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Hilfreich helfen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
160 Seiten
Deutsch
Tyroliaerschienen am20.01.2023
Kompetent und reflektiert Hilfe leisten Ein Leitfaden für alle im sozialen Engagement Im täglichen Leben Hilfe zu leisten ist richtig und nötig, aber nicht immer fraglos 'gut'. Hilfe kann ambivalent erlebt werden und sogar ugesunde Machtgefälle schaffen oder Burnouts fördern. Markus Fellinger, evangelischer Pfarrer und Gefängnisseelsorger, fragt nach den Bedingungen für 'hilfreiches Helfen' und fasst diese in zehn übersichtliche Kriterien zusammen. Dafür nutzt er seine langjährige Erfahrung in Sozialarbeit, Beratung und Supervision. Der Theologe sieht ein grundsätzliches Angewiesensein auf andere und den Drang zu helfen als menschliche Wesensmerkmale. Mit der biblischen Geschichte vom 'barmherzigen Samariter' veranschaulicht er das 'hilfreiche Helfen'. Das Buch lädt ein, sich unbewusste Mechanismen des Helfens bewusst zu machen sowie eigene Grenzen und die des Gegenübers wahrzunehmen. Lyrische Texte des Autors, die von berührenden Begegnungen mit Menschen im Gefängnis zeugen, bereichern seine praktischen Überlegungen.

MARKUS FELLINGER, MTh, DSA, geb. 1962, ist Leiter der evangelischen Gefängnisseelsorge in Niederösterreich und Sprecher der evangelischen Seelsorge Österreichs. Der diplomierte Sozialarbeiter hat langjährige Erfahrung in systemischer Beratung und als Supervisor in unterschiedlichen Non-Profit-Bereichen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextKompetent und reflektiert Hilfe leisten Ein Leitfaden für alle im sozialen Engagement Im täglichen Leben Hilfe zu leisten ist richtig und nötig, aber nicht immer fraglos 'gut'. Hilfe kann ambivalent erlebt werden und sogar ugesunde Machtgefälle schaffen oder Burnouts fördern. Markus Fellinger, evangelischer Pfarrer und Gefängnisseelsorger, fragt nach den Bedingungen für 'hilfreiches Helfen' und fasst diese in zehn übersichtliche Kriterien zusammen. Dafür nutzt er seine langjährige Erfahrung in Sozialarbeit, Beratung und Supervision. Der Theologe sieht ein grundsätzliches Angewiesensein auf andere und den Drang zu helfen als menschliche Wesensmerkmale. Mit der biblischen Geschichte vom 'barmherzigen Samariter' veranschaulicht er das 'hilfreiche Helfen'. Das Buch lädt ein, sich unbewusste Mechanismen des Helfens bewusst zu machen sowie eigene Grenzen und die des Gegenübers wahrzunehmen. Lyrische Texte des Autors, die von berührenden Begegnungen mit Menschen im Gefängnis zeugen, bereichern seine praktischen Überlegungen.

MARKUS FELLINGER, MTh, DSA, geb. 1962, ist Leiter der evangelischen Gefängnisseelsorge in Niederösterreich und Sprecher der evangelischen Seelsorge Österreichs. Der diplomierte Sozialarbeiter hat langjährige Erfahrung in systemischer Beratung und als Supervisor in unterschiedlichen Non-Profit-Bereichen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783702241261
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum20.01.2023
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2152 Kbytes
Artikel-Nr.10770162
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel II - Die Beispielerzählung vom barmherzigen Samariter als Vor-Bild des Helfens
Vorbemerkung

Zunächst stellt sich die Frage, ob ein biblischer Text aus seinem Zusammenhang gerissen und als Anschauungsmaterial für ein Thema herangezogen werden darf. In diesem Fall ist dazu Folgendes zu bemerken:

Der Kontext der Beispielerzählung im Lukasevangelium (Lk 10,25-37) ist ein Streitgespräch zwischen einem Gesetzeslehrer und dem Rabbi Jesus. Es geht um die Frage nach dem höchsten Gebot. Auf die sich selbst rechtfertigende Gegenfrage des Schriftgelehrten, wer denn sein Nächster sei, antwortet Jesus narrativ mit dieser Geschichte: Ein Mann geht auf dem Handelsweg von Jerusalem nach Jericho und wird unterwegs überfallen und bleibt halbtot liegen. Es kommt ein Priester von Jerusalem, sieht ihn und geht weiter. Es kommt noch ein Priester aus einer anderen Priesterkaste, sieht ihn und geht weiter. Dann kommt ein Mann aus Samarien, also ein von der damaligen jüdischen Bevölkerung Gering-Geachteter, sieht den Halbtoten und es jammert ihn. Er geht zu ihm, reinigt seine Wunden mit Wein und Öl, legt ihn auf sein Lasttier und geht mit ihm den Weg durch die Wüste nach Jericho. Dort übergibt er den Verletzten dem Wirt einer Herberge, dem er entsprechend Geld für die weitere Versorgung gibt. Er sagt, er zahle den Rest, wenn er wiederkomme. Dann zieht der Mann aus Samarien seines Weges.

