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Die stillen Wasser von Amberley

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
SCM Hänsslererschienen am12.03.20141. Auflage
Die Aufklärung eines Mordes war nicht das Ziel der Journalistin Julia, als sie nach England reist, um das Leben der Hutterer kennenzulernen. Doch dann gibt es einen Toten und die Spur führt zu den frommen Bruderhöfern. Julia beschleicht der Verdacht, dass diese mehr wissen, als sie zugeben wollen. Sie recherchiert auf eigene Faust. Ihr Noch-Ehemann führt die offiziellen Ermittlungen. Ist das auch eine neue Chance für die Liebe?

Dorothée Heck, Jahrgang 1976, ist Fremdsprachenkorrespondentin und hat im Urlaub auf Mallorca die Schönheit und Vielfalt der Insel schätzen gelernt. Die Finalistin des SCM-Nachwuchsautoren-Wettbewerbs lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Ludwigshafen am Rhein.
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Produkt

KlappentextDie Aufklärung eines Mordes war nicht das Ziel der Journalistin Julia, als sie nach England reist, um das Leben der Hutterer kennenzulernen. Doch dann gibt es einen Toten und die Spur führt zu den frommen Bruderhöfern. Julia beschleicht der Verdacht, dass diese mehr wissen, als sie zugeben wollen. Sie recherchiert auf eigene Faust. Ihr Noch-Ehemann führt die offiziellen Ermittlungen. Ist das auch eine neue Chance für die Liebe?

Dorothée Heck, Jahrgang 1976, ist Fremdsprachenkorrespondentin und hat im Urlaub auf Mallorca die Schönheit und Vielfalt der Insel schätzen gelernt. Die Finalistin des SCM-Nachwuchsautoren-Wettbewerbs lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Ludwigshafen am Rhein.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783775171892
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum12.03.2014
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4410 Kbytes
Artikel-Nr.2976533
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
2

Die Nacht war kurz gewesen. Julia hatte nur wenige Stunden geschlafen. In aller Frühe war sie aufgestanden, hatte Lilly geweckt und den noch schlafenden Ben zum Taxi getragen. Die letzten vierundzwanzig Stunden war sie damit beschäftigt gewesen, zu packen und die folgenden zwei Wochen umzuorganisieren. Im Grunde war sie es gewohnt. Sie machte Pläne, die Paul kurzfristig umwarf, und sie war diejenige, die schauen musste, wie sie wieder alles unter einen Hut bekam. Zumindest daran hatte sich nichts geändert.

Julia nahm dankbar den Kaffee entgegen, den ihr die Stewardess reichte. Ben drückte sich am Fenster die Nase platt und Lilly, die zwischen ihnen saß, war in eine Zeitschrift vertieft oder tat zumindest so. Seit zwei Tagen hatten sie nur das Nötigste miteinander gesprochen.

Julia rührte nachdenklich in ihrem Kaffee. Vielleicht hätte sie Paul einfach hängen lassen sollen. Wie oft hatte sie das schon gedacht? Wenn nur nicht am Ende die Kinder darunter zu leiden hätten.

Früher hätte sie wahrscheinlich alles abgesagt. Eine Vor-Ort-Recherche mit den Kindern unmöglich. Aber diese Zeiten waren vorbei. Die jetzige Lösung war zwar nicht optimal, aber immerhin kreativ. Sicher bekam sie auf diese Art noch tiefere Einblicke in das Leben auf dem Bruderhof und möglicherweise einen ganz anderen Zugang zu den Menschen dort. Ein Anruf bei den Bruderhöfern hatte genügt, und die Sache war geregelt. Die freuten sich sogar auf die Kinder.

Lilly blätterte geräuschvoll eine Seite um. Sie zog die Schuhe aus und drehte sich so, dass sie Julia fast den Rücken zuwandte. Dass sie enttäuscht war, konnte Julia nachvollziehen, auch wenn es am allerwenigsten ihre Schuld war. Das Problem war, dass Lilly ihr neuerdings gern an allem die Schuld gab. Sie warf ihr vor, ihren Papa im Stich gelassen zu haben.

Genau genommen hatte sie sogar recht damit. Wenn es nach Paul gegangen wäre, würden sie wahrscheinlich noch alle gemeinsam unter einem Dach leben. Aber so einfach waren die Dinge nun einmal nicht. Das würde auch Lilly mit der Zeit verstehen. Zumindest hoffte Julia das.

Genau wie sie hoffte, dass Lilly sich mit den Gegebenheiten während der folgenden zwei Wochen irgendwie arrangierte. Paul hatte gestern nur kurz mit ihr und Ben telefonieren können, weil er zum Flughafen musste.

