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Die Chronik der Unsterblichen - Der schwarze Tod

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
592 Seiten
Deutsch
LYX.digitalerschienen am08.12.20111. Aufl. 2011
Andrej kann es noch immer nicht fassen: Sein Sohn Marius lebt! Von Schuldgefühlen gequält sucht er nach dem Totgeglaubten und findet Marius in den Fängen eines mysteriösen Arztes in Venedig. Etwas Böses scheint von dem Jungen Besitz ergriffen zu haben, doch als Andrej ihn aus dem Spital befreien will, geschieht etwas, das er nie für möglich gehalten hätte: Andrejs treuer Freund Abu Dun wendet sich gegen ihn ...



Wolfgang Hohlbein, 1953 in Weimar geboren, ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor. Der Durchbruch gelang ihm 1982 mit dem Jugendbuch "Märchenmond", für das er den Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar erhielt. Seither hat er über 150 Romane, Kinder- und Jugendbücher sowie Drehbücher verfasst.
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Produkt

KlappentextAndrej kann es noch immer nicht fassen: Sein Sohn Marius lebt! Von Schuldgefühlen gequält sucht er nach dem Totgeglaubten und findet Marius in den Fängen eines mysteriösen Arztes in Venedig. Etwas Böses scheint von dem Jungen Besitz ergriffen zu haben, doch als Andrej ihn aus dem Spital befreien will, geschieht etwas, das er nie für möglich gehalten hätte: Andrejs treuer Freund Abu Dun wendet sich gegen ihn ...



Wolfgang Hohlbein, 1953 in Weimar geboren, ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor. Der Durchbruch gelang ihm 1982 mit dem Jugendbuch "Märchenmond", für das er den Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar erhielt. Seither hat er über 150 Romane, Kinder- und Jugendbücher sowie Drehbücher verfasst.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783802587665
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum08.12.2011
Auflage1. Aufl. 2011
Reihen-Nr.12
Seiten592 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2760610
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Kapitel 1

Auch in dieser Nacht träumte er wieder von seinem Sohn. Es begann wie immer: Gesichter, zu Grimassen verzerrt, wirbelten in einem rasenden Kaleidoskop des Schreckens um ihn herum; er hörte sinnlose Laute, spürte die Hitze von Flammen, schmeckte den puren Geschmack von Gewalt, von Schmerz und unendlich viel Leid, das er über die Menschen und die Welt gebracht hatte, ohne es auch nur zu ahnen.

Er träumte diesen Traum seit einem Jahr, nicht jede Nacht, nicht einmal regelmäßig, aber doch mit bestürzender Häufigkeit, und auch das Wissen, nur einen Traum zu erleiden, nahm diesem rein gar nichts von seinem Schrecken.

Vielleicht, weil er zugleich auch wusste, dass es eben nicht nur ein Traum war, sondern die Erinnerung an schreckliche Dinge, die er niemals getan und niemals erlebt hatte und die doch wahr waren.

Heute jedoch war etwas anders. In dem Traum, den er jetzt träumte, hatte der Schrecken ein Gesicht. Es war das Antlitz eines weißhaarigen Jünglings mit den Zügen eines Engels und den brennenden Augen eines Dämons, die er in Wahrheit nie gehabt hatte, in diesem Traum aber höllische Wahrhaftigkeit erlangten.

Er war wieder im Borsatal und der Bauernburg, die zum Grab aller geworden war, die er jemals gekannt und geliebt hatte, und wieder hatte er Stunde um Stunde in stummer Verzweiflung dagesessen und um seinen Sohn geweint, bis seine Tränen schließlich versiegten und aus dem Schmerz in seinem Herzen unerbittlicher Hass geworden war.

Irgendwann wurde er sich seiner Umgebung und seiner selbst bewusst und machte sich an die letzte und schrecklichste Aufgabe dieses Tages, nämlich die, den Leichnam seines Sohnes zu begraben. Von Männern zu Tode gefoltert, die er nicht kannte, um für etwas bestraft zu werden, von dem er nicht einmal wusste, dass er es getan hatte.

