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Das Haus der Fugger

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am26.02.20211. Aufl. 2021
Eine Familie in Not, ein mächtiger Kaufmann auf der Suche nach seinem Seelenheil und ein fragwürdiges Heilmittel

Augsburg, im 16. Jahrhundert. Weil Eva und Joss den letzten Wunsch des Scharfrichters erfüllen und sich damit mehr Feinde als Freunde machen, gerät die ganze Familie in Not. Allein die Aufnahme in die neue Fugger-Siedlung rettet sie vor der Gosse. Um hier wohnen zu dürfen, müssen sie wie alle anderen Bewohner fortan täglich drei Gebete für das Seelenheil des Stifters Jakob Fugger sprechen. Zudem obliegt ihnen die Zubereitung und Ausgabe des berühmten Guajak-Tranks im Siechenhaus. Dann jedoch merkt Eva, dass das Medikament nicht wirkt - und bringt sich und ihre Familie in größte Gefahr ...

Spannender Historischer Roman um die älteste Sozialsiedlung der Welt: die Augsburger Fuggerei


Peter Dempf, 1959 in Augsburg geboren, studierte Germanistik und Geschichte und unterrichtet heute an einem Gymnasium. Der mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnete Autor schreibt neben Romanen und Sachbüchern auch Theaterstücke, Drehbücher, Rundfunkbeiträge und Erzählungen. Bekannt aber wurde er durch seine Historischen Romane, die häufig in Augsburg angesiedelt sind, wo Peter Dempf lebt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEine Familie in Not, ein mächtiger Kaufmann auf der Suche nach seinem Seelenheil und ein fragwürdiges Heilmittel

Augsburg, im 16. Jahrhundert. Weil Eva und Joss den letzten Wunsch des Scharfrichters erfüllen und sich damit mehr Feinde als Freunde machen, gerät die ganze Familie in Not. Allein die Aufnahme in die neue Fugger-Siedlung rettet sie vor der Gosse. Um hier wohnen zu dürfen, müssen sie wie alle anderen Bewohner fortan täglich drei Gebete für das Seelenheil des Stifters Jakob Fugger sprechen. Zudem obliegt ihnen die Zubereitung und Ausgabe des berühmten Guajak-Tranks im Siechenhaus. Dann jedoch merkt Eva, dass das Medikament nicht wirkt - und bringt sich und ihre Familie in größte Gefahr ...

Spannender Historischer Roman um die älteste Sozialsiedlung der Welt: die Augsburger Fuggerei


Peter Dempf, 1959 in Augsburg geboren, studierte Germanistik und Geschichte und unterrichtet heute an einem Gymnasium. Der mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnete Autor schreibt neben Romanen und Sachbüchern auch Theaterstücke, Drehbücher, Rundfunkbeiträge und Erzählungen. Bekannt aber wurde er durch seine Historischen Romane, die häufig in Augsburg angesiedelt sind, wo Peter Dempf lebt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732594351
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum26.02.2021
Auflage1. Aufl. 2021
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5162046
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1. Kapitel

AUGSBURG, AUGUST 1523

Die Welt im Fieber zu erleben musste höllisch sein. Eva las im Gesicht ihres Mannes nicht nur Qualen und Erschöpfung, sondern eine in Wellen wiederkehrende Furcht, die auch sie selbst in Angst versetzte. Wenn sie ihm einen kühlenden Lappen auf die Stirn presste, riss er die Augen auf und starrte panisch hinauf an die Decke, als blicke von dort der Leibhaftige aus dem Dunkel auf ihn herab. Sie vergewisserte sich jedes Mal, dass niemand auf den Dachbalken saß, und allein bei dem Gedanken daran lief ihr ein Schauder über den Rücken.

Joss´ rechter Arm war auf die doppelte Dicke angeschwollen und so rot, als wäre er eingefärbt. Sie wagte nicht, ihn zu berühren, weil ihr Mann dann vor Schmerzen schrie und sich so heftig hin und her warf, dass sie seiner nicht mehr Herr wurde. Sie dankte Gott für das spärliche Licht in ihrer Wohnstube, das so manche Ungeheuerlichkeit im Dämmer verbarg. So blieben ihr die schlimmsten Veränderungen an Joss´ Körper erspart.

Wieder stöhnte ihr Mann laut auf und verdrehte die Augen, als wolle er in sein Innerstes schauen. Sie griff nach dem Lappen, den sie in einer Schale bereithielt, und drückte ihm das kühlende Nass gegen die Stirn. Das Pochen an der Tür drang nur schwach an ihr Ohr.

»Endlich«, murmelte sie und blickte über die Schulter.

Der Bader stand auf der Schwelle, von hinten hell beleuchtet wie ein Engel mit dunklen, unheilvollen Konturen. Die tief stehende Abendsonne machte selbst aus dem blassen dürren Mann eine Erscheinung. Seine Hände waren groß wie Schüsseln und wirkten gegenüber seiner ganzen Gestalt so unförmig, als wären sie falsch angenäht worden.

