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Liebe sich, wer kann

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Loewe Verlagerschienen am11.08.2021
Jakob hat Panikattacken. Von allen Seiten bekommt er das Gefühl vermittelt, nicht normal zu sein, zu viel zu sein. Bis er auf Lotti trifft, die ihn dazu überredet, sie auf eine Wanderung zu begleiten. Die Beiden nähern sich an, lernen voneinander und über sich selbst. Die Geschichte bietet die Möglichkeit, sich den Themen Angststörungen und Depression anzunähern und aufzuzeigen, wie wichtig es ist, Hilfe anzunehmen. Der Roman hilft außerdem dabei, Hemmschwellen abzubauen und Jugendliche zu bestärken, ihre Probleme nicht mit sich selbst ausmachen zu müssen.

Annette Mierswa war bereits für Film, Theater und Zeitung tätig und arbeitet heute als freie Autorin in Hamburg. Ihre Kinder- und Jugendbücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt, mit diversen Preisen ausgezeichnet und 'Lola auf der Erbse' auch verfilmt. Annette Mierswa hat ein Stipendium des deutschen Literaturfonds erhalten und bietet Lesungen und Schreibworkshops an. Sie hat zwei Hamburger Jungs. Mehr über die Autorin unter annettemierswa.de.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR6,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR6,99

Produkt

KlappentextJakob hat Panikattacken. Von allen Seiten bekommt er das Gefühl vermittelt, nicht normal zu sein, zu viel zu sein. Bis er auf Lotti trifft, die ihn dazu überredet, sie auf eine Wanderung zu begleiten. Die Beiden nähern sich an, lernen voneinander und über sich selbst. Die Geschichte bietet die Möglichkeit, sich den Themen Angststörungen und Depression anzunähern und aufzuzeigen, wie wichtig es ist, Hilfe anzunehmen. Der Roman hilft außerdem dabei, Hemmschwellen abzubauen und Jugendliche zu bestärken, ihre Probleme nicht mit sich selbst ausmachen zu müssen.

Annette Mierswa war bereits für Film, Theater und Zeitung tätig und arbeitet heute als freie Autorin in Hamburg. Ihre Kinder- und Jugendbücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt, mit diversen Preisen ausgezeichnet und 'Lola auf der Erbse' auch verfilmt. Annette Mierswa hat ein Stipendium des deutschen Literaturfonds erhalten und bietet Lesungen und Schreibworkshops an. Sie hat zwei Hamburger Jungs. Mehr über die Autorin unter annettemierswa.de.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732015627
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum11.08.2021
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2360 Kbytes
Artikel-Nr.7133052
Rubriken
Genre9201
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Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Es war sieben Uhr morgens und ich fühlte mich scheiße. Wie immer, wenn ich aufwachte und mir klar wurde, dass ein neuer Tag anbrach, durch den ich mich schleppen musste. Mein Vater schnarchte nebenan, obwohl Max und Milan in der Küche Kein Problem von Apache 207 in voller Lautstärke laufen ließen und mitgrölten. Wie waren die nur aus dem Bett gekommen?

Ich hatte das Gefühl, mein Körper würde eine Tonne wiegen, und stellte mir vor, wie Mama Herrn Balzer anrufen und sagen würde: »Tut mir leid. Jakob kann heute nicht kommen. Er ist zu schwer, um aufzustehen.« Ein guter Witz. Ich war lang und dünn wie eine Brechstange und hatte manchmal das Gefühl, von meinem Vater und den Zwillingen erdrückt zu werden, wenn wir uns gleichzeitig in einem Raum aufhielten. Ich kam mehr nach Mama, die allerdings gar keine Gefahr lief, erdrückt zu werden, weil sie fast immer arbeitete und kaum zu Hause war. Höchstens am Abend. Aber da saßen alle anderen an ihren PCs oder vor dem Flatscreen, für den mein Vater den alten Golf verkauft hatte. Mama wollte ihn noch fahren, aber er meinte, sie könne ja auch die U-Bahn nehmen. Und dann hat er ihn einfach verkauft und am nächsten Tag wurde das Monstrum geliefert, das fast die gesamte Wohnzimmerwand ausfüllt.

Ich schob ein Bein unter der Bettdecke hervor, als Aufsteh-Intro sozusagen. Aber als ich die vielen Beinhaare sah, deprimierte mich das so sehr, dass ich es gleich wieder einzog. Yeti wurde ich deshalb in der Schule genannt. Nur wegen dieser kack Haare. Klar, ich könnte sie einfach abrasieren. Aber das würde doch nichts ändern. Einmal Yeti, immer Yeti. Dann wäre ich eben ein rasierter Yeti.

»Hey, Kleiner, die Küche ist frei. Kannst dich ausbreiten.« Milan steckte seinen Kopf zur Tür herein. »Und sorry, hab leider dein Handtuch erwischt.« Er lachte sich schlapp, während er mein nasses Handtuch auf die Bettdecke warf.