Er begrub ihn tief, damit sich keine Tiere an ihm vergingen (hatte er damals ein Kreuz auf seinem Grab aufgestellt? Es war so lange her, dass er sich nicht mehr daran erinnerte, aber in diesem grässlichsten aller Nachtmahre tat er es), und ging dann zu seinem Pferd, um diesen Ort des Schreckens zu verlassen und sein Leben fortan der Rache zu widmen. Und an dieser Stelle dann zeigte der Traum, was vielleicht gewesen war, er aber niemals erlebt hatte.

Auf halbem Wege hörte er ein Geräusch und blieb noch einmal stehen, um sich umzudrehen, und obwohl er diesen Moment schon hundertfach durchlitten hatte, spürte er auch jetzt zuerst nichts als blankes Entsetzen, als er sah, wie sich das schlichte Holzkreuz zur Seite neigte und hob, gehalten von einer bleichen Kinderhand, die aus dem Grab emporwuchs. Es folgten ein Arm, eine Schulter und schließlich ein schmales Gesicht, umrahmt von schmutzigem weißem Haar. Unzählige Male hatte er diesen Augenblick durchlebt, und doch schlug sein Herz auch jetzt wieder in maßlosem Entsetzen bis in seine Schläfen und die Fingerspitzen.

Und doch war der Gipfel des Schreckens noch nicht einmal erreicht. Er wusste zwar, was kommen würde, aber auch, dass ihm dieses Wissen keinen Schutz vor dem Grauen bieten konnte, zu dem der Traum ihn führte.

Langsam, unendlich mühevoll, aber auch mit der Unaufhaltsamkeit eines Albtraumes arbeitete sich der tote Junge aus dem Grab heraus, in das er ihn mit eigenen Händen gelegt hatte. Feuchtes Erdreich und Schmutz klebten an seiner Haut. Doch das verdeckte die schrecklichen Wunden nicht, die seine Folterknechte ihm zugefügt hatten, sondern schien sie ganz im Gegenteil nur noch zu betonen.

Er machte einen Schritt auf seinen wiederauferstandenen Sohn zu, der niemals gestorben war, dann verweigerten ihm seine Muskeln den Dienst. Ein unsichtbares eisernes Band legte sich um seine Brust und seine Kehle, schnürte ihm den Herzschlag und dann den Atem ab, bis er nur noch Entsetzen und alles verzehrende Schuld empfand. Er wusste, was nun kam, doch wie hätte ihn dieses Wissen schützen sollen?

Vater.

Der Junge konnte nicht sprechen. Sein Herz schlug nicht. In seinen Adern floss kein Blut mehr. Seine Kehle war verstopft mit der weichen Erde, mit der er sein Gesicht bedeckt hatte. Aber seine Lippen bewegten sich, erbrachen Schleim und geronnenes Blut.

Warum hast du mir das angetan, Vater?

Wie hätte er es denn wissen sollen? Niemand hatte ihn gewarnt. Niemand hatte ihn auf das vorbereitet, was kam oder was er war, was sein Sohn war. Er hatte es doch nicht gewusst!

Aber wann hätte Unwissenheit jemals Schuld gemildert?

Der Junge kam näher. Er wollte herumfahren, schreien, davonlaufen, doch er war wie gelähmt, sah, wie der Knabe mit dem Gesicht eines mörderischen Engels mit torkelnden Schritten näher kam, eingehüllt in den schrecklichen Odem aus Tod und Zerfall, der unmöglich schon nach so kurzer Zeit entstanden sein konnte und ihm doch schier den Atem nahm. Seine Hand, deren Fingernägel sich lösten und an langen, schleimigen Fäden zu Boden tropften, hielt noch immer das schlichte Holzkreuz umklammert. Grauer Rauch kräuselte sich zwischen seinen Fingern empor, der nach verkohltem Holz und schmelzendem Fleisch und den Qualen tausend verdammter Seelen roch, und nun begann auch das Gesicht des Knaben zu zerfließen, wie eine Maske aus Wachs, die dem Feuer der Hölle zu nahe gekommen war.

Warum hast du das getan, Vater? Warum hast du mich ...