»Ich dachte schon, Ihr kommt nicht mehr, Jörg.« Ihre Stimme sollte vorwurfsvoll klingen und hörte sich doch nur erschöpft an.

»Hat die Salbe geholfen?«, fragte er, trat über die Schwelle und schloss leise die Tür hinter sich. Dann ging er zu dem Kranken hinüber, kniete sich neben Joss nieder und betrachtete dessen Arm.

Eva hatte ihrem Mann schon am Tag zuvor kein Hemd mehr überziehen können, weil der Arm nicht mehr in den Ärmel gepasst hatte.

»Die Entzündung hat die Schulter erreicht. Vorgestern hätte ich den Arm noch abnehmen können. Heute ist es zu spät«, murmelte der Bader.

In seiner Stimme lag kein Bedauern, sie klang kühl und sachlich. Er machte Eva keinen Vorwurf, er stellte nur Tatsachen fest.

Ein Ausdruck des Entsetzens huschte über das verschwitzte Gesicht des Kranken, als hätte er verstanden, was Jörg gesagt und damit gemeint hatte. Joss riss die Augen auf und blickte erst dem Bader, dann Eva ins Gesicht. Sein Ausdruck verzerrte sich zu einer Grimasse der Panik, die in einem heftigen Zucken und einem Krampf gipfelte, der den gesamten Körper befiel. Er bäumte sich auf wie ein bockendes Pferd. Eva warf sich mit ihrem ganzen Gewicht auf ihren Mann, der aus der Bettstatt zu fallen drohte. Joss schrie vor Schmerzen. Der Bader hielt die zappelnden Beine gepackt, weil er sonst um sich getreten hätte.

Erst als Joss sich etwas beruhigt hatte, tunkte Eva erneut ihren Lappen in das Wasser und wischte ihm mit sanften Bewegungen über das rote Gesicht. Der Kranke verfiel wieder in eine Art willenloses Dämmern.

»Ich kann das Fieber nicht senken«, flüsterte Jörg, dem jetzt selbst der Schweiß auf der Stirn stand, betreten. »Ich fürchte, er wird den morgigen Tag nicht überleben.«

Plötzlich stand Els in der Tür, zitternd und mit rot geweinten Augen. Sie hielt den jüngeren Bruder an der Hand. Barthlen klammerte sich an ihren Fingern fest.

»Mutter, was ist mit Vater?«, fragte Els, und in ihrem Blick lag schon mit ihren vierzehn Jahren das Wissen darum, dass sie ihr nicht die Wahrheit sagen würde. Sie hatte offenbar mitgehört.

»Was ist mit Vater?«, plapperte Barthlen der Schwester nach.

Eva fühlte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Es ging nicht nur um Joss und sie, sondern auch um ihre beiden Kinder, die sich jetzt auf sie zubewegten und an sie drängten. Els umklammerte sie, als spüre sie, wie die knochige Hand des Todes an die Pforte des Lebens klopfte.

Warum nur hatte Joss vor vier Tagen den Balken zurechtschlagen müssen? Es hatte nicht geeilt. Der Jude hätte auch warten können. Joss war nicht recht wohl gewesen. Die Axt wollte ihm nicht gehorchen. Und dann war ein Splitter abgesprungen und hatte sich in seinen Unterarm gebohrt. Eine harmlose Verletzung, die kaum der Rede wert gewesen wäre, wenn sie sich nicht am selben Tag entzündet hätte. Zuerst hatte Joss noch abgewunken, aber mitten in der Nacht hatte er sie geweckt und gefragt, ob von dem Theriak des Quacksalbers noch etwas übrig sei, weil die Wunde so poche. Da war es bereits zu spät gewesen. Keine Stunde später hatten die ersten Krämpfe eingesetzt.

»Ihr könnt nichts mehr für ihn tun?«, fragte Eva, ohne den Bader anzusehen. Sie drückte die beiden Kinder an sich.

Er schüttelte den Kopf und presste die Lippen aufeinander. »Ihm können nur noch der Herr und Gebete helfen.« Damit erhob er sich und streckte die Hand aus. »Vier Kreuzer.«

Zuerst musste Eva schlucken, weil er so unverfroren seine Pranke aufhielt, aber dann nickte sie. Man nahm von den Lebenden - die Toten gaben nichts mehr. Sie kramte mit der freien Hand in ihrer Kittelschürze und holte die vereinbarten vier Kreuzer hervor. Das letzte Geld, das Joss verdient hatte. Judengeld. Einen Kreuzer hatte er im Bierausschank ausgegeben. Die restlichen vier hatte er bei ihr abgeliefert.

»Warum bekommt er Geld, wenn Vater noch immer krank ist?«, fragte Els.

So ganz unrecht hatte sie damit nicht. Doch weder Eva noch der Bader wollten darauf eine Antwort geben. Sie ließ die Münzen in seine ausgestreckte Hand fallen.

