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Wein. Berg. Tod.

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Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am13.03.20242024
Julia Judith Schwarz, genannt JJ, ist Bestatterin in Fellbach und mit dem Tod vertraut. Aber als eines Tages ein Ex-Liebhaber vor ihr auf dem Tisch liegt, ist das doch eine schräge Situation. Markus Weber ging mit ihr zur Schule und war einer der erfolgreichsten Winzer der Region. Und Erfolg schafft bekanntlich Neider. JJ hegt Zweifel an der natürlichen Todesursache. Sie taucht ein in die Welt des Weines und wirbelt viel Staub auf. Dabei bringt sie nicht nur sich, sondern auch ihren Freund Vinzenz in Gefahr.

Der 1971 in Waiblingen (Remstal) geborene Kai Bliesener ist vor den Toren der Landeshauptstadt Stuttgart in Fellbach aufgewachsen. Inzwischen wohnt er mit seiner Familie in Weinstadt. Bliesener ist Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für das Theaterhaus Stuttgart und freiberuflicher Autor und Texter.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
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Produkt

KlappentextJulia Judith Schwarz, genannt JJ, ist Bestatterin in Fellbach und mit dem Tod vertraut. Aber als eines Tages ein Ex-Liebhaber vor ihr auf dem Tisch liegt, ist das doch eine schräge Situation. Markus Weber ging mit ihr zur Schule und war einer der erfolgreichsten Winzer der Region. Und Erfolg schafft bekanntlich Neider. JJ hegt Zweifel an der natürlichen Todesursache. Sie taucht ein in die Welt des Weines und wirbelt viel Staub auf. Dabei bringt sie nicht nur sich, sondern auch ihren Freund Vinzenz in Gefahr.

Der 1971 in Waiblingen (Remstal) geborene Kai Bliesener ist vor den Toren der Landeshauptstadt Stuttgart in Fellbach aufgewachsen. Inzwischen wohnt er mit seiner Familie in Weinstadt. Bliesener ist Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für das Theaterhaus Stuttgart und freiberuflicher Autor und Texter.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839278703
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum13.03.2024
Auflage2024
Reihen-Nr.1
SpracheDeutsch
Dateigrösse1978 Kbytes
Artikel-Nr.14005167
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 3

Als sie mit ihrem schwarzen Vito, der lediglich mit einer dezenten Werbeaufschrift versehen war, am Fundort der Leiche eintraf, warteten zwei Rettungssanitäter und Simon Kalt auf sie. Simon, der als Polizist gerufen worden war, hatte sie direkt angerufen und gefragt, ob sie den Transport übernehmen könne. Mehr hatte er nicht gesagt. Zum Glück war Holger Rose, einer ihrer Mitarbeiter, noch im Haus gewesen, der nun neben ihr saß und beim Verladen des Körpers helfen würde. Sie waren sofort losgefahren, nachdem Simon den Fundort der Leiche mitgeteilt hatte. Angeblich hatte der Tote schon etwas länger in der Sonne gelegen.

Simon und sie kannten sich seit ihrer Jugend. Und ab und zu war sie sogar etwas neidisch auf ihn, da er Polizist geworden war. Ein Beruf, für den sie sich durchaus auch erwärmt hatte. Aber es war anders gekommen.

Auf seinem T-Shirt zeichneten sich kleine dunkle Flecken ab. Ein Tribut an die Hitze dieser Tage. Als sie ausstiegen, kam er auf sie zu. Julia Judith Schwarz, von den meisten einfach »JJ« genannt, da sie beide Vornamen hasste wie die Pest, winkte zu den Sanitätern hinüber. Man kannte sich, denn so dicke war die Personaldecke in der Region weder bei den Rettungskräften noch bei den Bestattern, als dass man sich nicht mehrmals über den Weg laufen würde.

Simon bedeutete ihr kurz, zu ihm auf die Seite zu kommen.

»Bevor wir hingehen, muss ich dir was sagen«, meinte er in gedämpftem, aber ernstem Tonfall.

JJ warf ihm einen fragenden Blick zu, sagte jedoch nichts.

»Du kennst den Toten. Es ist Markus Weber.«

Mit vielem hätte sie gerechnet, aber damit nicht. Wobei sie nicht genau wusste, warum Simon glaubte, sie extra darauf vorbereiten zu müssen. Sicher, es war eine Überraschung, aber nichts, was drohte, sie aus der Bahn zu werfen.

