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Die Toten von Lindau

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
365 Seiten
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am26.03.20211. Aufl. 2021
Still liegt der Bodensee vor der idyllischen Kulisse der majestätischen Berge. Doch der Schein trügt: An dessen Ufer wird eine Leiche gefunden. Ihr auffälliges Tattoo führt das ungleiche Ermittlerduo Emma Bosse und Niklas Grimm zu einer kleinen, aber militanten Gruppe Tierschützer. Es stellt sich heraus: Das Opfer ist Nele Gruber, ihre Anführerin. Auch Verdächtige gibt es schnell zuhauf - nicht nur unter den Aktivisten, sondern auch in der aufgebrachten Landbevölkerung ...



Thomas J. Fraunhoffer, Jahrgang 1971, ist seit 1990 Polizeibeamter im Freistaat Bayern. Er lebt mit Ehefrau, zwei Miniponys und einer Krimikatze auf dem Land in der Nähe von Augsburg.
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Produkt

KlappentextStill liegt der Bodensee vor der idyllischen Kulisse der majestätischen Berge. Doch der Schein trügt: An dessen Ufer wird eine Leiche gefunden. Ihr auffälliges Tattoo führt das ungleiche Ermittlerduo Emma Bosse und Niklas Grimm zu einer kleinen, aber militanten Gruppe Tierschützer. Es stellt sich heraus: Das Opfer ist Nele Gruber, ihre Anführerin. Auch Verdächtige gibt es schnell zuhauf - nicht nur unter den Aktivisten, sondern auch in der aufgebrachten Landbevölkerung ...



Thomas J. Fraunhoffer, Jahrgang 1971, ist seit 1990 Polizeibeamter im Freistaat Bayern. Er lebt mit Ehefrau, zwei Miniponys und einer Krimikatze auf dem Land in der Nähe von Augsburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732594559
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum26.03.2021
Auflage1. Aufl. 2021
Reihen-Nr.1
Seiten365 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5162081
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

KAPITEL 1

Er zeigte dem Kaugummi kauenden Polizeiobermeister an der Wache seinen Dienstausweis.

»Niklas Grimm«, las der laut vor. »Kriminaloberkommissar. Aha.«

Durch die Panzerglasscheibe schaute ihn der Uniformierte neugierig an, deutete mit dem Kopf nach rechts auf eine Tür und betätigte einen Knopf. Ein Summen ertönte, das Türschloss klickte.

Grimm betrat die Polizeiinspektion Lindau, im gleichen Gebäude war auch die Kriminalpolizei untergebracht.

»Ich möchte bitte zur Leiterin der Kripo, Frau Bosse«, sagte er zu dem Wachbeamten hinter dem Tresen.

»Ist nicht da«, kam die knappe Antwort. Der Beamte legte die Unterarme auf die Holzoberfläche.

»Vielleicht ihr Vertreter?«

»Auch nicht da.« Schulterzucken.

»Sonst jemand von der Kripo anwesend?«

»Nicht, dass ich wüsste.« Schulterzucken kombiniert mit einem Seufzer.

Er unterdrückte ein gereiztes Aufstöhnen. Wenn dieses Verhalten typisch für die Bodenseebewohner war, na dann Gute Nacht. Grimm mochte es nicht, wenn er seinem jeweiligen Gesprächspartner die Sätze einzeln aus der Nase ziehen musste.

»Heute ist doch kein Feiertag?«, sprach er mehr mit sich selbst als mit dem jungen Polizisten.

Sicher war er nicht, denn in Bayern unterschied sich das zuweilen von Stadt zu Stadt. Augsburg beispielsweise hatte seinen Friedenstag, während überall sonst gearbeitet wurde. Und in München, seinem bisherigen Dienstort, hatten die Uhren sowieso ganz anders getickt als im Rest von Bayern.

Der junge Beamte schüttelte den Kopf. »Sind alle ausgeflogen. Wir sind quasi ausgebucht. Alle verfügbaren Funkstreifen sind im Einsatz, sogar die Krücken vom Tagesdienst und unser Dienststellenleiter. Selbst die Wapo muss ran.«

»Wapo?«

»Na, unsere Lindauer Wasserschutzpolizei. Wo du herkommst, gibt es so was wohl nicht.« Irritiert blickte ihn der Wachbeamte an.

»Ist was Größeres passiert?«, fragte Grimm.

