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Albtraumhof

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am13.09.20232023
Vier alte Bauernhöfe - und ein finsteres Geheimnis. Vor 18 Jahren verschwand ein Bauer spurlos und soll nun für tot erklärt werden. Seine Erbin erhofft sich ein idyllisches Gebäude, doch aus dem Traum auf der Schwäbischen Alb wird ein Albtraum. Denn in dem einsam auf der Hochfläche stehenden Hof geschehen merkwürdige Dinge. Die Erbin erlebt dramatische Nächte und zieht den pensionierten Kriminalisten August Häberle hinzu, um herauszufinden was mit ihrem vermissten Verwandten geschehen ist.

Manfred Bomm feiert mit diesem 22. Roman über den Kommissar August Häberle sein 20-jähriges Autoren-Jubiläum. Viele Geschichten basieren auf Ereignissen, die sich so oder in ähnlicher Weise zugetragen haben. Als Journalist, der er bis zum Ruhestand war, hat er die Arbeit von Polizei und Justiz beruflich verfolgt. Seine Leser schätzen deshalb seine detailgenauen Schilderungen, die bodenständigen Geschichten und die gesellschaftskritischen Bemerkungen seines Kommissars. Bomms Bemühen, mit Hilfe der Kriminalunterhaltung zum Nachdenken anzuregen, wird auch in seinem Roman 'Eine Minute nach zwölf' deutlich, der außerhalb der Häberle-Reihe erschienen ist.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextVier alte Bauernhöfe - und ein finsteres Geheimnis. Vor 18 Jahren verschwand ein Bauer spurlos und soll nun für tot erklärt werden. Seine Erbin erhofft sich ein idyllisches Gebäude, doch aus dem Traum auf der Schwäbischen Alb wird ein Albtraum. Denn in dem einsam auf der Hochfläche stehenden Hof geschehen merkwürdige Dinge. Die Erbin erlebt dramatische Nächte und zieht den pensionierten Kriminalisten August Häberle hinzu, um herauszufinden was mit ihrem vermissten Verwandten geschehen ist.

Manfred Bomm feiert mit diesem 22. Roman über den Kommissar August Häberle sein 20-jähriges Autoren-Jubiläum. Viele Geschichten basieren auf Ereignissen, die sich so oder in ähnlicher Weise zugetragen haben. Als Journalist, der er bis zum Ruhestand war, hat er die Arbeit von Polizei und Justiz beruflich verfolgt. Seine Leser schätzen deshalb seine detailgenauen Schilderungen, die bodenständigen Geschichten und die gesellschaftskritischen Bemerkungen seines Kommissars. Bomms Bemühen, mit Hilfe der Kriminalunterhaltung zum Nachdenken anzuregen, wird auch in seinem Roman 'Eine Minute nach zwölf' deutlich, der außerhalb der Häberle-Reihe erschienen ist.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839276501
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum13.09.2023
Auflage2023
Reihen-Nr.22
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11592361
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Es war ein eigenartiges Gefühl. Die erste Nacht ganz allein in diesem uralten Gemäuer. Modriger Geruch der vergangenen Jahrzehnte mischte sich mit den wohltuenden Düften einiger neuer Möbel. Hier im Dachgeschoss, wo sich, umgeben von Gerümpel, nur ein winziger ausgebauter Raum befand, nämlich das Schlafzimmer, knarzte das Holz, und es hörte sich so an, als sei das vergessene Bauernhaus zu neuem Leben erwacht. Als atme und seufze es und fühle sich nach einem langen Dornröschenschlaf erholt. Vielleicht hatten so alte Gebäude auch eine Seele, dachte Mary Quinbek, eine US-Amerikanerin mit deutschen Wurzeln. Sie, die eigentlich Maria hieß, war hier vor 50 Jahren auf der Schwäbischen Alb sogar geboren worden, genauer gesagt: in Heidenheim. Trotzdem tat sie sich gelegentlich mit deutscher Konversation schwer.

Seit sie als junge Frau Deutschland verlassen hatte, damals, in den frühen 90er-Jahren, war sie nur noch zweimal hier gewesen - bei Rundreisen durch den nördlichen und südlichen Teil Deutschlands, mit Besuch in Berlin, wo ihr Mann Joe bis kurz nach der politischen Wende als Soldat stationiert gewesen war.

