescu kannte keinerlei Hemmungen, er zog die Geldscheine flott aus den Taschen seines gut geschnittenen Jacketts und pickte sie etwa einem der zum Dinner aufspielenden Zigeuner lachend ans Hirn. Glas auf Glas orderte er, Flasche auf Flasche.

Geradezu diebische Freude schien es ihm zu...
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Autor

Peter Rosei, geboren 1946 in Wien. 1968 promovierte er zum Doktor der Rechtswissenschaften. Seit 1972 lebt er als freier Schriftsteller in Wien. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u. a. Franz-Kafka- Preis 1993, Anton-Wildgans-Preis 1999 und das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 2007. Zuletzt erschienen: "Wien Metropolis" (2005), "Das große Töten" (2009), "Geld! " (2011), "Madame Stern" (2013).

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt