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MS Mord

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
278 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am07.03.2018
Das Kreuzfahrtschiff »MS Mythos« ist auf dem Weg von Kiel nach Norwegen - die unbewältigte Vergangenheit der Passagiere im Gepäck. An Bord befinden sich der Verleger Holk Sonntag, der glaubt, schuld am Tod seiner Tochter zu sein, Guntram Fellner, ehemaliger Soldat der Wehrmacht, der ein finsteres Geheimnis hat, und Rentner Jürgen Wörner, der sicher ist, in einem der Passagiere seinen Stasi-Peiniger wiedererkannt zu haben. Margo Sebald will sich nur erholen. Doch als der junge Joan von der Service Crew plötzlich verschwindet, heftet sie sich an seine Spuren. Die Lage an Bord spitzt sich zu ...

Geboren 1959 als Sohn einer Lehrerin und eines Redakteurs im rheinischen Bonn, brennt Mick Schulz schon früh für Literatur und Musik, entscheidet sich dann für die Musik und studiert Dirigieren am Mozarteum in Salzburg. Sein Weg führt ihn zunächst an die Oper, doch er bleibt der Literatur treu. Schulz beginnt Kurzgeschichten zu schreiben, Erzählungen und Romane folgen. Der Autor lebt und arbeitet im Harz bei Goslar. www.mickschulz.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
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Produkt

KlappentextDas Kreuzfahrtschiff »MS Mythos« ist auf dem Weg von Kiel nach Norwegen - die unbewältigte Vergangenheit der Passagiere im Gepäck. An Bord befinden sich der Verleger Holk Sonntag, der glaubt, schuld am Tod seiner Tochter zu sein, Guntram Fellner, ehemaliger Soldat der Wehrmacht, der ein finsteres Geheimnis hat, und Rentner Jürgen Wörner, der sicher ist, in einem der Passagiere seinen Stasi-Peiniger wiedererkannt zu haben. Margo Sebald will sich nur erholen. Doch als der junge Joan von der Service Crew plötzlich verschwindet, heftet sie sich an seine Spuren. Die Lage an Bord spitzt sich zu ...

Geboren 1959 als Sohn einer Lehrerin und eines Redakteurs im rheinischen Bonn, brennt Mick Schulz schon früh für Literatur und Musik, entscheidet sich dann für die Musik und studiert Dirigieren am Mozarteum in Salzburg. Sein Weg führt ihn zunächst an die Oper, doch er bleibt der Literatur treu. Schulz beginnt Kurzgeschichten zu schreiben, Erzählungen und Romane folgen. Der Autor lebt und arbeitet im Harz bei Goslar. www.mickschulz.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839256541
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum07.03.2018
ReiheMS Mord
Reihen-Nr.1
Seiten278 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2542384
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Vielleicht hatte Margo Sebald die Kreuzfahrt nach Norwegen nur gebucht, um dem hochgewachsenen Hünen mit milchweißer Haut zu begegnen, dessen muskulöser Körper von der großen Zehe bis zum Hals mit weichen hellblonden Haaren bedeckt war, an die man sich perfekt ankuscheln konnte â¦

Ausgerechnet so einer soll auf dich warten, auf eine mit zwei leeren Körbchen, die im Gesicht noch grün ist von der Chemo und morgens zwei Stunden vor dem Spiegel hart arbeiten muss, um ihrem Selfie vom Vortag zu ähneln?

Ein unangenehmer Wind zog um ihre Ohren. Der Himmel sah schwer aus und drohte, sich auf den Rathausturm von Kiel setzen zu wollen. Von Deck 14 aus wirkte die Stadt schutzlos, die Menschen unten am Ostseekai erschienen wie bemitleidenswerte Mehlwürmer, die jeden Augenblick einen Luftangriff von großen schwarzen Vögeln zu erwarten hatten.

Noch sind wir nicht ausgelaufen, noch kannst du springen und triffst genau unten vor den Füßen der Check-in-Halle auf die Betonplatten. Hast du dir das nicht immer gewünscht? Größer kann die Show nicht sein. Ein dankbares Publikum und tausendfacher Aufschrei. Vielleicht würde eine der alten Wachteln vor Schreck von ihrem Kabinenbalkon fallen, dann wärst du unten nicht so allein. Und für die Presse gäbst du ein Bild ab, wonach sich jeder Frühstücksleser die Finger leckt. Verdrehte Arme und Beine, aufgerissene, starre Augen, Rinnsale von rubinrotem Blut aus Mund und Nase. Dann folgen hektische Aktionen, Sirenengeplärr, sie versuchen, dich zu retten, natürlich vergeblich â¦ ein beneidenswerter Abgang.

