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Schlafwandler

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am09.03.20121. Auflage
Mörderische Tage.

Berlin im Winter 1932 - Inspektor Kraus ist bei der Berliner Polizei eine Legende. Im Weltkrieg war er ein Held, und nun hat er einen gefährlichen Kinderschänder gefasst. Doch als Jude sieht er die Entwicklung in Deutschland mit größter Besorgnis, zumal er Kontakte zu den höchsten Kreisen hat und weiß, was von Hitler zu erwarten ist. Als in der Spree eine Frauenleiche gefunden wird, ruft man Kraus. Die junge Frau ist schon länger tot. Auffällig sind die Wunden an ihren Beinen. Man hat ihr die Knochen unter dem Knie abgetrennt. Wenig später verschwindet die Prinzessin von Bulgarien aus dem Hotel Adlon, und Kraus erhält von Hindenburg persönlich den Auftrag, sie zu finden. Er glaubt an einen eher harmlosen Kriminalfall - doch er wird auf dramatische Weise eines Besseren belehrt ...

Ein spannender, atmosphärischer Kriminalroman über das Deutschland der dreißiger Jahre.



Paul Grossmann ist Journalist und arbeitete für Magazine wie »Vanity Fair«. Außerdem hat er erfolgreiche Theaterstücke geschrieben, u. a. über Hannah Arendt sowie den Eichmann-Prozess.Im Aufbau Taschenbuch Verlag liegen seine Kriminalromane mit dem Ermittler Kraus vor: 'Schlafwandler', 'Kindersucher' und 'Schattenmann'.
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Produkt

KlappentextMörderische Tage.

Berlin im Winter 1932 - Inspektor Kraus ist bei der Berliner Polizei eine Legende. Im Weltkrieg war er ein Held, und nun hat er einen gefährlichen Kinderschänder gefasst. Doch als Jude sieht er die Entwicklung in Deutschland mit größter Besorgnis, zumal er Kontakte zu den höchsten Kreisen hat und weiß, was von Hitler zu erwarten ist. Als in der Spree eine Frauenleiche gefunden wird, ruft man Kraus. Die junge Frau ist schon länger tot. Auffällig sind die Wunden an ihren Beinen. Man hat ihr die Knochen unter dem Knie abgetrennt. Wenig später verschwindet die Prinzessin von Bulgarien aus dem Hotel Adlon, und Kraus erhält von Hindenburg persönlich den Auftrag, sie zu finden. Er glaubt an einen eher harmlosen Kriminalfall - doch er wird auf dramatische Weise eines Besseren belehrt ...

Ein spannender, atmosphärischer Kriminalroman über das Deutschland der dreißiger Jahre.



Paul Grossmann ist Journalist und arbeitete für Magazine wie »Vanity Fair«. Außerdem hat er erfolgreiche Theaterstücke geschrieben, u. a. über Hannah Arendt sowie den Eichmann-Prozess.Im Aufbau Taschenbuch Verlag liegen seine Kriminalromane mit dem Ermittler Kraus vor: 'Schlafwandler', 'Kindersucher' und 'Schattenmann'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841204363
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum09.03.2012
Auflage1. Auflage
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2256 Kbytes
Artikel-Nr.1134721
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


EINS

Berlin, November 1932


Die Beine der Dietrich waren Zauberstäbe, schlanke, hypnotische Instrumente, die Millionen faszinierten. Kraus konnte sich ihren Charme bedauerlicherweise nur unter dem männlichen Hosenanzug vorstellen, den sie an diesem Nachmittag bei Fritz trug. Er war von den politischen Prophezeiungen gelangweilt, die sich dieser Tage in jedermanns Gespräche drängten, und er hatte schwer damit zu kämpfen, die Augen offen zu halten. Zu seinem Glück malträtierte der Bauhausstuhl aus Stahlrohr, auf dem er saß, seinen Hintern zu Tode.

»Und was möchten Sie, Herr Kriminalinspektor?«

Er griff nach einem weiteren Glas Champagner. Obwohl sein Gehirn zu fliegen schien, war diese Feier einfach nur deprimierend. Wo sonst hätte Marlene Dietrich auch auftauchen sollen, wenn nicht auf Fritz' Einweihungsparty? Halb Berlin war mit diesem alten Kriegskumpel gut Freund. Und sie alle schienen herausgefahren zu sein, um sich seinen neuen Palast im Grunewald anzusehen. Schlanke, lange Glasscheiben bogen sich um ein gekrümmtes Wohnzimmer, das vor Gemälden von Klee und Modigliani überquoll. Das Haus war ein weiteres Meisterwerk Erich Mendelsohns, des Stararchitekten der Weimarer Republik, der sich vor den Komplimenten, die auf ihn herabprasselten, artig verbeugte.