Zuerst hatte Lilly getobt, dann hatte sie erklärt, dass sie auf gar keinen Fall mitkäme, und als sie gemerkt hatte, dass es nichts nützte, sich aufzulehnen, hatte sie sich damit begnügt, zu schmollen und ihrer Mutter wütende Blicke zuzuwerfen.

Julia hatte weder Zeit noch die Nerven gehabt, sich weiter mit ihr auseinanderzusetzen. Sie sah nicht ein, warum sie nun auch in Bezug auf Lillys Laune ausbaden sollte, was Paul ihr eingebrockt hatte. »Beschwer dich bei Papa und nicht bei mir«, hatte sie irgendwann zu Lilly gesagt. Sie rutschte tiefer in ihrem Sitz, streckte die Beine in den Gang und schloss bis kurz vor der Landung die Augen.

Julia wuchtete den letzten Koffer vom Gepäckband. Dann machten sie sich auf den Weg zum Mietwagenschalter. Die Formalitäten waren schnell erledigt, das Auto hatte sie bereits von zu Hause aus gebucht.

Das Wetter war herrlich. Julia blinzelte in die Sonne. Keine einzige Wolke am Himmel. Sie warf ihre dünne Strickjacke in den Kofferraum und setzte die Sonnenbrille auf. Links fahren, ermahnte Julia sich und fädelte in den Verkehr ein. Sie nahmen die Autobahn M 25 Richtung Südwesten.

»Und was sollen wir dort bitte schön den ganzen Tag machen?« Es war das Erste, was Lilly sagte, seit sie eingecheckt hatten, sah man von ein paar einsilbigen und kaum verständlichen Antworten ab, die sie mit ausdrucksloser Miene gemurmelt hatte.

Julia wusste es selbst nicht genau. »Das wird sich schon finden.«

»Aha.«

»Wie wäre es mit neue Leute kennenlernen?«

»Hinterwäldler meinst du wohl, die rumlaufen wie im letzten Jahrhundert. Nein danke ohne mich!«

»Du musst sie ja nicht mögen. Aber du würdest davon profitieren.«

»Bitte?«

»Du könntest dein Englisch verbessern zum Beispiel.«

»Na toll! In den Ferien!«

»Warum denn nicht in den Ferien?« Wo du es doch bedauerlicherweise während der Schulzeit nicht getan hast, fügte sie in Gedanken hinzu.

»Weil Ferien zum Erholen da sind. Zum Spaßhaben. Zum Nicht-an-die-Schule-Denken.«

»Na dann « Es hatte keinen Sinn zu diskutieren. Egal, was sie sagte, Lilly war einfach sauer, dass der Urlaub mit ihrem Vater so kurzfristig ins Wasser gefallen war.

Julia warf ihrer Tochter einen kurzen Blick zu. Lilly lehnte mit ihrer Stirn so an der Scheibe, dass sie ihr Gesicht nicht sehen konnte. Das Maximum an Distanz in dem kleinen Auto.

Julia konnte ihr die schlechte Laune nicht verübeln. Statt zwei Wochen Spaß haben mit Papa gab es nun Englisch lernen bei »Unsere kleine Farm«.

Sie wechselten kurz auf die M 26, verließen dann die Autobahn und bogen auf die Landstraße in Richtung Sevenoaks/Hastings ab. Sie passierten einige Roundabouts, und nach dem siebten Kreisverkehr wurde die Straße schmaler, sodass zwei Autos gerade aneinander vorbeipassten. Die Straße war gesäumt von weiß blühenden, hohen Hecken, die sich durch die hügelige Landschaft schlängelten. Jetzt im Sommer haben sie etwas Wildes, Unbezähmbares an sich, dachte Julia. Als würden sie sich nach jedem Schnitt mit ihren jungen Trieben noch trotziger gen Himmel recken.

»Wie lange dauert es noch?«, ertönte Bens helle Stimme vom Rücksitz. »Mir ist so warm.«

Julia warf einen Blick auf das Navigationssystem. Sie war erleichtert, dass sie es fast geschafft hatten. »Nicht mehr lange. Wir müssten eigentlich gleich da sein.«

Sie öffnete das Fenster ein wenig. »Schaut mal, da vorne das Schild. Ich glaube, das muss es sein.« Sie kniff die Augen zusammen, »Robertsbridge, Amberley«, las sie vor, sobald sie den Schriftzug entziffern konnte.