»Kann man so sagen. Wir haben eine Leiche im Stadtteil Reutin, direkt am Bodenseeufer. Nicht weit entfernt von der Villa Leuchtenberg.«

»Tja, also ich bin der Neue bei der Kripo und wollte mich eigentlich bei Frau Bosse vorstellen.«

»Die Emma ist selbstverständlich am Tatort, sie ist die Ermittlungsleiterin.«

»Emma?«

»Die Bosse halt. Emma heißt sie mit Vornamen.«

Zweifelnd schaute er den Kollegen an. Dessen Ausdrucksweise gegenüber einer abwesenden Führungsbeamtin schien ihm etwas respektlos. Grimm tat sich immer noch schwer mit der derben bayerischen Art. Diese hatte er im letzten halben Jahr in München beim Dezernat für Operative Fallanalyse bereits zur Genüge kennenlernen dürfen. Sein Aufenthalt dort hatte jedoch ein abruptes Ende gefunden, als er vor zwei Wochen einen polizeilichen Einsatz an die Wand gefahren hatte, bei welchem dem berüchtigten Schlitzer von Pasing die Flucht gelungen war. Seine Vorgesetzten fanden, Grimm wäre nicht länger tragbar in München. Kurzerhand hatte man ihn ins Polizeipräsidium Schwaben Süd-West abgeschoben und zur Lindauer Kripo gesteckt.

»Wenn du der Neue bist«, sprach ihn sein Gegenüber im üblichen Du der bayerischen Polizei an, »solltest vielleicht zum Leichenort fahren, da findest die Emma. Übrigens, Kollege â¦« Er streckte ihm die rechte Hand entgegen. »Ich bin der Waschtl. Waschtl Lanz.«

Grimm griff zu. »Erfreut, Grimm. Niklas Grimm.«

»Okay, der Einfachheit halber nenne ich dich einfach Nik. Also, Nik, auf gute Zusammenarbeit.«

Lanz grinste ihn an.

Grimm folgte der Beschreibung des Wachbeamten und bog vom Parkplatz des Polizeigebäudes links ab, querte mehrere Kreisverkehre und folgte den Schildern, die zur Insel Lindau führten. Er fuhr allerdings nicht auf die Insel, sondern steuerte seinen Smart an der Seebrücke vorbei, Richtung Bregenzer Straße. Dabei konnte er einen Blick auf den Bodensee werfen. Das tiefblaue Wasser im Vordergrund, am Horizont die majestätischen Berge mit den schneebedeckten Wipfeln, das war schon ein beeindruckender Anblick. Segelboote kreuzten auf dem See, die Sonne spiegelte sich in den Masten.

Die Lindauer Insel verschwand langsam aus seinem Blickfeld. Kurz dachte Grimm an den Reiseführer, den er vor seiner Abreise aus München gekauft und quergelesen hatte, um sich an seinem neuen Dienstort besser zurechtzufinden. »Lindau, Große Kreisstadt, gehört zum Bayerischen Regierungsbezirk Schwaben und liegt am östlichen Ufer des Bodensees im Dreiländereck Deutschland-Österreich-Schweiz. Das historische Stadtzentrum auf der Insel steht unter Denkmalschutz und zeichnet sich durch bunte Patrizierhäuser und verwinkelte Gassen aus«, wiederholte er murmelnd die Kurzbeschreibung aus dem Reiseführer, die er sich einigermaßen eingeprägt hatte.

Ein Transporter kam ihm entgegen, dessen Aufschrift für einen Steinmetz warb. Links gab es Bahngleise, ein Güterzug mit Containern ratterte ihm entgegen.

Der Elektro-Smart hoppelte noch einige Zeit weiter, bis Grimm zu einem prächtigen Bau kam. Das musste die vom Kollegen Lanz beschriebene Villa Leuchtenberg sein. Im Rückspiegel betrachtete er den viereckigen Turm des beeindruckenden Gebäudes. Gerade noch rechtzeitig wandte er den Blick wieder nach vorne, um abrupt auf die Bremse zu treten. Der Sicherheitsgurt schnitt in seine Schulter.

Rechts begann ein Bretterzaun, und an diesem entlang reihte sich Polizeifahrzeug an Polizeifahrzeug. Die Fahrbahn wurde hier zur Engstelle, die Einsatzwagen blockierten fast die gesamte Breite. Mit dem kleinen Smart gelang es Grimm zum Glück, zwischen zwei Funkstreifenwagen einzuparken. Als er ausstieg, wurde er von einem halben Dutzend uniformierter Beamten misstrauisch beobachtet, die entlang des Zauns Aufstellung genommen hatten. Dahinter wuchs eine bunte Mischung: Linden, Schwarzpappeln, Fichten, Ahornbäume und dazwischen allerlei Gestrüpp und Sträucher.