Auf ihre konkrete familiäre Vergangenheit mütterlicherseits war Mary aber erst vor einem Jahr gestoßen. Durch ein seltsames Erbe, das ihr mit einem Brief aus Deutschland angetragen worden war und den sie wegen der bürokratischen Formulierungen nur schwer hatte verstehen können. Nie hatte sie daran gedacht, jemals noch einen Bezug zur Landschaft ihrer Vorfahren zu bekommen: auf die als karg beschriebene Hochfläche der Schwäbischen Alb. Denn sie fühlte sich mit ihrem Mann auf der gemeinsamen Farm in Arizona wohl, und auch die beiden inzwischen erwachsenen Kinder - ein Junge und ein Mädchen - standen in den USA auf eigenen Beinen. Die Tochter war in Kalifornien verheiratet, den Sohn hatte es mit einer Kanadierin beruflich nach Anchorage verschlagen, wo er als oberster Chef einen weithin angesehenen und sogar börsennotierten IT-Konzern leitete.

Für seine Mutter war das verloren geglaubte amerikanische Lebensgefühl zurückgekehrt, nachdem man vor knapp zwei Jahren den verrückten Präsidenten aus dem Amt gejagt hatte. Solange Donald Trump noch sein Unwesen im Weißen Haus getrieben hatte, waren Mary und ihr Mann Joe drauf und dran gewesen, nach Australien auszuwandern.

Nun aber war sie in Unterhöllenstein gelandet. Ein Dorf im Nirgendwo auf der Schwäbischen Alb, wo es zwar auch noch ein paar große unbewohnte Landstriche gab, aber gegen die Weite in Arizona erschien alles doch ziemlich beengt und kleinbürgerlich. Beim ersten Anblick der verlassenen landwirtschaftlichen Hofstelle, die man hier »den Eulenhof« nannte, hatte sie das Anwesen als idyllisch und ein bisschen verwunschen empfunden. Wie aus einem Märchenbuch: Ein halbes Dutzend hoch aufragender, verästelter Linden umstand das windschief wirkende, weit nach unten gezogene Dach und beschützte es vor Wind und Wetter. Am Giebel, der auf den Zugangsweg gerichtet war, ließen zwei geschlossene Fensterläden ein Obergeschoss vermuten, das sich in die Dachschräge schmiegte. Und ganz oben unterm First deutete ein kleiner, schief hängender Fensterladen auf einen schmalen Dachboden hin, den eine verbogene, altertümlich anmutende Fernsehantenne überragte.

Noch während sie aus dem Auto des örtlichen Bürgermeisters stieg, entdeckte Mary an der linken Längsseite des weit nach hinten gezogenen Gebäudekomplexes einen Querbau mit zwei großen Holztoren, an denen die Zeit nicht spurlos vorübergegangen war. Hochrankender Efeu hatte längst die verrostete Dachrinne in Beschlag genommen. Und auf dem seitlichen Zugang gediehen im Schatten der Linden wilde Gräser, dichte Stauden und mannshohe Hecken, überragt von zwei schmächtigen Birken. Marys zweiter Gedanke an diesem Nachmittag war: alles abreißen. Das naturnahe Chaos war viel zu groß.

Doch schon Augenblicke später fühlte sich alles anders an. Während der wenigen Schritte auf dem Wiesenweg, der vom Auto zu der verlassenen Hofstelle führte, war es ihr, als würde sie in ihre familiäre Vergangenheit zurückversetzt - als habe sie Verantwortung für das, was vor ihr stand. Sie bekämpfte diese aufblitzende Idee aber sofort wieder, denn nichts an diesem Haus, dessen abgebröckelter Verputz bereits großflächig die Backsteine am Giebel freigelegt hatte, erweckte den Eindruck, noch intakt zu sein und vernünftig saniert werden zu können. Also doch abreißen und das, was Generationen gehegt und gepflegt hatten, einfach vergessen? Kein guter Gedanke.

Ihre Spannung stieg, als Freudenreich, ein knorriger Älbler mit roten Wangen und dünnem Haar, vermutlich kurz vor der Rente und nur nebenberuflich als Bürgermeister tätig, das verrostete Türschloss unter Aufwendung sanfter Gewalt öffnete.

Feuchtwarme Luft schlug ihnen entgegen, dazu der herbe Geruch landwirtschaftlicher Vergangenheit. »Wie ich Ihnen bereits gesagt habe: Arg wohnlich sieht es hier nicht mehr aus«, versuchte Freudenreich, seine Begleiterin erneut auf das vorzubereiten, was sie vorfinden würden. Er unterdrückte seinen schwäbischen Dialekt so gut es ging, obwohl er wusste, dass seine Gesprächspartnerin auf der Schwäbischen Ostalb geboren worden war.

Elektrischen Strom gab es im Gebäude keinen mehr, weshalb der lange Gang nur von schummrigem Tageslicht erhellt wurde, das durch die Fenster angrenzender Räume fiel, deren Türen weit offen standen. Die üblicherweise geschlossenen Fensterläden hatte Freudenreich vor einigen Stunden geöffnet.

An einigen Kleiderhaken hingen Hosen und blaue Arbeitskittel, beim Weitergehen spürte Mary feine Spinnweben im Gesicht.