»Was?«, entfuhr es ihr dennoch fast einen Tick zu laut und sie hob instinktiv ihre Hand vor den Mund. »Was ist passiert?«

»Der Notarzt meint, es war ein plötzlicher Herztod. Markus ist wohl beim Joggen zusammengebrochen. Wahrscheinlich war die Anstrengung bei der Hitze zu hoch. Vielleicht auch eine nicht auskurierte Sommergrippe oder so was. Hört man ja immer wieder.« Simon zuckte die Schultern zum Zeichen, dass er noch keine Erklärung liefern konnte.

JJ wiegte den Kopf. Das konnte natürlich gut sein. Aber bei vermeintlich kerngesunden Menschen rechnete man dennoch nie damit. Und Markus hatte immer topfit gewirkt. Umso stärker traf sie der Schock, dieses seltsame Gefühl, das einen immerfort einnahm, wenn jemand starb, den man gekannt hatte. Oder zumindest glaubte, denjenigen gekannt zu haben.

»Shit. Sagst du es der Familie?«

»Ja, muss ich wohl. Sven ist krank und der Rest setzt gerade alles daran, die Einbrecherbande zu schnappen. Also bleibt es wohl an mir hängen«, meinte Simon und versuchte erst gar nicht, seinen Missmut, den er bei dieser Aufgabe hegte, zu verbergen. »Das wird nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. Eine Frau und Kinder haben die beiden doch auch, soweit ich weiß. Ich hasse so was. Und dann auch noch sein Bruder, der meint, Bürgermeister spielen zu müssen. Zum Glück war es kein Verbrechen, sonst würde er uns wahrscheinlich die Hölle heißmachen, bis wir den Täter oder die Täterin geschnappt haben. Wir wissen ja, wie er ist und wie er sein kann.«

JJ kommentierte die Aussage Simons nicht. Sie kannte Peter Weber und hatte eine Meinung zu ihm, aber die wollte sie hier und jetzt lieber für sich behalten.

»Du packst ihn bitte ein und bringst ihn nach Winnenden. Dort gibt es dann die Zweituntersuchung. Und wenn er freigegeben ist, dann holst du ihn wieder. Ich bin sicher, Vera wird ohnehin wegen der Beerdigung zu dir kommen. Das gibt wahrscheinlich einen ziemlich großen Bahnhof.«

Vera Weber war die Frau von Markus.

JJ gab Simon in Gedanken recht. Die Annahme war offenkundig. Denn ein Fellbacher, insbesondere ein so prominenter, der würde naturgemäß auf dem Kleinfeldfriedhof, dem großen Friedhof der Stadt, seine letzte Ruhestätte finden. Da war es dann schon nahezu ein Automatismus, dass die ganzen Formalitäten vom führenden Beerdigungsinstitut übernommen wurden.

»Julia J. Schwarz« stand auf ihrer Visitenkarte, und ihr Name prangte auch auf den dunklen, blickdichten Scheiben des Leichenwagens. Sie war Bestatterin. Bis heute zählte ihr Bestattungsinstitut zur ersten Adresse, an die man sich wandte, wenn in Fellbach jemand das Zeitliche gesegnet hatte - und das schon in der dritten Generation.

Einen passenderen Beruf vermochte man sich bei dem Nachnamen kaum vorstellen. Schwarz war der Farbton des Todes und der Trauer.

Ihr Großvater, Robert Schwarz, hatte das Bestattungsunternehmen Schwarz nach dem Krieg aus den Resten der zerstörten Schreinerwerkstatt im sogenannten Oberdorf der Stadt gegründet. Statt Wohnzimmerschränke zimmerte er nun eben Holzsärge, hatte er ihr immer mit ernster Miene erzählt. Doch die humorvollen Augen leuchteten schelmisch dabei. JJ hatte ihn gemocht, ihren Opa. Ein Großvater und Schwabe wie aus dem Bilderbuch. Harte Schale und ein butterweicher Kern, den er aber nur wenigen Menschen gezeigt hatte. JJ war eine davon. Er hatte seine Enkelin vergöttert, und sie hatte nicht mehr leben wollen, als ihr Großpapa gegangen war. Aber das Leben kannte keine Pause-Taste, es folgte unaufhaltsam seinem Lauf. Das tat es ja immer.

Und siehe da, die Bestatterbranche erwies sich bald als einträgliches Geschäft. Irgendwann war JJs Vater eingestiegen. Er hatte den Betrieb mit drei Angestellten von seinem Vater übernommen und das bald in »Bestattungsinstitut Schwarz« umfirmierte kleine Unternehmen Schritt für Schritt zum Branchenführer der Stadt ausgebaut.

