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Das Gesetz der Rache

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
460 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am31.01.20201. Aufl. 2020
Darauf hatte Nate McHale gewartet. Prasselnder Regen, grollender Donner und gleißende Blitze. Die Gewalt der Natur weckte eine Wut in ihm, die sich gegen alle richtete, die es verdient hatten. Schmerz war Schwäche, Wut war Macht, und Rache war sein Werkzeug. Und seine Feinde würden nicht ungestraft bleiben.

Greystone Lake, 14 Jahre später.
Noch immer schwelen Geheimnisse, Verdächtigungen und Hass. Als das Skelett einer vermissten jungen Frau gefunden wird, zieht es Nate McHale zurück an den Ort seiner Vergangenheit. Offenbar sind die Geschehnisse von damals nicht vergessen, denn es verschwinden erneut Jugendliche. Und es wird klar: Der nächste Sturm zieht auf.



Brendan Duffy ist von Beruf Lektor. Er lebt in New York.
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Produkt

KlappentextDarauf hatte Nate McHale gewartet. Prasselnder Regen, grollender Donner und gleißende Blitze. Die Gewalt der Natur weckte eine Wut in ihm, die sich gegen alle richtete, die es verdient hatten. Schmerz war Schwäche, Wut war Macht, und Rache war sein Werkzeug. Und seine Feinde würden nicht ungestraft bleiben.

Greystone Lake, 14 Jahre später.
Noch immer schwelen Geheimnisse, Verdächtigungen und Hass. Als das Skelett einer vermissten jungen Frau gefunden wird, zieht es Nate McHale zurück an den Ort seiner Vergangenheit. Offenbar sind die Geschehnisse von damals nicht vergessen, denn es verschwinden erneut Jugendliche. Und es wird klar: Der nächste Sturm zieht auf.



Brendan Duffy ist von Beruf Lektor. Er lebt in New York.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732578085
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum31.01.2020
Auflage1. Aufl. 2020
Seiten460 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.4421590
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Eins
Nate McHale hatte Feiertage und Hochzeiten und mehr Geburtstage versäumt, als er zählen konnte. Es bedurfte einer Beerdigung, um ihn nach Hause zurückzubringen.

Ein Greyhound brachte ihn nach Syracuse, wo er in eine lokale Linie umstieg, die den weiten Weg ins North Country bediente. Acht Stunden nachdem er die stickige Fluoreszenz der Port Authority hinter sich gelassen hatte, war er wieder in den Ausläufern der Adirondacks.

Aufgeschlagen in seinem Schoß lag ein medizinisches Journal, obwohl er seit vielen Meilen kein Wort mehr gelesen hatte. Stattdessen war er an seinem Telefon und lauschte dem Bericht einer Assistenzärztin seiner Abteilung, die die Schlachten dieses Morgens schilderte. Blutbilder, Biopsiedaten, Scan-Analysen. Steigende Werte, fallende Werte, unveränderte Werte. Dieser Tage wurden mehr Schlachten gewonnen als verloren - das Beste, worauf man hoffen durfte als jemand, der den Krebs bekämpfte. Die Fehlschläge schmerzten trotzdem.

Er hatte nach den Resultaten einer größeren Lymphknotenresektion gefragt, die er an Nia Kapur durchgeführt hatte, einer spitzbübischen Neunjährigen mit riesengroßen, bernsteinfarbenen Augen und dem besten, rotzigsten Lachen, das er je gehört hatte. Er hatte mit Nia und ihren Eltern gearbeitet, seit er seine Stelle in der pädiatrischen chirurgischen Onkologie angetreten hatte. Doch die Resultate der Lymphknoten-Extirpation waren nicht gut. Die Daten, die die Assistenzärztin durchgab, bedeuteten, dass seine Zeit mit den Kapurs dem Ende entgegenging.

»Doktor McHale?«

»Entschuldigung, Gina. Schlechter Empfang hier draußen.« Er räusperte sich. »Können Sie die letzten Daten bitte noch einmal wiederholen?«

Nate lauschte dem, was er verpasst hatte, bedankte sich für ihren Bericht und wünschte ihr viel Glück bei der Bewältigung des aufziehenden Sturms.

Ein Hurrikan fetzte entlang der Küste nach Norden und kam immer näher.

Medea.