Margo trat zwei Schritte von der Brüstung zurück. Ihre rechte Hand zitterte. Sie hätte wissen müssen, dass jeder Versuch zwecklos war, Anders abzuschütteln. Er würde sie von einem Hinterhalt in den nächsten locken. Vielleicht hatte er sogar recht und es bliebe ihr eine Menge erspart, wenn sie ihm schon am Anfang der Reise nachgeben würde â¦

In dem Moment schloss sich ein fester Griff um ihr Handgelenk. »Hey!«, raunte ein sanfter Bariton neben ihr. »Nur die Sorgen über Bord werfen! Der ansehnliche Rest wird noch gebraucht.«

Sie wandte sich der Stimme zu. Die Träne in ihrem rechten Auge schien er nicht zu bemerken. Modebewusst bekleidet mit einem hellen Leinen-Jackett und einem blaugrün gemusterten Hemd war er anscheinend kein Mitglied der Crew, attraktiv, aber schon älter. Ihr fiel der amerikanische Filmschauspieler ein, der das Klischee für diesen Typ Mann abgab. »Sie können jetzt ruhig loslassen«, sagte sie.

»Aber nur, wenn Sie ganz sicher sind.«

»Das bin ich. - Ich danke Ihnen, auch wenn es nicht so dramatisch war, wie es offenbar gewirkt hat. Mit wem habe ich das Vergnügen?«

Ein ohrenbetäubendes Getöse schnitt die Antwort ab. Sie hielten sich nicht weit vom Schornstein auf. Nach dem dritten langen Signal begann das Schiff an der Kiellinie entlangzukriechen, und Margo bildete sich ein, eine leise Bewegung durch die stählernen Stockwerke unter ihren Füßen zu spüren.

»Nennen Sie mich, wie Sie wollen«, antwortete er in den sentimentalen Musical-Song hinein, der jetzt über Lautsprecher eingespielt wurde. Ihrem spöttischen Blick hielt er stand. Möglicherweise war er ein Betrüger und wollte sich auf diese Weise anschleichen. Sie hatte ja keine Ahnung, wer alles auf so einem Unglücksschiff verkehrte. Oder er war verrückt, ein verrückter Millionär oder ein durchgeknallter Professor. Respekt dafür, eine ausgeklügelte Masche und nicht ohne Charme, doch verrückt war sie selbst genug. »Vielen Dank für Ihre Freundlichkeit«, wiederholte sie, »aber â¦«

»Nein, im Ernst. Ich bin Ihr Schatten auf dieser Reise, und Sie bestimmen, wie dieser Schatten heißen soll. Darf ich Sie zum Sektempfang in die Lounge begleiten?«

*

Wie ein Floh auf der Pflugschar kam sich Holk Sonntag vor, als er den Panoramablick seiner Suite im Bug des Schiffes das erste Mal beanspruchte. Sie nahmen Kurs auf endlose graue Felder. Der Anfang von Bruckners Achter fiel ihm ein. Aus dem flirrenden Nichts, dem Urgrau, kriecht ein unscheinbares Ding â¦ und bei Bruckner wurde die Apokalypse daraus.

»Einmal Urlaub in fünf Jahren und du buchst eine überteuerte Pauschalreise â¦« Ja, er hatte Winnies Wunsch ignoriert. Ihm war vollauf klar gewesen, dass er damit Bielers Angebot missachtet hatte, den Urlaub auf dessen Jacht zu verbringen, die in Waren/Müritz festmachte, natürlich ohne einen Cent dafür zu verlangen. Eine Woche, eine schlichte Woche, die sie sich endlich einmal gönnten, und wieder sollte er sich zum Gefangenen machen? Nur weil Bieler ihm seine Unterstützung angeboten hatte, wenn es eng werden sollte? Zugegeben, auch ihm stand das Wasser bis zum Hals wie den meisten mittelständischen Verlagen. Aber Sonntag hatte doch schon den lausigen Krimi von Bielers Frau bei Kaleidoskop erscheinen lassen. - Er hatte das so satt.

Dünne Streifen auf der Panoramascheibe. Regen. Eine Woche Fjorde im Regen und noch dazu Nebel. Womöglich würden sie die ganze Zeit verzweifelt zwischen den Felsen herumirren, morgens bis abends begleitet von Tutsignalen, damit die Pötte nicht kollidierten.

Wo waren seine Zigarillos? Rauchen nur auf dem Balkon. Der Fernseher bot jedenfalls alle gängigen Programme in bester Qualität. Ihm fiel ein, dass sie um fünf alle auf Deck3 erscheinen mussten, ausnahmslos, zu einer Sicherheitsübung nach EU-Verordnung. Das hatte Winnie natürlich nicht gepasst. »Es reicht doch völlig, wenn du dir das anschaust. Du kannst mich ja dann vor dem Seeungeheuer retten.«

»Ich werde nie wissen, wie man das macht, sich vor einem Ungeheuer zu retten«, hatte er erwidert. Sie hatte es ignoriert und festgestellt, dass es an Bord einen französischen Coiffeur gab und sie unmöglich mit den Haaren â¦

Ein Blick auf sein Handgelenk sagte ihm, dass noch eine gute Stunde zwischen jetzt und der Rettungsübung lag. Sollte er in eine der Bars gehen und sich einen Drink genehmigen? Das Einzige, was ihn bei den allgemeinen Aussichten locken konnte, auch wenn die Galle protestierte.

Zuerst meinte er, sich verhört zu haben, dann realisierte er das Klopfen. Es kam von der Tür zum Flur. Aber Winnie hatte eine Codecard wie er, warum sollte sie klopfen? Vielleicht funktionierte die Schließanlage wieder nicht richtig wie beim Einchecken, da hatte es endlos gedauert, bis das Schloss auf den Code reagiert hatte. Er wollte die Tür von innen öffnen, als es plötzlich doch klappte und â¦

»Oh, Sir«, sagte ein überraschter, junger Mann, »Service, Sir â¦ bitte um Entschuldigung, ich dachte â¦« In der rechten Hand hielt er zwei Flaschen. »Wasser, Sir, für Sie, Sir, mit Gas und ohne Gas â¦«

Sein Gesicht war eine strahlende Sonne, während er die beiden Flaschen neben die Espressomaschine auf dem Sideboard anordnete, und seine Haut hatte die Farbe von Zimt. Er war hochgewachsen, nicht wie die Asiaten, die selten die eins siebzig überschritten, die Handflächen schimmerten hell. Afrikanischer Einschlag, dachte Holk Sonntag, auch nach der breiten Nase und den aufgeworfenen Lippen zu urteilen, die Augenbrauen und die Kopfform wirkten allerdings eher europäisch. Alles in allem eine ausgesprochen gelungene Mischung â¦

Jetzt drehte der junge Mann sich um. Sein Lächeln traf ihn frontal, was Holk fast verlegen machte. »Mein Name Joan, Sir â¦ Ich Service für Sie â¦ immer rufen Joan.«

»Danke«, murmelte Sonntag, »im Augenblick brauchen wir nichts. Nur meine Frau lässt fragen, ob sie auf die Sicherheitsübung verzichten könne. Sie fühlt sich heute nicht so gut.«

»Oh, Sir, leider Sir â¦« Wie er sich wand und um Verständnis buhlte, dass es keine Ausnahmen gebe, Vorschrift, Sir, alle Kabinen würden kontrolliert. »Übung ist nur kurz, Sir, sehr kurz, und dann Captain s Party oben auf Deck 12 â¦«

»Schon gut«, sagte Sonntag, während ihm etwas auffiel. Er war doch nicht so perfekt, der junge Adonis, sein rechtes Ohr stand etwas ab und wirkte wie schief angewachsen. Er hätte in diesem Augenblick nicht sagen können, ob es ihn störte oder eher beruhigte.

»Einen schönen Abend, Sir«, sagte Joan und verbeugte sich kurz. »Nicht vergessen, wenn Wunsch, Joan rufen.«

Sonntag nickte nur. Als der Mann vom Service die Tür hinter sich zugezogen hatte, entschied er endgültig, in der großen Lounge einen Drink zu nehmen. Davor würde er sich umziehen und Winnie eine SMS schicken.

*

Wie die Heringe drängten sie sich während der Sicherheitsübung. Die glaubten doch nicht im Ernst, dass er sich bei Gefahrenmeldung in eine dieser Schwimmwesten zwängen würde. Wem konnte er, Guntram Fellner, mit seinen 94 schon noch nützlich sein? Außerdem würde es ihm nicht im Traum einfallen, das Schiff im Stich zu lassen wie dieser Hundsfott, dieser Italiener, von dem er in der Zeitung gelesen hatte. Für ihn gab es nur eine Möglichkeit, es wie die Kameraden zu machen, als sie die Blücher vor Oslo verloren geben mussten. Befehl ist Befehl. Und die meisten hatten den Befehl befolgt und waren bis zuletzt auf dem Schiff geblieben.

»Hilde, wie heißt dieses Schiff?«

»Es heißt Mythos , Opa.«

»Und ist es deutsch?«

»Ja.«

Wenigstens das. Seiner Meinung nach bedeutete die Reise zu viel Aufwand. Aber er wollte nicht der nörgelnde Alte sein, dem man nichts recht machen konnte, er wollte den Kindern das Gefühl lassen, ihm etwas zurückgegeben zu haben, bevor es zu...

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Autor

Geboren 1959 als Sohn einer Lehrerin und eines Redakteurs im rheinischen Bonn, brennt Mick Schulz schon früh für Literatur und Musik, entscheidet sich dann für die Musik und studiert Dirigieren am Mozarteum in Salzburg. Sein Weg führt ihn zunächst an die Oper, doch er bleibt der Literatur treu. Schulz beginnt Kurzgeschichten zu schreiben, Erzählungen und Romane folgen. Der Autor lebt und arbeitet im Harz bei Goslar.
www.mickschulz.de