»So leicht. So frei.« Die Dietrich betastete eine schimmernde Brancusi-Statuette. »So modern!« Was den Rest der Stadt anging - sie verzog ihr Gesicht zu einer Trauermiene - so fand sie, dass sie stank. In den zwei Jahren seit ihrem letzten Aufenthalt, so erklärte der große Star, sei Berlins berühmte, belebende Luft wirklich verfault.

»Ich verstehe gar nicht, wie Sie hier überhaupt atmen können.« Sie ließ mit einer eleganten Bewegung ein goldenes Zigarettenetui aufschnappen und setzte sich zu den anderen auf die mit Rohseide bezogene Couch. »Überall der Gestank von Braunhemden. Sie kauern wie Paviane vor den Kaufhäusern und schütteln einem diese verdammten Blechdosen vor der Nase herum.«

»Weil sie hoffnungslos verschuldet sind.« Der General, der ihr gegenübersaß, schob ein silbernes Monokel in sein Auge. Er trug sogar zu dieser legeren Nachmittagseinladung seine Ausgehuniform mitsamt dem kompletten Gehänge aus Bronzeorden. Wenn schon nicht seine Klugheit, so erlaubte ihm doch seine Position, gewisse Dinge glaubwürdig zu äußern. Kurt von Schleicher war Kriegsminister, Kommandeur der Armee und einer der berüchtigtsten Intriganten Berlins. »Die Nazis stehen vor dem Ruin, meine Teuerste«, verkündete er, »sowohl finanziell als auch anderweitig.«

Kraus' Augen wurden langsam glasig.

»Sehen Sie sich doch nur die Wahlplakate dieses Monats an«, meinte von Schleicher lachend. »>Hitler über DeutschlandKinderschänder-Fänger. Eine Mischung aus Bewunderung und Neid schlug ihm entgegen, als die Polizisten ihn umringten. Etliche Kollegen aus der Abteilung interessierte sein Ruhm überhaupt nicht, und ihm selbst lag auch nichts daran. Sie waren alle Vertreter des Gesetzes. Ohne Gesetze waren die Schwachen wehrlos.

»Machen Sie sich auf eine Schweinerei gefasst«, sprach ein Beamter namens Schmidt ihn an.

Kraus hatte während seiner Dienstzeit bei der Mordkommission der Berliner Kriminalpolizei schon mehr als genug Leichen gesehen. Verstümmelte Leichen, enthauptete Leichen, Leichen, die man gekocht und in Wurstpellen gestopft hatte. Aber diesmal blieb ihm fast das Herz stehen. Dieses Berlin der Weimarer Republik, das von den Jahren des Krieges, der Niederlage, der Revolution, der Inflation und jetzt der Depression gebeutelt wurde, in dem fast eine Million Menschen arbeitslos waren, dessen Regierung wie paralysiert schien und in dem es vor Lasterhaftigkeit drunter und drüber ging … Sexverrückte, Serienkiller, Schlägertrupps der Rot- und Braunhemden, die sich um die Kontrolle auf den Straßen prügelten … diese Stadt, die das Ende der Fahnenstange erreicht hatte, die kein Morgen kannte, die am Rand des Abgrunds taumelte … der Diktatur … selbst in dieser Stadt war das ein Bild des blanken Horrors.

Am Rand des Wassers lag ein Mädchen mit dem Gesicht nach oben, von Schlamm und Schlingpflanzen eingehüllt wie Shakespeares Ophelia. Es war eine wunderschöne junge Frau um die fünfundzwanzig. Ihre alabasterfarbene Haut war aufgequollen, aber noch nicht so weit, dass es ihre Gesichtszüge entstellte. Sie wirkte jung, frisch und lebendig, selbst im Tod. Ihre glasigen Augen waren weit geöffnet, schienen warm und dunkel und reflektierten den kalten, deutschen Sonnenuntergang. Die Lippen waren zu einem ruhigen, beinahe triumphalen Lächeln gekräuselt. Als Kraus sich zu ihr hinunterbeugte, spürte er, wie ein alter, verkrusteter Hebel sich in seinem Herzen bewegte, und ihn überkam der Drang, die Arme auszustrecken und das arme Wesen hochzuheben. Um ihre Schultern lag wie eine Toga ein dünner, grauer Baumwollkittel, der ihre...

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Autor

Paul Grossmann ist Journalist und arbeitete für Magazine wie »Vanity Fair«. Außerdem hat er erfolgreiche Theaterstücke geschrieben, u. a. über Hannah Arendt sowie den Eichmann-Prozess.Im Aufbau Taschenbuch Verlag liegen seine Kriminalromane mit dem Ermittler Kraus vor: "Schlafwandler", "Kindersucher" und "Schattenmann".