»Ich hab ab und zu nach dem Rechten geschaut«, erklärte der Bürgermeister und fügte an, dass man hier, weit weg vom Durchgangsverkehr, glücklicherweise noch nicht mit Vandalismus zu kämpfen habe. »Kein einziger Einbruch in all den Jahren. Es ist so, als wohne noch immer jemand hier«, stellte er mit seltsam veränderter Stimme fest. »Nichts wurde mutwillig zerstört. Ist ja wirklich ein Wunder heutzutage.«

Er war ihr auf dem unebenen Steinboden ein paar Schritte vorausgegangen, um ihr die bäuerliche Wohnstube zu zeigen, die so aussah, als sei sie erst vor Kurzem verlassen worden. »Wir haben natürlich alles nach Wertgegenständen durchsucht und das Gefundene sichergestellt und in einem Protokoll aufgelistet. War aber nicht viel«, erklärte Freudenreich, während Mary, die burschikos gekleidete 50-jährige Farmersfrau aus Arizona, nur einen zaghaften Schritt in die mit Holz ausgestaltete Wohnstube tat. Ein dunkler Schrank nahm die ganze Breitseite des Raumes ein. Auf Regalen lehnten einige wenige Bücher aneinander, hinter einem gläsernen Türchen waren Weingläser zu sehen. Die braune Polstergruppe wirkte speckig, bei dem Fernsehgerät handelte es sich um ein monsterhaftes, älteres Modell mit weit nach hinten ausladender Bildröhre. Als Heizung diente vermutlich ein Holzofen, vor dessen abgestrahlter Hitze ein metallener Schutzschild die nahe Polstergruppe schützen sollte. Holzscheite lagen in einem Korb bereit.

Die Vorhänge an den Fenstern waren zur Hälfte zugezogen und von Spinnen umwoben, von einer Ecke links oben blickte ein gekreuzigter Jesus herab.

»Und er ist einfach verschwunden, sagen Sie?«, fragte Mary mit zaghafter Stimme, obwohl ihr Freudenreich schon ausführlich davon berichtet hatte, dass Hans Aubele seit Ende August 2004 vermisst wurde. Wie vom Erdboden verschluckt, von einem Tag auf den anderen. Sein Auto, einen Mercedes, habe man ein paar 100 Meter entfernt an einem Waldeck verschlossen gefunden. Kein Hinweis auf ein Gewaltverbrechen. Auch dieses Haus, in dem er allein gewohnt hatte, habe keine Aufbruchspuren aufgewiesen und sei ordentlich verriegelt gewesen. Ebenso die ehemaligen Stallungen und die angebaute Scheune. Nichts, was die Polizei als verdächtig hätte einstufen können. In der Wohnung sei alles relativ ordentlich gewesen, berichtete der Bürgermeister:

»Nichts ist durchwühlt worden. Aber in der Scheune drüben sieht´s ziemlich chaotisch aus. Der Stall ist leer, denn Tiere waren zum Glück keine da.« In dem alten Computer, der noch im Nebenraum stehe, habe die Polizei damals ebenfalls keine Anhaltspunkte für Aubeles Verschwinden entdeckt. Und ein Internetanschluss sei auch nicht vorhanden. Der Mann habe ziemlich zurückgezogen gelebt, sei bis zu seiner Rente 2003 als selbstständiger Gärtnermeister tätig gewesen und nur selten im Dorf aufgetaucht. Die landwirtschaftlichen Flächen, die zum Hof gehörten, habe er vor seinem Verschwinden längst verpachtet gehabt. Nachdem die Polizei ein Verbrechen mit Sicherheit habe ausschließen können, seien keine weiteren Maßnahmen erfolgt, erklärte Freudenreich gelassen und ergänzte: »Erwachsene dürfen sich aufhalten, wo sie wollen. Herr Aubele war jedenfalls auch nicht erkennbar krank, sodass nicht befürchtet werden musste, er könnte in eine hilflose Lage geraten sein.«

»Was er an diesem Waldeck gemacht hat, weiß man aber nicht?« Mary hatte sich in den vergangenen Wochen, nachdem sie als einzige noch lebende Verwandte ausfindig gemacht worden war, stunden- und nächtelang den Kopf zerbrochen, was mit ihrem Cousin dritten Grades geschehen sein könnte. Merkwürdig auch, dass es in der bis in die 1880er-Jahre zurückverfolgten Generationenfolge niemanden außer ihr gab.

Das Schreiben des Bürgermeisters von Unterhöllenstein hatte ihr Leben von einem Tag auf den anderen verändert. Man sei, so war ihr mitgeteilt worden, bei der Suche nach weitläufigen Verwandten des letzten Hausbesitzers nun auf sie gestoßen. Hans Aubeles Urgroßvater hatte einen Bruder namens Gustav gehabt, dessen...

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