Irgendjemand beim Nationalen Wetterdienst hatte damit angefangen, die Namen von Hurrikans nach klassischen Gestalten zu benennen: Antigone, Brutus, Circe - und somit jedem neuen Sturm Bedeutung und einen Hinweis auf Feindseligkeit verschafft. Nate überlegte, dass vielleicht bald eine Zeit kommen würde, in der man Stürme nach vergessenen Göttern benannte, Göttern, deren Energie und Zorn sich durch Jahrtausende menschlicher Vernachlässigung hindurch aufgestaut hatten.

Der Zeitpunkt des Sturms war denkbar schlecht. Auf seine eigene Weise war er zugleich perfekt.

Der Bus rumpelte um eine Kurve, und Nate beobachtete, wie die Linie zwischen Land und Himmel zu einer vertrauten Kontur verschmolz. Es war September, doch die Scheibe war eiskalt unter seinen Fingern, und das leuchtende Grün der sommerlichen Berge nahm stellenweise bunte Farben an. Der ungezähmte Wald wich nach und nach ersten Häusern mit ordentlich getrimmten Rasen und gepflegten Blumenbeeten. Durch die Bäume hindurch erhaschte er einen ersten Blick auf Licht, das von dunklem Wasser reflektiert wurde.

Es war eine lange Reise gewesen, doch Nate war endlich angekommen.

Er war einer der letzten Fahrgäste im Bus und der Einzige, der beim Marktplatz ausstieg.

Im ersten Moment sah Greystone Lake mehr oder weniger genauso aus wie damals, als er fortgegangen war. Die neoklassizistische Kuppel der Stadthalle war immer noch herbstahornrot gestrichen. Die Kalksteinfassade des Empire Hotel schimmerte immer noch wie Perlmutt durch die Hartriegel-Sträucher, die den Platz säumten. Im Norden ging es zum Kap, im Osten lag das Werftviertel, und im Süden waren die Berge. Das war Greystone Lake. Das war zu Hause. Nate kannte jeden Winkel wie seine eigene Hosentasche.

Er zog den Griff seines Koffers heraus und machte sich auf den Weg in Richtung des Werftviertels. Es war vierzehn Jahre her, seit er über diese Straßen gegangen war, und er musste sich bei jedem Schritt ins Gedächtnis rufen, dass dies kein Traum war. Die Umrisse eines jeden Gebäudes, der Bogen jedes Bordsteins und jeder Laternenpfahl - alles war vertraut, doch alles hatte sich verändert. Nate hatte sich ebenfalls verändert.

Als er den Kingfisher Boulevard hinunterging, wurde ihm klar, warum es so viele Sinnsprüche über diese Art von Heimkehr gab. Jeder Schritt bedeutete eine neue Runde von »Finde den Unterschied«. Neue Schilder über vertrauten Ladenfronten, obsolete Münzfernsprecher, die schicken Fahrradständern gewichen waren. Renovierungen, Umbauten, Neubauten. Nach so langer Abwesenheit heimzukehren war eine einzigartige Mischung aus Wiedererkennen und Entdecken.

Eine Traube von kleinen Kindern, zu jung, um bereits in die Schule zu gehen, wurde von ihren Erzieherinnen mit sanftem Nachdruck am Rand des Platzes entlanggeführt. Eine Windbö wirbelte ihnen einen Schwall getrockneter Blätter entgegen, was in lautem, hellem Gekreisch und gespieltem Entsetzen resultierte. Sie waren altersmäßig näher bei Livvy, doch im Moment war Nia Kapur das Kind, das Nate am stärksten beschäftigte. Er musste ihre Eltern anrufen. Es war die Sorte von schlechten Neuigkeiten, die er lieber persönlich überbrachte, doch es würden Tage vergehen, bis er zurück war, und die kleine Nia hatte möglicherweise nicht mehr allzu viele Tage übrig.

Er versuchte zu überlegen, was genau er sagen würde, doch die richtigen Worte für so eine Nachricht waren noch nicht erfunden.

Nate näherte sich dem Fuß des Hügels, wo er den ersten ungehinderten Ausblick auf den See hatte. Er lag ruhig und glitzernd im Sonnenlicht, doch Nate ließ sich davon nicht täuschen. Es gab ein wohlbekanntes Sprichwort in der kleinen Stadt an seinem Ufer: Der See spuckt immer wieder aus, was er nimmt. Das galt gleichermaßen für Fischernetze wie Wasserleichen, Strandgut oder Untaten.