Kaum jemand wusste, dass Reinhold Schwarz auch das Bestattungsinstitut Krämer im Unterdorf führte. Er hatte es kurzerhand aufgekauft, als der kinderlose alte Krämer selbst das Zeitliche gesegnet hatte, aber den Namen ebenso belassen wie die dortigen Beschäftigten. Eine kluge und weitsichtige Entscheidung. Mit der überschaubaren Investition hatte er zugleich einen strategischen Schachzug vollzogen. Dadurch hatte die Familie Schwarz praktisch ein Monopol und quasi den Komplettzugriff auf alle in der Kernstadt verstorbenen Bürgerinnen und Bürger. Denn ein echter Fellbacher würde sich nur von einem ortsansässigen Unternehmen bestatten lassen, da war man schon sehr eigen. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich um eine Erd- oder eine Feuerbestattung handelte. In den beiden anderen zu Fellbach gehörenden Teilorten gab es jeweils kleine Traditionsbetriebe. Doch die betrachtete Reinhold Schwarz nicht als ernst zu nehmende Konkurrenz. Man kannte sich, man half sich aus, und bei fünfzigtausend Einwohnern starben genügend für alle.

Und so kam JJ Jahre später zu einem gut laufenden Familienbetrieb, den sie ursprünglich nie haben wollte. So wie sie ihre Familie gleichsam nie haben wollte. Und andersherum. Ihren geliebten Großvater einmal ausgenommen. Aber manchmal schlug das Leben eben Purzelbäume. Seit fast zehn Jahren ging sie mittlerweile ihrer erst verhassten Arbeit nach, die sie inzwischen lieb gewonnen hatte. Obwohl sie sich hin und wieder selbst die Frage stellte, ob Bestatterin ein Job war, den man lieb gewinnen konnte. Es mochte perfide klingen, aber bis auf wenige Ausnahmen hatte sie sich die Frage an fast allen Tagen mit einem klaren Ja beantwortet.

JJ ging mit Simon zu dem leblosen Körper hinüber, den die Sanitäter abgedeckt hatten. Wie immer waren heute Abend Spaziergänger unterwegs. Einige blieben stehen und versuchten, einen Blick auf den Toten zu erhaschen. Ehe sie womöglich ihre Handys hervorzogen, wurden sie von Simon freundlich, aber bestimmt fortgeschickt. Als JJ dies einige Male mitangesehen hatte, verstand sie auch, warum Simon so grimmig wirkte.

Während sie Sekunden später einen kurzen Blick auf die ausdruckslosen Gesichtszüge des Toten warf, durchzuckte sie für einen Moment ein seltsames Gefühl. Selbst nach so vielen Jahren im Handwerk war es ein Unterschied, ob der Verstorbene jemand war, den man persönlich gekannt hatte oder nicht. In der Tat war bisher nur selten jemand aus ihrem Bekanntenkreis oder gar ein Klassenkamerad auf ihrem Tisch gelandet, obwohl sie so etwas wie ein alter Hase im Gewerbe war. Ein weiblicher Platzhirsch in einer männerdominierten Welt. Letztendlich hatte sie selbst die vierzig nicht übersprungen. Das war noch viel zu jung, um zu sterben. Im Normalfall.

Bisher war nur Justus aus ihrer Abiturklasse als Kunde beim Institut Schwarz gelandet. Kunde war ein seltsamer Begriff, aber letztlich passte er eigentlich gut. Doch Justus zählte nicht. Zumindest nicht so richtig. Denn den hatte damals ihr Vater auf die Feuerbestattung vorbereitet. Justus war der Sohn eines alten Landwirts. Und so groß wie sein Leibesumfang war sein Ego gewesen. Das hatte ihm freilich nicht geholfen, als er mit seinem Buggy um eine Ecke gebogen und in den langen Messern eines Mähdreschers gelandet war.

Und Sonja, eine alte Schulfreundin aus einer Klassenstufe darunter. Sie war nach einer langen Krebserkrankung hier gelandet. Damals war JJ noch im Ausland gewesen und hatte erst später davon erfahren.

Und Christoph, der hatte es übertrieben mit den Partys und Drogen. Ein Cocktail mit allerlei illegalen Substanzen hatte ihn aus dem Leben geschleudert. Da war JJ gerade erst wieder hier in ihrer Heimatstadt angelandet, weshalb Toni aus dem Unterdorf den Job übernommen hatte. Die Polizei hatte lange ermittelt. Und am Ende war nie zweifelsfrei geklärt, ob er selbst sein Leben beendet hatte oder ob ihm jemand dabei behilflich gewesen war.

In den...

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