Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Ein scheinbar perfektes Leben

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
335 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am28.09.20181. Aufl. 2018
Sie ist eine strahlende Erscheinung, und ihr Leben scheint perfekt. Doch das war nicht immer so. Erstmals erzählt Michelle Hunziker von Zeiten in ihrem Leben, die alles andere als strahlend waren. Als junge Frau geriet sie in die Abhängigkeit einer Sekte. Schnell wurde aus dem anfänglichen Halt Zwang und Entmündigung. Die Sekte bestimmte fortan über ihr Leben und forderte die Trennung von ihrem Mann Eros Ramazzotti. Viele harte Jahre durchlitt sie, bis sie den Ausstieg schaffte und stärker als je zuvor ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen konnte.




Michelle Hunziker wurde 1977 in Sorengo, in der italienischen Schweiz, geboren. Als Tochter einer Niederländerin und eines Schweizers spricht sie fünf Sprachen fließend. Bis zu ihrem 16. Lebensjahr lebte Michelle in der Schweiz. Sie ist in zweiter Ehe mit Tomaso Trussardi verheiratet. Das Paar hat zwei gemeinsame Kinder, Sole und Celeste. Ihre älteste Tochter Aurora stammt aus erster Ehe mit Eros Ramazzotti.
mehr

Produkt

KlappentextSie ist eine strahlende Erscheinung, und ihr Leben scheint perfekt. Doch das war nicht immer so. Erstmals erzählt Michelle Hunziker von Zeiten in ihrem Leben, die alles andere als strahlend waren. Als junge Frau geriet sie in die Abhängigkeit einer Sekte. Schnell wurde aus dem anfänglichen Halt Zwang und Entmündigung. Die Sekte bestimmte fortan über ihr Leben und forderte die Trennung von ihrem Mann Eros Ramazzotti. Viele harte Jahre durchlitt sie, bis sie den Ausstieg schaffte und stärker als je zuvor ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen konnte.




Michelle Hunziker wurde 1977 in Sorengo, in der italienischen Schweiz, geboren. Als Tochter einer Niederländerin und eines Schweizers spricht sie fünf Sprachen fließend. Bis zu ihrem 16. Lebensjahr lebte Michelle in der Schweiz. Sie ist in zweiter Ehe mit Tomaso Trussardi verheiratet. Das Paar hat zwei gemeinsame Kinder, Sole und Celeste. Ihre älteste Tochter Aurora stammt aus erster Ehe mit Eros Ramazzotti.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732561537
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum28.09.2018
Auflage1. Aufl. 2018
Seiten335 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.3425998
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Wenn eins zum anderen kommt â¦

Ich spüre ihren Blick auf mir. Ich bin noch nicht ganz wach, strecke aber die Hand aus, um sie zu streicheln. Langes Haar - Sole. Bubikopf - Celeste. Unter dem Bubikopf lugen ein Paar Augen hervor, die mich schon seit einiger Zeit im Halbdunkel mustern.

Ich schließe die Lider halb und sehe sie an, meine Jüngste, die dicht neben mir im großen Bett zusammengerollt liegt: ganz Milch und Honig wie alle Babys. Und doch schon so groß, dass sie still wartet, bis ich aufwache.

Ich ziehe sie näher heran und schmiege mich an sie. Ihr Köpfchen ruht an meinem Hals. Keine spricht auch nur ein Wort: Ich, weil ich es liebe, meine Töchter im Dunkeln zu halten, sie zu beschnuppern, sie still zu betrachten; sie, weil sie noch gar nicht richtig wach ist, obwohl sie es gerne wäre.

Als ich sicher sein kann, dass sie wieder eingeschlafen ist, hebe ich sie vorsichtig hoch und steige langsam aus dem Bett. Mit kleinen Schritten gehe ich durchs Wohnzimmer, wobei ich sorgsam darauf achte, nicht über das einzige Spielzeug zu stolpern, das am Abend zuvor meinem Ordnungswahn entgangen sein muss. Sobald ich im Zimmer der Mädchen bin, lege ich Celeste in ihr Bettchen. Sie macht es sich bequem, und ich decke sie sorgfältig zu. Sie streckt die Arme aus und schmiegt den Kopf ins Kissen. Sole merkt, dass etwas passiert. Sie bewegt sich ein bisschen, aber dann tauchen sie beide wieder ein in die Welt der Träume. Ich mache die Nachtlichter aus und zupfe die Vorhänge zurecht: Ich will nicht, dass das Morgenlicht sie weckt.

Vorsichtig drücke ich die Türklinke zum angrenzenden Zimmer hinunter: Ich bin sicher, dass Aurora vergessen hat, die Fensterläden zu schließen. Auf die Gefahr hin, dass sie mich in flagranti erwischt und mich ausschimpft, weil ich sie behandle wie ein kleines Kind, mich ständig einmische und ihre Privatsphäre nicht respektiere, schleiche ich hinein, über Klamotten und Bücher hinweg zum Fenster. Als ich meine Mission erfüllt habe, kehre ich in mein Bett zurück.