Nate würde dieses Sprichwort bis an seine Grenzen testen, während er in Greystone Lake war.

Das Telefon in seiner Tasche vibrierte. Eine Textnachricht. Glücklich zu Hause?, wollte Meg wissen.

Es gab eine ganze Reihe von Adjektiven, um die kleine Stadt am Seeufer zu beschreiben, doch »glücklich« war nicht darunter. Gerade angekommen, tippte Nate zurück. Noch in NY?

Mit dem Bus zu fahren war eine grauenhafte Art hierherzureisen, doch mit einem Hurrikan der Kategorie drei, der an den Carolinas vorbeiwalzte, war es für Nate nicht infrage gekommen, Meg ohne den Wagen zurückzulassen. Noch vor zwei Tagen hatte alles danach ausgesehen, als würde der Hurrikan nach draußen auf den Atlantik ziehen, doch hoher Luftdruck hatte den Jetstream von seinem gewöhnlichen Kurs abgedrängt. Medea würde auf Land treffen, und wenn es so weit war, wäre es der schlimmste Sturm seit vielen Jahren, der den Nordosten heimsuchte.

Er hatte Meg regelmäßig mit neuen Meldungen versorgt, die seine Wetter-Apps ihm lieferten: Windgeschwindigkeiten, Bilder von zerstörten Küstenstädten, die unausweichlichen Vergleiche mit Katrina und Sandy. Wenn es um solche Dinge ging, war er sehr viel vorsichtiger als seine Frau. Trotzdem glaubte er, dass er Meg erfolgreich davon überzeugt hatte, Livvy aus der Stadt zu bringen und Medea im Haus ihrer Eltern in der Vorstadt abzuwarten - andererseits würde er erst Ruhe finden, wenn er die Bestätigung von ihr erhalten hatte, dass sie sicher angekommen waren. Google Earth zufolge lag das Haus seiner Schwiegereltern vierzig Meter über dem Meeresspiegel und mindestens zwei Meilen von jedem Fluss oder Bach entfernt, der vermutlich über die Ufer treten würde.

Auch ohne Medea kam die Reise in das nördliche Hinterland zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Meg glaubte, dass sie kurz davor stand, in ihrer Anwaltskanzlei Partnerin zu werden. Livvy hatte schon wieder eine Innenohrentzündung. Im Krankenhaus herrschte mehr Betrieb als üblich. Ihre Terminkalender waren wie ein Schachspiel in drei Dimensionen, trotzdem war Greystone Lake der Ort, wo Nate im Moment sein musste.

Er hätte sich einen Wagen mieten können für den Trip nach Norden, doch etwas an der Monotonie der Busfahrt hatte ihn gereizt. Die ruckhafte Beschleunigung, das schlingernde Bremsen, die verlässlichen Pausen an jedem geplanten Halt entlang der gewundenen Strecke. Den Bus zu nehmen fühlte sich weniger nach einer Fahrt als vielmehr nach einer Reise an, einem notwendigen Transit zwischen der Welt, die er sich erschaffen hatte, und der Welt, die ihn gemacht hatte. Er hatte während der Fahrt mehr gearbeitet, als er eigentlich vorgehabt hatte, doch er wusste auch, dass diese langen Stunden ihm geholfen hatten, sich an den Gedanken einer Heimkehr nach Greystone Lake zu gewöhnen. Selbst unter den besten Umständen würde es irritierend sein, das silberne Wasser des Sees ans Ufer schwappen zu sehen, die Geräusche des Verkehrs auf dem nassen Asphalt des Strandviertels zu hören und das Aroma der Bäume im Wind zu riechen.

Drei Wochen zuvor hatte seine Großmutter angerufen - gleich nachdem sie den Leichnam am Kap gefunden hatten. Das war noch, bevor er offiziell identifiziert worden war, doch Nate hatte nicht warten müssen, bis DNS-Analysen oder Zahnvergleiche vorlagen.

Grams Pub, das Union Points, lag gegenüber dem Werftviertel in einer gepflasterten Seitenstraße. Das Lokal sowie das schicke Backsteingebäude, in dem es sich befand, war seit mehr als einem Jahrhundert im Besitz von Nates Familie. Generationen von McHales hatten die Zapfhähne bedient und die Böden gewischt. Nate wusste längst nicht mehr, wo in dieser Stadt er in das Vermächtnis seiner Familie passte, doch beim Anblick des Lokals stieg...

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