»Behüte ihn Gott!«, sagte er und nickte ihr zu. »Und Euch auch. Ich schaue morgen wieder vorbei.«

Eva blickte ihm nach, als trüge er alle Hoffnung mit sich und aus ihrem Leben hinaus. Zurück blieb diese düstere Höhle, die sich mit dem Geruch des Todes zu füllen begann.

»Eva!«, flüsterte es hinter ihr.

Sie drehte sich um. »Joss?«

»Ich werde sterben, nicht wahr?«

Sie wusste nicht, was sie erwidern sollte. Wenn sie jetzt »ja« sagte, dann würde er aufgeben. Aber sie wollte nicht, dass er aufgab. Sie wollte, dass er kämpfte, dass sich sein Körper auflehnte, sein Geist gegen diese Entzündung wehrte.

Er suchte mit der Linken nach ihrer Hand und drückte sie ganz sanft. »Warst mir eine gute Frau, Eva. Danke!«, hauchte er mit geschlossenen Augen.

»Du darfst nicht ... nicht ...«, schluchzte Els. »Geh nicht ...«

Eva konnte nicht entscheiden, ob Els mitbekam, was sie sagte, oder ob es nur eine Reaktion in ihrem Halbschlaf war, in dem sie einerseits träumte und andererseits ihre Gespräche belauschte.

Sie fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, um nicht einfach loszuheulen. Wenn sie sah, wie stark Joss war angesichts der Schwelle, die er bald zu überschreiten hatte, dann durfte sie sich nicht gehen lassen. Am liebsten hätte sie ihm die Schweißtropfen auf dem Gesicht weggeküsst, aber sie fürchtete, ihn am Arm zu berühren und ihm dadurch Schmerzen zu bereiten.

»Wunder ... gibt es ... in dieser ... dieser Welt ... keine!«, hauchte Joss.

Allein dieser Satz ließ die Kraft aus seinem Körper sickern wie Wasser durch ein Sieb.

Aber damit hatte er sie bei ihrer Ehre gepackt. An Wunder zu glauben hieß, an nichts zu glauben. Bevor sie an nichts glaubte, musste sie alles versuchen, was in ihrer irdischen Macht stand. Das war herzlich wenig als Gattin eines Zimmerers und Seemanns. Aber hatte sie alles versucht? Für sich und ihre Kinder?

Sie drückte Joss´ Hand, bis dieser vor Schmerzen das Gesicht verzog. Sie hatte es mit dem Mittel des Quacksalbers versucht, sie hatte gebetet, und dann hatte sie den Bader Jörg gefragt. Mehr war ihr nicht möglich gewesen. Für einen richtigen Arzt hatte sie das Geld nicht - und zugleich Zweifel daran, ob er tatsächlich hätte helfen können. Doktor Spring im Pfaffenviertel oben hinter dem Dom würde allenfalls in seine Bücher schauen und ihr vorschlagen, beim Apotheker ein Kräutermittel zu besorgen, das mehr kostete, als sie im Jahr verdienten. Nein, Doktor Spring konnte ihr auch nicht helfen.

Sie sah auf Joss hinunter, der wieder matt und ohne Bewusstsein auf der Bettstatt lag und schwer atmete. Alles Blut war aus seinem Gesicht gewichen, und er sah so blass aus wie einer der Toten, die der Scharfrichter vom Galgen nahm. Unwillkürlich drückte sie ihre Kinder fest an sich, bis Barthlen vor Schmerz zu wimmern begann und sie wieder nachließ.

Kurz musste Eva schlucken. Hatte sie wirklich alles versucht? Nein. Es gab noch eine Möglichkeit, eine einzige. Ihr Blick huschte hinüber in den Herrgottswinkel und zum Kreuz mit dem hölzernen Gott, dessen ausgebreitete Arme die Welt zu umfangen schienen. Es war eine Möglichkeit, die einem Pakt mit dem Teufel glich. Nur wer verzweifelt war, wagte, auch nur daran zu denken. Und sie war verzweifelt.

Aber wenn es zu spät wäre, wenn Joss in der Zeit, in der sie ihre Seele verkaufte, die Seite wechselte und ihr zusähe, wie sie den Weg des Glaubens und der Liebe verließ?

»Joss. Ich muss weg«, flüsterte sie, damit Barthlen sie nicht hören konnte. »Bitte, bitte, stirb mir nicht. Ich bin gleich wieder da. Vielleicht ... vielleicht weiß er ja noch einen Rat.« Sie wagte nicht, den Namen auszusprechen. Schon um die Schuld, die sich in ihr aufbäumte wie eine Welle, nicht übermächtig werden zu lassen.

Doch zuerst...

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Autor

Peter Dempf, 1959 in Augsburg geboren, studierte Germanistik und Geschichte und unterrichtet heute an einem Gymnasium. Der mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnete Autor schreibt neben Romanen und Sachbüchern auch Theaterstücke, Drehbücher, Rundfunkbeiträge und Erzählungen. Bekannt aber wurde er durch seine Historischen Romane, die häufig in Augsburg angesiedelt sind, wo Peter Dempf lebt.
Das Haus der Fugger

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt