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Von guten Eltern

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
576 Seiten
Deutsch
DuMont Buchverlag GmbHerschienen am15.05.20241. Auflage
North Bath, Upstate New York, steht vor großen Veränderungen: Die Kleinstadt ist eingemeindet worden. Obendrein taucht in einem Hotel genau in der Mitte zwischen North Bath und Schuyler Springs - dem Annektierer - eine Leiche auf. Polizeichefin Charice Bond, die erste Schwarze Frau auf diesem Posten, ist aufs Äußerste gefordert, nicht nur weil sie ihren Ex (und ehemaligen Vorgesetzten) zur Aufklärung des Falls hinzuzieht. Unterdessen arbeitet sich College-Professor Peter Sullivan immer noch an seinem verstorbenen Vater ab - und sieht sich gleichzeitig mit der zerrütteten Beziehung zu seinem Sohn Thomas konfrontiert. Am anderen Ende von North Bath kämpfen Ruth und ihre Tochter Janey darum, ihre Familie zusammenzuhalten. Inmitten all dessen rätseln die Bewohner der Stadt, was es mit der nicht zu identifizierenden Leiche auf sich hat. Wer von ihnen könnte unbemerkt verschwunden sein? Richard Russo stellt sich in diesem Roman nicht nur der Frage, wie wir dem Fluch entkommen können, dass wir unseren Eltern immer ähnlicher werden - er zeigt den alternden Mann in der Krise und verhandelt Themen wie das Sterben amerikanischer Kleinstädte, Rassismus und Polizeigewalt. In >Von guten ElternEin grundzufriedener MannEin Mann der TatDiese gottverdammten TräumeDiese alte SehnsuchtEin grundzufriedener MannEin Mann der TatImmergleiche WegeJenseits der ErwartungenSh*tshowMittelaltemehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR28,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR22,99

Produkt

KlappentextNorth Bath, Upstate New York, steht vor großen Veränderungen: Die Kleinstadt ist eingemeindet worden. Obendrein taucht in einem Hotel genau in der Mitte zwischen North Bath und Schuyler Springs - dem Annektierer - eine Leiche auf. Polizeichefin Charice Bond, die erste Schwarze Frau auf diesem Posten, ist aufs Äußerste gefordert, nicht nur weil sie ihren Ex (und ehemaligen Vorgesetzten) zur Aufklärung des Falls hinzuzieht. Unterdessen arbeitet sich College-Professor Peter Sullivan immer noch an seinem verstorbenen Vater ab - und sieht sich gleichzeitig mit der zerrütteten Beziehung zu seinem Sohn Thomas konfrontiert. Am anderen Ende von North Bath kämpfen Ruth und ihre Tochter Janey darum, ihre Familie zusammenzuhalten. Inmitten all dessen rätseln die Bewohner der Stadt, was es mit der nicht zu identifizierenden Leiche auf sich hat. Wer von ihnen könnte unbemerkt verschwunden sein? Richard Russo stellt sich in diesem Roman nicht nur der Frage, wie wir dem Fluch entkommen können, dass wir unseren Eltern immer ähnlicher werden - er zeigt den alternden Mann in der Krise und verhandelt Themen wie das Sterben amerikanischer Kleinstädte, Rassismus und Polizeigewalt. In >Von guten ElternEin grundzufriedener MannEin Mann der TatDiese gottverdammten TräumeDiese alte SehnsuchtEin grundzufriedener MannEin Mann der TatImmergleiche WegeJenseits der ErwartungenSh*tshowMittelalte
Details
Weitere ISBN/GTIN9783755810025
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum15.05.2024
Auflage1. Auflage
Seiten576 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2953 Kbytes
Artikel-Nr.12754450
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Erbe

Die Veränderungen würden sich ganz allmählich vollziehen, jedenfalls wurde es den Leuten so verkauft. Doch kaum war die Eingemeindung von North Bath in die Nachbarstadt Schuyler Springs offiziell geworden, machten bereits Gerüchte von »nächsten Schritten« die Runde. North Bath High, die Beryl Peoples Middle School und eine der beiden Grundschulen von North Bath würden zum Ende des Schuljahrs schließen, also in wenigen Monaten. Ab dem Herbst würden die betreffenden Schüler dann in Bussen nach Schuyler gefahren werden. Nun, nichts davon kam unerwartet. Schließlich ging es bei der Zusammenlegung darum, überflüssige Strukturen abzubauen, also stand das Bildungssystem, der teuerste Faktor, natürlich ganz oben auf der Liste. Dennoch hatten jene, die für die Eingemeindung geworben hatten, behauptet, all das werde Schritt für Schritt vonstattengehen, quasi im Zuge eines natürlichen Schwunds. Man werde keine Lehrer entlassen, sondern die älteren unter ihnen lediglich dazu ermuntern, und zwar mittels Anreizen, in den Ruhestand zu gehen. Jüngere Lehrkräfte könnten sich für die zusätzlich benötigten Stellen im nunmehr vergrößerten Schulbezirk Schuyler bewerben, wo man alle Anstrengungen unternehmen werde, sie unterzubringen. Die ungenutzten Schulgebäude würden in Büros der Regionalverwaltung umgewandelt werden. Dasselbe betraf auch die Polizei. Das niedrige Backsteingebäude, das bislang die Polizeibehörde und das Gefängnis beherbergt hatte, würde einem anderen Zweck zugeführt werden, und der Polizeichef Doug Raymer, der schon seit Jahren davon redete, sich bald von seinem Posten zurückziehen zu wollen, würde möglicherweise ebenfalls einem neuen Zweck zugeführt werden können. Das halbe Dutzend Polizisten, das ihm unterstand, konnte sich um neue Positionen bei der Polizei von Schuyler bewerben. Hey, vermutlich würden sie sogar ihre alten Uniformen behalten können; nur der linke Ärmel bekäme halt ein neues Abzeichen. Klar, weitere Abbaumaßnahmen würden folgen. Zum Beispiel würde man in North Bath keinen Stadtrat mehr brauchen (nun, da es keine Stadt mehr gab) und auch keinen Bürgermeister (was in Bath ohnehin kein Vollzeitjob war). Bereits jetzt bezog der Ort sein Wasser von Schuyler Springs, und das dortige Amt für Abwasser- und Abfallentsorgung würde künftig auch den Müll in Bath einsammeln lassen, wobei sich alle einig waren, dass das eine erhebliche Verbesserung darstellte. Denn noch mussten die Einwohner von Bath ihren Abfall selbst zur Müllkippe bringen - es sei denn, man ließ ihn kostenpflichtig von der altersschwachen Müllwagenflotte der Squeers-Brüder abholen.

Natürlich waren nicht alle für diesen Quantensprung gewesen. Einige meinten, es gebe nur eine wirklich überflüssige Sache, die die Eingemeindung beseitigen würde, und zwar North Bath selbst. Indem es zuließ, von seinem uralten Rivalen Schuyler Springs »geschluckt« zu werden, beging es praktisch Selbstmord, stimmte es statt fürs Weiterleben für seinen eigenen Untergang, und wer, der noch bei Verstand war, tat so etwas? Andere wiederum fanden dieses melodramatische Argument lachhaft und verhöhnten die Bedenkenträger. Wie könne denn ein künstlich beatmeter Patient noch Selbstmord begehen? Ein Jahrzehnt lang sei das Einzige, worüber Bath noch die Kontrolle gehabt habe, die Dosierung der Morphininfusion gewesen, da der stetig wachsende Schuldenberg außer der Tilgung von Zinsen so gut wie keine weiteren Ausgaben mehr zugelassen habe.

Wie hatte es nur so weit kommen können? Nun, teils lag es an der Rezession, die das ganze elende Land noch immer fest im Griff hatte, aber nicht wenige meinten, mit der Stadt sei es schon sehr viel länger den Bach runtergegangen. Die meisten gaben Gus Moynihan und den verdammten Demokraten die Schuld, die, nachdem sie an die Macht gelangt waren, das Geld mit vollen Händen ausgegeben hätten. Davor war Bath ein Vorbild in Sachen Haushaltsdisziplin gewesen, und sein Motto hatte gelautet: Keine Ausgaben. Niemals. Für gar nichts. Für keinen Zweck der Welt. Wenn sich mitten in der Fahrbahn ein Schlagloch befand, fuhr man eben um das verflixte Ding herum. Schließlich waren Schlaglöcher ja nicht unsichtbar. Je größer und tiefer sie wurden, umso einfacher waren sie auszumachen. Herrgott, vor nicht allzu langer Zeit waren die Straßen gar nicht asphaltiert gewesen. Nein, die Haushaltsmisere sei einer Kombination aus Selbstüberschätzung und Selbsthass geschuldet, meinten die Eingemeindungsgegner, das unvermeidliche Ergebnis der Versuche von Bath, seinem reichen Nachbarn nachzueifern. Die Demokraten hätten, so wie Demokraten nun mal tickten, gedacht, wenn die Stadt genauso viel Geld ausgäbe wie Schuyler Springs, könnte sie alles bekommen, was Schuyler habe. Man müsse Geld ausgeben, um Geld einzunehmen, oder nicht? Ja klar, konterten die Republikaner, aber was die Demokraten geflissentlich übersähen, sei die Tatsache, dass das vom Glück verwöhnte Schuyler Springs in Geld schwimme. Die Stadt wisse nicht, wohin damit. Dort gebe es ein schickes Restaurant neben dem anderen und Cafés und Museen und Kunstgalerien. Man habe eine Pferderennbahn, ein Tanz- und Theaterzentrum, eine Schriftstellerresidenz und ein versnobtes geisteswissenschaftliches College, und all diese Dinge sorgten für einen steten Geldregen. Wie solle Bath damit konkurrieren?, fragten sie. Mehr noch, warum sollte es das wollen? Schließlich gebe es andere Möglichkeiten, Wohlstand zu messen, andere Quellen des Bürgerstolzes. Schuyler habe vielleicht jede Menge Glück - seine Mineralquellen sprudelten nach wie vor aus der Erde, während die von Bath seit mehr als einem Jahrhundert versiegt waren -, aber seine Haupteinnahmequellen seien von jeher Glücksspiel und Pferderennen und Prostitution (Letzteres behaupteten die fundamentalistischen Kirchen von Bath, obwohl sich das einzige Bordell von historischer Bedeutung im Randgebiet der eigenen Stadt befunden hatte). Und deswegen sei Schuyler voller reicher Arschlöcher und Latte macchiato trinkender Schwuler und unitarischer Kirchen, eine Stadt, in der zu leben sich tugendhafte, gottesfürchtige, hart arbeitende Leute gar nicht leisten könnten. Die Tatsache, dass die Stadt noch nicht ihre wohlverdiente Strafe erhalten habe, heiße nicht, dass das nicht noch kommen werde. Wenn Schlaglöcher und zweitklassige Schulen die Steuern niedrig und degenerierte Leute, Atheisten und Starbucks fernhielten, dann: ein Hoch auf Schlaglöcher.