Die Hecken endeten und wurden von Laubbäumen abgelöst. Sie folgten der Beschilderung und nahmen die Abzweigung durch ein Wäldchen auf einen asphaltierten Privatweg, bis die Bäume verschwanden und den Blick auf saftige Wiesen und bestellte Felder freigaben. In der Ferne, etwas erhöht, waren Häuser zu erkennen. Die Straße wand sich die hügelige Landschaft entlang, bis sie hinter einer Kurve ein ovales Schild aus massivem dunklem Holz erreichten. Es war mit einer schweren Eisenkette an zwei Pfosten befestigt und markierte offenbar den Beginn des Dorfes. Welcome to Amberley stand dort in schön geschwungenen Lettern.

»Sind wir da, Mama?«

»Sieht ganz so aus.«

Auf der rechten Seite befand sich eine Lagerhalle mit einigen parkenden Autos davor. Es folgte eine Kurve und nach etwa zwanzig Metern mit leichtem Anstieg noch eine Kurve. Die eigentliche Straße endete hier.

Sie kamen vor einer Schranke mit einem Pförtnerhaus zum Stehen. Ein junger Bursche im Holzfällerhemd streckte den Kopf zum Fenster heraus. Julia nannte ihren Namen, worauf er ihr freundlich zunickte und die Schranke öffnete. Unsicher, wie es weitergehen sollte, ließ sie den Wagen langsam den Weg entlangrollen. Im Rückspiegel sah sie, wie der junge Mann aus der Tür trat und mit schnellen Schritten am Auto war. Er bedeutete ihr, ihm zu folgen, und lotste sie an mehreren Backsteinhäusern vorbei zu einem großen Haus, wovor sie parken sollte.

Auf der rechten Seite erstreckte sich eine große Rasenfläche, umgeben von breiten Wegen, bis zu weiteren Gebäuden, die meisten von ihnen aus dunkelrotem Backstein mit weißen Sprossenfenstern und grünen Türen und Dachgiebeln. Holzbänke mit Tischen dazwischen und mehrere Schaukeln waren an den Seiten des Rasens verteilt.

»Mama, die haben sogar was für Kinder«, rief Ben aufgeregt. »Darf ich mit dem Roller dort fahren?«

»Vielleicht später, mein Schatz. Lass uns erst mal richtig ankommen«, vertröstete sie ihn.

Als sie ausstiegen, sah Julia sich suchend nach ihrem Einweiser um. »Wo ist er hin?«

»Keine Ahnung«, antwortete Lilly. »Vielleicht mit seinen schicken Hosenträgern in sein Pförtnerhäuschen zurück. Was weiß ich.«

Julia überhörte die Spitze. »Was meint ihr sollen wir schon mal unsere Koffer ausladen?«

»Du weißt doch gar nicht, ob wir wirklich hier wohnen werden«, entgegnete Lilly. »Schau mal, da kommt jemand. Einmal Dirndl hochgeschlossen mit weißen Socken und Turnschuhen.«

Julia wandte sich um. Eine Frau in Hutterertracht mit hell getupftem Kopftuch kam quer über den Rasen zu ihnen. Im Gehen band sie sich ihre Schürze ab und winkte ihnen zu.

»Reiß dich bitte zusammen!«, raunte Julia ihrer Tochter zu und winkte zurück.

»Herzlich willkommen auf dem Bruderhof!«

Julia blickte in ein Paar sehr hellblaue Augen und erwiderte den festen Händedruck. Die Frau, die sie mit einem offenen Lächeln und charmantem Akzent auf Deutsch begrüßte, war einen halben Kopf kleiner als sie. Jetzt, wo sie direkt vor ihr stand, bemerkte Julia, dass ihr kariertes Kleid aus zwei Teilen bestand: einem weiten Rock und einem ärmellosen Oberteil, und darunter trug sie eine kurzärmelige weiße Bluse mit rundem Kragen.

»Ich heiße Rachel«, sagte sie. »Wir freuen uns darauf, euch kennenzulernen.«

Das Haus hatte vier Stockwerke und bestand aus mehreren Wohnungen. Die Aufteilung war auf den ersten Blick verwirrend. Im Erdgeschoss wohnte Rachel mit ihrer Familie. Julia und die Kinder waren in einem Zimmer im ersten Obergeschoss untergebracht.

Zwei Stockbetten, ein Bücherregal, ein breiter Schrank und ein Tisch mit vier Stühlen....
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Autor

Dorothée Heck ist Fremdsprachenkorrespondentin und lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Ludwigshafen. 2008 war sie Finalistin des SCM-Nachwuchsautoren-Wettbewerbs. Ein Urlaub auf einem Bruderhof in England inspirierte sie zu diesem Roman.
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Heck, Dorothée