François Bovon geht davon aus, dass Lukas das Gleichnis an anderer Stelle schon vorgefunden hat und es hier in den Dialog einsetzt und so als Anschauungsmaterial benützt.38 Daraus kann abgeleitet werden, dass Geschichten eben in verschiedenen Zusammenhängen eine deutende Wirkung entfalten können. Im biblischen Kontext dreht sich die Geschichte wesentlich um die Frage der Nächstenliebe. In typisch lukanischer Komposition korrespondiert diese Geschichte mit der nächsten Erzählung, die die Begegnung Jesu mit Martha und Maria schildert und in der die Gottesliebe im Zentrum steht (Lk 10,38-42). Die Wirkungsgeschichte der Beispielerzählung lässt erkennen, in welchen Farben sie leuchten kann. Allegorische Deutungen, wie etwa bei Origenes, sehen Christus im barmherzig handelnden Samariter, der den zu Fall gekommenen Menschen rettet und in die Herberge als Sinnbild der Kirche bringt. Die christologische und soteriologische Dimension ist über die Jahrhunderte hinweg verschieden akzentuiert worden. Einigkeit aber dürfte wohl darin bestehen, dass das Handeln Jesu dem des Samariters entspricht. So wie dieser lässt sich jener von der Not des Menschen betreffen und wendet sich den Notleidenden zu. Ich neige dazu, das Gleichnis anthropologisch zu verstehen. Dies schließt teilweise den christologischen Aspekt mit ein, in Jesus den Menschensohn, schlechthin den Menschen zu sehen. Die Antwort auf die Frage nach dem alles entscheidenden Gebot oder, anders gesagt, worauf es im Leben ankommt, wäre dann: ganz Mensch zu werden, so wie wir es in Jesus sehen und in seinen Geschichten hören. Der Sinn des Lebens bzw. das Göttliche wäre dann nicht im Religiösen (Priester und Levit) zu suchen, sondern in der Menschwerdung im Sinne Christi und das hieße, der Liebe konkrete Gestalt zu geben.

Vor diesem anthropologischen Hintergrund glaube ich, dass es legitim ist und keineswegs eine Verfremdung darstellt, das Gleichnis als Vor-Bild hilfreichen Helfens, als einen konkreten Ausdruck der Nächstenliebe heranzuziehen und gewissermaßen zu benützen.39
Nächstenliebe40

Dass Jesus die Beispielgeschichte des barmherzigen Samariters als Antwort auf die Frage Wer ist mein Nächster? gibt, ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.

Vor allem führt die narrative Antwort weg von einer theoretischen Betrachtung hin zu einer Identifikationsebene. Es geht nicht um das Darüber-Nachdenken, sondern um den Lebensvollzug, nicht um eine distanzierte Betrachtungsweise, sondern um das Sich-Einlassen. Dies kommt einerseits schon im Stilmittel des Erzählens zum Ausdruck, das die Hörenden in die Geschichte hineinnehmen möchte, andererseits in ihrem Inhalt. Dass ausgerechnet ein - aus jüdischer Perspektive - Gering-Geschätzter als Vorbild herangezogen wird, kann als eine prophetische Kultkritik verstanden werden, die das soziale Handeln dem religiösen nicht nur vorzieht, sondern Letzteres in seiner Bedeutung hinterfragt: Das rein kultisch-religiöse Verhalten kann blind machen für das, was vor den Füßen liegt, für das unmittelbar Menschliche.