»Beeil dich lieber, bevor Pa aufwacht!«, brüllte Max aus dem Flur. Die Garderobentür knallte. Gleich darauf die Wohnungstür. Und dann war es ruhig. Zu ruhig. Das vertraute Schnarchen war verstummt.

»Verdammtes Pack! Was ist denn das für ein Lärm, mitten in der Nacht?«, donnerte mein Vater los.

Jetzt ging es plötzlich mit dem Aufstehen. Ich huschte lautlos ins Bad und schloss die Tür hinter mir ab.

Fünf Minuten zu spät war ich in der Schule. Alles Taktik. Dann waren die Idioten schon drin. Über den Unterricht gab es nicht viel zu sagen. Öde, überflüssig, nervig. Und viel zu lang. Aber heute war der letzte Schultag vor den Sommerferien. Nach der dritten Stunde war Schluss. Den Umschlag mit dem Zeugnis machte ich gar nicht erst auf. Der Weg nach Hause verlief ohne Zwischenfälle. Ich warf mich auf den quietschenden Stuhl vor meinem PC, setzte die Kopfhörer auf ... und konnte endlich abtauchen.

Groom war stark, sehr stark. Arme wie Brückenpfeiler, eine goldene Mistgabel als Waffe und eine Schubkarre als Schild. Zusammen mit Justus alias Kellog fegten wir die Lane entlang, in der wir auf ein Dutzend Gegner trafen, und zerlegten alle, die sich uns in den Weg stellten.

»Hey, du Penner.« Max rammte mir fast die Tür in die Seite. »T-E-L-E-F-O-N.«

Ich zuckte zusammen. »Für mich?«

»Ich versteh´s auch nicht.« Er grinste, schob mein Headset an einem Ohr zur Seite und hielt mir den Hörer hin. »Und noch dazu von einer Sie.«

Sofort klopfte mein Herz wie wild und ich bekam feuchte Hände. Mit der rechten umklammerte ich die Maus.

»Was ist los?« Justus brüllte in mein eines Ohr, während Max immer ungeduldiger wurde und mir den Hörer ans andere hielt.

»Hey, soll ich auflegen oder was?«

Ich nickte.

»Geht´s noch? Du gehst da jetzt schön ran.« Er presste mir den Hörer ans Ohr, während Groom im Sturm des Kampfes reglos auf meine Befehle wartete.

»Mann, komm schon!« Justus, rechts.

»Hi.« Eine sehr warme, weibliche Stimme, links. »Bist du das, Jakob?«

»Wenn du jetzt nicht gleich den verdammten Hörer nimmst, dann sag ich der Ische, dass du dir gerade einen runterholst.«

»Hier ist Lotti«, sagte das Wesen aus einem anderen Universum.

Während ich mit der rechten Hand noch immer die Maus umklammerte, zwang ich die linke, sich zu heben und den Hörer zu nehmen.

»Mann, Alter, bin ich dein Diener oder was?« Max haute mir auf den Hinterkopf und stob aus dem Raum.

»Jaaakooob! Verdammt. Was ist looos?« Justus brüllte mir so laut ins Ohr, dass ich die Maus ruckartig losließ und sie über die Tischkante in die Tiefe stürzte, soweit es das Kabel zuließ - wie ein Bungee-Jumper. Groom war inzwischen fast tot. Gerade mal drei Leben blieben ihm noch.

»Jakob?« Lottis Stimme hauchte gegen das Gemetzel an. Ich bekam kaum Luft, als würde ich die Schläge von Brigan, dem Hüter von Desert Hole, tatsächlich abbekommen.

»Ja«, würgte ich endlich hervor.

»Ah, gut. Also, wie gesagt, hier ist Lotti aus der 10a.«

Lotti aus der 10a? Doch nicht die Lotti?

Mir rutschte fast der Hörer aus der Hand, so feucht war meine Handfläche inzwischen. »Ja.«

Sie lachte. Warum lachte sie denn jetzt? »Ja?«, wiederholte sie. »Heißt das, du weißt, wer ich bin?«

»Ja.« Mein Gott. Ich war der dämlichste Idiot unter der Sonne. Warum konnte ich nicht einfach sagen: Klar weiß ich das. Du bist ja Schulsprecherin und warst mal ein paar Tage in unserer Klasse. Wir sind uns doch auch letztens vor dem Schwimmbad begegnet, als ich dir deine Tasche gebracht habe, die du vergessen hattest. Stimmt´s?

Aber es ging einfach nicht. Auch damals hatte ich mich wie ein Idiot benommen, rumgestottert, als sie mich etwas fragte, und sie ansonsten dämlich angestarrt, was uns jetzt wenigstens erspart blieb. Und es hatte ewig gedauert, bis ich mich an meinen Namen erinnerte. Dabei kannte sie ihn längst. Und als ich das wusste, konnte ich an nichts anderes mehr denken als daran, woher sie ihn kannte.