Andrej fuhr mit einem Schrei in die Höhe, registrierte eine Bewegung aus den Augenwinkeln und riss ganz instinktiv den Arm hoch, um sich zu schützen, vielleicht auch um zuzuschlagen. Im letzten Moment noch begriff er seinen Irrtum und hielt im Hieb inne. Trotzdem erklang ein erschrockener Laut, und er spürte, wie sich jemand hastig zurückzog, wenn auch nur ein kleines Stück.

Sein Herz raste. Er war zurück in der Wirklichkeit, aber der Traum ließ ihn nicht los, sondern hielt seine Gedanken weiter gefangen, wie ein klebriges Spinnennetz, in das er sich nur immer unrettbarer verstrickte, je verzweifelter er es zu zerreißen versuchte. Etwas tat sich in ihm auf, ein schwarzer Abgrund, in dem der Albtraum lauerte, um ihn endgültig zu sich hinunterzuziehen, zu verschlingen und vielleicht nie wieder freizugeben. Da waren unsichtbare Augen, die ihn voller Hass anstarrten, und -

Andrej ballte die Hände so heftig zu Fäusten, dass seine Gelenke knackten und es wehtat. Er presste die Augenlider fest zusammen und konzentrierte sich auf ein paar einfache mentale Übungen, um seine Gedanken zu beruhigen und die letzten Spinnwebfäden zu zerreißen. Es half, wenn auch nicht vollständig. Nicht einmal annähernd so gut, wie er gehofft hatte. Aber die Augen erloschen, und der Abgrund schloss sich. Langsam.

»Ist ... alles in Ordnung, gnädiger Herr?«

Die Stimme schien aus keiner bestimmten Richtung zu kommen. Er hörte die Worte, aber sie ergaben keinen Sinn. Zitternd setzte er sich auf, zog die Knie an den Leib und fühlte raues Holz im Rücken. Alles drehte sich um ihn, selbst die Dunkelheit, als er die Augen wieder schloss. Er wusste nicht, wo er war, für einen schrecklichen Moment wusste er nicht einmal mehr, wer er war.

»Gnädiger Herr?«

Diesmal erkannte er, woher die Stimme kam, und konnte deutlich die Angst darin hören. Sein Gefühl sagte ihm, dass er sich an das Gesicht, das zu dieser Stimme gehörte, erinnern sollte, aber es wollte ihm nicht gelingen, so angestrengt er es auch versuchte.

Endlich öffnete er die Augen, doch er fand sich in nahezu vollkommener Dunkelheit wieder. Erdrückende Enge umgab ihn und ein Hauch von staubig-grauem Licht, das durch ein winziges trapezförmiges Fenster über seinem Kopf fiel.

»Gnädiger Herr?«, fragte die Stimme zum dritten Mal, und jetzt klang sie mehr besorgt als ängstlich. Etwas war hier nicht so, wie es sein sollte, aber er konnte nicht sagen, was.

Mit schierer Gewalt zwang er sich, sich zu erinnern, wo er war. Die raue Wand in seinem nackten Rücken gehörte zu der schäbigen Dachkammer, die Abu Dun und er seit einer Woche bewohnten, und es war Nacht. Außerdem war er nicht allein. Doch damit hörte sein Wissen über das Hier und Jetzt auch schon auf. Dieses Mal hatte der Traum ihm wirklich zugesetzt.

»Es ist alles in Ordnung«, sagte er mit einiger Verspätung und einer Stimme, die so brüchig und schwach wie die eines uralten Mannes klang und ihn selbst erschreckte. »Ich wollte dich nicht erschrecken. Es tut mir leid.«

»Das habt Ihr nicht, gnädiger Herr.« Was wohl kaum der Wahrheit entsprach und nicht einmal besonders überzeugend klang. Mühsam drehte er den Kopf, blinzelte und erkannte jetzt immerhin einen Schatten, der auf...


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Wolfgang Hohlbein, 1953 in Weimar geboren, ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor. Der Durchbruch gelang ihm 1982 mit dem Jugendbuch "Märchenmond", für das er den Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar erhielt. Seither hat er über 150 Romane, Kinder- und Jugendbücher sowie Drehbücher verfasst.
Die Chronik der Unsterblichen - Der schwarze Tod