Genau, Steuern waren auch so ein Thema. Wenn Bath von Schuyler eingemeindet wurde, wie lange würden sie dann niedrig bleiben? Die Eingemeindungsbefürworter räumten ein, dass, ja, wenn Schuyler Springs die Schulden von North Bath übernehme, die Grundstücke und Immobilien in der Stadt irgendwann, an einem gewissen Punkt, neu bewertet werden müssten. Und es sei denkbar, dass die Steuern dann steigen würden. Formulierungen wie »irgendwann«, »an einem gewissen Punkt« und »denkbar« sollten den Eindruck erwecken, diese Folgen würden erst in ferner Zukunft und nur möglicherweise eintreten - statt sofort und unvermeidlicherweise. Doch nun wurde gemunkelt, diese Neubewertung privater und gewerblicher Immobilien würde bereits nächste Woche beginnen. So schnell war »irgendwann« zum Synonym von »morgen« geworden. Und ja, Lehrer und Polizisten und andere Angestellte im öffentlichen Dienst konnten sich jetzt zwar für gleichwertige Stellen im Schuldienst oder bei der Polizei in Schuyler bewerben, aber wie viele von ihnen würden sich, wenn sich ihre Grundsteuer verdoppelte, das Leben hier dann noch leisten können? Klar, die Besitzer der schöneren Häuser in den besseren Gegenden der Stadt würden, wenn sie sie verkauften, einen Reibach machen und wegziehen, aber was war mit allen anderen? Würden sie, wenn sie wegzögen, nicht in irgendeiner anderen Stadt wie Bath enden, die sich öffentliche Dienstleistungen wie Müllabfuhr ebenfalls nicht leisten konnte, nur dass sie dann einen längeren Weg zu ihrem Arbeitsplatz zurücklegen müssten?

Birdie, die Haupteigentümerin der White Horse Tavern, der altehrwürdigen Gaststätte in Bath, hatte die Diskussion unter den Einheimischen mit großem Interesse verfolgt, obwohl sie weder etwas zu gewinnen noch zu verlieren hatte. Ihrer Ansicht nach war sie so oder so angeschmiert. Wenn das Horse neu bewertet würde und sich ihre Steuerlast verdoppelte, würde sie vermutlich nicht nur ihr Lokal, sondern auch ihr Dach über dem Kopf verlieren, weil sie in dem Apartment darüber wohnte. Theoretisch wäre das Lokal dann zwar mehr wert, aber das würde dessen Veräußerung erschweren. Auch wenn es nicht offiziell zum Verkauf stand, war es ein offenes Geheimnis, dass Birdie seit Längerem auf einen günstigen Moment zum Absprung wartete. Vor Kurzem war sie dreiundsechzig geworden, und sie hatte sich an diesem Morgen, wie fast an jedem anderen auch, nach dem Aufwachen wie gerädert gefühlt. Sich zur Ruhe zu setzen, konnte sie sich nicht leisten, aber wie viele Jahre würde sie diese Schufterei noch durchstehen? Vor einem Jahrzehnt hatte das Sommergeschäft sie noch durch den Winter gebracht, aber damit war es jetzt vorbei. Im Sommer war freilich immer noch viel los. Ende Mai, um den Memorial Day herum, öffnete sie den großen Gastraum, heuerte ein paar Servicekräfte und Köche an, die Steaks und Hochrippenbraten aus der engen Küche hervorzauberten, doch nach dem Labor Day im September war schlagartig Schluss damit. Zwar hielt sie den Küchenbetrieb weiterhin aufrecht, servierte aber kaum mehr als Burger und Pizza. Das Lokal brauchte dringend einen neuen Anstrich, und das galt nicht nur für die Wände. Jedes einzelne Teil des Inventars musste ersetzt werden, und die...
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Autor

RICHARD RUSSO, geboren 1949 in Johnstown, New York, studierte Philosophie und Creative Writing und lehrte an verschiedenen amerikanischen Universitäten. Für >Diese gottverdammten TräumeDiese alte SehnsuchtEin grundzufriedener MannEin Mann der TatImmergleiche WegeJenseits der ErwartungenSh*tshowMittelalte