Es ist halb sechs am Morgen. Zu früh für alles - außer vielleicht für Dankbarkeit.

Nie hätte ich geglaubt, einmal so viel Liebe erfahren zu dürfen. Und doch ist es passiert. Bei der Geburt jeder meiner Töchter hat sich mein Herz noch ein bisschen mehr geöffnet, und ich glaube nicht, dass es sich je wieder verschließen kann.

Alle sagen mir, dass ich um meine Töchter, die große eingeschlossen, viel zu viel Theater mache: Ich spiele, singe, lese, tanze mit ihnen. Ich mache mit ihnen Musik. Ich fotografiere, küsse, umarme sie. Ich stehe jede Nacht viel zu oft auf und schaue, ob sie zugedeckt sind, und ich weiche ihnen auch tagsüber nur selten von der Seite. Ich höre ihnen zu viel zu, ich mische mich zu oft ein, ich rede viel zu viel mit ihnen. Kann alles sein. Natürlich nutzen die beiden Jüngeren meine Zuwendung schamlos aus, wie es jedes Duo aus einer Zwei- und einer Vierjährigen tun würde. Aber ich glaube eben, dass meine Rolle als Mutter das von mir verlangt: sie so zu lieben, dass sie sich beschützt fühlen, ihnen ein Zuhause zu geben, Wurzeln, die ihre Identität bestärken, ein Fundament, auf das sie ihr Leben lang bauen können. Ich mache lieber zu viel als zu wenig. Und außerdem: Ich könnte nicht anders, selbst wenn ich wollte.

Ich kann meine Liebe nicht dosieren. Konnte ich noch nie. Nicht als Mädchen, nicht als Ehefrau, nicht als Mutter. Oder als Freundin. Ich fühle mich wohl mit dieser absoluten, totalen Liebe - jener Liebe, die Kinder geben und gleichzeitig erwarten: ein wunderbar weißes, weiches und leichtes Gefühl, wie eine Wolke, grenzenlos wie das sich ausdehnende Universum.

Ich betrachte Auri, die friedlich daliegt und schläft. So anders, als ich in diesem Alter war: Sie ist so lässig, wie junge Leute es nun mal sind. Vollkommen überzeugt, schon längst erwachsen zu sein, ohne viel von der Welt gesehen zu haben. Und doch scheint meine Älteste mir stärker, als ich es in ihrem Alter war. Auf jeden Fall hat sie von ihrem Vater und mir ein unkritischeres und positiveres Bild, als ich es damals von meinen Eltern hatte. Auri kennt meine Schwächen, meine Ängste, meine Wunden; ich habe mit zwanzig Jahren von meiner Mutter eine Wärme und Zuwendung erwartet, die sie mir leider nicht geben konnte.

Sole spielt zurzeit am liebsten mit Lego. Das Ineinanderstecken der Formen macht ihr großen Spaß: das Prisma in das dreieckige Fenster, den Quader ins rechteckige und so weiter. Mir kommt es so vor, als hätte ich von meiner Mutter jahrelang eine runde Liebe erwartet, doch was sie mir geben konnte, war einfach eckig. Und so stand mein rundes Fenster sperrangelweit offen - und blieb leer. So fühlte es sich für mich jedenfalls an, von der Höhe meiner für Zuneigungsbettler so typischen Unversöhnlichkeit herab - die sich ja stets im Besitz der einzigen Wahrheit über die Natur des Menschen wähnen -: allein und unverstanden, eine Ausgestoßene. Wenn schon meine Mutter mich nicht liebte, dann war ich ja sicher der letzte Mensch auf der Welt, der Aufmerksamkeit verdiente.

In Wahrheit trug ich einfach Scheuklappen. Ich verlangte absolute Gefühle, dicht und ohne Dornen, die jeden Menschen überfordert hätten, denn die Liebe präsentiert sich nun mal in den verschiedensten Farben und Formen. Die Liebe meiner Mutter ist kristallklar, vielleicht nicht ganz so zugänglich, aber hell und strahlend wie ein Stern, der einen leitet. Die Liebe von Auroras Vater war ungeschliffen, aber stark und explosiv.

Ich war einfach nicht reif genug, um zu verstehen, dass alles, wonach ich mich sehnte, zum Greifen nah lag. Es hätte schon genügt, wenn ich nur mein Fenster ein wenig breiter gemacht hätte. Stattdessen habe ich woanders gesucht und meinen Frieden erst gefunden, als eine schöne, lachende Frau, die wunderbar duftete und mein wahres Ich zu sehen schien, mir genau das gab, was ich mir wünschte: eine Liebe, scheinbar ohne Bedingungen, ohne Zweifel, makellos. Wie Kinder sie suchen. Wie Zwanzigjährige sie fordern. Clelia hat mir Zuneigung gegeben, ein Gefühl der Zugehörigkeit, eine Rolle in einer Geschichte, die größer war als ich selbst, sogar größer als sie. Und ich habe geglaubt, dass sie das Stück war, das in mein Fenster passte.