Zunächst aber besteht eine doppelte Provokation im Sinne einer Entgrenzung in Jesu Antwort auf die Frage, wer denn Nächster sei: Die Wahl des Samariters als Protagonisten der Geschichte ist geradezu skandalös. Als Samariter gehört er nicht nur irgendeiner nicht-jüdischen Volksgruppe an, sondern einer, zu der eine besonders feindselige Stimmung herrschte, wie die unwirsche Behandlung durch die samaritanischen Dorfbewohner widerspiegelt, die Jesus und seine Jünger nicht aufnahmen, weil sie auf dem Weg nach Jerusalem (zum Tempel) waren (Lk 9,51-56). Aber gerade ein Samariter ist es, der in seinem Handeln am Halbtoten den Begriff des Nächsten vorbildhaft entgrenzt. Nach Levitikus 19,16-18 sind die Nächsten die Genossen des Bundes, die Glieder der Gemeinde, die teilhaben an Erwählung und Bund und den damit gegebenen Pflichten und Rechten. Das Gebot der Nächstenliebe gilt damit laut Lev 19,18 zunächst eindeutig gegenüber den Genossen des Jahwebundes, nicht ohne weiteres gegenüber allen Menschen. Es wird freilich (â¦) Lev 19,34 auch im Blick auf den (â¦) im Lande wohnenden Fremden verbindlich gemacht. 41 Jesus durchbricht in dieser Geschichte jegliche Schranke, die den Begriff des Nächsten eingrenzen würde auf Familie, Sippe, ethnische oder religiöse Zughörigkeit und erhebt (neben dem Gleichnis vom Weltgericht in Mt 25) mit diesem ein universales Hilfsethos 42. Gerade darin wird deutlich, dass es hier um eine provokante Grenzüberschreitung geht, denn jetzt zählen nicht mehr Familienbande, nationale oder religiöse Zugehörigkeit oder Sympathiewerte, sondern ausgerechnet der Fremde - sogar der besonders negativ besetzte - ist und wird Nächster in der jeweiligen Situation.43

Besonders die Umkehrung der ursprünglichen Frage im zweiten Dialog ( Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste geworden dem, der unter die Räuber gefallen war? - Lk 10,36) weist darauf hin, dass es im Nächsten nicht nur um das Objekt des Helfenden geht, sondern viel mehr um ihn als Subjekt. Die Blickrichtung des Hilfsbedürftigen definiert den Nächsten und nicht umgekehrt, wie zunächst die Frage lautete. Beide Perspektiven ergänzen einander.44 Aber entscheidend ist das Selbstverständnis des Helfenden als das eines Menschen, der denen nahe ist, die ihm in den Weg gestellt sind als Angewiesene, so wie er auch angewiesen bleibt. Die Frage nach der eigenen Identität wird hier gestellt. Wir beantworten die Frage Wer bin ich? herkömmlich mit unserem Beruf und damit verbunden mit dem Status in der Gesellschaft. Andere Antworten fallen meist als ungewöhnlich auf. Kaum jemand würde die Frage mit Ich bin Nachbar beantworten (so könnte Nächster auch übersetzt werden), obwohl dies auf alle Fälle zutrifft. Wer sich so versteht in seinem Sein, wird entsprechend handeln. Er lebt in einer aufmerksamen Bezogenheit zu seiner Umwelt. Vor diesem Hintergrund verliert der Begriff Barmherzigkeit jegliches asymmetrische Gefälle. Die Frage des Schriftgelehrten, wer denn der Nächste sei, wird eben mit einer Geschichte, die Barmherzigkeit darstellt, beantwortet. Der Nächste - egal wer er auch sonst noch sei, Inländer oder Fremder, religiös oder ungläubig, was auch immer - wird eben dann zum Nächsten, wenn er barmherzig handelt.45 Dass dies keine Frage nach dem rechten Glauben und noch weniger eine kultische Frage ist, wird deutlich in der Provokation Jesu, ausgerechnet einen Samariter als Vorbild heranzuziehen und gegen Personen des rechtgläubigen Kults auszuspielen. Das wahrhaft Religiöse vollzieht und erweist sich im Mitmensch-Sein, im Dem-anderen-nahe-sein-Können , in der Fähigkeit, sich einzulassen. Das idealtypische helfende Handeln ist vor diesem Hintergrund nicht allein eine äußere und erlernbare Fertigkeit, sondern entspringt dem wesentlichen Selbstverständnis. Das Tun wird zum Symptom des Seins. Es überwindet herkömmliche und soziale Grenzen: Ausgerechnet der Fremde ist ein Nächster und wird zum Nächsten.

Damit wird auch die ursprüngliche Frage des Schriftgelehrten beantwortet: Was muss ich tun, um das ewige Leben zu bekommen? Es ist anzunehmen, dass der Schriftgelehrte vor dem Hintergrund der Gesetzestreue diese Frage...
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