Lag dort die Leiche?

Schaulustige und Presseleute redeten auf die mürrisch dreinblickenden Beamten ein, die allerdings keine der vielen Fragen beantworteten, die man ihnen stellte. Im Gegenteil, sie bauten gerade eine Sichtschutzwand auf, um jeden neugierigen Blick zu verhindern. Grimm musterte die Umgebung. Da, wo der Bretterzaun begann, ging ein Kiesweg ab, der zur Ufermauer führte. Auch hier hielten mehrere Blauuniformierte Wache, diesmal hinter einer rot-weißen Flatterleine, die zwischen zwei Baumstämmen quer über den Weg gespannt war. Vor der Absperrung dasselbe Lied wie entlang des Bretterzaunes: ein Pulk Wissbegieriger belagerte die Polizisten.

Grimm schlängelte sich zwischen Frauen mit Kinderwagen, Touristen in Shorts, älteren Herren mit Kameras, Journalisten und Pressefotografen hindurch. Ohne auf missbilligende Blicke und Ausrufe zu achten, drängelte er sich bis zur vordersten Reihe. Ein Uniformierter mit Vollbart und Sonnenbrille lehnte an einem Informationsschild mit der Aufschrift »Uferpark Wäsen«. Grimm sah in das Gesicht des Polizisten. Der guckte streng zurück und schleuderte ihm ein »Hier gibt s nichts zu sehen« entgegen.

Nachdem Grimm seinen Dienstausweis gezückt hatte, wich der ernste Blick einem Lächeln, der Kollege trat zur Seite, hob die Flatterleine und deutete mit dem Daumen über die Schulter.

»Dort lang, immer der Nase nach. Wo ein Haufen Leute in weißen Anzügen rumspringen, bist du richtig.«

Grimm bedankte sich und schritt los.

»Wieso darf der durch und wir nicht?«, hörte er hinter sich jemanden reklamieren, aber das interessierte ihn nicht.

Rechts von ihm versteckte sich die Villa Leuchtenberg in einer Parkanlage hinter einem grünen Metallzaun und dichtem Pflanzbewuchs. Das weiße Mauerwerk war nur zu erahnen. Stimmen lenkten seine Aufmerksamkeit nach links. Im Gestrüpp hinter dem moosbewachsenen Stamm einer gewaltigen Linde hörte er mehrere davon. Außer ein paar schattenhaften Bewegungen sah er jedoch nichts. Es roch intensiv nach Bärlauch. Grimm entdeckte die weiß blühenden Pflanzen, die so dicht am Wegesrand wuchsen, dass sie einem Teppich glichen. Der Kiesweg machte eine kleine Linksbiegung und verbreiterte sich dann etwas; der Bodensee zeigte sich Grimm jetzt in seiner ganzen Pracht. Erstaunt trat er an den Rand der Ufermauer, kaum einen Meter unter ihm plätscherten Wellen an den Beton. Wunderbar klares Wasser, glitzernd und funkelnd. Zum ersten Mal in seinem Leben sah er den Bodensee aus nächster Nähe, bislang war er noch nie am drittgrößten See Mitteleuropas gewesen. Nur der Plattensee in Ungarn und der Genfer See waren größer, wie er wusste. Wieder dachte er an den Reiseführer. Das dort beschriebene milde Klima glaubte er bereits auf der Haut zu spüren. Kein Wunder, dass in der Bodenseeregion Obsthaine und Weinberge dominierten, das Wetter war ideal für den Anbau. Ein Dutzend Schwimmzüge entfernt ragte ein Baum aus dem Wasser, umgeben von Schilf. Kreischende Möven und gackernde Enten bevölkerten die Miniinsel. Fünfzig Meter weiter dümpelte das blau-weiße Boot der Wasserschutzpolizei und sorgte dafür, dass von der Seeseite aus keine Neugierigen auf Booten der Einsatzstelle zu nahe kamen. Der Name Hecht war in schwarzen Buchstaben auf den Schiffsrumpf gemalt, direkt neben dem Wappen des Freistaates Bayern. Da näherten sich bereits die ersten Schaulustigen auf einem Segelboot, außerdem paddelten zwei Jugendliche mit ihrem Kanu vorbei. Unter den wachsamen Blicken der Wasserschutzpolizisten entfernten sie sich wieder. Auch die Besatzung des Segelbootes musste einsehen, dass an der Hecht kein Vorbeikommen war.

Grimms Blick wanderte nach rechts zum Horizont mit der Insel Lindau....

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