Es gibt keine gnadenlosere Gewalt als jene, wie sie in Sekten ausgeübt wird. Ich suchte nach Liebe, und Clelia gab mir Liebe. Ich konnte ihr alles sagen, und sie nahm mich ernst, jederzeit. Sie rief mich sechsmal am Tag an, um sich zu erkundigen, wie es mir ging. Sie hörte mir aufmerksam zu und schien tief berührt von meinem Leid. Sie schenkte mir Nähe: Wenn ich traurig war, durfte ich meinen Kopf an ihre Schulter lehnen, und sie strich mir übers Haar, solange ich wollte. Wochenlang half sie mir, mein schwaches Selbstwertgefühl aufzupäppeln, sodass ich mich besonders, einzigartig und wichtig fühlte. Aber dann fing sie an, mich zurückzuweisen. Sie bestrafte mich, verbannte mich aus ihrem Umfeld, entzog sich mir. Und ich wollte nur eines: zu ihr zurück. Ich hätte alles getan, um die symbiotische Verbindung wiederherzustellen, die in meinen Augen die einzig wahre Liebe meines Lebens war. Und dafür opferte ich auch einiges: mein Urteilsvermögen und meinen freien Willen. Ich brach den Kontakt zu meiner Mutter ab, zu lieben Freunden und Kollegen. Ich gefährdete meine gesamte berufliche Karriere.

Es dauerte fünf Jahre, bis die Situation für mich unerträglich wurde. Erst dann merkte ich, dass ich, sollte ich bei Clelia bleiben, nicht in höhere Sphären aufsteigen, sondern in die Isolation absinken würde. Ich würde keiner glänzenden Zukunft entgegengehen, sondern in der Einsamkeit enden. Und selbst nachdem ich das begriffen hatte, brauchte ich noch Wochen, um all meinen Mut zusammenzunehmen und aus der Sekte auszubrechen. Aus einem einfachen Grund: Ich glaubte, dass es außerhalb dieses Zirkels für mich nichts gäbe, dass ich krank werden und sterben würde. Aber das war ein Irrtum. Ich saß einfach nur in einer Seifenblase. Ein Pikser mit dem Finger genügte, um sie platzen zu lassen.

Rückblickend, mit genügend Abstand zu diesen Jahren, sind mir einige Dinge absolut klar:

Erstens: Niemand hat Schuld an dem, was passiert ist. In der Natur kommt es manchmal zum sogenannten »perfekten Sturm«: Ein Hurrikan kann eine absolut zerstörerische Kraft entwickeln, wenn mehrere atmosphärische Bedingungen zusammenkommen, die isoliert gar nichts bewirken würden. Das gibt es nicht häufig, aber es kommt vor. Und mir ist genau das passiert. Eine schwierige Vergangenheit, eine gewisse Zerbrechlichkeit, meine Jugend, dazu der Ehrgeiz, ein gewisser Hochmut, die Eile, die Maßlosigkeit, die Unsicherheit, die Angst, der Zorn auf meinen Vater, das Schweigen zwischen mir und meiner Mutter, die Erwartungen, die ich an meine Ehe hatte, meine festen Überzeugungen und meine Fehler, meine Kurzsichtigkeit und Naivität: Keiner dieser Faktoren hätte allein dazu geführt, dass ich mich von einer Sekte verführen ließ. Doch zusammengenommen machten sie es Clelia letztlich leicht, mich an sich zu binden.

Der zweite Punkt betrifft die Liebe: Heute weiß ich, dass niemand sein Selbstwertgefühl davon abhängig machen sollte, wie sehr er von anderen geliebt wird. Wenn überhaupt Liebe ein Gradmesser für den Wert eines Menschen ist, dann nur umgekehrt: Der Sinn liegt doch im Geben, nicht im Nehmen. So gesehen ist die Mutterschaft mit ihren ständigen Herausforderungen eine wunderbare Schule, selbst für unheilbare Romantiker wie mich.

Jetzt wird es wirklich Morgen. Das Licht scheint unter dem Vorhang hervor und zeichnet goldene Muster aufs Parkett. Ich lausche den regelmäßigen Atemzügen meiner...

mehr

Autor

Michelle Hunziker wurde 1977 in Sorengo, in der italienischen Schweiz, geboren. Als Tochter einer Niederländerin und eines Schweizers spricht sie fünf Sprachen fließend. Bis zu ihrem 16. Lebensjahr lebte Michelle in der Schweiz. Sie ist in zweiter Ehe mit Tomaso Trussardi verheiratet. Das Paar hat zwei gemeinsame Kinder, Sole und Celeste. Ihre älteste Tochter Aurora stammt aus erster Ehe mit Eros Ramazzotti.