Noch schlimmer war gewesen, dass ich die ganze Zeit über befürchtete, sie könnte merken, dass ich sie toll fand. Und nicht nur toll. Ich fand sie unglaublich. Lotti war wie ein Sonnenstrahl, der sich den Weg durch eine immer schwarze Wolkendecke brach und mich blendete, mich noch mehr darauf hinwies, wie kläglich mein eigenes Dasein war. Aber von Lotti gesehen zu werden, war wie eine Aufwertung meines eigenen Lebens. Denn so bekam ich einen Funken ihres Glanzes ab.

Sie hatte unsere Klasse besucht, weil sie eventuell ein Schuljahr überspringen wollte. Sie wusste alles, wenn sie aufgerufen wurde. Dennoch war sie nach ein paar Tagen kommentarlos wieder verschwunden. Herr Balzer sagte uns nur, es habe sich erledigt, und ging schnell zum normalen Unterricht über. Während ich noch lange der verpassten Chance nachtrauerte, mich nun fast täglich an Lotti glücklich zu sehen, die mir in diesen Tagen mit entwaffnender Offenheit begegnet war und sich nicht von der Meinung anderer hatte beeinflussen lassen. Beinahe fiebrig hatte ich mich danach gefragt, wie ich es schaffen könnte, trotzdem in ihrer Nähe zu sein. Am besten von morgens bis zum Abend. Ohne in Ohnmacht zu fallen. Und nicht nur in meinen Gedanken.

»Jakob? Bist du noch dran?«

»Ja.« Woher hatte sie meine Nummer?

»Du sprichst doch Deutsch, oder?« Ich hörte sie wundervoll lachen.

»Ja.« Von der Klassenliste. Natürlich. Ich musste unbedingt etwas sagen ... unbedingt. Nur was?

»Verdammt. Jetzt hast du es verbockt. Fuck!« Justus klinkte sich aus. Wir waren beide gestorben.

»Also gut«, sagte Lotti, »ich hoffe mal, meine Message wird dich erreichen. Ich hab ein ... hm ... sagen wir mal, ein Kästchen von dir.«

Ein Kästchen? Ich griff sofort in meine Schultasche und wühlte wie wahnsinnig darin herum. Sie war weg. Meine Notfallbox war weg!!!

Mein Kopf schwoll an und wurde fiebrig heiß. Hatte sie etwa hineingesehen? Na klar hatte sie das. Woher sollte sie sonst wissen, dass es meine Box war. Verflucht. Ohne weiter nachzudenken, drückte ich sie weg. Und dann schossen mir Tränen ins Gesicht und ich kauerte mich zitternd auf meinem Bett zusammen. Ich würde ihr nie wieder unter die Augen treten können. Nie wieder.

»Was is´n nu los?« Max und Milan stürmten in mein Zimmer und warfen sich neben mich aufs Bett. »Du flennst doch nicht etwa?«

»Hat die Ische dir gesagt, was für ein Penner du bist?« Max und Milan schlugen ein.

»Wenn das die Lotti war, Schulsprecherin Lotti, dann drück ich sofort die Rückruftaste.« Max wedelte mit dem Telefon herum. »Die ist ein echtes Sahnetörtchen.«

»Ganz genau und das kann man ja nicht alleine verdrücken.« Milan machte eindeutige Bewegungen mit dem Unterleib. Das Telefon in Max´ Hand klingelte. Die beiden hielten inne, sahen sich triumphierend an und Milan strich sich die Haare glatt, als könnte Lotti ihn sehen. Dann drückte Max die Telefontaste und stellte auf Lautsprecher.

»Ja, bitte?«, sagte er gespreizt und grinste Milan an. »Wer ist da?«

»Jakob, bist du das? Die Verbindung war plötzlich unterbrochen.«

Lotti. Lotti. Lotti. Ich konnte nichts anderes denken.

Max und Milan kloppten mir in die Seite und blickten mich an, als hätte ich einen an der Waffel. Hatte ich ja wahrscheinlich auch.

»Oh, hallo, Lotti.« Max sprach so gestelzt sanft, dass es unerträglich obszön klang. »Schön, dass du noch einmal anrufst. Jakob kann gerade nicht. Ich bin Max, der ältere Bruder.«

»Einer der älteren Brüder«, fiel Milan...
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Autor

Annette Mierswa war bereits für Film, Theater und Zeitung tätig und arbeitet heute als freie Autorin in Hamburg. Ihre Kinder- und Jugendbücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt, mit diversen Preisen ausgezeichnet und "Lola auf der Erbse" auch verfilmt. Annette Mierswa hat ein Stipendium des deutschen Literaturfonds erhalten und bietet Lesungen und Schreibworkshops an. Sie hat zwei Hamburger Jungs.
Mehr über die Autorin unter annettemierswa.de.